LVwG-000054/12/FP
Linz, 27.01.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde des Dr. P. H., M.straße, A., vertreten durch S. – S. – F. & Partner Rechtsanwälte, D. 10, W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 26.8.2014, GZ. VetR96-8-2014, wegen Übertretungen des SMG
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde dahingehend Folge gegeben, dass das bekämpfte Straferkenntnis hinsichtlich seiner Spruchpunkte 1. und 3. aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren gem. § 45 Abs 1 Z3 VStG eingestellt wird. Hinsichtlich seines Punktes 2. wird der Beschwerde dahingehend Folge gegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf 200,00 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 5 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer hinsichtlich des Spruchpunktes 2. des Straferkenntnisses einen Beitrag nur zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens in der Höhe von 20 Euro zu leisten. Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskosten-beiträgen hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Straferkenntnis vom 26. August 2014, warf die belangte Behörde dem Beschwerdeführer (idF Bf) zusammengefasst vor,
(1) bei der Operation eines Hundes als Narkosemittel 2 Ampullen Heptadon verwendet zu haben, jedoch im Vormerkbuch für die Suchtgiftgebarung nur eine Ampulle dieses Suchtgiftes als Ausgang eingetragen zu haben. Der Bf habe den Ausgang der 2. Ampulle Heptadon erst am 6.3.2014 im Rahmen einer Hausapothekenüberprüfung nachgetragen. Er habe somit den Ausgang des Suchtgiftes Heptadon (eine Ampulle) nicht am Monatsende nach der letzten Abgabe, das wäre der 31.1.2013 gewesen, im Vormerkbuch eingetragen.
(2) der Bf habe weiters am 31.12.2013 keine Bestandsaufnahme der in der tierärztlichen Hausapotheke gelagerten Suchtgifte vorgenommen, da von ihm erst am 6.3.2014 der Fehlbestand von einer Ampulle Heptadon festgestellt worden sei. Er habe somit bis zum 6.3.2014 nicht jeweils am 31. Dezember eines jeden Jahres eine Bestandsaufnahme der tatsächlich vorhandenen Suchtgifte vorgenommen.
(3) der Bf habe zudem bei der Verschreibung „pro ordinatione“ von 2 Ampullen des Suchtgiftes Heptadon am 30.1.2013 keine Suchtgiftvignette am Rezept aufgeklebt und damit bis zum 6.3.2014 diese Verschreibung des Suchtgiftes nicht auf der Vorderseite des Rezeptes als Suchtgiftverschreibung gekennzeichnet.
Hinsichtlich des Spruchpunktes 1. sprach die belangte Behörde eine Geldstrafe in Höhe von Euro 200,00 (5 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe), hinsichtlich des Spruchpunktes 2. eine Geldstrafe in Höhe von Euro 300,00 (8 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe), hinsichtlich des Spruchpunktes 3. eine Ermahnung aus. Der Bf habe zudem Euro 50 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu bezahlen.
Die belangte Behörde begründete zusammengefasst wie folgt:
Die Amtstierärztin habe am 6.3.2014 den im Spruch beschriebenen Sachverhalt festgestellt. Der Sachverhalt sei durch die Angaben der Amtstierärztin und der Aussagen des Bf erwiesen. Bei Aufbringen der gehörigen Sorgfalt hätte dem Bf das Fehlen einer Ampulle Heptadon spätestens bei der Bestandskontrolle am 31.12.2013 auffallen müssen. Die Durchführung einer Zählung habe der Bf nicht einmal behauptet. Durch das Unterlassen einer Bestandsaufnahme sei der Fehler erst im Zuge der Hausapothekenüberprüfung am 6.3.2014 entdeckt worden.
Zur Strafbarkeit genüge gemäß § 5 Verwaltungsstrafgesetz Fahrlässigkeit. Der Bf habe mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft gemacht, dass ihn keine Schuld trifft. Das Vertrauen auf das betriebsinterne Controlling reiche nicht aus. Die Strafe berücksichtige die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Die Strafe liege im untersten Bereich. Strafmildernd sei auch berücksichtigt worden, dass keine einschlägigen Vorstrafen aufscheinen.
I.2. In seiner rechtzeitigen Beschwerde vom 24.9.2014 führte der Bf zusammengefasst aus, es entspreche den Tatsachen, dass zeitweilig eine Lagerdiskrepanz in Bezug auf eine Ampulle Heptadon bestanden habe, es würde jedoch ein schuldhaftes Verhalten bestritten.
