LVwG-800049/2/Kl/Rd
Linz, 27.01.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde der T T F e S x, vertreten durch Frau A B, x, x, U, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. Jänner 2014, GZ: VerkGe96-6-1-2014, betreffend den Verfallsausspruch der vorläufigen Sicherheit wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der Verfallsbescheid aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. Jänner 2014, GZ: VerkGe96-6-1-2014, wurde über die Beschwerdeführerin T T F e S x, x, x, U, der Verfall der vorläufigen Sicherheit wegen einer Übertretung nach § 23 Abs. 1 Z 8 iVm § 9 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 1 Z 1 GütbefG in der Höhe von 1.453 Euro ausgesprochen.
Begründet wurde dies nach Zitierung der Bestimmung des § 37 Abs. 5 VStG damit, dass mangels eines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich die Strafverfolgung unmöglich bzw. wesentlich erschwert sei.
2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Bescheides beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für einen rechtsgültigen Verfall nicht vorliegen würden, zumal das seit 2008 in Kraft getretene EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz außer Acht gelassen worden sei. Ungarn sei diesem Rechtshilfeabkommen beigetreten. Die Tatsache, dass die Firmenadresse in U bestehe, mache an sich die Strafverfolgung noch nicht unmöglich und auch nicht wesentlich erschwert, insbesondere werde darauf hingewiesen, dass die Behörde eine Zustellung im Rahmen des behördlichen Strafverfolgungsverfahrens noch nicht einmal versucht habe. Die diesbezügliche Feststellung werde daher bekämpft und die Feststellung begehrt, dass eine postalische Zustellung an die ungarische Adresse der Fa. T T x jederzeit und ohne größeren Aufwand möglich sei. Würde man der Ansicht der erkennenden Behörde folgen, wäre automatisch bei jeder ausländischen Person oder bei jedem ausländischen Unternehmen eine Strafverfolgung unmöglich bzw. wesentlich erschwert, was zwangsweise zu dem unzulässigen Schluss führen würde, dass jede eingenommene Sicherheitsleistung rechtswirksam für verfallen erklärt werden könnte. Die Durchführung eines ordnungsgemäßen Strafverfolgungsverfahrens wäre somit obsolet und nicht mehr erforderlich.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt.
4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.
4.1. Gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn sich die Beschwerde gegen die rechtliche Beurteilung richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Weder von der Beschwerdeführerin noch von der belangten Behörde wurde eine Verhandlung beantragt.
5. Hierüber hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:
5.1. Gemäß § 37 Abs. 5 VStG ist die Sicherheit für verfallen zu erklären, sobald feststeht, dass die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nicht möglich ist. § 17 ist sinngemäß anzuwenden.
5.2. Die Beschwerdeführerin hat ihren Firmensitz in U und besteht kein Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn. Die Vertreterin der Beschwerdeführerin hat sich am gegenständlichen Verfahren - auch ohne Bestehen eines Rechtshilfeabkommens - durch Einbringung der Beschwerde beteiligt. Das Fehlen eines inländischen Wohnsitzes bzw. Firmensitzes allein rechtfertigt die Annahme der Entziehung der Strafverfolgung oder Strafvollstreckung nicht (vgl. VfSlg. 3154/1957, 7060/1973).
Der Verwaltungsgerichtshof stellte in seinem Erkenntnis vom 17.4.2009,
Zl. 2007/03/0714, klar, dass im Hinblick auf die Garantien des Art. 6 EMRK „ein Verfall schon nicht unter Berufung auf die Unmöglichkeit des Vollzuges einer allfällig zu verhängenden Strafe ausgesprochen werden darf“, wenn die Durchführung eines Strafverfahrens möglich ist. Ein ordentliches Strafverfahren
- mit Ausnahme des gegenständlichen Bescheides - wurde laut Aktenlage bislang noch nicht durchgeführt. Es konnte somit noch nicht festgestellt werden, dass die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nicht möglich ist (arg. „ ... sobald feststeht, ...“).
Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages ist erst ab dem Zeitpunkt der ersten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss des Strafvollzuges möglich (vgl. VwGH vom 22.2.1989, 88/03/0150).
Zu dem kommt noch, dass Ungarn mit dem Beitritt zur Europäischen Union dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (BGBl. III Nr. 65/2005) beigetreten ist und wurde der Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen umgesetzt.
Der Umstand, dass der Betretene (Unternehmen) den Firmensitz in U hat, rechtfertigt also für sich allein nicht (mehr) die Anwendung des § 37 Abs. 5 VStG.
Überdies wird die belangte Behörde noch darauf hingewiesen, dass die Rechtsgrundlage auch den § 24 GütbefG als lex specialis zu beinhalten hätte.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Verfallsbescheid an den Unternehmer (§ 23 Abs. 1 GütbefG) als Beschuldigten (im Strafverfahren) zu richten ist, eine Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten aber noch nicht gesetzt wurde.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Ilse Klempt