LVwG-410438/18/HW

Linz, 12.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerde des Finanzamtes Linz, x, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 1.9.2014, Pol96-62-2012 KG/CW, betreffend die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens (mitbeteiligte Partei: F B, x, x)

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein gegen die mitbeteiligte Partei als unternehmerisch zugänglich Machender geführtes Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachtes der Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG eingestellt. Begründet wurde die Einstellung im Wesentlichen damit, dass die Tat gemäß § 168 StGB zu verfolgen wäre und das Doppelbestrafungsverbot eine weitere Verfolgung nach § 52 GSpG hindere.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Finanzamtes Linz, in welcher begründend kurz zusammengefasst ausgeführt wird, dass mit den verfahrensgegenständlichen Eingriffsgegenständen verbotene Ausspielungen nach § 2 Abs. 4 GSpG stattgefunden hätten und ein Hinweis auf eine gerichtliche Strafbarkeit nicht vorliege. Die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens würden nicht vorliegen. Das Finanzamt Linz beantragt in der Beschwerde die Aufhebung des Einstellungsbescheides und die Verhängung einer angemessenen Strafe.

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führte am  5. März 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Danach geht das Landesverwaltungsgericht Ober­österreich von folgendem Sachverhalt aus:

 

Bei einer von der Abgabenbehörde am 29. März 2012 im Lokal mit der Bezeichnung „C S“ in P durchgeführten Kontrolle wurden folgende Geräte, die sich bereits seit 1. Oktober 2011 im genannten Lokal befanden, betriebsbereit vorgefunden:

 

FA-Nummer Gehäusebezeichnung Seriennummer

1 Extra 5+ Terminator x

2 K Multi Game x

3 P Multi Games x

4 Magic Games II x

5 € Wechsler x

6 Tipomat Y-Line x

 

Das Lokal mit der Bezeichnung „C S“ wurde von der mitbeteiligten Partei betrieben (Anzeige der Finanzpolizei samt Beilagen; Angaben der mitbeteiligten Partei in der mündlichen Verhandlung).

 

Auf den Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 4 konnten virtuelle Walzenspiele durchgeführt werden. Die Funktionsweise stellt sich bei diesen Geräten generalisierend wie folgt dar: Bei diesen Gerätschaften konnten virtuelle Walzenspiele durchgeführt werden, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Nach etwa ein bis zwei Sekunden kam der „Walzenlauf“ zum Stillstand. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen (Spielbeschreibung in der Anzeige der Finanzpolizei und in der Fotodokumentation).

Jedenfalls bei den Geräten mit den FA-Nrn. 2 und 3 war eine Einsatzsteigerung mit vorgeschaltetem Würfelspiel möglich. Ab einem gewählten Spieleinsatz von 0,50 Euro konnte durch fortgesetzte Bedienung einer Taste der Einsatz in Stufen weiter bis zum programmbedingt höchst möglichen Einsatz gesteigert werden. Wurde der Einsatz über den Betrag von 0,50 Euro hinaus erhöht, wurden mit jeder Tastenbetätigung in einem der kleinen, nebeneinander angeordneten Felder in unmittelbarer Nähe des Einsatzbetragsfelds am Bildschirm „Augen“ bis zu einer bestimmten Höchstzahl eingeblendet. Nach der „Augendarstellung“ bewirkte die weitere Tastenbedienung das Einblenden eines oder mehrerer Symbole. Damit wurde dem Spieler verschlüsselt der ausgewählte Einsatzwert angezeigt. Wurde ein solcher Art verschlüsselter Einsatz von mehr als 0,50 Euro vorgewählt, so musste die Starttaste so lange wiederholt hintereinander betätigt werden, bis der vorgewählte Einsatzbetrag in mehreren Teileinsatzbeträgen vollständig vom Spielguthaben abgezogen war, um das Spiel sodann auszulösen. Auf diese vorgeschalteten „Würfelspiele“ konnte nicht verzichtet werden, wenn um entsprechend hohe in Aussicht gestellte Gewinne gespielt werden sollte. Die Würfelspiele konnten nicht gesondert für sich alleine ausgewählt und zur Durchführung aufgerufen werden. Die „vorgeschalteten Würfelspiele“ stellten kein Spiel, sondern nur eine verschlüsselte Einsatzleistung in Form von Teileinsatzbeträgen dar (Spielbeschreibung in der Anzeige der Finanzpolizei).

Die Geräte mit den FA-Nrn. 1 bis 4 verfügten über einen Banknoteneinzug und über eine funktionsfähige Auto-Start-Taste. Bei Auslösung eines Spiels im Wege der Auto-Start-Taste musste diese Taste nur einmal betätigt werden, um die beschriebenen Abläufe sehr rasch und kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgte solange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben aufgebraucht war, der Einsatz höher als der Spielguthaben war oder die Taste erneut betätigt wurde. Bei Verwendung der Auto-Start-Taste war es für Spieler möglich innerhalb weniger Minuten deutlich mehr als 10 Euro einzusetzen und zu verlieren (Spielbeschreibung in der Anzeige der Finanzpolizei und in der Fotodokumentation).

Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 1 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „Always Hot“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,10 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 6 Euro in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug 2 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von 120 Euro in Aussicht gestellt wurde. Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 2 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „Ring of Fire“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,20 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 360 Euro (20 Euro und 34 Supergames) in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug 5 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von 7200 Euro (20 Euro und 718 Supergames) in Aussicht gestellt wurde. Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 3 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „Submarine“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,20 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 160 Euro (20 Euro und 14 Supergames) in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug 6 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von 4000 Euro (20 Euro und 398 Supergames) in Aussicht gestellt wurde. Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 4 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „Ultra Hot“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,10 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 16 Euro in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug 8 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von 1280 Euro (100 Euro und 118 AG) in Aussicht gestellt wurde (Anzeige der Finanzpolizei und GSp26 Dokumentation).

 

Bei dem Gerät mit der FA-Nr. 6 stellt sich die Funktionsweise wie folgt dar: Bei diesem Gerät konnten „Wetten“ auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen aufgezeichneten Hunderennen abgeschlossen werden. Pro Einzelwette (Einzelspiel) konnte ein Einsatz von zumindest 15 Euro geleistet werden (Anzeige der Finanzpolizei und GSp26 Dokumentation).

 

Das Gerät mit der FA-Nr. 5 verfügte über einen Münzeinwurf und einen Banknoteneinzug, wobei unter anderem Banknoten im Wert von 10 Euro oder 20 Euro eingegeben werden konnten. Das Gerät mit der FA-Nr. 5 wies neben einer Geldwechselfunktion folgende Funktionsweise auf: Wurde Geld eingegeben, so erschien am Kreditdisplay eine Zahl in Höhe des eingegebenen Betrages. Nach etwa ein bis zwei Sekunden wurde automatisch 1 Euro vom Kredit abgezogen und ein Lichtkegel begann sich am auf der Vorderseite des Geräts ersichtlichen Glücksradkranz, welcher aus Zahlenfeldern und leeren Feldern bestand, zu drehen. Auf dem Glücksradkranz befanden sich die Zahlen 2, 4, 6, 8 und 20. Der Lichtkegellauf endete damit, dass ein Feld beleuchtet blieb. Blieb ein Betragsfeld beleuchtet, so konnte die Ausfolgung der auf dem Betragsfeld angegebenen Zahl multipliziert mit 1 Euro in der am Gerät befindlichen Geldlade bewirkt werden. Blieb der Lichtegel hingegen auf einem leeren Feld stehen, hatte man den eingesetzten Euro verloren. In weiterer Folge wurde erneut 1 Euro vom Kredit abgezogen und es startete erneut ein Lichtkegellauf, welcher wiederum damit endete, dass wiederum ein Feld beleuchtet blieb. Das Gerät führte diesen Vorgang (Abzug von einem Euro vom Kredit und Lichtkegellauf) solange selbstständig nacheinander durch, bis entweder am Gerät die Rückgabetaste betätigt wurde oder kein Kredit mehr vorhanden war. Bei Verwendung dieses Gerätes war es für Spieler möglich, innerhalb weniger Minuten mehr als 10 Euro einzusetzen und zu verlieren (Spielbeschreibung in der Fotodokumentation; GSp26 Dokumentation; Angaben der mitbeteiligten Partei in der mündlichen Verhandlung).