Zu einer Narkose am 30.1.2013 sei vorerst eine Ampulle Heptadon verwendet worden, für die auch ein Suchtgift-Rezept ausgestellt worden sei. Da die Narkose unvorhergesehen verlängert werden musste, sei eine 2. Ampulle benötigt und während des unvorhergesehenen Narkosezwischenfalles verwendet worden. Bei der Ausstellung des Suchtgiftrezeptes sei auf diese, aufgrund einer Unachtsamkeit, vergessen worden.
Zur Diskrepanz im Lagerbestand sei es gekommen, da der Bf auf das betriebsinterne Controlling des Suchtgiftbuches vertraut und die angeführten Mengen in den Lagerbestand übernommen habe. Aufgrund einer Unachtsamkeit könne dem Bf kein schuldhaftes Verhalten angelastet werden.
Bei Feststellung der Diskrepanz sei der Fehler sofort korrigiert und entsprechende Maßnahmen gesetzt worden, um derartige Vorfälle künftig zu vermeiden. Die Versendung eines Merkblattes betreffend Suchtgiftvignetten durch die Tierärztekammer lasse darauf schließen, dass der Umstand der Notwendigkeit, eine solche zu verwenden, bis dato überhaupt eher unbekannt gewesen sei. Zuvor habe sich die Notwendigkeit nicht ergeben, da das Suchtgift nur in der Ordination verwendet worden sei.
In eventu würde die Höhe der verhängten Strafe bestritten.
I.3. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 21. Jänner 2015 wiederholten die Parteien im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem behördlichen Verfahren. Der Bf führte im Wesentlichen aus, dass aufgrund der Zerbrechlichkeit der Ampullen nur eine überblicksmäßige Zählung vorgenommen worden sei. Der Fehlbestand sei nicht aufgefallen. Es sei ein zusätzliches Controlling eingeführt worden. Nunmehr werde als Maßnahme am Suchtgiftrezept der aktuelle Lagerstand eingetragen und erfolge die Eintragung nach einem 4-Augen-Prinzip.
Der Bf stellte den Antrag, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen, hilfsweise die Strafe herabzusetzen.
I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei welcher der Bf zu Wort kam und die Zeugin Dr. V. H. gehört wurde.
I.5. Es steht nachstehender, entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T fest:
Im Zuge einer Operation eines Hundes (“K.“) am 30.1.2013 verwendete der Bf als Narkosemittel das Präparat „Heptadon 10 mg“. Aufgrund der Notwendigkeit der Verlängerung der Narkose entnahm der Bf nach Verwenden einer Ampulle eine zweite Ampulle Heptadon aus der Hausapotheke. Der Bf vermerkte am 30.1.2013 nur die erste Ampulle in einem Suchtgiftrezept und übertrug diesen Stand in das Vormerkbuch. Die Entnahme der zweiten Ampulle wurde erst am 6.3.2014 in das Vormerkbuch eingetragen. Der Bf brachte am 30.1.2013 keine Suchtgiftvignette auf dem Rezept für die erste entnommene Ampulle an. In der tierärztlichen Hausapotheke des Bf wurde Ende des Jahres 2013 eine Inventur durchgeführt. Die Hausapotheke umfasst etwa 900 Präparate. Das Präparat Heptadon betreffend, hat nur eine überblicksmäßige Bestandsaufnahme und keine Zählung der vorhandenen Ampullen im Einzelnen stattgefunden. Es fiel nicht auf, dass in einer Schachtel, welche ungeöffnet 10 Ampullen enthält, nur mehr 5 anstatt 6 Ampullen enthalten waren. Der Fehlbestand ist dem Bf erst bei der amtstierärztlichen Kontrolle aufgefallen. Diese fand am 6.3.2014 statt.
1 Ampulle Heptadon enthält 10 mg Methadonhydroclorid.
II. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus den Aussagen des Bf, seinem Vorbringen und den Aussagen der Zeugin H., sowie dem behördlichen Verfahrensakt. Sowohl der Bf, als auch die Zeugin waren im Verfahren glaubwürdig. Hinsichtlich des Verbleibs der fehlenden Ampulle konnte der Bf glaubwürdig darstellen, dass diese im Rahmen einer Operation an einem Hund zur Verwendung gelangt war und aufgrund der Stresssituation im Rahmen der Operation auf die Eintragung im Suchtmittel-Rezept und danach im Vormerkbuch vergessen wurde. Auch war die Darstellung des Bf, man habe erst im Zuge der „mentalen“ Rekonstruktion der Geschehnisse im Rahmen eines Gesprächs mit einer Mitarbeiterin den Sachverhalt aufklären können, lebensnah. Diese Darstellung war auch mit den Wahrnehmungen der Zeugin H., die aussagte, dass der Bf bei Feststellen des Fehlens einer Ampulle äußerst überrascht wirkte, gut in Einklang zu bringen.
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
III.1. Rechtliche Grundlagen:
III.1.1. § 31 Abs 1 VStG lautet:
III.1.2. die Präambel der Suchtgiftverordnung lautet:
Auf Grund der §§ 2, 6 und 10 Suchtmittelgesetz (SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, wird verordnet:
III.1.3. § 9 Abs 1 Suchtgiftverordnung lautet:
III.1.4. § 7 Abs 1 Suchtmittelgesetz lautet:
III.1.5. § 18 Abs 1 Suchtgiftverordnung lautet:
III.1.6. Anhang I, I.1.b. der Suchtgiftverordnung lautet in seinen für dieses Verfahren wesentlichen Teilen:
...
Methadon
...
III.1.7. § 44 Abs 1 und 5 Suchtmittelgesetz lauten:
§ 44. (1) Wer
1. den §§ 5 bis 8 oder 9 Abs. 1 oder einer nach § 10 erlassenen Verordnung, oder
2. den §§ 15 Abs. 5 erster Satz oder 16 Abs. 5 hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht, oder
3. den §§ 18 oder 20 oder 25 Abs. 8 oder 26 Abs. 5 zuwiderhandelt,
begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung.
(5) Wer eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 bis 4 begeht, ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 36.300 Euro, im Nicht-einbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Im Straferkenntnis gemäß Abs. 1 Z 1 kann auf den Verfall der den Gegenstand der strafbaren Handlung bildenden Sachen erkannt werden. In berücksichtigungs-würdigen Fällen ist der Erlös der für verfallen erklärten Sachen dem Eigentümer auszufolgen.
III.2.1.
Die Suchtgiftverordnung wurde auf Grund der §§ 2, 6 und 10 Suchtmittelgesetz verordnet. Strafbar gem. § 44 Abs 1 Z1 SMG ist, wer einer derartigen Verordnung zuwiderhandelt.
III.2.2. Zu den Spruchpunkten 1. und 3. des bekämpften Straferkenntnisses:
§ 9 Abs 1 Suchtgiftverordnung statuiert die Pflicht des Tierarztes, Suchgiftausgänge spätestens am Ende des Monats in das Vormerkbuch einzutragen.
Der Bf hat der Hausapotheke am 30.1.2013 eine zweite Ampulle Heptadon entnommen. Diese Entnahme hätte somit spätestens am 31.1.2013 in das Vormerkbuch eingetragen werden müssen. Dies ist nicht geschehen.
Suchtmittel dürfen nach § 7 SMG und in Zusammenschau mit anderen Bestimmungen des SMG nur gegen Rezept (Verschreibung) abgegeben werden. § 18 Abs 1 Suchtgiftverordnung regelt zudem, dass auf Suchtgiftrezepten eine sogenannte Suchtgiftvignette anzubringen ist.
Aus der Vorschrift ist abzuleiten, dass eine derartige Vignette sogleich bei Ausstellung des Rezeptes anzubringen ist, jedenfalls aber im Zeitpunkt der Abgabe des Präparates an den Arzt, auf dem Rezept vorhanden sein muss, zumal ansonsten eine Abgabe unzulässig ist bzw. die Anbringung einer Suchtgiftvignette nicht mehr möglich ist, als das Präparat frühestens Zug-um-Zug gegen Rezept ausgegeben werden kann. Daran kann der besondere Fall, dass Arzt und Apotheker die gleiche Person sind, nichts ändern.
Im Falle des § 9 Abs 1 Suchtgiftverordnung ist also ein Verstoß bewirkt, wenn der Täter nicht spätestens am Monatsende die notwendige Eintragung tätigt, im Falle des § 18 Abs 1 Suchtgiftverordnung, wenn spätestens bei Abgabe des Präparates durch die Apotheke keine Suchgiftvignette am Rezept angebracht ist.
Das Gesetz pönalisiert demnach die Nichtvornahme eines gebotenen Tuns zu einem bestimmte Zeitpunkt. Es handelt sich bei beiden Fällen um echte Unterlassungsdelikte. Zumal der Täter sein rechtswidriges Handeln durch „Nachholen“ des gebotenen Tuns nicht ungeschehen machen kann, er also, wie der vorliegende Fall zeigt, nicht straflos wird, wenn er (im Falle des § 9 Abs 1 Suchtgiftverordnung) zu einem späteren Zeitpunkt den gesetzlich vorgesehenen Eintrag vornimmt, beginnt die Verjährungsfrist zu laufen, wenn die vom Gesetz eingeräumte Frist, abgelaufen ist (vgl. Hauer/Leukauf5, § 31 VStG, S 909 ff.). Die strafbaren Handlungen des Bf waren also im Falle der unterlassenen Eintragung in das Vormerkbuch mit Ablauf des 31.1.2013, im Falle des Unterlassens des Aufklebens einer Suchtgiftvignette spätestens im Zeitpunkt der Entnahme der ersten Ampulle Heptadon aus der Hausapotheke bewirkt. Die spätere Eintragung in das Vormerkbuch, wäre sie auch vor der Kontrolle geschehen und ein allfälliges späteres Aufkleben der Suchgiftvignette, hätten eine Strafbarkeit nicht beseitigen können. Zumal die Kontrolle, bei welcher die Unterlassungen aufgefallen sind erst mehr als ein Jahr nach den Tatzeitpunkten stattgefunden hat, war bereits zu diesem Zeitpunkt Verfolgungsverjährung eingetreten, sodass das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich dieser Spruchpunkte einzustellen ist (vgl. VwGH 20.05.2010, 2008/07/0083).
III.2.3. Zu Spruchpunkt 2. des bekämpften Straferkenntnisses:
Gem. § 9 Abs 1 Suchtgiftverordnung bestand neben der unter III.2.1 dargestellten Verpflichtung bis zum 31.12.2013 eine weitere Bestandsaufnahme der tatsächlich vorhandenen Suchtgifte vorzunehmen und etwaige Differenzen im Vormerkbuch auszuweisen. Der Bf hätte demnach bis Ende 2013 eine ordnungsgemäße Inventur der Suchtgifte vorzunehmen gehabt. Im Falle des Unterlassens wäre eine Verjährung mit Ablauf des 31.12.2014 eingetreten. Die Behörde hat dem Bf mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.5.2014, also innerhalb der Verjährungsfrist, erstmals vorgeworfen, keine Bestandsaufnahme vorgenommen zu haben.
Zweck dieser Bestandsaufnahme ist es, unter Anderem, und in Zusammenschau mit anderen Aufzeichnungspflichten nach der Suchtgiftverordnung, sicher zu stellen, dass Suchtgifte, die an sich ein hohes Gefahrenpotential aufweisen, in möglichst sicherer und nachvollziehbarer Art und Weise weiter gegeben und verwendet werden. So soll bspw. ein nicht nachvollziehbares Verschwinden auch kleiner Mengen unterbunden werden. Durch möglichst lückenlose Aufzeichnungen kann eine hohe Nachvollziehbarkeit erreicht werden. Diese ist im Bereich des Suchtgiftes unumgänglich, da ansonsten einem allfälligen Missbrauch Vorschub geleistet würde und eine Hintanhaltung von Missbrauch mangels Rückverfolgbarkeit nur schwer möglich wäre. Zwar konnte im vorliegenden Fall der Verbleib der fehlenden Ampulle letztendlich glaubhaft dargestellt werden, jedoch bezwecken die zugrundeliegenden Normen eben gerade, dass Zweifel, wie im vorliegenden Fall, möglichst nicht auftreten.
Vor dem Hintergrund dieses Normzweckes kann der Begriff Bestandsaufnahme auch nur dahingehend ausgelegt werden, dass der Verantwortliche tatsächlich den Bestand aufnimmt, also im vorliegenden Fall die tatsächliche Anzahl der vorhandenen Einzeldosen durch Zählen erhebt.
Der Bf hat in seiner Aussage vor Gericht dargestellt, lediglich eine „überblicksmäßige Zählung“ vorgenommen zu haben. Dabei handelt es sich nach Ansicht des Gerichtes nicht um eine Bestandsaufnahme iSd zugrundeliegenden Norm. In seiner Beschwerde hat der Bf zudem vorgebracht, auf das interne Controlling und bei der Inventur auf das Suchtgiftbuch vertraut zu haben. Zweck einer, ohnehin nur jährlich, erforderlichen Bestandsaufnahme ist es aber gerade, allfällige Fehler in anderen Dokumentationsmedien aufzudecken. Darum sieht die Suchtgiftverordnung gerade vor, dass Diskrepanzen, die im Rahmen der Bestandsaufnahme auftauchen, (zusätzlich) in das Suchtgiftbuch einzutragen sind. Die Argumentation des Bf, es sei ihm im Hinblick auf das Rezept für die zweite Ampulle eine Unachtsamkeit unterlaufen, geht daher ins Leere, zumal die Verletzung der zweiten Handlungspflicht, also der Bestandsaufnahme und Dokumentation im Suchtgiftbuch (Vormerkbuch) gerade den Zweck hat, vorher eingetretene Mängel zu beseitigen bzw. aufzudecken. Hätte der Bf daher die Bestandsaufnahme durch Zählen der vorhandenen 15 Ampullen vorgenommen, wäre ihm die Differenz bereits wesentlich früher aufgefallen und wäre der Zweck der übertretenen Norm erfüllt gewesen. Dem Gericht ist bewusst, dass der Bf und andere Normunterworfene gerade im vorliegenden Bereich vielfältigen und komplexen gesetzlichen Regelungen unterworfen sind, die großen organisatorischen Aufwandes bedürfen. Dies darf jedoch gerade in Zusammenhang mit besonders gefährlichen Stoffen, wie Suchtgiften, von denen ein erhebliches Gefährdungspotential für die Gesellschaft ausgehen, nicht dazu führen, dass vom Gesetz zu deren Schutz vorgesehene Handlungen unterlassen werden. Der Bf hätte daher gerade in Zusammenhang mit Suchtgiften besondere Sorgfalt und Umsicht walten lassen müssen. Seiner Argumentation, es liege lediglich eine Unachtsamkeit aber kein schuldhaftes Verhalten vor, folgt das Gericht schon deshalb nicht, als zwar im Hinblick auf einen unvorhergesehenen Narkosezwischenfall stressbedingt Fehler (Vergessen) unterlaufen können, dies jedoch im Hinblick auf die nicht vorgenommene Bestandsaufnahme nicht von Relevanz ist. Diese wäre ja annähernd ein Jahr später und nicht anlassbezogen, sondern routinemäßig vorzunehmen gewesen. Auch geht das Gericht davon aus, dass ein Zählen der Ampullen, so wie vorgebracht, aufgrund ihrer Empfindlichkeit und Größe, nicht unzumutbar war. Vielmehr liegt dem Bf doch ein nicht unerhebliches Verschulden zur Last, wenn er 15 Ampullen eines Suchtgiftes, das durchaus nicht ungefährlich ist, nicht tatsächlich zählt, sondern lediglich überblicksmäßig betrachtet. Ein Berühren der Ampullen ist zum Zählen nicht erforderlich gewesen sondern hätte es gereicht, den Blick ausreichend lange auf den vorhandenen Vorrat zu richten.
Der Bf hat daher den strafbewehrten Tatbestand durch Unterlassen einer Bestandsaufnahme erfüllt.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
§ 5 Abs. 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehor-samsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 5).
Bei der Bestimmung des § 44 Abs 1 SMG handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG.
Zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung seines fahrlässigen Handelns hätte der Bf im Sinne der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzulegen gehabt, was für seine Entlastung spricht. Der Bf hat grundsätzlich den Verstoß gegen die Norm zugestanden und hat lediglich dargestellt, es handle sich dabei nicht um ein Verschulden sondern nur um ein Versehen. Dieser Ansicht konnte das Gericht aus oben dargestellten Gründen nicht folgen. Zudem reicht leichte Fahrlässigkeit für die Erfüllung des gesetzlichen Erfordernisses aus.
III.3. Zur Strafbemessung hinsichtlich des Spruchpunktes 2.:
Was die Strafhöhe betrifft, geht das Gericht davon aus, dass mit einer Geldstrafe iHv 200 Euro und einer Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Stunden das Auslangen gefunden werden kann.
Der Bf hat von allem Anfang an zugestanden, dass ihm Fehler unterlaufen sind. Er hat glaubhaft dargestellt und nachgewiesen, dass er zusätzliche Maßnahmen, etwa durch Schaffung einer neuen Zeile (Lagerstand) auf den Rezeptformularen, gesetzt hat, um die internen Abläufe in Zusammenhang mit der Suchtgiftgebahrung zu optimieren. Seine Reaktion ist umgehend erfolgt (Mail vom 11.5.2014 an die Amtstierärztin). Das Gericht konnte sich auch den persönlichen Eindruck verschaffen, dass sich der Bf bewusst ist, dass die Suchtgiftgebarung sehr ernst zu nehmen und ihm der Vorfall außerordentlich unangenehm ist.
Er hat sich sohin reumütig verantwortet und bemüht sich ernstlich, derartige Vorfälle in der Zukunft zu unterbinden.
Diese Umstände sind als Milderungsgründe iSd § 33 StGB zu werten.
Lediglich eine Ermahnung auszusprechen kam nicht in Betracht, da das Verschulden des Bf nicht nur gering war.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Pohl