LVwG-300374/15/BMa/TO/BD
Linz, 12.12.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des Dr. E.W., vertreten durch Rechtsanwälte R., x, D., vom 24. Juni 2014, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 3. Juni 2014, GZ: SV96-65-2014-Sc, SV96-66-2014-Sc, wegen Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) werden die verhängten Geldstrafen auf jeweils 250 Euro (insgesamt 500 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 17 Stunden (insgesamt 34 Stunden) herabgesetzt.
II. Nach § 38 VwGVG iVm § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 50 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs.8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt für schuldig erkannt und bestraft:
„Die Firma O.J. Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in D., x, hat als Arbeitgeberin zu verantworten, dass die genannte Firma auf der Baustelle der Firma x, x,
Herrn N.H., geb. x, StA. D., v. 11.02.2014-28.3.2014, und
Herrn G.A.A., geb.x, StA. D., v.11.02.2014 - 28.03.2014,
am 28.03.2014 um 12.30 Uhr mit der Montage von Industrieanlagen beschäftigt hat, ohne dass
1. eine Meldung über die Beschäftigung dieser Arbeitnehmer, die zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wurden, der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen gemacht wurde, und
2. ein Nachweis über die Anmeldung zur Sozialversicherung der Arbeitnehmer (A1-Formular) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den 7b Abs. 3 und 4 AVRAG der Arbeitnehmer am Arbeits(Einsatz)ort bereitgehalten wurden.
Für diese Übertretungen sind Sie als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma O.J. Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in D., x, gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
Zu 1.: § 7b Abs. 9 Z. 1 iVm § 7b Abs. 3 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), idF BGBl. Nr. 24/2011
Zu 2.: § 7b Abs. 9 Z. 2 iVm. § 7b Abs. 5 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), idF. BGBl.Nr. 24/2011
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Euro
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Gemäß
1. 500 Euro
2. 500 Euro
34 Stunden
34 Stunden
1.7b(9)Z.1 iVm.§ 7b(3) AVRAG idF. BGBl.Nr, 24/2011 iVm. §9(1)VSTG 1991
2. §7b(9) Z.2 iVm § 7b(5) AVRAG idF. BGBl. I Nr. 24/2011 i.V.m. §9(1)VStG 1991
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
Je 50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.100 Euro. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§54d VStG).“
I.2. Mit der rechtzeitigen rechtsfreundlich eingebrachten Beschwerde vom 24. Juni 2014, wurde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt und um Rücknahme des Bescheids ersucht.
I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 8. Juli 2014 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.
Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und am 3. Oktober 2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der eine Rechtsvertreterin des Bf gekommen ist. In der Verhandlung wurde die Beschwerde auf die Strafhöhe eingeschränkt.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
II.1. Weil sich die Beschwerde nunmehr ausschließlich gegen das Ausmaß der verhängten Strafe richtet, ist der erstinstanzliche Schuldspruch damit in Rechtskraft erwachsen und es ist dem Landesverwaltungsgericht verwehrt, sich mit diesem auseinanderzusetzten.
II.2. Gemäß § 7b Abs.3 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), idF BGBl.I.Nr. 24/2011 haben Arbeitgeber im Sinne des Abs.1 die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und eine Abschrift der Meldung dem in Abs.1 Z4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein Arbeitnehmer entsandt wird, diesem, auszuhändigen. ...
Gemäß § 7b Abs.4 AVRAG hat die Meldung nach Abs.3 folgende Angaben zu enthalten:
1. Name und Anschrift des Arbeitgebers,
2. Name des in Abs.1 Z4 bezeichneten Beauftragten,
3. Name und Anschrift des inländischen Auftraggebers (Generalunternehmers),
4. die Namen, Geburtsdaten, Sozialversicherungsnummern sowie die Staatsangehörigkeit der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer,
5. Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung in Österreich,
6. die Höhe des dem einzelnen Arbeitnehmer gebührenden Entgelts,
7. Ort der Beschäftigung in Österreich (auch andere Einsatzorte in Österreich),
8. die Art der Tätigkeit und Verwendung des Arbeitnehmers,
9. sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung,
10. sofern die entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung.
Gemäß § 7b Abs.5 AVRAG haben Arbeitgeber im Sinn des Abs.1 oder Abs.1 Z4 bezeichnete Beauftragte oder der Arbeitnehmer, sofern für den entsandten Arbeitnehmer in Österreich keine Sozialversicherungspflicht besteht, Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04), sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs.3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereit zu halten. Sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, ist auch die Genehmigung bereitzuhalten.
Gemäß § 7b Abs. 9 AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber oder als in Abs.1 Z4 bezeichneter Beauftragter
1. die Meldung nach Abs.3 nicht rechtzeitig erstattet oder
2. die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 nicht bereithält.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs-gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwen-den. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
II.3. Über den Bf als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ (§ 9 Abs.1 VStG) der O.J. GmbH mit Sitz in D., x, wurden wegen nicht rechtzeitiger Meldung nach § 7b Abs.3 AVRAG und wegen Nicht- Bereithaltung der erforderlichen Unterlagen entgegen § 7b Abs.5 AVRAG jeweils die Mindeststrafe von 500 Euro verhängt.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, u.a. wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.
II.4. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
Hinsichtlich der Strafbemessung ist hervorzuheben, dass entgegen der Annahme der belangten Behörde dem Beschwerdeführer Milderungsgründe zugute kommen, die eine Herabsetzung der gesetzlichen Mindeststrafe auf das nunmehr verhängte Strafausmaß rechtfertigen. Der Bf zeigte sich geständig und hat zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen. Dem Landesverwaltungsgericht Oö wurde auch ein Nachweis über die innerorganisatorische Übertragung der Verantwortlichkeit zur Einhaltung der Bestimmungen des AVRAG auf den handelsrechtlichen Geschäftsführer A.S. vorgelegt. Dies wurde aber den österreichischen Behörden nicht angezeigt.
Aus dem Verfahrensakt sowie den Vorbringen im Beschwerdeverfahren ergibt sich, dass die Meldungen und Anzeigen gemäß AVRAG sofort nach der Kontrolle nachgeholt wurden. Der Bf hat auf das Funktionieren der internen Aufgabenteilung vertraut. Ihm ist damit lediglich ein Überwachungsverschulden vorwerfbar.
Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es nicht auf die Zahl der Milderungs- und Erschwernisgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung – somit dem Gewicht nach – im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts an und es ist danach zu beurteilen (vgl. u.a. VwGH 92/02/0095 v. 27.2.1992).
Unter Zugrundelegung der vorgenannten Milderungsgründe ist die Anwendung des ao. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) und eine Herabsetzung der Mindeststrafe gerechtfertigt, zumal auch Erschwernisgründe im Verfahren nicht hervorgekommen sind.
Eine Ermahnung gem. § 45 Abs.1 VStG hingegen konnte nicht erteilt werden, weil die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückgeblieben ist und auch nicht von unbedeutenden Tatfolgen ausgegangen werden kann. Mit der nun verhängten Strafe ist jene dem gegenständlichen Fall Rechnung tragende Sanktion gesetzt, die dem Bf die Unrechtmäßigkeit seiner Handlung eindringlich vor Augen führt.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
III. Die Herabsetzung der Geldstrafe erfordert eine dementsprechende Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe und der erstinstanzlichen Verfahrenskosten. Aufgrund des Teilerfolges der Berufung fielen keine Kostenbeiträge für das Rechtsmittelverfahren an.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann