LVwG-750231/6/MZ LVwG-750232/5/MZ

Linz, 23.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde der 1) M. M., geb x sowie des
2) E. M., geb x, vertreten durch M. M., beide vertreten durch RA Dr. M. Z., xstraße x, L., gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13.11.2014, GZ. Pol18-464 und Pol18-1566,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ erteilt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13.11.2014, GZ. Pol18-464 und Pol18-1566, wurden die quotenpflichtigen Erstanträge der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gemäß § 46 Abs 1 Z 2 in Verbindung mit § 11 Abs 2 Z 3 und 4 Abs 5 NAG abgewiesen.

 

Ihre Entscheidung begründend führt die belangte Behörde folgendes aus:

 

„Sie sind bosnische Staatsbürgerin und haben am 25.04.2014 persönlich bei der hs. Niederlassungsbehörde für sich und am 17.09.2014 für Ihren mj. Sohn E. M., geb. x, quotenpflichtige Erstanträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 NAG eingebracht.

 

Mit nachweislichem Schreiben vom 16.10.2014 ist Ihnen von der hs. Niederlassungsbehörde mitgeteilt worden, dass die hs. Niederlassungsbehörde beabsichtigt, Ihre Erstanträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 NAG für Sie und Ihren mj. Sohn E. M., geb. x, abzuweisen. Mit zitiertem Scheiben sind Sie aufgefordert worden, binnen zwei Wochen nach Erhalt des angeführten Schreibens schriftlich Stellung zu nehmen. Sie haben von diesem Recht Gebrauch gemacht und fristgerecht am 03.11.2014 per Fax durch Ihren Rechtsanwalt eine Stellungnahme abgegeben. Dieser Stellungnahme war eine eidesstattliche Erklärung der Ex-Ehefrau des Herrn Z. M., Frau H. M., vom 27.10.2014 angeschlossen.“

 

Es folgt die Wiedergabe der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen. Danach setzt die Behörde fort:

 

„Wie bereits erwähnt, haben Sie am 25.04.2014 für sich und am 17.09.2014 für Ihren mj. Sohn E. M., geb. x, bei der hs. Niederlassungsbehörde quotenpflichtige Erstanträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 NAG eingebracht. Der Grund des Antrages liegt in der beabsichtigten Familienzusammenführung mit Ihrem rechtmäßig in Österreich aufhältigen Ehemann M. Z., geb. x, bosn. StA., wohnhaft in N., xweg x, mit dem Sie seit 21.03.2014 verheiratet sind.

 

Gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 darf ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Bei der Prüfung Ihres Antrages ist festgestellt worden, dass Ihr Gatte M. Z. für Sie und Ihren mj. Sohn M. E., geb. x, zur Gänze unterhaltspflichtig ist, da Sie selbst kein Einkommen besitzen bzw. keine Erwerbstätigkeit ausüben. Aus den vorgelegten Lohn/Gehaltsabrechnungen Ihres Gatten ist ersichtlich, dass er ein monatliches Durchschnittseinkommen in der Höhe von € 2.004,16 besitzt. Nach Abzug der Kreditraten in Höhe von € 520,- sowie der Alimentezahlungen für das Kind aus erster Ehe Ihres Gatten, M. D., geb. x, in Höhe von € 150,00 sowie der anteiligen Kosten für den Hausbau gemeinsam mit der Schwester Ihres Ehegatten M. K. in Höhe von monatlich
€ 400,00 beträgt das gesamte verfügbare Einkommen Ihres Gatten monatlich
€ 1.298,22. Gemäß den Richtsätzen des § 293 ASVG beträgt dieser für ein Ehepaar mit einem mj. Kind monatlich netto € 1.418,37. Dieser Richtsatz wird nicht erreicht und es entsteht ein monatlicher Differenzbetrag in der Höhe von - € 120,15.

 

Sie haben zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16.10.2014 - wie bereits oben erwähnt - am 03.11.2014 im Wege Ihrer Rechtsvertretung, Herrn Dr. M. Z., eine schriftliche Stellungnahme abgegeben. In dieser Stellungnahme wurde sinngemäß angeführt, dass die Ex-Gattin Ihres Mannes, Frau M. H. am 27.10.2014 eine eidesstattliche Erklärung abgegeben hat (diese ist der Stellungnahme angeschlossen), in welcher sie angibt, auf die Unterhaltszahlungen zugunsten der gemeinsamen Tochter D. M. in Höhe von umgerechnet € 150,00 zu verzichten bis ihr Ex-Ehegatte Z. M. einen während der gemeinsamen Ehe aufgenommenen Kredit zur Gänze zurückbezahlt hat. Dazu wird auf das Urteil des Gemeindegerichtes in V., ZI. 23 O P 020221 1 P, vom 05.07.2013 verwiesen, in welchem „der Kindesvater M. Z. zur Leistung eines monatliches Betrages von 300,00 KM (umgerechnet rd. € 150,00) beginnend ab dem 05.06.2013 und in der Zukunft verpflichtet wird, und zwar solange, bis hiefür die gesetzlichen Gründe vorliegen, wobei er die fällig gewordenen und nicht entrichteten Raten gleich und auf einmal zu entrichten hat und die fällig werdenden bis zum 5. eines jeden Monates für den laufenden Monat auf die Hand der gesetzlichen Vertreterin der mj. M. D. binnen 15 Tagen zu entrichten hat, das alles bei sonstiger Exekution."

