LVwG-850297/9/Wg/EH

Linz, 16.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des Herrn K P P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G Q, x, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28.11.2014, GZ: Ge01-3-293-2014/DJ, mit dem dem Antrag auf Erteilung der Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund für die Ausübung des Gewerbes „Handelsagent“ keine Folge gegeben und die angestrebte Nachsicht nicht erteilt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am
11. März 2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.           Mit Schreiben vom 20. November 2014 beantragte der Beschwerdeführer (Bf) bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangten Behörde) die Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung wegen der gerichtlichen Verurteilung durch das LG Linz zu 24 Hv 47/11h zur Ausübung des „freien Handelsgewerbes - Handelsagent“. Die belangte Behörde gab diesem Ansuchen mit Bescheid vom 28. November 2014, GZ: Ge01-3-293-2014/DJ, keine Folge.

 

2.           Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 22. Dezember 2014.  Der Bf argumentiert zusammengefasst, die von der Behörde vorgenommene Prognose sei mangelhaft, weil sie sich nicht mit seiner Situation und der beabsichtigten gewerblichen Tätigkeit auseinandersetzt. Hätte die belangte Behörde eine entsprechende Prognoseentscheidung vorgenommen, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Nachsicht vorliegen.

 

3.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führte am 11. März 2015 eine öffentliche Verhandlung durch. Im Rahmen der Beweisaufnahme hielt der Bf fest, dass die vorliegenden Verfahrensakte einschließlich aller darin befindlicher Beweismittel als verlesen gelten. Auf eine wörtliche Verlesung wurde verzichtet. Der Bf wurde als Partei einvernommen. Nachdem der Bf auf eine weitere Beweisaufnahme verzichtet hatte, verfügte der Verhandlungsleiter den Schluss der Beweisaufnahme und gab dem Bf die Gelegenheit, ein Schlussvorbringen zu erstatten.

 

4.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

4.1.      Das Amtsgericht D lastete dem Bf im rechtskräftigen Strafbefehl vom
3. Mai 2011, Zl: Cs 210 Js 107975/11, folgende Straftaten an:

„1. Am 3.11.2010 nahmen Sie als Vertreter der österreichischen Schmuckfirma S, L, in dem Uhren- und Schmuckgeschäft der Geschädigten R S, x in D, vier gebrauchte Goldketten im Wert von insgesamt € 4500 entgegen, um diesen für die Geschädigte weiterzuverkaufen. Absprachegemäß sollte die Geschädigte den Mindestwert erhalten, den Mehrerlös sollten Sie als ihren Verdienst verbuchen. Den Ihnen anvertrauten Schmuck verwendeten sie allerdings zu eigenen Zwecken, verfügten darüber wie ein Eigentümer und versetzten drei der vier Goldketten für einen Pfandwert von ca. € 2000; lediglich eine der Goldketten verkauften Sie für € 800 bis € 1000, ohne allerdings mit der Geschädigten absprachegemäß abzurechnen.

2. Am 4.1.2011 erschienen Sie erneut bei der Geschädigten S, wo sie für ein weiteres Geschäft, in dessen Rahmen Sie der Geschädigten einen Verkäufer einer gebrauchten goldenen Damenarmbanduhr, Marke x, zu einem Höchstpreis von
€ 3600 vermitteln sollten, einen Vorschuss in Höhe von € 2000 erhielten, um damit die Uhr ankaufen zu können. Den Ihnen zu diesem Zweck überlassenen Vorschuss verwendeten Sie allerdings wiederum zu eigenen Zwecken und verfügten darüber wie ein Eigentümer, indem Sie mit dem Betrag anderweitige Schulden bezahlten.

Sie werden daher beschuldigt, durch zwei selbständige Handlungen fremde bewegliche Sachen, die Ihnen anvertraut waren, sich oder einem Dritten rechtswidrig zugeeignet zu haben, strafbar als veruntreuende Unterschlagung in zwei tatmehrheitlichen Fällen gemäß §§ 246 Abs. 1, Abs. 2, 53 StGB.

... Gegen Sie wird eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen verhängt. Die Einzelstrafen betragen

zu 1. 90 Tagessätze

zu 2. 60 Tagessätze.

Der Tagessatz wird auf € 40 festgesetzt. Die Gesamtgeldstrafe beträgt somit insgesamt € 4800. Sie haben auch die Kosten des Verfahrens und Ihre Auslagen zu tragen.“

 

4.2.      Das Landesgericht Linz hat mit Urteil vom 20. Dezember 2011,
24 HV 47/11h, zu Recht erkannt:

„K P P ist schuldig. Er hat zu nachangeführten Zeiten mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern gewerbsmäßig und in der Absicht sich durch die wiederkehrende Begehung von auch schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, dadurch, dass er nachgenannte Personen (Juweliere, Schmuckhändler und Uhrenhändler) aufforderte, ihm Schmuckstücke und Uhren zu übergeben und dabei vortäuschte, diese gegen Provision an bestimmte Interessenten zu verkaufen, obwohl er tatsächlich beabsichtigte, diese an unbekannte Dritte oder an das D zu verkaufen und sich den Erlös zu behalten, sohin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich zur Übergabe von Schmuck und anderen Wertgegenständen verleitet, die diese in nachgenannten Beträgen, insgesamt in einem Betrag von über € 160.000, sohin einem € 50.000 übersteigenden Betrag schädigten, wobei die einzelnen Tathandlungen teilweise [Punkt 1. 2. 4. 5.b) 6. 7. 8. 9. 10. 12. 13. 14a) 18. 19. 20. 21.] einen € 3000 übersteigenden Schaden herbeiführten, und zwar:

1.        am 7. Oktober 2010 in L Verfügungsberechtigte der Firma L GmbH zur Herausgabe einer Herrenarmbanduhr der Marke x im Wert von
€ 7435

2.        am 5. November 2010 in L C P zur Herausgabe von zwei Halsketten im Gesamtwert von € 5100

3.        am 21. September 2010 in L H U zur Herausgabe einer Königskette im Wert von € 2000

4.        am 24. November 2010 in L Verfügungsberechtigte der U GmbH zur Herausgabe einer Herrenarmbanduhr der Marke x im Wert von € 6700

5.        in St. P den Juwelier P S a) am 2. Juni 2010 zur Herausgabe einer Goldkette im Wert von € 2600 b) am 15. Juni 2010 zur Herausgabe eines Smaragdanhänger mit Diamanten und Goldkette im Wert von € 30000 c) am 19. August 2010 zur Übergabe eines Goldarmbandes im Wert von
€ 1800

6.        am 4. Juni 2009 in B den Juwelier C Z zur Herausgabe von sechs Ringen im Gesamtwert von € 8850

7.        am 9. September 2010 in H Verfügungsberechtigte der S KG zur Herausgabe von vier Armbändern und zwei Halsketten im Gesamtwert von € 7465

8.        am 15. September 2010 in S Verfügungsberechtigte der T S A KG zur Herausgabe von fünf Colliers im Gesamt­wert von € 20870

9.        am 18. Oktober 2010 in I Verfügungsberechtigte der A K GmbH & Co KG zur Herausgabe von zwei Goldketten im Gesamt­wert von € 4380

10.     am 21. Oktober 2010 in E Verfügungsberechtigte der K U und S GmbH zur Herausgabe einer Goldkette im Wert von € 4892,40

11.     am 21. Oktober 2010 in M Verfügungsberechtigte der Firma U-S L S zur Herausgabe eines Colliers im Wert von € 3290 sowie zur Herausgabe eines Armbandes im Wert von € 1650

12.     im Zeitraum Ende November bis Anfang Dezember 2010 in St. P Verfügungsberechtigte der D GmbH zur Herausgabe von zwei Herren­armbanduhren der Marke x im Gesamtwert von mindestens € 6300

13.     Anfang November 2010 in T Verfügungsberechtigte der G W U- G- und S GmbH zur Heraus­gabe einer Herrenarmbanduhr der Marke x im Wert von
€ 6040, wobei er über seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit täuschte

14.     in I Verfügungsberechtigte der Firma J W a) am
2. September 2010 zur Herausgabe einer Armbanduhr der Marke x im Wert von € 3938 b) am 17. November 2010 zur Herausgabe einer Armbanduhr der Marke x im Wert von € 1950

15.     im Juli 2010 in W M G zur Herausgabe einer Herren­armbanduhr der Marke x im Wert von € 2400

16.     am 23. November 2010 in N Verfügungsberechtigte der Firma P F, U, zur Herausgabe von zwei Goldketten im Gesamtwert von € 2500

17.     am 4. November 2010 in S Verfügungsberechtigte der Firma W H zur Herausgabe einer Herrenarmbanduhr der Marke x im Wert von € 520

18.     im Zeitraum Oktober bis November 2010 in D F Verfügungsberechtigte der Firma Juwelier K B zur Herausgabe mehrerer Goldketten im Gesamtwert von zumindest € 5500

19.     im September 2010 in D M Verfügungsberechtigte der Firma Juwelier H G zur Herausgabe von zwei Halsketten und einem Armband im Gesamtwert von € 10000

20.     am 10. Oktober 2010 in D M Verfügungsberechtigte der Firma Juwelier J H. K zur Herausgabe mehrerer Schmuckstücke im Wert von € 9000

21.     im November 2010 in D B B Verfügungsberechtigte der Firma J A B zur Herausgabe von drei Halsketten auf Lieferschein im Gesamtwert von € 8500

 

strafbare Handlungen: K P P hat hierdurch das Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3, 148 1. und 2. Fall StGB begangen

 

Strafe: K P P wird hierfür nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB unter Anwendung des § 43a Abs. 2 StGB einerseits zu einer unbedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 10 Euro somit € 1800 Geldstrafe, im Nichteinbringungsfall zu 90 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe und andererseits zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wird unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.“ Mildernd war die geständige Verantwortung sowie die Unbescholtenheit, erschwerend die Faktenhäufung, mehrfache Qualifikation und hohe Schadenssumme.

 

4.3.      Der Bf ist seither strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten. Er bereut die Straftaten, die er in Zusammenhang mit seiner vormaligen pathologischen Spielsucht sieht. Er unterzog sich im Jahr 2011 deswegen einer medizinischen Behandlung. Dem stationären Aufenthalt im W J folgte ein dreimonatiger Aufenthalt im A P Institut in W. Der Bf fand sich dabei schnell in den stationären Ablauf ein. Er nahm aktiv an der Gruppen- und Einzeltherapie teil und konnte reflektiert an den suchtauslösenden und suchtaufrecht­erhaltenden Faktoren arbeiten. Er konnte im Therapieverlauf Konsequenzen der Glücksspielsucht emotional aufarbeiten. Er wurde am 27. April 2011 in gutem Zustand sowie gut motiviert zur dauerhaften Abstinenz bei stabiler Stimmungslage entlassen. Anschließend unterzog er sich einer weiteren ambulanten Therapie in L. In der mündlichen Verhandlung am 11. März 2015 versicherte er, keinem Glücksspiel mehr nachzugehen und abstinent zu sein.

 

4.4.      Der Bf war bislang noch nicht als selbstständig Gewerbetreibender tätig. Die Straftaten beging er als Angestellter eines Schmuckvertriebes. Er war nach den strafrechtlichen Verurteilungen unselbstständig erwerbstätig. Die Beschäfti­gungsverhältnisse wurden von Zeiten der Arbeitslosigkeit von etwa 6 Monaten unterbrochen. Zuletzt war er bis Ende 2014 für die T H GmbH tätig. Seit Jänner 2015 ist er arbeitslos und erhält Arbeitslosengeld in der Höhe eines Tagsatzes von 44 Euro. Würde ihm die Nachsicht erteilt, könnte er als selbstständig Gewerbetreibender mit der T GmbH zusammenarbeiten, wie diese im Schreiben vom 9. März 2015 bestätigt (Beilage 1 der Niederschrift). Die T H GmbH ist nicht im Schmuckverkauf bzw. Schmuckvertrieb tätig, sondern stellt Kennzeichen­halterungen her, die der Bf an die Werkstätten und Autohändler verkaufen würde. Pro Stück kostet eine Kennzeichenhalterung 1 Euro, weshalb hier weitaus geringere Umsätze als in der Schmuckbranche anfallen würden. Dem Bf würde für die T GmbH keine Inkassoberechtigung zukommen. Er würde für die T H GmbH lediglich Aufträge entgegen­nehmen. Die Abrechnung würde direkt über das Büro der T H GmbH laufen und hätte der Bf mit dem Zahlungsfluss nicht unmittelbar zu tun.

 

4.5.      Der Bf befindet sich im Schuldenregulierungsverfahren. Am 11. April 2015 ist die 4. Rate fällig. Es sind dann noch 3 weitere Raten fällig. Das Schuldenregulierungsverfahren wird damit voraussichtlich am 11. April 2018 mit Tilgung der letzten Rate beendet sein. Eine Rate beläuft sich auf 4.000 Euro.

 

4.6.      Die Schadenersatzforderungen aus der Verurteilung des Amtsgerichtes D sind mittlerweile abschließend erfüllt.  

 

5.           Beweiswürdigung:

 

5.1.      Einleitend (1. bis 3.) wird der Ablauf des Verfahrens und das Partei­vorbringen zusammengefasst wiedergegeben.

 

5.2.      In der Sache selbst (4.) waren zunächst die strafrechtlichen Urteile und die darin angelasteten Straftaten wiederzugeben (4.1. und 4.2.). Der Bf ist seither nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten und versicherte in der Verhandlung am 11. März 2015 glaubwürdig, die Straftaten zu bereuen. Diese sind - wie in der Beschwerde vorgebracht wird - in Zusammenhang mit seiner Spielsucht zu sehen. Der Bf unterzog sich, wie er glaubwürdig versicherte und durch den Patientenbrief vom 26. April 2011 untermauert ist, deswegen einer medizinischen Behandlung (4.3.). Es besteht kein Anlass, daran zu zweifeln, dass er - wie er am 11. März 2015 aussagte - seither abstinent ist und keinem Glücksspiel mehr nachgehen möchte. Der Bf beschrieb weiters anschaulich und nachvollziehbar sein bisheriges Erwerbsleben und die beabsichtigte Tätigkeit für die T H GmbH (4.4.). Auch die Feststellungen zum Schuldenregulierungs­verfahren und zur Schadenswiedergutmachung nach der Verur­teilung durch das Amtsgericht D stützen sich auf seine glaubwürdigen Angaben (4.5. und 4.6.).

 

6.           Rechtliche Beurteilung:

 

6.1.      Die maßgeblichen Rechtsvorschriften ergeben sich aus folgenden gesetzlichen Bestimmungen:

 

§ 13 Abs. 1 GewO 1994 lautet wie folgt:

 

„§ 13. (1) Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausge­schlossen, wenn sie

1.        von einem Gericht verurteilt worden sind

a) wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubiger­interessen (§§ 156 bis 159 StGB) oder

b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und

2.        die Verurteilung nicht getilgt ist.

Von der Ausübung eines Gastgewerbes sind natürliche Personen ausgeschlossen, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen Übertretung der §§ 28 bis 31a des Suchtmittelgesetzes, BGBl. I Nr. 112/1997, in der jeweils geltenden Fassung, vorliegt. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Bei Verhängung einer Freiheits­strafe und einer Geldstrafe sind Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zusam­men­zuzählen. Dabei ist ein Monat dreißig Tagen gleichzuhalten. Die Bestim­mungen dieses Absatzes gelten auch, wenn mit den angeführten Ausschluss­gründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.“

 

§ 26 Abs. 1 und 4 GewO 1994 lauten wie folgt:

 

„(1) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.

(4) Die Nachsicht gemäß Abs. 1, 2 oder 3 ist nicht zu erteilen, wenn andere Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen als jene, für die die Nachsicht erteilt werden soll.“

 

6.2.      Die unstrittig nicht getilgte strafrechtliche Verurteilung durch das LG Linz begründet einen Gewerbeausschlussgrund iSd § 13 Abs. 1 Z 1 lit.b GewO. Nach der Eigenart der strafbaren Handlung kann gewerbsmäßiger Betrug zweifelsohne bei der Ausübung des vom Bf in Aussicht genommenen freien Gewerbes „Handelsgewerbe - Handelsagent“ begangen werden. Dass mit der konkret beab­sich­tigten Tätigkeit für die T H GmbH keine Inkassoberechtigung verbunden wäre, ändert daran nichts. Nach § 26 Abs. 1 GewO kommt es weiters darauf an, dass auch "nach der Persönlichkeit des Verurteilten" eine Wieder­holungsgefahr besteht. Der Tatzeitraum endete Anfang 2011, seit der Verur­teilung durch das LG am 20. Dezember 2011 sind mittlerweile über 3 Jahre vergangen, innerhalb der sich der Bf wohlverhalten hat. Der Bf führt die Straftaten auf seine Spielsucht und die dadurch angehäuften Spielschulden zurück. Die Spielsucht wurde medizinisch behandelt und versicherte der Bf, keinem Glücksspiel mehr nachzugehen. Hinweise auf einen Rückfall in die Spielsucht haben sich nicht ergeben.  Jedoch befindet sich der Bf im Schulden­regulierungsverfahren und sind seine finanziellen Verhältnisse als angespannt anzusehen. Er wurde am
11. März 2015 befragt, worin seiner Ansicht nach nun der Unterschied zwischen der damals infolge der Spielsucht bestehenden Situation und der nunmehr infolge des Schuldenregulierungsverfahrens bestehenden Situation besteht. Er erklärte dazu, dass er über eine Inkasso­berechtigung verfügt habe und das wegen der Spielschulden sehr verführerisch gewesen sei. Nun lässt sich die Gewerbeberechtigung „Handelsagent – Handels­gewerbe“ schon dem Wesen nach nicht auf eine Tätigkeit für die T H GmbH einschränken. Gewerblich ist eine Tätigkeit, die selbstständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen,  ausgeübt wird (§ 1 Abs. 2 GewO). Vor dem Hintergrund der began­genen Straftaten und der nach wie vor angespannten finanziellen Situation des Bf ist es ihm nicht gelungen, das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Nachsicht nach § 26 Abs. 1 GewO darzulegen. Aus der bedingten Verhängung der Haftstrafe können keine maßgeblichen Rückschlüsse auf das Nachsicht­verfahren geschlossen werden. Das Wohlverhalten ist noch zu kurz. Es ist nach wie vor nach der Persönlichkeit die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten (vgl. dazu VwGH vom 27. Oktober 2014, GZ: 2013/04/0103, VwGH vom 24. November 1992, GZ: 92/04/0102). Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

8. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

8.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

8.2. Im gegenständlichen Fall ging es um die einzelfallbezogene Frage der Nachsicht vom Gewerbeausschluss.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl