LVwG-600701/7/Bi
Linz, 12.03.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der Frau U.P., x, nunmehr vertreten durch Herrn RA Dr. C.H., x, vom 12. Jänner 2015 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 2. Dezember 2014, VerkR96-6695-2014, wegen Übertretung des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 3. März 2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht e r k a n n t :
I.
Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern teilweise Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch und hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 70 Euro herabgesetzt wird. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der belangten Behörde bleibt bei 10 Euro.
II.
Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.
III.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 90 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt sowie ihr gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt. Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, sie sei mit Schreiben der BH Braunau/Inn vom 25. September 2014 als Zulassungsbesitzerin aufgefordert worden, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das Kraftfahrzeug x am 13. Juni 2014 um 10.10 Uhr in Braunau/Inn auf der M.straße, Haltestelle x, gelenkt habe. Sie habe diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist – Tatzeit 30. September 2014, Tatort: BH Braunau/Inn – erteilt und auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können.
Die Zustellung des Straferkenntnisses erfolgte laut Rückschein am 23. Dezember 2014.
2. Dagegen hat die Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht OÖ zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Auf ausdrücklichen Antrag wurde am 3. März 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters der Bf Herrn RA Dr. C.H. durchgeführt. Seitens der belangten Behörde ist niemand erschienen. Das Erkenntnis wurde mündlich verkündet.
3. Die Bf macht im Wesentlichen geltend, sie sei der Aufforderung vom 25. September 2014 nachgekommen und habe bekanntgegeben, dass sie nach 3 Monaten nicht mehr sagen könne, wer das Fahrzeug am 13. Juni 2014 gelenkt habe. Sie habe deponiert, dass sie selbst das Fahrzeug nachweislich nicht gelenkt habe, da sie nicht in Österreich gewesen sei. Anhand des Radarfotos sei eine Identifizierung unmöglich. Sie beantragte daher Verfahrenseinstellung und die Beigebung eines Verteidigers – dieser Antrag wurde mit Beschluss vom 2. Februar 2015, LVwG-600701/2/Bi, gemäß § 40 VwGVG abgewiesen.
4. Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Erörterung der schriftlichen Ausführungen der Bf mit ihrem Rechtsvertreter im Rahmen einer mündlichen Verhandlung.
Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl E 31.1.1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, dass derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung – und zwar gemäß der Bestimmung des KFG 1967 und nicht mehr wegen des zur Lenkeranfrage geführt habenden Grunddeliktes der StVO 1960 – begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat. Im Übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991, Nr. 23 der Spruchbeilage).
Der Inlandsbezug ist im gegenständlichen Fall insofern gegeben, als das auf die Bf zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem Kraftfahrzeug begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH 11.5.1993, 90/08/0095 ua).
Die Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 vom 25. September 2014 war klar und unmissverständlich auf die Bekanntgabe des Lenkers des Pkw x am 13. Juni 2014, 10.10 Uhr, bezogen. Die Bf hat im Rahmen ihrer schriftlichen Äußerung am 30. September 2014 dezidiert ausgeführt, sie könne nach der langen Zeit den Lenker nicht mehr benennen. Sie hat sich am 23. Oktober 2014 selbst als Lenkerin zum angefragten Zeitpunkt ausgeschlossen und dafür eine Zeugin namentlich, aber ohne jede Adresse, dh ohne nachprüfbare Daten, genannt. Sie hat nach Zusendung des Laserfotos, das den Pkw x von hinten zeigt, wiederholt, wegen der schlechten Bildqualität den Lenker nicht mehr eruieren zu können.
Sie hat damit keine Lenkerauskunft erteilt, aber auch keine Person benannt, die die gewünschte Auskunft erteilen hätte können, und damit den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da ihr die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.
Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 5.000 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit von einer Ersatzfreiheitsstrafe bis 6 Wochen reicht.
Die belangte Behörde hat mangels Angaben der Bf deren Einkommen – unwidersprochen – auf 1.200 Euro bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten geschätzt. Eine Herabsetzung der in der Strafverfügung festgesetzten Strafe wurde mit Hinweis auf general- und spezialpräventive Überlegungen verwehrt.
Nicht berücksichtigt wurde jedoch die bisherige Unbescholtenheit, die einen wesentlichen Milderungsgrund darstellt und eine Herabsetzung der Geldstrafe rechtfertigt.
Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes (Interesse an der Lenkerfeststellung zur Wahrung der Verkehrssicherheit) und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 45 Abs.1 Z4 VStG waren nicht gegeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.:
Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.
Zu III.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als gegenstandslos.
Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesendet.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Bissenberger