LVwG-150170/19/MK/GD
Linz, 02.03.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde der P. W. W. mbH, x, vertreten durch x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadt Leonding vom 07.03.2014, GZ: 5-182-131/9-2013/14 Dir/pos, wegen der Errichtung von zwei Werbetafeln auf dem Grundstück Nr. x, KG L.
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Leonding vom 07.03.2014, GZ: 5-182-131/9-2013/14 Dir/pos, bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Zum Sachverhalt bzw. Verfahrensablauf ist Folgendes festzuhalten:
I.1. Am 18.06.2013, eingelangt am 21.06.2013, erstattete die P. W. W. mbH (im Folgenden: Bf) die Anzeige für die Errichtung einer Werbe- oder Ankündigungseinrichtung gemäß § 27 Oö. BauO 1994 am Standort Grst. Nr. x, EZ x, KG L.. Angezeigt wurden 2 Einzeltafeln im Ausmaß von jeweils 10,2 m Länge und 2,4 m Höhe. Die Unterlagen wurden vollständig vorgelegt.
Das Gutachten des bauchtechnischen Sachverständigendienstes der Stadt Leonding vom 06.08.2013, Fachbereich Raumordnung, zur Beurteilung der Ortsbildfrage nach § 27 Oö. BauO 1994 ergab eine Störung des Orts- und Landschaftsbildes.
„In Bezug auf die vorhandenen baulichen Anlagen im beschriebenen Sichtbereich sowie auf die ortsbildprägende Begrünung, würde die angezeigte Werbeanlage als Fremdkörper in Erscheinung treten, da kein gestalterischer Bezug zur Umgebung erkennbar ist. Die Wirkung als Fremdkörper wird durch die weithin sichtbare Einsehbarkeit im Straßenraum begründet.
Weiters ist zu erwarten, dass für einen von Süden oder Norden kommenden Betrachter im Straßenzug „xstraße“, die Sichtbeziehung zur ortsbildprägenden Begrünung aufgrund einer noch zu erwartenden Verdeckung unterbrochen wird.
Werbe- und Ankündigungseinrichtungen müssen so beschaffen sein, dass ihr Erscheinungsbild das Orts- und Landschaftsbild nicht stört. Da eine gestalterische Anpassung der angezeigten Werbetafeln bzw. eine unauffällige Einfügung in die Umgebung nicht möglich erscheint, ist durch die Errichtung dieser eine Störung des Orts- und Landschaftsbildes zu erwarten.“
I.2. Die Bf wurde am 31.07.2013 über die beabsichtigte Untersagung unterrichtet und eine Stellungnahmefrist bis 13.08.2013 eingeräumt.
Am 05.08.2013 stellte die Rechtsvertretung der Bf die internen Unterlagen als interne Stellungnahme in Frage und stellte den Antrag auf Einholung eines vollständigen und ordnungsgemäßen Sachverständigengutachtens aus dem Bereich Orts- und/oder Landschaftsbild, Einhaltung des Parteiengehörs und Bewilligung der Errichtung der angezeigten Werbetafeln.
Das Gutachten des internen Sachverständigen wurde der Rechtsvertretung der Bf am 07.08.2013 auf Anfrage übermittelt.
Am 13.08.2013 gab die Rechtsvertretung der Bf eine Stellungnahme ab mit welcher das Gutachten inhaltlich (hinsichtlich Schlüssigkeit, Begründetheit, Vollständigkeit) als auch hinsichtlich der Sachverständigen-Qualität umfangreich in Frage gestellt wurde. Ein Gegengutachten wurde nicht eingebracht.
I.3. Am 14.08.2013, zugestellt am 19.08.2013 erließ der Bürgermeister der Stadtgemeinde Leonding als Baubehörde erster Instanz den Bescheid mit dem die Ausführung der beiden angezeigten Werbetafeln auf dem Grundstück Nr. x, KG L., auf Grundlage der Bestimmungen §§ 25a Abs.1 und 27 Abs.3 Oö. BauO 1994 i.d.g.F. untersagt wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass sowohl die Stellungnahme vom 31.07.2013, jedenfalls aber das Gutachten vom 06.08.2013 eine Störung des Orts- und Landschaftsbildes ergeben habe.
Das Gutachten sei vollständig und ordnungsgemäß, schlüssig, nachvollziehbar und entspreche den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass widersprechende Stellungnahmen nur auf gleicher fachlicher Ebene zu beachten seien.
I.4. Am 28.08.2013 wurde durch die Rechtsvertretung der Bf fristgerecht Berufung wegen Verfahrensmängeln und inhaltlicher Rechtswidrigkeit eingebracht und vier „in eventu“-Anträge gestellt den Bescheid zu beseitigen und die Bewilligung zur Errichtung der Werbeanlage zu erteilen. Folgende Mängel wurden geltend gemacht:
- Durch die Stellungnahme des Amtssachverständigen im Vorprüfungsverfahren habe sich die Behörde präjudiziert.
- Auf die Argumente in der Stellungnahme vom 13.08.2013 sei die Behörde nicht eingegangen.
- Der Amtssachverständige sei kein Sachverständiger im Sinne des Gesetzes und eine Gutachtensqualität sei nicht gegeben.
- Die organisatorische Eingliederung der Amtssachverständigen in die Abteilung Stadtplanung und Baurecht verletze Art. 6 EMRK als auch § 7 AVG.
- Das Gutachten sei unschlüssig und auf inhaltlicher Ebene unrichtig.
I.5. Am 07.03.2014, zugestellt am 24.03.2014, wies der Gemeinderat der Stadt Leonding als Baubehörde zweiter Instanz sämtliche Anträge auf Grundlage der Bestimmungen §§ 27 Abs.1 Oö. BauO 1994 und 63 ff AVG ab.
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Amtssachverständige nach dem Primat des Amtssachverständigen in § 52 AVG befugt sei das Ortsbildgutachten zu erstellen; die Gutachtenserstellung des bautechnischen Sachverständigendienstes erfolge unabhängig und weisungsfrei.
Der Gemeinderat gehe vom Vorliegen eines schlüssigen und nachvollziehbaren Ortsbildgutachtens aus und verwies hinsichtlich der inhaltlichen, fachlichen Beurteilungselemente auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach einem Gutachten nur auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten werden könne.
I.6. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf am 22.04.2014 rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht.
Es wurde das erstinstanzliche Gutachten massiv in Frage gestellt und inhaltliche als auch Verfahrensmängel in etwa wie folgt releviert:
- Der Amtssachverständige sei kein Sachverständiger im Sinne des § 52 AVG und eine Gutachtensqualität sei daher nicht gegeben. Die organisatorische Eingliederung der Amtssachverständigen in die Abteilung Stadtplanung und Baurecht verletze Art. 6 EMRK als auch Art. 7 B-VG. Durch die Stellungnahme des Amtssachverständigen im Vorprüfungsverfahren habe sich die Behörde präjudiziert.
- Das Gutachten sei völlig unschlüssig; auf Widersprüche in der Stellungnahme vom 13.08.2013 werde nicht eingegangen.
- Die Befundung des Gutachtens sei unschlüssig hinsichtlich der Sichtverbindung und völlig unbegründet hinsichtlich Ausführung, Material und Farbton.
- Andere Werbungen im Nahbereich seien nicht berücksichtigt worden (VwGH 29.01.2013, Zl. 2010/05/0195).
- Die Nachvollziehbarkeit und die Beurteilung der örtlichen Struktur im Gutachten wird in Frage gestellt.
- Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 2010/07/0030) müsse einem „unschlüssigen und unvollständigen Gutachten“ nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten werden.
Die Bf beantragte den in Frage stehenden Bescheid des Gemeinderates aufzuheben und die Bewilligung zur Errichtung der zwei Werbeanlagen zu erteilen; in eventu den in Frage stehenden Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde Leonding zurückzuverweisen.
I.7. Die Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht am 23.06.2014 vorgelegt.
Der Gemeinderat der Stadt Leonding hat der Entscheidungsbefugnis des Landesverwaltungsgerichts gemäß § 28 Abs.3 VwGVG widersprochen, da die Behörde selbst über einen bautechnischen Sachverständigendienst verfüge und im Falle einer Ergänzung des Gutachtens das Verfahren selbst rascher und kostengünstiger abwickeln könne.
II. Das Verwaltungsgericht hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und Einholung eines Gutachtens zur Feststellung, ob die Errichtung der geplanten Werbeanlage eine Störung der Sicherheit und des Orts- und Landschaftsbildes im Sinne des § 27 Oö. BauO 1994 herbeiführt. Da der Amtssachverständige für die Erstellung des Gutachtens nicht zur Verfügung stand, wurde der Gerichtssachverständige S., als ausgewiesener Experte für Stadt- und Ortsbildsfragen und Raumplanung mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt. Die belangte Behörde hat der Bestellung des nichtamtlichen Sachverständigen und dem Gutachten zugestimmt. Die Rechtsvertretung hat die Bestellung als auch das Gutachten zur Kenntnis genommen.
Der Sachverhalt steht dem Grunde nach fest.
III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:
III.1. In der Sache:
Landesgesetz vom 5. Mai 1994, mit dem eine Bauordnung für Oberösterreich erlassen wird (Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994), LGBl.Nr. 66/1994 idF
§ 25, Anzeigepflichtige Bauvorhaben
(3) Für die Bauanzeige und deren Inhalt gilt § 28 Abs.1 Z1 bis 3 sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Bauwerbers der Anzeigende tritt.
(4) Der Bauanzeige sind anzuschließen:
3.bei allen anderen Bauvorhaben nach Abs.1 ein allgemeiner Grundbuchsauszug im Sinn des § 28 Abs.2 Z1 sowie eine je nach Art des angezeigten Bauvorhabens ausreichende Beschreibung und zeichnerische Darstellung (Plan, Skizze und dgl.), aus der jedenfalls auch die genaue Lage des Bauvorhabens auf dem Grundstück ersichtlich sein muss; bei Bauvorhaben nach Abs.1 Z12 überdies die Zustimmung des Eigentümers oder der Miteigentümer, wenn der Anzeigende nicht Alleineigentümer ist.
§ 28 Abs.3 gilt in allen Fällen sinngemäß.
§ 25a, Anzeigeverfahren
(1) Die Baubehörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige die Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen, wenn
1. Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs.6 Z1 oder des § 35 Abs.1 Z3 vorliegen oder
2. offensichtliche Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs.6 Z2 festgestellt werden oder
3. das angezeigte Bauvorhaben einer Bewilligung nach § 24 Abs. 1 bedarf.
Die Untersagungsfrist ist gewahrt, wenn die Baubehörde den Bescheid am letzten Tag der achtwöchigen Frist nachweisbar abfertigt, z. B. der Post zur Zustellung übergibt.)
(2) Wird innerhalb der im Abs.1 genannten Frist die Ausführung des Bauvorhabens nicht untersagt oder teilt die Baubehörde dem Anzeigenden schon vorher schriftlich mit, dass eine Untersagung der Bauausführung nicht beabsichtigt ist, darf mit der Bauausführung begonnen werden. Im Fall der Vorschreibung von Auflagen oder Bedingungen nach Abs.1a darf mit der Bauausführung jedoch erst nach Rechtskraft des diesbezüglichen Bescheids begonnen werden.
§ 27, Sonderbestimmungen für Werbe- und Ankündigungseinrichtungen
(1) Werbe- und Ankündigungseinrichtungen aller Art (Tafeln, Schaukästen, Anschlagsäulen, sonstige Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können, Bezeichnungen, Beschriftungen, Hinweise und dgl.) und deren Beleuchtung dürfen ungeachtet des für den Aufstellungsort geltenden Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans errichtet werden, sofern dieser eine solche Errichtung nicht ausdrücklich ausschließt. Sie müssen so errichtet oder angebracht werden und in Ausmaß, Form, Farbe und Werkstoff so beschaffen sein, dass sie die Sicherheit nicht gefährden und ihr Erscheinungsbild das Orts- und Landschaftsbild nicht stört. Einem Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan im Sinn des ersten Satzes gleichzuhalten ist eine Erklärung zum Neuplanungsgebiet, die zum Zweck der Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplans verordnet wurde, mit dem die Errichtung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen ausdrücklich ausgeschlossen werden soll.
(2) Die beabsichtigte Errichtung, Anbringung oder wesentliche Änderung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen
1. mit elektrisch betriebener, leuchtender oder beleuchteter Werbe- oder Anzeigefläche oder
2. mit insgesamt mehr als 4 m² Werbe- oder Anzeigefläche
ist der Baubehörde vor Ausführung des Vorhabens anzuzeigen.
(3) Für die Bauanzeige und das baubehördliche Anzeigeverfahren gelten § 25 Abs.3, erster Satz und Abs.4 Z3, § 25a Abs.2 und 4 sowie § 28 Abs.3; § 25a Abs1 gilt mit der Maßgabe, dass eine Untersagung der Ausführung des angezeigten Vorhabens nur wegen eines Widerspruchs zu Abs. 1 erfolgen kann.
§ 28, Baubewilligungsantrag
(1) Die Baubewilligung ist bei der Baubehörde schriftlich zu beantragen. Der Antrag hat zu enthalten:
1. den Namen und die Anschrift des Bauwerbers;
2. den Namen und die Anschrift des Eigentümers der Grundstücke, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll;
3. die Grundstücksnummern und Einlagezahlen der in Z2 angeführten Grundstücke sowie die Katastralgemeinden, in denen diese Grundstücke liegen;
III.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:
Gemäß § 24 Abs.4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. 33/2013, kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Nach § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs.1 Z1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs.2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs.1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
IV. Das Oö. Verwaltungsgericht hat erwogen:
IV.1. Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs.2 VwGVG nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs.1 Z1 B‑VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Dieses Widerspruchsrecht der Verwaltungsbehörde verhält die Behörde bei ihrer Willensbildung auf die wesentliche Vereinfachung und die Beschleunigung des Verfahrens Bedacht zu nehmen. Beide Aspekte werden es nur in wenigen Ausnahmefällen zulassen, einen Widerspruch gegen eine Sachentscheidung einzulegen (Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, Eder/Martschin/Schmid, K 13 zu § 28).
Aufgrund der umfangreichen Anfechtung des erstinstanzlichen Gutachtens sowohl auf Ebene der Befundung als auch hinsichtlich der fachlichen Beurteilung hat das Landesverwaltungsgericht OÖ entschieden, ein Sachverständigen-Gutachten eines außerörtlichen Experten einzuholen. Nach Vorlage des Gutachtens und Studium des vorgelegten Verwaltungsaktes stellt sich der Sachverhalt nachvollziehbar und entscheidungsreif dar. Eine bloß kassatorische Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts mittels Beschluss würde die inhaltliche Entscheidung des gegenständlichen Falles zeitlich verzögern. Die im § 28 Abs.3 VwGVG geforderte Verfahrensvereinfachung bzw. -beschleunigung ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben, da das Landesverwaltungsgericht die inhaltliche Entscheidung zeitnäher treffen kann als die belangte Behörde.
Angesichts der grundsätzlichen Verpflichtung der neu geschaffenen Verwaltungsgerichte zur reformatorischen Entscheidung und zur Verfahrensbeschleunigung, sah sich das Landesverwaltungsgericht OÖ veranlasst ein das Verfahren abschließendes Erkenntnis in der Sache zu erlassen.
IV.2. Die Rechtsvertretung der Bf beruft sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 2010/07/0030) und behauptet „einem unschlüssigen und unvollständigen Gutachten“ müsse nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten werden. Vor diesem Hintergrund unterlässt die Rechtsvertretung die Vorlage eines Gegengutachtens.
Das Landesverwaltungsgericht stellt fest, dass die Rechtsvertretung der Bf den Verwaltungsgerichtshof falsch zitiert. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lautet korrekterweise: „Ein Beschwerdeführer ist nicht gehalten, einem unvollständigen bzw. unrichtigen Befund in einem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten; die unvollständige und unrichtige Befundaufnahme vermag auch ein Laie nachvollziehbar darzulegen.“
Dies bedeutet, dass die Rechtsvertretung sich zur Befundung, zur Schlüssigkeit, zur Vollständigkeit und einer etwaigen Widersprüchlichkeit des Gutachtens äußern kann und dies von der Behörde zu berücksichtigen ist. Dies ändert jedoch nichts an der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach einem tauglichen Sachverständigengutachten auf Ebene der fachlichen Beurteilung auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten werden muss (VwGH 20.02.1992, Zl. 91/09/0154).
Im gegenständlichen Fall greift die Bf das Gutachten umfassend sowohl auf Ebene der Befundaufnahme (Die Befundung des Gutachtens sei unschlüssig hinsichtlich der Sichtverbindung und völlig unbegründet hinsichtlich Ausführung, Material und Farbton; das Gutachten sei völlig unschlüssig; auf Widersprüche in der Stellungnahme vom 13.08.2013 werde nicht eingegangen) als auch auf fachlicher Ebene (andere Werbungen im Nahbereich seien nicht berücksichtigt worden (VwGH 29.01.2013, Zl. 2010/05/0195); die Nachvollziehbarkeit und die Beurteilung der örtlichen Struktur im Gutachten wird in Frage gestellt.) an und stellt die Gutachterqualität des Mitarbeiters der Stadtgemeinde in Frage.
Die Behörde ist den Einwänden hinsichtlich der Befundung in der Begründung des Bescheides inhaltlich entgegengetreten.
IV.3. Das vom Landesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten des Gerichtssachverständigen S. (Experte für Stadt- und Ortsbildsfragen und Raumplanung) kommt zu folgendem Befund und Gutachten:
„7) Befundung
7a) Befundunq der geplanten Werbetafeln
Die Firma P. W. W. mbH beabsichtigt die Anbringung von Werbetafeln auf der Parzelle Nr. x in der Stadtgemeinde Leonding.
Die beiden geplanten Plakatwände weisen It. Bauanzeige vom 29.07.2014 der o.a. Firma eine Länge von je 10,20m mit einem Abstand von 4,5 m und eine Gesamthöhe von 2,70 m auf.
Laut der, der Bauanzeige beigefügten, Skizze der Firma P. soll in einem Abstand von 30 cm vom Boden eine geschlossene Wand aus dreischichtverleimten Naturholzplatten mit einer Höhe von 240 cm ausgeführt werden.
Die Gesamtfläche zur Straße für die Anbringung der Werbeplakate beträgt somit 48,96 m2. (2 x 10,2m x 2,4m)
Der Straße zugewandt ist die Fläche für die Werbeplakate, der Straße abgewandt sieht man die Holzkonstruktion mit den Dreischichtplatten.
7b) Befundung des Landschafts- und Ortsbildes in der Nähe der geplanten Werbetafeln.
Die beiden Werbetafeln sollen laut den oben angeführten Unterlagen parallel zur xstraße Parz. x aufgebaut werden.
Die xstraße ist eine minder stark befahrene meistens zweispurige nord-süd verlaufende Verbindungsstraße zwischen der, in Ost-Westrichtung verlaufender, Welserstraße B 139 und der ebenfalls in Ost-Westrichtung verlaufender Salzburgerstraße. In der Umgebung der geplanten Werbetafel ist, abgesehen von der nordseitig gelegenen Kirche (Bild 07) und eines Geschäfts- und Bankgebäudes (Bild 01), durch Wohnbauten geprägt.
Die Abgrenzung der Wohngebäude zur Straße erfolgt mit der Ausnahme einer bereits existierenden Werbetafel südseitig des geplanten Aufstellungsortes, mit mannshohen Grünhecken. (Bild01+ Bild02)
Die im rechten Winkel abzweigenden Querstraßen zur xstraße sind als reine Wohnstraßen zu bezeichnen. (Bild 10)
8) Gutachten mit Zusammenfassung
8 a) Gutachten ob die Errichtung der von der Firma P. W. W. mbH geplanten Werbetafeln auf dem Grundstück mit der Parz. Nr.: x eine Störung der Sicherheit im Sinne des § 27 OÖ. BauO herbeiführen.
Aufgrund der Lage des geplanten Standortes liegt nach Meinung des Gutachtes weder eine Störung der Sicherheit für den vorbeifahrenden Autoverkehr noch für Fußgeher und Radfahrer vor.
Die geplanten Werbetafeln beeinträchtigen in keiner Weise irgendeine für den Verkehr notwendige Sichtachse.
8 b) Gutachten ob die Errichtung der von der Firma P. W. W. mbH geplanten Werbetafeln auf dem Grundstück mit der Parz. Nr.: x eine Störung der des Landschaftsbilds im Sinne des § 27 Oö. BauO herbeiführen.
Durch die dichte Bebauung entlang der xstraße kann man aus Sicht des Gutachters nicht mehr von einem Landschaftsbild sprechen, daher ist eine Beurteilung ob das Landschaftsbild durch die Anbringung der Werbetafeln gestört wird, nicht zu beantworten.
8 c) Gutachten ob die Errichtung der von der Firma P. W. W. mbH geplanten Werbetafeln auf dem Grundstück mit der Parz. Nr.: x eine Störung des Ortsbildes im Sinne des § 27 Oö. BauO herbeiführen.
Wie in der Befundung angeführt, definiert sich das Ortsbild entlang der xstraße fast ausschließlich über Wohnbauten sowie durch deren Abgrenzung zum Straßenraum durch hohen Grünbewuchs.
Die südlich des geplanten Aufstellungsortes der Werbetafeln schon existierende Werbetafel bildet derzeit eine störende Ausnahme im Straßenraum der xstraße.
Die geplante Anbringung von 48,96 m² Werbefläche ist somit für das derzeit vorhandene Ortsbild (abgesehen von der oben angeführten Ausnahme) untypisch. Die Anbringung würde zu einer Störung des vorhandenen Ortsbildes entlang der xstraße beitragen.
8 d) Zusammenfassung:
Ob die Errichtung der von der Firma P. W. W. mbH geplanten Werbetafeln auf dem Grundstück mit der Parz. Nr.: x eine Störung der Sicherheit und des Orts- und Landschaftsbilds im Sinne des § 27 Oö. BauO herbeiführen
Eine Störung der Sicherheit im Sinne des § 27 Oö. BauO ist nicht gegeben.
Da aus Sicht des Gutachters durch die Verbauung an der xstraße kein Landschaftsbild in Erscheinung tritt, kann dieser Punkt nicht beantwortet werden, (siehe Pkt. 8 b).
Eine Störung des Ortsbildes ist aus oben angeführten Gründen im Sinne des § 27 Oö. BauO gegeben (siehe Pkt. 8 c).“
Somit ergibt das vom Landesverwaltungsgericht OÖ eingeholte Gutachten des Experten für Stadt- und Ortsbildsfragen und Raumplanung hinsichtlich der Störung des Ortsbildes dasselbe Ergebnis wie das Gutachten der ersten Instanz. Laut Gutachten liegt eine Störung des Ortsbildes durch die geplante 48,96 m² Werbefläche vor, da die Anbringung dieser Werbefläche für das derzeit vorhandene Ortsbild entlang der xstraße fast ausschließlich mit Wohnbauten und hohen Grünbewuchs untypisch ist. Die bereits existierende Werbetafel südlich des geplanten Aufstellungsortes bildet schon derzeit eine störende Ausnahme in diesem Gebiet.
Nach VwGH 24.03.1998, Zl. 97/05/0318 muss der Befund des Sachverständigengutachtens eine detaillierte Beschreibung der örtlichen Situation, möglichst mit Planskizzen oder Fotos enthalten. Daraus müssen die charakteristischen Merkmale für die Beurteilung der Störung des Orts- und Landschaftsbildes erkennbar sein.
Basierend auf Vorgaben des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofes, zu Orts- und Landschaftsbild und Sichtbeziehungen, beschreibt das 17 Seiten lange Gutachten die örtliche Situation. Die Werbetafeln als auch das Orts- und Landschaftsbild wird eingangs in verständlicher Weise befundet und mit einer Planskizze, zwei Lageplänen, einer Fotomontage (02), einem Orthofoto und einer 5-seitigen Fotodokumentation belegt. Aus den Unterlagen und vor allem der Fotomontage und den Fotos ergibt sich für das erkennende Gericht in nachvollziehbarer Weise, dass eine Störung des Ortsbildes, vor allem angesichts der fast ausschließlichen Wohnbebauung und hohen Grünbewuchs der geplanten Werbeanlage augenscheinlich gegeben ist. Das Gutachten ist für das Landesverwaltungsgericht nachvollziehbar und schlüssig in der Argumentation. Eine Störung des Ortsbildes im Sinne des § 27 Oö. BauO 1994 ist erwiesen.
IV.4. Wenn die Bf darauf hinweist, dass bereits andere Werbetafeln im Nahbereich des Beurteilungsraumes vorhanden sind, so müssen ihr die Erkenntnisse des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofes entgegengehalten werden in welchen der VwGH festhält, dass „das Vorhandensein anderer störender Plakattafeln nicht zu der Annahme führt, dass ein erhaltenswertes Orts- und Landschaftsbild nicht mehr gegeben sei (VwGH 02.02.1993, Zl. 92/05/0242).“
„Selbst in einer verwahrlosten Gegend kann eine ca. 100 m lange Plakatwand als störend angesehen werden. Zu beurteilen ist ausschließlich die von der konkreten Werbetafel ausgehende Störung im Verhältnis zum Gesamteindruck des orts- und Landschaftsbildes (VwGH 24.03.1998, Zl. 97/05/0318).“
IV.5. Aus der Tatsache des Vorliegens der Störung des Ortsbildes im Sinne des § 27 Oö. BauO 1994 ergibt sich, dass die Behandlung etwaiger anderer vom Bf relevierter Punkte bzw. Verfahrensfehler unterbleiben kann. Eine Genehmigung der Werbeanlage kann nicht erfolgen, da sie der Oö. BauO 1994 widerspräche. Eventuell vorliegende Verfahrensmängel führen nur dann zur Aufhebung des Bescheides, wenn sie wesentlich sind (VwGH 21.09.1993, Zl. 91/05/0146). Der Beschwerdeführer hat die Wesentlichkeit eines behaupteten Verfahrensmangels darzulegen, warum die Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (VwGH 24.03.1998, Zl. 98/05/0001).
Zusammenfassend wird vom Landesverwaltungsgericht festgestellt, dass durch die von der Bf geplante Werbeanlage eine Störung des Ortsbildes im Sinne des § 27 Abs.1, Satz 2 vorliegt. Daraus folgend muss die Ausführung des Bauvorhabens nach § 25a Abs.1 innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige untersagt werden. Der Untersagungsbescheid der Behörde in erster Instanz erging zu Recht und rechtzeitig am 14.08.2013 innerhalb der 8-Wochenfrist gemäß § 25a Abs.1 Oö. BauO 1994 .
V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass durch die von der Bf geplante Werbeanlage eine Störung des Ortsbildes im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 vorliegt. Daraus folgend musste die Ausführung des Bauvorhabens nach § 25 a Abs. 1 innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige untersagt werden. Der Untersagungsbescheid der belangten Behörde erging zu Recht und rechtzeitig innerhalb der 8-Wochenfrist gemäß § 25 a Abs. 1 Oö. BauO 1994.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Markus Kitzberger