 

Im  Zeitraum 1. Oktober 2011 bis 29.3.2012 nutzen Spieler die automatische Glücksradfunktion beim Gerät mit der FA-Nr. 5 und die Auto-Start-Tasten bei den Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 4. Der mitbeteiligten Partei waren diese Nutzungen und die Funktionsweise der Geräte bekannt (Angaben der mitbeteiligten Partei in der mündlichen Verhandlung). Die mitbeteiligte Partei fand sich damit ab, dass Spieler die Geräte für mehrere Spiele in Serie nutzten, dabei möglicherweise insgesamt mehr als 10 Euro einsetzen und/oder nicht bloß zum Zeitvertreib, sondern mit gewinnsüchtiger Absicht die Geräte bespielen.

 

II.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aufgrund folgender Beweiswürdigung: Die einzelnen Feststellungen gründen vor allem auf den jeweils in Klammer angeführten Beweismitteln. Im Einzelnen ist zudem Folgendes auszuführen: Das Vorhandensein der Geräte im Lokal „C S“ in P im angeführten Zeitraum konnte aufgrund der Angaben in der Anzeige der Finanzpolizei samt Beilagen und den Angaben des Zeugen M D festgestellt werden. Die Funktionsweise der Geräte ergibt sich vor allem aus den Spielbeschreibungen in der Anzeige der Finanzpolizei und in der Fotodokumentation sowie aus den GSp26 Formularen. Die Zeugin S gab in ihrer Aussage zum Zustandekommen der Dokumentation der Finanzpolizei nachvollziehbar an, dass bei den Kontrollen von Seiten der Finanzpolizei Probespiele gemacht werden und die diesbezüglichen Wahrnehmungen dokumentiert werden. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen im vorliegenden Fall keine ausreichenden Gründe, die Anlass zu Zweifeln an der Beschreibung durch Finanzpolizei begründen. Die Angaben stimmen im Übrigen auch mit der Aussage der mitbeteiligten Partei in der mündlichen Verhandlung überein. Aus der Beschreibung der Finanzpolizei ergibt sich vor allem die Funktionsweise der Auto-Start-Taste, wobei angesichts der von der Finanzpolizei festgestellten möglichen Einsätze, der kurzen Dauer des Walzenlaufes (etwa ein bis zwei Sekunden) und des Umstandes, dass nach Betätigen der Auto-Start-Taste bereits nach kurzem Walzenstillstand automatisch ein neuer Walzenlauf startet, die Möglichkeit besteht, dass Spieler innerhalb weniger Minuten deutlich mehr als 10 Euro einsetzen bzw. verlieren. Die Feststellungen zu den möglichen Spielen samt möglichen Einsätzen und in Aussicht gestellten Gewinnen ergeben sich vor allem aus den GSp26 Formularen. Dass beim Gerät mit der FA-Nr. 5 etwa ein bis zwei Sekunden nach Geldeinwurf automatisch ein Euro vom Kredit abgezogen wird und ein Lichtkegel sich zu drehen beginnt und das Gerät solange selbstständig spielt, bis man eine Taste betätigt oder kein Kredit mehr vorhanden ist, ergibt sich vor allem aus der Beschreibung der Finanzpolizei über die Wahrnehmungen beim Probespiel (in der Fotodokumentation) und es stimmt dies mit den Angaben der mitbeteiligten Partei überein. Angesichts dieser Funktionsweise, des Umstandes, dass Geldscheine eingeführt werden konnten und ein Spiel (laut Angaben der Finanzpolizei) bereits nach etwa ein bis zwei Sekunden startet, ist aber aus Sicht des erkennenden Gerichts davon auszugehen, dass innerhalb einiger Minuten mehr als 10 Euro eingesetzt bzw. verloren werden konnten. Die mitbeteiligte Partei gab in der mündlichen Verhandlung an, dass Spieler die Auto-Start-Taste bzw. das Gerät mit der FA-Nr. 5 nutzten und konnte auch Auskünfte zur Funktionsweise der Geräte geben, sodass festgestellt werden konnte, dass der mitbeteiligten Partei Nutzungen und Funktionsweise der Geräte bekannt waren. Bei lebensnaher Betrachtungsweise ist angesichts dessen aber nicht nur davon auszugehen, dass sich die mitbeteiligte Partei damit abfand, dass Spieler die Geräte für mehrere Spiele in Serie nutzten, sondern auch, dass Spieler dabei möglicherweise insgesamt mehr als 10 Euro einsetzten und/oder mit gewinnsüchtiger Absicht spielten. Für letzteres spricht vor allem auch, dass Spieler bei den Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 5 keinen Einfluss auf die Spielergebnisse nehmen konnten und insbesondere bei selbstständigen Ablauf von mehreren Spielen hintereinander kein besonderer Unterhaltungswert erkennbar ist, der Anlass zum Spielen zum bloßen Zeitvertreib geben könnte.

 

III. In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

 

III.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG (BGBl. Nr. 620/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 105/2014) in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer daran beteiligt.

 

Nach § 168 Abs. 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der ein Spiel bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spiels veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

 

III.2. Nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts (grundlegend etwa VwGH 23.07.2013, 2012/17/0249) ist bei Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit (§ 168 StGB) und verwaltungsstrafrechtlicher Strafbarkeit gemäß § 52 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des GSpG unter Berücksichtigung des Verbots der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs. 1 7. ZPEMRK grundsätzlich darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Programm veranstaltet, organisiert, anbietet, unternehmerisch zugänglich macht oder sich daran beteiligt, dabei Einsätze von höchstens 10 Euro oder mehr als 10 Euro ermöglicht bzw. ob Serienspiele verlasst wurden. Entscheidend für die Abgrenzung ist daher, ob die auf den Glücksspielgeräten installierten Spielprogramme Spiele mit einem Einsatz von über 10 Euro ermöglichen, das heißt, welcher mögliche Höchsteinsatz an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielautomaten jeweils geleistet werden kann, und, ob Serienspiele veranlasst werden können (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/17/0320 uva). Dies bedeutet im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

 

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auch bei unternehmerischer Beteiligung durch Vermietung von Räumen für Glücksspielzwecke eine Strafbarkeit nach § 168 StGB in Betracht kommt (vgl. Kirchbacher in WK2 StGB § 168 Rz 15: „Eine zur Abhaltung eines Spiels veranstaltete Zusammenkunft fördert, wer ein solches [...] Geschehen unterstützt, zB durch Beistellung entsprechender Räume“).

 

III.3. Gemäß § 52 Abs. 3 GSpG in der seit 1.3.2014 geltenden Fassung BGBl I Nr. 13/2014 ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 GSpG zu bestrafen, wenn durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht werden. Ob diese Regelung dem verfassungsrechtlichen Gebot der Sachlichkeit entspricht, kann im gegenständlichen Fall ebenso dahingestellt bleiben, wie die Frage, ob diese Bestimmung eine für den Täter günstigere Rechtslage im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG bewirkt, zumal aus folgenden Gründen jedenfalls dann, wenn die gegenständlichen Glücksspiele (auch) den Tatbestand des § 168 StGB erfüllen, eine Bestrafung nach § 52 GSpG nicht (mehr) in Betracht kommt:

 

Eine allfällige den Tatbestand nach § 168 StGB erfüllende strafbare Handlung verjährt gemäß § 57 StGB nach einem Jahr, wobei gegenständlich spätestens nach der Kontrolle am 29. März 2012 das strafbare Verhalten aufhörte. Die belangte Behörde erstattete aber erst mehr als ein Jahr nach diesem Zeitpunkt, nämlich mit Schreiben vom 1. August 2013 eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft Linz, sodass bereits zu diesem Zeitpunkt eine Verjährung gemäß § 57 StGB eingetreten war. Die Staatsanwaltschaft Linz stellte ihr Verfahren daher auch aus dem Grund des § 57 StGB (Verjährung) ein (vgl. Benachrichtig von der Einstellung des Verfahrens von der Staatsanwaltschaft Linz zu GZ 45 BAZ 646/13b – 4). Wenn aber bereits vor Inkrafttreten von § 52 Abs. 3 GSpG in der Fassung BGBl I Nr. 13/2014 eine Verfolgung und Bestrafung eines Glückspiels nach § 168 StGB und/oder nach § 52 GSpG aufgrund einer Verjährung und der bis 28.2.2014 geregelten Subsidiarität der Verwaltungsübertretung nicht mehr zulässig war, so wäre es schon aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig, eine bereits verjährte Tat wieder verfolgbar/strafbar zu machen (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 1 Rz 17). Zudem kann eine einmal für einen bestimmten Tatzeitpunkt eingetretene Subsidiarität nicht rückwirkend aufgehoben werden. Bis zum 1.3.2014 waren Verwaltungsübertretungen nach dem § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG jedenfalls subsidiär gegenüber dem Straftatbestand des § 168 StGB. In Bezug auf Tatzeiträume vor dem 1.3.2014 verwirklichte daher ein Täter im Rechtssinn allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Der Wegfall der Strafbarkeit des zum Tatzeitpunkt primär heranzuziehenden Kriminalstraftatbestandes (etwa wegen Strafaufhebungsgründen) kann die Anwendbarkeit des subsidiären Tatbestandes nicht neu begründen und lässt damit die Verdrängung des verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes bestehen (vgl. bereits VwGH 22.3.1999, 98/17/0134 und jüngst mwN VwGH 7.10.2013, 2012/17/0507). Folgerichtig vermag auch die nachträgliche gesetzliche Umkehrung der Subsidiaritätsregel an der in der Vergangenheit bereits eingetretenen Verdrängung des Verwaltungsdeliktes nichts zu ändern. Es liegt auch aufgrund der getroffenen Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft bereits eine Entscheidung im Hinblick auf (den Tatbestand des) § 168 StGB vor und es würde eine erneute Verfolgung eines auch unter den Tatbestand des § 168 StGB fallenden Glücksspiels (trotz der bestehenden Einstellungsentscheidung) daher wohl auch gegen Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK verstoßen.

 

Im Ergebnis kommt daher jedenfalls dann, wenn die gegenständlichen Glücksspiele (auch) den Tatbestand des § 168 StGB erfüllen, eine Bestrafung nach § 52 GSpG nicht in Betracht.

 

III.4. Zur Beurteilung der Geräte mit den FA-Nrn. 1 bis 4:

Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtslage ist daher hinsichtlich der Geräte mit den FA-Nrn. 1 bis 4 Folgendes auszuführen: Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass Serienspiele ermöglicht bzw. veranlasst wurden, zumal der Banknoteneinzug potentielle Spieler dazu verleitet höhere Beträge einzuspeisen und der fragliche Unterhaltungswert bei den Walzenspielen jedenfalls bei Betätigen der Auto-Start-Taste zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund tritt, da der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchen vom Spielguthaben und Walzenlauf solange nacheinander automatisch abläuft, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird und der Blick der Spieler bei den im Sekundentakt monoton ablaufenden Walzenspielen wohl vorwiegend auf den sich verändernden Stand des Spielguthabens gelenkt wird (vgl. auch OGH 6 Ob 118/12i: "Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigen der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."). Mittels bloß einmaliger Betätigung der Auto-Start-Taste konnte im Übrigen auch eine Vielzahl von Walzenläufen in Serie bewirkt werden, bei denen (auch bei Einzeleinsätzen von weniger als 10 Euro pro einzelnem „Walzenlauf“) insgesamt (bei mehreren „Walzenläufen“ zusammengerechnet) mehr als 10 Euro innerhalb weniger Minuten eingesetzt (und verloren) werden konnten. Der mitbeteiligten Partei war diese Funktionsweise auch bekannt und die mitbeteiligte Partei wusste, dass Spieler die Geräte für mehrere Spiele in Serie mittels Betätigung der Auto-Start-Taste nutzten. Überdies bestanden bei den Geräten äußerst günstige Einsatz-Gewinn-Relationen: Vom OGH (20.04.1983, 11 Os 39/83) wurde bereits ein Verhältnis von 1:60 als günstige Relation zwischen dem maximalen Einzeleinsatz und dem höchstmöglichen Gewinn beurteilt, die die Möglichkeit eines besonderen Anreizes für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht indiziert. Gegenständlich bestanden aber entsprechend den festgestellten Einsätzen samt den dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinnen bei jedem der Geräte mit den FA-Nrn. 1 bis 4 jedenfalls zumindest ebenso günstige Relationen von zumindest 1:60 (so etwa bei Gerät mi der FA-Nr. 1), teilweise noch weit günstigere Relationen (etwa 1:1800 bei Gerät mit der FA-Nr. 2). Aus dem Sachverhalt ergibt sich daher die Ermöglichung bzw. Veranlassung von Serienspielen, wobei der mitbeteiligten Partei die Funktionsweise und die Nutzung der Auto-Start-Tasten durch Spieler bekannt waren und sie sich mit dem Spielen mit gewinnsüchtiger Absicht abfand, sodass die mitbeteiligte Partei insoweit vorsätzlich handelte. Es liegt somit bei hinsichtlich der Geräte mit den FA-Nrn. 1 bis 4 eine gemäß § 168 StGB strafbare Glücksspielveranstaltung vor.

 

III.5. Zur Beurteilung des Gerätes mit der FA-Nr. 5:

Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtslage ist hinsichtlich des Gerätes mit der FA-Nr. 5 Folgendes auszuführen: Dieser Wechsler unterscheidet sich in seiner Funktionsweise wesentlich von den aus anderen (veröffentlichten) Entscheidungen bekannten Wechslern. So wird beim vorliegenden Gerät nicht automatisch ein Teil des eingeworfenen Geldes (gewechselt und) ausgeworfen, sondern es verbleibt zunächst der Gesamtbetrag im Gerät und es wird nach etwa ein bis zwei Sekunden automatisch ein Euro vom Kredit abgezogen. Dann startete die Glücksradfunktion (Lichtkegellauf am auf der Vorderseite des Geräts ersichtlichen Glücksradkranz), welche damit endete, dass ein Feld beleuchtet blieb (und damit ein Gewinn oder der Verlust eines Euros feststand). Das Gerät führte diesen Vorgang (automatischer Abzug von einem Euro vom Kredit und Lichtkegellauf) solange selbstständig nacheinander durch, bis entweder am Gerät die Rückgabetaste betätigt wurde oder kein Kredit mehr vorhanden war, wobei es möglich war, innerhalb einiger Minuten mehr als 10 Euro einzusetzen und zu verlieren. Betätigte der Spieler also nach dem Geldeinwurf in weiterer Folge keine Taste, so führte das Gerät selbstständig solange Glücksradspiele wiederholt nacheinander durch, bis kein Kredit mehr vorhanden war. Die Durchführung von mehreren Spielen in Serie wurde daher bereits durch die Eingabe von Geld in einer Höhe von mehr als einem Euro ausgelöst. Berücksichtigt man, dass Spieler keinen Einfluss auf den Ausgang eines Spiels (Lichtkegellaufes) hatten, so tritt bei lebensnaher Betrachtung der ohnedies fragliche Unterhaltungswert bei einem derartigen Glücksradspiel zumindest bei dem beim verfahrensgegenständlichen Gerät vorhandenen automatischen Start von Lichtkegelläufen in Serie regelmäßig zu Gunsten des Gewinnstrebens in den Hintergrund. Aus dem Sachverhalt ergibt sich daher auch beim Gerät mit der FA-Nr. 5 die Veranlassung von Serienspielen, wobei der mitbeteiligten Partei die Funktionsweise und die Nutzung durch Spieler bekannt waren und sie sich mit dem Spielen mit gewinnsüchtiger Absicht abfand, sodass die mitbeteiligte Partei insoweit vorsätzlich handelte. Es liegt somit auch beim Gerät mit der FA-Nr. 5 eine gemäß § 168 StGB strafbare Glücksspielveranstaltung vor.

 

III.6. Zur Beurteilung des Gerätes mit den FA-Nr. 6:

Bei diesem Gerät bestand – wie bereits beim Probespiel durch die Finanzpolizei festgestellt – die Möglichkeit mehr als 10 Euro bei einem Einzelspiel (einer Einzelwette) einzusetzen, sodass auch bei diesem Gerät eine gemäß § 168 StGB strafbare Glücksspielveranstaltung vorlag.

 

III.7. Das gegen die mitbeteiligte Partei geführte Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachtes der Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG wurde daher im Ergebnis mit Recht eingestellt. Die Beschwerde war somit abzu­weisen.

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der (nicht uneinheitlichen) Rechtsprechung der Höchstgerichte ab.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Wiesinger