LVwG-500088/6/Kü/IH
Linz, 10.03.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Herrn W P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M B, x, x vom 22. August 2014, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30. Juli 2014, GZ: UR96-35-2014, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 2014
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern stattgegeben als von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und dem Beschwerdeführer stattdessen unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 Verwaltungs-strafgesetz (VStG) erteilt wird.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30. Juli 2014, GZ. UR96-35-2014, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 79 Abs. 1 Z 1 iVm § 15 Abs. 1 Z 2 und § 1 Abs. 3 Z 2, 3 ,4 und 9 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 850 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Stunden verhängt.
Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
Die vom Bf auf seinem Grundstück gelagerten Teile historischer Fahrzeuge, welche von ihm als Ersatzteillager für ein von ihm restauriertes Feuerwehrfahrzeug dienen, erfüllen die genannte Ausnahmebestimmung nicht, zumal eine Lagerung auf unbefestigter Fläche und nur mit Plane vor Niederschlägen geschützt keine vernünftige oder umweltverträgliche Weise der Aufbewahrung darstellt.
Für die Unterstellung von beweglichen Sachen (hier: alter PKW bzw. Autowrack) unter den objektiven Abfallbegriff ist vorerst einmal die Gefährdung einer der im § 1 Abs. 3 AWG 2002 aufgezählten Interessen erforderlich. Weiters dürfen die beweglichen Sachen nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht mehr neu sein (§ 2 Abs. 3 Z. 1 AWG 2002) und wegen ihrer Beschaffenheit (zB. Funktions-untüchtigkeit) nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden können
(§ 2 Abs. 3 Z. 2 AWG 2002). Es muss sich also dabei um bewegliche Sachen handeln, deren man sich üblicherweise, dh nach der Verkehrsauffassung, entledigt (vgl. VwGH 28. Februar 1996, 95/07/0079, ergangen zum AWG 1990, das auf das AWG 2002 betragen werden kann). Bei der allgemeinen Verkehrsauffassung iSd § 2 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 kommt es auf die durch-schnittliche Auffassung der in Betracht kommenden Verkehrskreise an, nicht hingegen auf die subjektive Betrachtungsweise des Inhabers der Sache, weshalb die behauptete Restaurierungsabsicht des Inhabers nicht entscheidungsrelevant ist. Gegenüber dem in § 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 erfassten Tatbestand der bestimmungsgemäßen Verwendung einer Sache meint die Z. 1 dieses Absatzes offensichtlich die noch nie bestimmungsgemäß verwendete neue Sache (vgl. VwGH vom 22.4.2010, 2007/07/0015).
Eigenen Angaben zufolge beabsichtigte der Bf die verwertbaren Ersatzteile aus diesen gelagerten Motorblöcken auszubauen und den Rest einer Verschrottung zuzuführen. Diese Vorgangsweise verdeutlicht, dass nach dem Ausbau verwertbarer Teile eine Entledigungsabsicht des Bf besteht und daher die Motorblöcke Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 in subjektiver Hinsicht darstellen. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass seitens der belangten Behörde dem Bf mit Bescheid vom 10. Juli 2014 gemäß § 73 AWG 2002 die ordnungsgemäße Entsorgung der im Spruch genannten Gegenstände aufgetragen wurde. Der Bf ist diesem behördlichen Auftrag innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen und hat die im Spruch des Straferkenntnisses genannten Gegenstände einer Entsorgung zugeführt.
Sofern vom Bf vorgebracht wird, dass in den Motorblöcken keine umweltgefährdeten Flüssigkeiten mehr vorhanden waren, ist dem ein vom Sachverständigen aufgenommenes Lichtbild entgegenzuhalten, auf dem eine Metallstange zu sehen ist, an der sich offensichtlich Ölverunreinigungen befinden. Dem Bf wurde dieses Lichtbild im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgehalten und konnte er zu dieser Ölverschmutzung keine Erklärung abgeben. Insgesamt steht daher fest, dass eine vollständige Trockenlegung der Motorblöcke nicht gegeben war, weshalb auch durch Abdeckung mit Planen und Aufstellen einer Metallwanne unter den Motorblöcken eine Gefährdung der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 reicht die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 leg.cit. aus. Es kommt daher nicht darauf an, dass eine konkrete Gefahrensituation nachweisbar ist (VwGH 24.05.2012, 2009/07/0123). Ist ein Autowrack nicht trocken gelegt und auf einem nicht ausreichend abgedichteten Untergrund gelagert, ergibt sich bereits die Möglichkeit der Gefährdung von Schutzinteressen des § 1 Abs. 3 AWG 2002 (VwGH 20.05.2010, 2008/07/0122).
Zudem stellt der naturschutzfachliche Sachverständige fest, dass eine massive Beeinträchtigung des örtlichen Landschaftsbildes durch das Vorhandensein von landschaftsfremden und ausschließlich anthropogen bedingten Elementen und Abfällen in einer sonst intakten Kulturlandschaft erfolgt. Auch in dieser Feststellung ist eine Gefährdung von Schutzinteressen des § 1 Abs. 3 AWG 2002 begründet.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die beiden auf unbefestigter Fläche gelagerten Motorblöcke den Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 AWG 2002 erfüllen.
Hinsichtlich der leeren Batterieeinheit, welche in einer blauen Stahlwanne gelagert war, ist festzuhalten, dass sich bereits aus den Schilderungen des Bf, wonach diese Batterieeinheit zur Entsorgung bereitgestellt wurde, seine Entledigungsabsicht ergibt. Mithin erfüllt die leere Batterieeinheit den subjektiven Abfallbegriff des § 1 Abs. 1 AWG 2002.
Insgesamt ist daher festzuhalten, dass der Bf Abfälle entgegen den Grundsätzen des § 15 Abs. 1 AWG 2002 auf unbefestigter Fläche gelagert hat, deshalb ihm die gegenständliche Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht vorwerfbar ist.
3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.
Der vom Bf angeführte Umstand, dass er ein historisches Feuerwehrfahrzeug repariert und daher die Motorblöcke als Ersatzteillager erworben hat, rechtfertigt allein nicht die Vorgangsweise des Bf. Obwohl am Grundstück des Bf auch eine Lagerhalle vorhanden ist, in welcher die Motorblöcke gefahrlos hätten gelagert werden können, hat der Bf eine Lagerung der Gegenstände auf unbefestigtem Grund vorgenommen. Dem Bf ist damit zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen und war der Bf mit seinem Vorbringen nicht in der Lage, sein mangelndes Verschulden darzulegen. Insofern ist dem Bf die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar.
4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Die Ausführungen des Bf in der mündlichen Verhandlung, welche durch die vom Sachverständigen aufgenommenen Lichtbilder eindeutig belegt werden, verdeutlichen, dass der Bf trotz der Lagerung auf unbefestigtem Grund Vorkehrungen getroffen hat, um Umweltauswirkungen möglichst hintan zu halten. Auch wenn durch diese Schutzmaßnahmen die Gefährdung von Schutzinteressen nicht gänzlich ausgeschlossen werden konnte, hat der Bf durch die Abdeckung der Motorblöcke mittels Plane bzw. das Aufstellen einer Metallwanne unter den Motorblöcken Vorkehrungen getroffen, die grundsätzlich geeignet sind, die angesprochenen Gefährdungen hintan zu halten. Insofern ist dem Bf zuzugestehen, dass er nicht auffallend sorglos gehandelt hat, sondern stets bemüht gewesen ist, die von den Motorblöcken ausgehende Gefährdung zu begrenzen. Auf den Lichtbildern ist auch ersichtlich, dass in den Metallwannen keine Tropfverluste der Motorblöcke erkennbar sind. Insofern muss bei dieser Sachlage dem Bf zu Gute gehalten werden, dass die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes als gering zu beurteilen ist und auch das Verschulden des Bf, der durch seine Schutzmaßnahmen davon ausgegangen ist, keine Gefährdung für den Boden zu verursachen, ebenso als gering einzuschätzen ist. Das Verhalten des Bf bleibt somit weit hinter der deliktstypischen Vorgangsweise zurück, weshalb insgesamt davon auszugehen ist, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG erfüllt sind. Um allerdings dem Bf die Rechtswidrigkeit seiner Vorgangsweise vor Augen zu führen und ihn in Zukunft zu gesetzeskonformen Verhalten, sprich zur Lagerung von Motorblöcken oder sonstigen KFZ-Teilen in der am Grundstück bestehenden Halle zu veranlassen, war es erforderlich dem Bf eine Ermahnung zu erteilen. Auch dieser Abspruch wird den Bf in Hinkunft zur gesetzeskonformen Verhalten veranlassen.
Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger