LVwG-850190/19/BMa/AK LVwG-850191/18/BMa/AK
Linz, 20.02.2015
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gerda Bergmayr-Mann aus Anlass der Beschwerde des
Em. Univ.-Prof. Dr. J B C und der Prof. Maga. W C, jeweils x, x, vom 9. August 2014 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 22. Juli 2014, GZ: Ge20-3555/05-2014, wegen Genehmigung der Änderung der bestehenden Betriebsanlage am Standort x auf dem Grundstück Nr. x, KG G, Stadtgemeinde G, durch Erweiterung der Betriebszeiten, der auf der Grundlage des § 359b Abs. 2 GewO 1994 idgF iVm der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl. Nr. 850/1994, erlassen wurde, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückverwiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde über den Antrag des J L vom 30. Jänner 2013 auf Verlängerung der Öffnungszeiten auf 04.00 Uhr für die Betriebsanlage im Standort x, x, Grundstück Nr. x, KG G, dem ein gebundenes Projekt der Firma x - Technisches Büro S e.U., GZ: 13-0001G, vom 5. November 2013 sowie ein Lageplan und eine Schnittzeichnung (Systemskizze) vom Lokal und der benachbarten Wohnung vom 4. Februar 2014 angeschlossen wurde, die gewerbebehördliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung unter Vorschreibung von Aufträgen auf der Rechtsgrundlage des § 359b Abs. 2 GewO 1994 idgF iVm der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl. Nr. 850/1994, erteilt.
I.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 1 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom
28. Oktober 1994 seien Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs. 1 Z 2-4 GewO 1994, in denen bis zu 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in denen weder musiziert noch, z.B. mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird (nicht unter dieses Musizieren bzw. Wiedergeben von Musik fällt bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste) sowie Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs. 1 Z 1 GewO 1994, in denen nicht mehr als 100 Fremdenbetten bereitgestellt werden, dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.
Der Genehmigungswerber habe den Nachweis erbracht, dass die Anlage den Bestimmungen dieser Rechtsnorm entspreche und damit habe die Genehmigung auf der Grundlage des § 359b Abs. 2 GewO 1994 idgF iVm der im
BGBl. Nr. 850/1994 kundgemachten Verordnung erteilt werden können.
Den Nachbarn komme in den sogenannten „vereinfachten“ Verfahren keine Parteistellung, sondern lediglich ein Anhörungsrecht zu.
Die Stellungnahmen der Nachbarn seien von Amts wegen berücksichtigt worden und diesbezüglich werde auf die Ausführung des gewerbetechnischen Amtssachverständigen verwiesen.
I.3. Mit der rechtzeitig erhobenen Beschwerde vom 9. August 2014 wurde von
Em. Univ.-Prof. Dr. J B C und Prof. Maga. W C unter anderem auch vorgebracht, es werde bestritten, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens gemäß § 359b GewO 1994 vorliegen würden. Auch ungeachtet der getroffenen Aufträge seien Gefährdungen insbesondere im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 und 2 GewO 1994 zu befürchten. Dies beziehe sich vor allem auf Gefährdung der Gesundheit durch Lärm, aber auch durch andere Immissionen.
Unter anderem wurde von den Beschwerdeführern die ersatzlose Behebung des Bescheides, in eventu die Feststellung, dass die Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren nicht vorliegen würden, in eventu die Angelegenheit an die Verwaltungsbehörde zurückzuverweisen, beantragt.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
II.1. Folgender rechtlich relevante Sachverhalt wird festgestellt:
Mit Verständigung vom 25. April 2014 wurde von der belangten Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 15. Mai 2014 unter Hinweis darauf, dass das Verfahren gemäß § 359b Abs. 2 GewO 1994 idgF durchgeführt werde, anberaumt.
Diese Verständigung enthält keinen Hinweis darauf, dass die Nachbarn lediglich Einwände hinsichtlich des Nichtvorliegens der Voraussetzungen zur Durchführung eines vereinfachten Verfahrens machen können und sich ihre Parteistellung auf dieses Thema beschränkt.
Auf Seite 4 der Projektbeschreibung des schalltechnischen Projektes
GZ: 13-0001G vom 5. November 2013 (Punkt 2.), das antragsgegenständlich war, wird ausgeführt, dass das Lokal selbst als Cafe/Restaurant/Bar mit Hintergrundmusik geführt werde.
Unter Punkt 5.2., Seite 11 des vorerwähnten Projektes, wird bei der Betrachtung der Schallimmissionen ausgeführt, dass sich bei einem angestrebten Innenpegel von LA,eq = 75 dB im Bereich dieser Liegenschaft ein Immissionsanteil von LA,eq = 75 dB-50 dB = 25 dB ergebe. Dieser Pegel liege um mindestens 15 dB unterhalb der niedrigst gemessenen Bestandssituation nachts. Eine Anhebung der örtlichen Schall-Ist-Verhältnisse durch das Lokal sei somit auszuschließen.
Zur mündlichen Verhandlung ist Dr. J B C auch in Vertretung seiner Gattin Maga. W C gekommen. Seine in der mündlichen Verhandlung gemachten Einwände, die in handschriftlicher Form der Verhandlungsschrift angeschlossen sind, beziehen sich auf Belästigung durch Lärm, durch das Licht zweier Lampen, die von der Terrasse des Restaurants auf die Schlaf- und Badezimmerfenster leuchten, und auf Geruchsbelästigungen durch die Abluft aus Küche, Restaurant und WC-Anlage.
In der mündlichen Verhandlung am 15. Mai 2014 wurden unter anderen auch ein gewerbetechnischer und ein medizinischer Amtssachverständiger beigezogen.
Punkt 5. der vorgeschriebenen Aufträge des daraufhin ergangenen Bescheides des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 22. Juli 2014,
GZ: Ge20-3555/05-2014, lautet:
„5. Die Musikanlage ist auf einen LAeq von 75 dB zu begrenzen. Diese Begrenzung betrifft auch tieffrequente Töne (Bass). Ein Nachweis einer speziellen Fachperson für Akustik ist der Behörde vorzulegen.“
Nach Einlangen der Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wurde zur Prüfung der Frage, ob das Betreiben der Musikanlage mit einem
LA,eq von 75 dB, wie dies im Auftrag 5. des bekämpften Bescheides vorgeschrieben wurde, als Hintergrundmusik zu qualifizieren ist, ein ergänzendes Gutachten vom 31. Oktober 2014 eingeholt.
Weil dieses jedoch nicht zur Gänze nachvollziehbar war, wurde ein weiteres Gutachten von einem Amtssachverständigen beim Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Umweltschutz vom
28. November 2014 eingeholt.
Dieses Gutachten führt Folgendes aus:
55-60 dB angeführt (Bescheid Ge-3555/02-1989, Verhandlungsschrift vom 8.5.1989, Verhandlungsschrift vom 11.1.1996).
BGBl. Nr. 850/1994 idF BGBl. II Nr. 19/1999.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
§ 42. (1) AVG lautet: Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41
Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Nach Abs. 3 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss ausgegangen ist.
28. November 2014 ergibt, aufgrund des Auftrages 5. des bekämpften Bescheides davon auszugehen, dass die Musikanlage selbst, ohne Einfluss der Unterhaltung von Gästen oder anderen Betriebsgeräuschen, einen Schallpegel von LAeq = 75 dB verursacht und dieser Grenzwert im Widerspruch zu den Angaben im schalltechnischen Projekt GZ: 13-0001G vom 5. November 2013, in dem von einem Innenpegel (Gäste und Beschallungsanlage) von LAeq = 75 dB ausgegangen wird, steht.
III. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Gerda Bergmayr-Mann