Hierbei handelt es sich um ein gerichtliches Urteil zugunsten des Kindeswohles und des gesicherten Unterhaltes der mj. D. M., geb. x, welches nicht nach Gutdünken von der Mutter des Kindes, der die elterliche Obsorge anvertraut wurde, außer Kraft gesetzt werden kann und der Kindesvater zur Unterhaltsleistung gesetzlich verpflichtet ist.

 

Von der hs. Niederlassungsbehörde wird die besagte eidesstattliche Erklärung der Ex-Gattin von Z. M., Frau M. H., daher nicht bei der Einkommensberechnung berücksichtigt bzw. anerkannt. Ihr Ehegatte hat für Sie eine Haftungserklärung, datiert mit 07.04.2014, abgegeben. Für die beiden beantragten Aufenthaltstitel ist jedoch eine Haftungserklärung gesetzlich nicht vorgesehen und wäre diese aufgrund der Einkommenssituation Ihres Gatten Z. M. auch nicht tragfähig.

 

Die Voraussetzungen für eine sprachliche Integration sind gegeben, da Sie die Deutschprüfung auf Niveau A 1 am 20.02.2014 erfolgreich absolviert haben. Strafrechtlich sind Sie unbescholten. Sie besitzen keine in Österreich leistungspflichtige und alle Risiken abdeckenden Krankenversicherung.

 

Sie haben Ihr ganzes Leben in Ihrem Heimatland verbracht und auch die Schul- und Berufsausbildung dort absolviert. Ihre Ehe mit Z. M. wurde am 21.03.2014 in V. geschlossen. Aus dieser Ehe stammt Ihr gemeinsamer Sohn E. M. Ihr mj. Sohn E. M. ist am x in B., V., geboren Bei Ihrem Gatten in Österreich waren Sie in der Zeit vom 03.04.2014 bis 08.05.2014 mit Nebenwohnsitz in T.,
x-Straße x und vom 28.08.2014 bis 07.11.2014 mit Hauptwohnsitz in N., xweg x (Auszug Zentrales Melderegister) gemeldet.

 

Ihr tatsächliches Familienleben, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens sowie der Grad der Integration hat aber kein derartiges Ausmaß erreicht, die gemäß Artikel 8 EMRK geboten erscheint.

 

Nach Prüfung Ihres Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK kommt die hs. Niederlassungsbehörde zum Ergebnis, dass die Abweisung Ihrer quotenpflichtigen Erstanträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG für sich und Ihren mj. Sohn E. M.,
geb. x, keinen unverhältnismäßigen Eingriff in Ihr Privat- und Familienleben darstellt.

 

Aus den angeführten Gründen ist spruchgemäß entschieden worden.

 

II. Gegen den genannten Bescheid erhoben die Bf im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

 

Auf das Wesentliche verkürzt wird im Beschwerdeschriftsatz vorgebracht, dass die Ex-Gattin des Ehemannes der ErstBf nicht auf den Unterhalt ihres Ex-Gatten verzichtet hat, sondern eine gegenseitige Verrechnung der Unterhaltsschuld für eine gemeinsame Kreditschuld vorliege. Der Ehemann der ErstBf bzw Vater des ZweitBf verfüge daher um einen Betrag in der Höhe von 150,- EUR / Monat mehr als von der Behörde angenommen.

 

Mit Schreiben vom 22.1.2015 erfolgte zudem die Vorlage einer auf die ErstBf lautenden Versicherungspolizze, der zufolge die genannte bis zum 16.4.2015 über einen Versicherungsschutz in der Höhe von 30.000,- EUR verfügt. Mit Schreiben vom 18.2.2015 legten die Bf einen Schriftsatz der GKK an den Zusammenführenden vor, wonach die ErstBf Leistungen der Krankenversicherung beanspruchen kann, wenn sie – auf das Wesentliche verkürzt – eine Aufenthaltsberechtigung von mindestens sechs Monaten hat.

 

III.a.) Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Gemäß § 24 Abs 1 iVm Abs 4 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung aufgrund der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt aufgrund Aktenlage für das erkennende Gericht hinreichend geklärt vorliegt und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, unterbleiben. Das dem Entfall der Verhandlung Art 6 EMRK oder Art 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt zu werden.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem in den Punkten I. und II. dargestellten, an sich unstrittigen Sachverhalt aus.

 

Hinsichtlich des finanziellen Hintergrundes des Zusammenführenden wird jedoch festgehalten:

 

Die Ex-Gattin des Zusammenführenden hat in einem als beglaubigte Übersetzung des bosnischen Originals im Verwaltungsakt enthaltenen Schriftstück erklärt:

„Durch das rechtskräftige Urteil des Gemeindegerichtes in V., Zl.: 23 0 P 020221 13 P, vom 05.07.2013, wurde meine Ehe mit M. Z., mit welchem ich ein mj. Kind M. D., gehabt habe, geschieden.

Durch dieses Urteil wurde bestimmt, dass mein Exgatte für den Unterhalt einen Betrag von monatlich 300,00 KM bezahlt.

Während der Ehe haben ich und mein Exgatte einen Kredit aufgenommen, welchen wir für gemeinsame Zwecke aufgebraucht haben und es während der Ehe gemeinsam zurückbezahlt haben.

Durch das Urteil wurde bestimmt, dass mein Exgatte den Unterhalt ab dem 05.06.203 mit der Bezahlung zu beginnen hat. Ich habe aber mit meinem Exgatten ausgemacht, dass er für den Unterhalt nicht zahlen soll – so lange er den Kredit abbezahlt, denn die monatliche Höhe für den Unterhalt ist gleich dem Betrag, welchen ich für den Kredit monatlich zurückzuzahlen hätte.“

 

Wie dem Verwaltungsakt zu entnehmen ist, hat der Zusammenführende und den Bf gegenüber Unterhaltspflichtige gemeinsam mit seiner Ex-Gattin einen Kredit aufgenommen, der von ihm alleine durch eine monatliche Rückzahlungsrate in der Höhe von 280,- EUR abbezahlt wird. Haftbar für den Kredit ist jedoch auch die Ex-Gattin zur ungeteilten Hand, weshalb der Zusammenführende an sich lediglich 140,- EUR / Monat zu bezahlen hat. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde, dass die Ex-Gattin auf den ihr bzw ihrer Tochter aufgrund eines gerichtlichen Urteils zustehenden Unterhalt verzichtet hat, wurde – wie der oben wörtlich wiedergegebenen Erklärung zu entnehmen ist – eine Gegenverrechnung vereinbart: Der Zusammenführende bezahlt weiterhin seinen Anteil an der monatlichen Kreditrate sowie auch den Anteil seiner Ex-Gattin; im Gegenzug braucht er, solange die Kreditrückzahlungen erfolgen, den monatlichen Unterhalt, der in etwa dem Anteil der Ex-Gattin an der Kreditrate entspricht, nicht zu überweisen. Oder anders gewendet: Die Ex-Gattin erspart sich durch diese Vereinbarung, monatlich ihren Anteil an der Kreditrate zu überweisen, und erhält – solange der Kredit rückbezahlt wird – auch keinen Unterhalt. Es tritt daher keine finanzielle Verschlechterung für die Unterhaltsberechtigte ein.

 

Vor diesem Hintergrund ist jedoch davon auszugehen, dass der Zusammenführende monatlich 140,- EUR mehr zur Verfügung hat, als von der belangten Behörde angenommen.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a.1) Die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG lauten in der geltenden Fassung:

 

„Bestimmungen über die Familienzusammenführung

§ 46. (1) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus” zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und

1.

der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte” gemäß § 41 oder einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus” gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 innehat, oder

2.

ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende

a)

einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU” innehat,

b)

einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus”, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 innehat, oder

c)

Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt.

 

Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) …

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.

der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.

der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.

der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.

der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.

durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6.

der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

(3) …

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.

sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.

der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.“

 

Nachweis von Deutschkenntnissen

§ 21a. (1) Drittstaatsangehörige haben mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms oder Kurszeugnisses einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom oder das Kurszeugnis darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.

(2) …

(4) Abs. 1 gilt nicht für Drittstaatsangehörige,

1.

die zum Zeitpunkt der Antragstellung unmündig sind, …“

 

a.2) Die einschlägige Bestimmung der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzdurchführungsverordnung lautet in der geltenden Fassung:

 

Nachweis von Deutschkenntnissen

§ 9b. (1) Kenntnisse der deutschen Sprache zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau im Sinne des § 21a Abs. 1 NAG entsprechen dem A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen, Berlin u.a., Langenscheidt 2001).

(2) Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des § 21a Abs. 1 NAG gelten allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse von folgenden Einrichtungen:

1.

Österreichisches Sprachdiplom Deutsch;

2.

Goethe-Institut e.V.;

3.

Telc GmbH;

4.

Österreichischer Integrationsfonds.

(3) Aus dem Sprachdiplom oder Kurszeugnis muss hervorgehen, dass der Fremde über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest auf A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt. Andernfalls gilt der Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse als nicht erbracht.

 

b) § 11 Abs 2 NAG legt die Anforderungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels fest:

b.1) Z 1 leg cit zufolge darf der Aufenthalt des Fremden öffentlichen Interessen nicht widerstreiten; dies ist gemäß § 11 Abs 4 NAG dann der Fall, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

 

Anhaltspunkte, dass der Aufenthalt der – wie dem Akt entnehmbar – unbescholtenen ErstBf bzw des wenige Monate alten ZweitBf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden könnte, sind ebensowenig wie ein Naheverhältnis zu extremistischen oder terroristischen Gruppierungen nicht ersichtlich.

 

b.2) § 11 Abs 2 Z 2 NAG knüpft weiters einen Aufenthaltstitel daran, dass der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird.

 

Im Verwaltungsakt befindet sich eine Wohnrechtsvereinbarung, derzufolge dem Zusammenführenden und den beiden Bf gemeinsam eine 116 große,
4 Wohnräume umfassenden Unterkunft zur Verfügung steht. Dass eine Wohnung dieser Größe für die genannte Personenzahl nicht ortsüblich wäre, vermag nicht erkannt zu werden.

 

b.3) § 11 Abs 2 Z 3 NAG zufolge hat der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz zu verfügen und muss diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig sein.

 

Die ErstBf hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Versicherungspolizze vorgelegt, der zufolge die genannte bis zum 16.4.2015 über einen Versicherungsschutz in der Höhe von 30.000,- EUR verfügt. Ob dies eine ausreichende Versicherung im Sinne des § 11 Abs 2 Z 3 NAG darstellt braucht schon insofern nicht weiter geprüft zu werden, als sowohl die ErstBf als auch der ZweitBf in jenem Zeitpunkt, in denen ihnen der beantragte Aufenthaltstitel erteilt wird, beim Zusammenführenden mitversichert werden können (dies hinsichtlich der ErstBf ausdrücklich bestätigend das Schreiben der GKK vom 16.2.2015).

 

In diesem Zusammenhang ist auch auf die – das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich freilich nicht bindende – Rechtsansicht des BMI zu verweisen, welches im NAG-Handbuch vom 30.6.2011, GZ: BMI-FW1710/0015-III/4/2011, in Punkt 4.6. davon ausgeht, dass eine Bestätigung der jeweiligen Krankenversicherung, dass eine Mitversicherung besteht oder möglich ist, ausreicht, um dem Erfordernis des § 11 Abs 2 Z 3 NAG Genüge zu tun, bzw dass der geforderte Nachweis bei Mitversicherten als ex lege erbracht gilt.

 

b.4) § 11 Abs 2 Z 4 NAG normiert, dass der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen können darf. In diesem Zusammenhang kann auf die Ausführungen unter Punkt III.3. verwiesen werden. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde verfügt der Zusammenführende daher knapp um die vom Gesetzgeber als notwendig erachteten Mittel.

b.5) Dass, wie § 11 Abs 2 Z 5 NAG regelt, durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels an die Bf die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt wesentlich beeinträchtigt würden, ist nicht ersichtlich.

 

b.6) Da die beiden Bf einen Erst- und keinen Verlängerungsantrag stellen, kommt § 11 Abs 2 Z 6 NAG nicht zur Anwendung.

 

c) Komplettiert werden die Anforderungen an Fremde für die Erteilung eines Aufenthaltstitels durch § 21a NAG, wonach Drittstaatsangehörige mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen haben. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms oder Kurszeugnisses einer durch Verordnung gemäß Abs 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom oder das Kurszeugnis darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.“

 

Im Verwaltungsakt befindet sich die Kopie eines mit 20.2.2014 datierten, und daher § 21a Abs 1 letzter Satz entsprechenden, Zertifikats, wonach die ErstBf die Österreichische Sprach Diplom-Prüfung A1 Grundstufe Deutsch 1 am Prüfungszentrum „Katholisches Schulzentrum `Ivan Pavao II´Bihac“ in B. / B. gut bestanden hat.

 

Die ErstBf hat somit einen entsprechenden Nachweis im Sinne des § 9b NAG
DV- NAG DV erbracht.

 

Im Hinblick auf den ZweitBf normiert § 21a Abs 4 Z 1 NAG die Unanwendbarkeit des Abs 1 leg cit.

 

d) Da im Verfahren keine Versagungsgründe hervorgekommen sind, ist den beiden Bf der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen.

 


 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die von der Behörde als Abweisungsgrund herangezogene finanzielle Situation des Zusammenführenden nicht verallgemeinerungsfähig ist. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweist, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Markus Zeinhofer