LVwG-150235/2/RK/UD

Linz, 01.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Roland Kapsammer über die Beschwerde der Mag. L S, gegen den Bescheid des Stadtsenats der Landeshauptstadt Linz vom 31. März 2014 GZ. PPO-RM-Bau-130071,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Eingabe vom 18. Dezember 2012 beantragte die Bauwerk O GmbH die Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau von zwei Wohnhäusern mit insgesamt zwölf Wohnungen mit zwei Vollgeschoßen und einem ausgebauten Dachraum sowie einer Tiefgarage mit 12 PKW-Abstellplätzen für den Standort L, Grundstück Nr. x, KG x. Die Wohnanlage soll mit einem gemeinsamen Kellergeschoß errichtet werden, in dessen nordseitigem Teil soll eine Tiefgarage mit zwölf PKW-Abstellplätzen zur Ausführung gelangen. Die Tiefgarage wird durch eine (eine überdachte Rampe beinhaltende) Zufahrt von der Harbacher Straße aus erschlossen. Die Be- und Entlüftung der Garage erfolgt über Lüftungsschächte und über das im Rampenbereich befindliche Gittertor. Die Garagenzu- und –abfahrt befindet sich an der nordseitigen Grundgrenze.   

Die vormals auf Nachbargrund (Grundstück Nr. x, KG x) projektierte Feuerwehr Zufahrts- und Aufstellfläche wurde im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens dahin abgeändert, dass diese nunmehr zwischen dem Grundstückszugang und der östlichen Grundgrenze bis zur nördlichen Gebäudeflucht zur Gänze auf der Bauliegenschaft ausgeführt werden soll.

 

2. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) ist grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ x, KG x, bestehend aus den Grundstücken Nr. x. Die Bf ist überdies Hälfteeigentümerin des Grundstückes x EZ x, KG x. Dieses Grundstück grenzt östlicherseits direkt an das Baugrundstück an, die anderen Grundstücke der Bf liegen ebenfalls östlich des Baugrundstücks.

 

3. Im erstinstanzlichen Verfahren erhob die Bf im Rahmen der mündlichen Verhandlung (näher begründete) Einwendungen zu folgenden Themenbereichen: Störung des Orts- und Landschaftsbildes; Widerspruch zum Bebauungsplan (überhöhte GFZ-Zahl, Kellergeschoß); unzureichender Brandschutz (Feuerwehrzufahrt); Eingriff in das Grundwasser und Beeinträchtigung des Abflussverhaltens bei Hochwasser; mangelnder Abstand zum bestehenden Wald; Nichteinhaltung der Mindestabstände; Lärm- und Abgasimmissionen durch Benützung der Tiefgarage; Beeinträchtigung der Nachbarliegenschaft durch abgeleitete Oberflächenwasser; Nichtvorliegen der Zustimmung der Nachbarn zur Fremdgrundinanspruchnahme; Beeinträchtigungen durch Lärm, Staub und Erschütterungen im Zuge der Bauausführung.

 

4. Mit Bescheid vom 22. Juli 2013 erteilte die Baubehörde erster Instanz die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen. Dagegen erhob die Bf mit Schriftsatz vom 29. Juli 2013 Berufung. Das Vorbringen der Berufung entsprach im Wesentlichen den bereits genannten Einwendungen. Weiters wurde die Nichteinholung diverser Gutachten bemängelt.

 

Die Berufungsbehörde holte im Ermittlungsverfahren zusätzlich ein immissiontechnisches Gutachten bezüglich der Tiefgarage ein. In einer Berufungsergänzung vom 17. September 2013 sowie einer Stellungnahme vom 20. Dezember 2013 erklärte die Bf, dass die eingeholten Gutachten ihrer Ansicht nach mangelhaft seien.

 

Die Berufung wurde als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid des Stadtsenats der Stadt Linz vom 31. März 2014 richtet sich die vorliegende Beschwerde. Das Vorbringen entspricht im Wesentlichen der Berufung; darüber hinaus bringt die Bf vor, dass das Verfahren mangelhaft sei, da die Behörde immer noch nicht die von der Bf gewünschten Gutachten eingeholt habe.

 

II.            Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Behörde, sowie in den Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan. Der unter I. dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde.

 

 

III.           Vor In-Kraft-Treten der Oö. Bauordnungs-Novelle 2013 bereits anhängige individuelle Verwaltungs­verfahren sind gem Art II Abs 2 Oö. BauO 1994, LGBl 1994/66 idF der Oö. Bauordnungs-Novelle 2013, LGBl 2013/34 nach den bis zu dieser Novelle geltenden Rechts­vorschriften weiterzuführen. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten daher:

 

Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994

 

§ 31
Einwendungen der Nachbarn

 

(1) Nachbarn sind

 

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

 

2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.

 

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

 

(Anm: LGBl. Nr. 70/1998, VfGH 80/2005, 96/2006)

 

(…)

 

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

 

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauten nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauten auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird. (Anm: LGBl. Nr. 70/1998)

 

(…)

 

§ 35
Entscheidung über den Baubewilligungsantrag

 

(1) Die Baubehörde hat über den Antrag gemäß § 28 einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Sofern nicht eine Zurückweisung oder eine Abweisung nach § 30 zu erfolgen hat, ist die beantragte Baubewilligung zu erteilen, wenn

 

1. die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers oder der Grundeigentümerin vorliegt,

 

2. das Bauvorhaben in allen seinen Teilen den Bestimmungen des Flächenwidmungsplans und des Bebauungsplans sowie sonstigen baurechtlichen Vorschriften nicht widerspricht und

 

3. das Bauvorhaben auf Grund seiner Nähe zu einem bestehenden Betrieb im Sinn der Seveso II-Richtlinie das Risiko eines schweren Unfalls im Hinblick auf die menschliche Gesundheit weder vergrößern noch die Folgen eines solchen Unfalls im Hinblick auf die menschliche Gesundheit verschlimmern kann.

 

Andernfalls ist die beantragte Baubewilligung zu versagen. Im Fall des Abbruchs von Gebäuden oder Gebäudeteilen ist die Baubewilligung auch zu versagen, wenn dessen Instandhaltung oder Instandsetzung wirtschaftlich vertretbar ist und an der Erhaltung des Gebäudes oder Gebäudeteils wegen seiner Bedeutung für das charakteristische Gepräge eines erhaltenswerten Orts- und Landschaftsbilds ein öffentliches Interesse besteht; dies gilt auch für die Untersagung der Ausführung eines nach § 25 Abs. 1 Z 12 bloß anzeigepflichtigen Abbruchs. Umfaßt ein Baubewilligungsantrag mehrere bewilligungspflichtige Bauvorhaben, ist über jedes dieser Bauvorhaben zu entscheiden. (Anm: LGBl. Nr. 70/1998, 96/2006)

 

(1a) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn, die im Baubewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind, stehen der Erteilung einer Baubewilligung entgegen, wenn sie sachlich gerechtfertigt sind. Kann solchen öffentlich-rechtlichen Einwendungen durch Auflagen oder Bedingungen entsprochen werden, sind diese vorzuschreiben. (Anm: LGBl. Nr. 96/2006)

 

(2) Bei der Erteilung der Baubewilligung sind die nach baurechtlichen Vorschriften im Interesse der Sicherheit, der Festigkeit, des Brandschutzes, der Wärmedämmung und des Wärmeschutzes, der effizienten Energienutzung, der Schalldämmung und des Schallschutzes, der Gesundheit, der Hygiene, des Unfallschutzes, der Bauphysik, des Umweltschutzes sowie des Orts- und Landschaftsbildes in jedem einzelnen Fall erforderlichen Auflagen oder Bedingungen

 

1. für das Bauvorhaben selbst,

 

2. für die Ausführung des Bauvorhabens und

 

3. für die Erhaltung und die Benützung des auf Grund der Baubewilligung ausgeführten Bauvorhabens

 

vorzuschreiben. (Anm: LGBl. Nr. 70/1998)

 

(3) Die Erteilung der Baubewilligung kann auch unter der Auflage und Bedingung erfolgen, daß bestehende bauliche Anlagen abgetragen werden müssen. Weiters kann die Baubehörde bei der Erteilung der Baubewilligung dem Bauwerber auftragen, wegen besonderer technischer Anforderungen bei der Ausführung des Bauvorhabens (etwa hinsichtlich statischer Berechnungen bei Hochbauten) zur Überwachung der Bauausführung eine besondere sachverständige Person beizuziehen. Bei Hochhäusern, Bauten für größere Menschenansammlungen, Betriebsbauten und Geschäftsbauten hat die Baubehörde dem Bauwerber jedenfalls zur Überwachung der Herstellung der tragenden Bauteile die Beiziehung einer gesetzlich dazu befugten Person aufzutragen.

 

(…)

 

 

Oö. Bautechnikgesetz - Oö. BauTG 1994

 

§ 2
Begriffsbestimmungen

 

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

 

1. Ausgebauter Dachraum: ein Dachraum,

 

a) in dem Einbauten vorhanden oder möglich sind, die durch Wände, Dachschrägen oder Decken umschlossen sind,

 

b) der Übermauerungen bis höchstens 1,20 m über der Rohdeckenoberkante aufweist und

 

c) in dem Fenster - außer in Giebelwänden - nur in Gaupenform oder als Dachflächenfenster ausgeführt werden;

 

ein ausgebauter Dachraum ist in die Gesamtgeschoßzahl nicht einzurechnen; (…)

 

9. Bebaute Fläche: jener Grundstücksteil, welcher von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden baulichen Anlage bedeckt wird; (…)

 

25. Geschoß:

 

a) Dachgeschoß: ein Geschoß über dem obersten Vollgeschoß, das - insbesondere durch die Höhe der Übermauerungen oder durch Fenster in diesen - die Begriffsmerkmale eines ausgebauten Dachraums überschreitet, ohne jedoch diejenigen eines Vollgeschosses zu erreichen; ein Dachgeschoß ist in die Gesamtgeschoßzahl einzurechnen, außer der Bebauungsplan legt etwas anderes fest;

 

b) Erdgeschoß: das erste oder einzige Geschoß eines Gebäudes, bei dem die Fußbodenoberkante allseits mindestens 15 cm über dem angrenzenden künftigen Gelände liegt;

 

c) Kellergeschoß: ein Geschoß, das zur Gänze oder in Teilen (z. B. bei Gebäuden in Hangbauweise) in das umliegende, künftige Gelände reicht;

 

d) Vollgeschoß: jedes zur Gänze und in voller lichter Raumhöhe vom aufgehenden Außenmauerwerk oder von Außenwänden umschlossene Geschoß; Umfassungswände im Dachraum gelten nicht als Außenwände; (…)

 

36. Schädliche Umwelteinwirkungen: Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im besonderen für die Benützer der baulichen Anlagen und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder Erschütterungen;

 

(…)

 

§ 5
Lage und Höhe der Gebäude, Abstandsvorschriften, Vorgarten

 

Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gilt für die Lage und Höhe von Gebäuden:

 

1. Bei Neu- und Zubauten ist zu den seitlichen und zur inneren (hinteren) Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze(n) ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten.

 

2. Im übrigen muß dieser Abstand bei Gebäudeteilen, die höher als 9 m sind, wenigstens ein Drittel ihrer Höhe betragen. (…)

 

7. Die Höhe des jeweiligen Gebäudeteiles ist vom jeweils nächstgelegenen Punkt an der dem jeweiligen Abstand zugeordneten Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze zu messen. Aufzugschächte, Rauch- und Abgasfänge, Antennenanlagen und ähnliche Einrichtungen auf Gebäudeteilen sind dabei nicht einzurechnen.

 

 

§ 13
Schalldämmung, Schallschutz und Feuchtigkeitsisolierung

 

(1) Bauliche Anlagen sind in allen ihren Teilen so zu planen, zu errichten und zu erhalten, daß die nach der jeweiligen Verwendung, Größe, Lage, Art oder Umgebung der baulichen Anlage zu fordernde Schalldämmung und der entsprechende Schallschutz gewährleistet ist.

 

(2) Bei der Bemessung des erforderlichen Schallschutzes gegen Schallimmissionen ist auf die Eigenschaften der verwendeten Baustoffe und auf Lärmquellen in der Umgebung, wie insbesondere Flugplätze, Verkehrsflächen sowie Betriebsbauten und Betriebsanlagen, besonders Bedacht zu nehmen.

 

(3) Schall, der von einer baulichen Anlage ausgeht oder in einer baulichen Anlage erzeugt wird (Schallemissionen), ist so zu dämmen, daß eine unzumutbare Belästigung für die Allgemeinheit und im besonderen für die Benützer der baulichen Anlage und für die Nachbarschaft entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik vermieden wird. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die der Nutzung entsprechenden raumakustischen Eigenschaften erreicht werden.

 

(…)

 

 

Der im Beschwerdefall relevante rechtswirksame Bebauungsplan NW x H Knoten sieht für das gegenständliche Grundstück die offene Bauweise, sowie eine Maximalgeschoßanzahl von 2 und eine Grundflächenzahl von 0,3 vor. Der Flächenwidmungsplan Linz Nr. 4 mit dem örtlichen Entwicklungskonzept Linz Nr. 2 sieht für den gegenständlichen Bereich keine Beschränkung der Geschoßflächenzahl vor.

 

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch § 27 iVm § 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs erwogen:

 

1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Bf unstrittig Nachbarin iSd § 31 Abs. 1 Oö. BauO 1994 ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Der Nachbar kann nach der oberösterreichischen Rechtslage im Baubewilligungsverfahren daher nur eine Verletzung seiner ihm vom Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen (vgl. als Beispiel für viele etwa das Erkenntnis des VwGH vom 12.6.2012, 2009/05/0105, mwN). Der Nachbar behält seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zudem nur, wenn er (taugliche) Einwendungen im Rechtssinn erhoben hat. Eine Einwendung in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn aus dem Vorbringen des Nachbarn zu erkennen ist, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet. Er muss zwar das Recht, in dem er sich verletzt erachtet, nicht ausdrücklich bezeichnen und auch nicht angeben, auf welche Gesetzesstelle sich seine Einwendung stützt, und er muss seine Einwendung auch nicht begründen, jedoch muss daraus erkennbar sein, welche Rechtsverletzung behauptet wird (vgl. VwGH 15.11.2011, 2008/05/0146; 27.2.2013, 2010/05/0203 jeweils mwN).

Einwendungen eines Nachbarn sind nur dann rechtlich bedeutsam, wenn sie sich auf materiell gewährleistete Rechte stützen und Vorschriften betreffen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem besonderen Interesse der Nachbarn dienen (Neuhofer, Oö. Baurecht 20076, § 31 Oö BauO Rz 7).

 

2. Die Bf behauptet mit näher begründeten Ausführungen, das gegenständliche Bauvorhaben stehe im Widerspruch zum Orts- und Landschaftsbild. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt den Nachbarn kein Mitspracherecht in Bezug auf das Orts- und Landschaftsbild zu (vgl etwa VwGH 29.1.2009, 2008/05/0139; 15.6.2010, 2009/05/0212; 16.11.2010, 2009/05/0342; ebenso Neuhofer, Oö. Baurecht 20076, § 31 Oö BauO Rz 7, jeweils mwN).

 

Weiters bringt die Bf vor, dass durch die Störung des Ortsbildes der Wert ihrer Liegenschaft beeinträchtigt werde, und daher eine Verletzung in ihrem Eigentumsrecht vorliege. Wertminderungen sind kein Gegenstand subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte. Der Nachbar kann die behauptete Wertminderung seiner Grundstücke nur auf dem Zivilrechtsweg geltend machen (vgl VwGH 10.12.2013, 2012/05/0162; VwGH 06.03.2001, 2000/05/0038).

 

3. Die Bf bringt vor, dass das Bauvorhaben die erlaubte Geschoßflächenzahl von 0,6 überschreite. Der Flächenwidmungsplan Linz – Teil U Nr. x mit dem örtlichen Entwicklungskonzept Linz Nr. x, der für den fraglichen Bereich eine Gfz-Leitdichte von 0,6 vorsah, war bis zur Erlassung des neuen Flächenwidmungsplans am 6. August 2013 in Geltung. Der seither geltende Flächenwidmungsplan Linz Nr. x mit dem örtlichen Entwicklungskonzept Linz Nr. x sieht jedoch keinerlei Festlegung der Geschoßflächenzahl mehr vor.

Grundsätzlich hat die Behörde die zum Zeitpunkt der Entscheidung geltende Rechtslage anzuwenden (vgl VwGH 26.11.1991, 91/05/0007). Weder die Oö. Bauordnung noch das Oö. Raumordnungsgesetz sehen eine entsprechende Übergangsbestimmung für Verordnungen vor. Auch der Flächenwidmungsplan selbst sieht keine Übergangsbestimmung vor. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides am 31. März 2014 hatte die Berufungsbehörde demnach den neuen Flächenwidmungsplan anzuwenden, womit es auch keine Beschränkung der Geschoßflächenzahl mehr gab. Der Einwand ist daher nicht berechtigt.

 

Die Bf bringt außerdem vor, dass, wenn tatsächlich der Flächenwidmungsplan Linz Nr. x mit dem örtlichen Entwicklungskonzept Linz Nr. x auf den Fall anzuwenden wäre, der Bf die Möglichkeit einer Stellungnahme einzuräumen gewesen wäre. Ansonsten widerspräche dies dem Überraschungsverbot. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH erstreckt sich das zum "Überraschungsverbot" in Beziehung gesetzte Parteiengehör nur auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts, nicht aber auf die von der Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung (vgl statt vieler VwGH 05.04.2002, 99/18/0039). Die Erlassung eines neuen Flächenwidmungsplans ändert nicht den Sachverhalt des Bauvorhabens, sondern lediglich die rechtliche Beurteilung durch die Baubehörde. Die Tatsache, dass der Bf nach der Erlassung des neuen Flächenwidmungsplans keine weitere Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt wurde, ist daher nicht geeignet, eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens herbeizuführen.

 

4. Die Bf bringt weiters vor, dass der Abstand vom Ende der Feuerwehrzufahrt bis zum Ende des geplanten Baukörpers zu kurz sei. Nach der Rechtsprechung des VwGH kommt den Nachbarn weder in Bezug auf die Feuerwehrzufahrt noch auf die Art und Möglichkeit eines Feuerwehreinsatzes ein Mitspracherecht zu (VwGH 18.12.2007, 2003/06/0016; VwGH 10.09.2008, 2007/05/0302).

 

5. Die Bf wendet außerdem ein, dass der geplante Bau auf unzulässige Weise in das Grundwasser eingreife und dadurch das Abflussverhalten bei einem Hochwasser beeinträchtigen würde. Die durch die geplante Bebauung eines Grundstücks hervorgerufenen Veränderungen mit einer Bedrohung durch Hochwässer (…) begründen keine subjektiven Nachbarrechte (Neuhofer, Oö. Baurecht 20076, § 31 Oö BauO Rz 8). Der Hochwasserschutz ist nicht durch die Baubehörde wahrzunehmen, da der Hochwasserschutz ganz allgemein Sache der Wasserrechtsbehörde ist. Die Baubehörde hat wasserrechtliche Bestimmungen nicht anzuwenden (VwGH 31.08.1999, 97/05/0049).

 

Bezüglich der Versickerung von Regenwässern hat der VwGH ausgesprochen, dass die Einwendung der Schädigung des eigenen Grundstücks durch Abfließen atmosphärischer Niederschläge (Regen, Schnee) keine zulässige öffentlich-rechtliche Einwendung ist (VwGH 28.9.1982, 82/05/0070). Geht es nur um das ungehinderte Abfließen atmosphärischer Niederschläge, steht diesbezüglich dem Nachbarn nach der BauO 1994 kein Mitspracherecht zu (VwGH 12.11.2002, 2000/05/0154 mwN).

 

6. Die Bf bringt vor, dass es bei der Fällung von Bäumen auf dem Baugrundstück zu einer Windgefährdung von Bäumen auf dem Nachbargrundstück komme. Diesen Einwand stützt sie auf das Forstgesetz. Bauverbote, die im Forstgesetz enthalten sind, begründen, keine Nachbarrechte im Sinne der Oö BauO. Eine Einwendung wegen eines forstrechtlichen Anspruchs ist im Bauverfahren eine unzulässige öffentlich-rechtliche Einwendung und daher zurückzuweisen (siehe Neuhofer, Oö. Baurecht 20076, § 31 Oö BauO Rz 8 mwN; ebenso W. Hauer, Der Nachbar im Baurecht6, 30, 451). Die Bf verkennt, dass schon aus kompetenzrechtlichen Gründen ein etwaiges im Rahmen des Forstgesetzes eingeräumtes subjektives Recht kein subjektives Recht im Bauverfahren sein kann. Die belangte Behörde geht zu Recht davon aus, dass das Vorliegen einer forstrechtlichen Bewilligung, so sie denn nötig sein sollte, keine Voraussetzung für die Erteilung einer Baubewilligung ist, eine fehlende forstrechtliche Bewilligung dann allerdings der Realisierung des Bauvorhabens entgegen stehen würde.

 

7. Gemäß § 31 Abs 4 Oö BauO hat der Nachbar ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, durch Immissionen des geplanten Baus nicht über dem ortsüblichen Maß belästigt zu werden. Falls eine solche Belastung droht, wäre das Projekt mit entsprechenden Auflagen zur Verringerung der Immissionen zu versehen. Zur Klärung der Frage, ob durch die Verwirklichung des Bauprojektes unter Einbeziehung der in erster Instanz erteilten Auflagen voraussichtlich eine ortsunübliche Belastung eintrete, hatte die Berufungsbehörde ein zusätzliches immissionstechnisches Gutachten eingeholt. Die Bf behauptet, dieses immissionstechnische Gutachten des Amtssachverständigen vom 11.9.2013 sei nicht schlüssig, da die angegebenen Werte zur Berechnung der Fahrbewegungen für die geplante Tiefgarage im Gutachten nicht mit den Vorgaben der Parkplatzraumstudie, auf die sich das Gutachten stützt, übereinstimmen würden. Tatsächlich stellte schon die Berufungsbehörde in ihrem Bescheid klar, dass es im Gutachten zwei geringfügige Rechenfehler gab, die dazu führten, dass den Berechnungen der Lärmimmissionen mehr Fahrbewegungen als vorgesehen zu Grunde gelegt wurden. Trotz der höheren Anzahl von Fahrbewegungen und damit Lärmimmissionen ergibt sich aus dem ansonsten schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten, dass die Immissionen nicht über dem ortsüblichen Ausmaß liegen. Zu Recht geht die Berufungsbehörde davon aus, dass es bei der korrekten Anzahl von Fahrbewegungen zu entsprechend weniger Lärmimmissionen kommt und daher die Bf durch die Rechenfehler bzw. Ziffernstürze im Gutachten nicht beschwert ist. Soweit die Bf vorbringt, dass zwischen dem Gutachten und der Tabelle 33 der Studie kein Zusammenhang herstellbar ist, ist zu sagen, dass es sich bei der Zeile „6.00 Uhr – 19.00 Uhr“ im Gutachten (Studie Tabelle 33: „6.00 Uhr – 22.00 Uhr“) um einen bloßen Tippfehler zu handeln scheint.

 

Weiter behauptet die Bf, die Daten bezüglich Immissionsansatz und Immissionen der Lüftungsöffnungen ergäben sich nicht aus der Parkplatzraumstudie. Das liegt zum einen daran, dass die Studie Berechnungsmethoden vorgibt, die erst im Gutachten mit den entsprechenden Daten des Einzelfalls verbunden werden, andererseits ergeben sich die Berechnungen auch aus der „technischen Grundlage für die Beurteilung von Emissionen und Immissionen aus Garagen“ des BMWA, die dem Gutachten beiliegt. Ebenso wird im Gutachten in Bezug auf die vorhandene Lärmsituation nicht, wie die Bf behauptet, auf „irgendwelche Studien“ verwiesen, sondern auf den Linzer Lärmkataster 2012 sowie die Richtlinie Nr. 3 Blatt 1 des Österreichischen Arbeitsrings für Lärmbekämpfung (ÖAL). Eine detaillierte Aufschlüsselung für die H Straße liegt dem Gutachten bei.

Das Vorbringen war daher nicht geeignet, Zweifel an der Schlüssigkeit des Gutachtens auszulösen. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist es nicht möglich, einem tauglichen Sachverständigengutachten erfolgreich durch Anträge auf weitere Ermittlungen (insb auf Einholung weiterer Sachverständigengutachten, …) zu begegnen. Vielmehr kann sein Beweiswert grundsätzlich nur mehr durch Vorbringen der Partei auf gleichem fachlichen Niveau oder durch ein Gegengutachten erschüttert werden. (Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 52 Rz 65 mwN). Auf gleicher fachlicher Ebene wurde dem Amtsgutachten nicht entgegen getreten.

 

Da somit davon auszugehen ist, dass die durch die Tiefgarage mit zwölf Stellplätzen verursachten Immissionen daher nicht über dem ortsüblichen Maße liegen, ist die Bf in keinem subjektiven Recht verletzt.

 

8. Da das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen hatte, war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.

 

V.           Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl zu IV. 1. VwGH 12.6.2012, 2009/05/0105; VwGH 15.11.2011, 2008/05/0146; VwGH 27.2.2013, 2010/05/0203; zu IV. 2. VwGH 29.1.2009, 2008/05/0139; 15.6.2010, 2009/05/0212; 16.11.2010, 2009/05/0342; VwGH 10.12.2013, 2012/05/0162; VwGH 06.03.2001, 2000/05/0038; zu IV. 3. VwGH 26.11.1991, 91/05/0007; VwGH 05.04.2002, 99/18/0039; zu IV.4. VwGH 18.12.2007, 2003/06/0016; VwGH 10.09.2008, 2007/05/0302; zu IV:5. VwGH 31.08.1999, 97/05/0049; VwGH 28.9.1982, 82/05/0070; VwGH 12.11.2002, 2000/05/0154). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Roland Kapsammer

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 24. März 2015, Zl.: Ra 2015/05/0010-4