LVwG-750241/2/BP/JB
Linz, 21.01.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des F. P. F. L., geboren am x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W. P., xstraße x, R., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
13. September 2012, wegen Einziehung des Reisepasses und des Personalausweises nach dem Passgesetz
zu Recht e r k a n n t :
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
13. September 2012, GZ: 304-2/21, wurden gem. §§ 15 Abs. 1 i.V.m.
14 Abs. 1 Ziffer 3 lit. f und Ziffer 4 des Passgesetzes 1992 idgF der Reisepass
Nr. x und der Personalausweis Nr. x, entzogen. Gleichgehend wurde einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Begründend führte die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt ua. wie folgt aus:
2. Fall SMG;
T. O. übergaben, wofür Sie eine Entlohnung von EUR 10.000,00 erhielten;
EUR 1.000,00 Benzingeld erhielten;
EUR 75.000,00 (versteckt in zehn Zigarettenschachteln) übernahmen, nach Amsterdam/Holland brachten und dort vereinbarungsgemäß T. O. übergaben, wofür Sie eine Entlohnung von EUR 1.500,00 erhielten;
EUR 70,00 gewinnbringend zu verkaufen, was daran scheiterte, dass Sie am 12. Juni 2008 in Teneriffa/Spanien beim Schmuggel von 2,5 kg Heroin festgenommen wurden;
I.-Rumänien) habe ich die für mich einmalige Möglichkeit, nach meiner Haft wieder als Kranführer für Turmkräne zu arbeiten, wobei ich nach einer
1/2 jährigen Einarbeitungszeit in Rumänien in weiterer Folge in Russland zum Einsatz kommen werde. Daher würde ich meinem speziellen Fall der Passentzug nicht nur einem Reiseverbot gleichkommen, sondern auch einem Arbeitsverbot!
1. Juni 1999, ZI. 96/18/0473 und vom 21. September 1999, ZI. 99/18/0267, aber auch bereits die zum Passgesetz 1969 ergangene Judikatur, etwa das Erkenntnis vom
13. Jänner 1992, ZI. 91/19/0137).
2. Dagegen hat der Bf innerhalb offener Frist Berufung (die nunmehr als Beschwerde zu gelten hat) erhoben. Begründend führte der Bf wie folgt aus:
§ 14 besagt, unter welchen Voraussetzungen die Ausstellung, die Erweiterung und die Änderung eines Passes zu untersagen sind. Ich besitze einen gültigen Paß, sodass keiner der genannten Gründe auf michzutrifft. § 15 besagt, daß ein Paß, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als 5 Jahre abgelaufen ist, zu entziehen ist. Mein Paß besitzt noch eine Gültigkeitsdauer von 6 Jahren, sodaß auf mich auch dieser Paragraph keine Anwendung findet.
EU-Bürgern diskriminiert. So ein EU-Bürger in Österreich eine Straftat begeht, erhält es „nur“ Aufenthaltsverbot für Österreich für einen gewissen Zeitraum und kann sich sonst im Rest der Welt frei bewegen. Ich hingegen darf mich nur in Österreich aufhalten – unter massiven Einschränkungen meiner persönlichen und beruflichen Existenz. Ich beantrage daher eine Gleichstellung mit sämtlichen EU-Bürgern und daher ein befristetes Aufenthaltsverbotes für Österreich.
3.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 6. Mai 2013,
GZ: A2/42979/2012, wurde dem Bf auf Rechtsgrundlage des § 15 Abs. 1 i.V.m.
§ 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f und Z. 4 des Passgesetzes 1992 i.d.g.F.
1. der vom Magistrat Linz am 09.04.2008 ausgestellte und bis 08.04.2018 gültige österreichische Reisepass mit der Nummer x und
2. der vom Magistrat Linz am 09.04.2008 ausgestellte und bis 08.04.2018 gültige Personalausweis mit der Nummer x
entzogen.
3.2. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2014 wurde der oa. Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben und insbesondere ausgeführt, dass im vorliegenden Fall eine gerichtliche Entscheidung getroffen werden muss.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.
Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der relevante Sachverhalt - auch vom Bf unwidersprochen – feststand. Zudem verzichtete der nun mehr rechtsfreundlich vertretene Bf im Verfahren vor dem LVwG explizit auf die Durchführung einer Verhandlung, nachdem sich der Sachverhalt aus der Aktenlage klar ergebe.
5. Bei seiner Entscheidung geht das LVwG Oberösterreich von dem unter den Punkten I.1. und I.2. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.
Der relevante Sachverhalt ist unstrittig.
III.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
1. Gesetzliche Grundlagen:
Passgesetz 1992 idF BGBl. I Nr. 161/2013
§ 14
(1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Reisepasses sind zu versagen, wenn
[.....]
3. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um
[.....]
f) entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, oder
4. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch den Aufenthalt des Passwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
5. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Passwerber könnte als Mitglied einer kriminellen Organisation oder kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 278 bis 278b StGB durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden.
[.....]
(3) Liegen den in Abs. 1 Z 3 lit. b bis f und Z 4 und 5 angeführten Tatsachen gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach den §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben.
Passentziehung
§ 15
(1) Ein Reisepass dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, ist zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.
…
(5) Vollstreckbar entzogene Reisepässe sind der Passbehörde unverzüglich vorzulegen. Sie stellen keine gültigen Reisedokumente dar und sind von der Behörde zu entwerten.
§ 22
(2) Über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz entscheidet das Landesverwaltungsgericht.
Die einschlägigen Bestimmungen im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 BGBl. Nr. 51/1991 i.d.g.F. lauten:
§ 64
(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
Nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG stellen die Mitgliedstaaten ihren Staatsangehörigen gemäß ihren Rechtsvorschriften einen Personalausweis oder einen Reisepass aus, der ihre Staatsangehörigkeit angibt und verlängern diese Dokumente.
Artikel 4 Abs. 4 dieser Richtlinie sieht vor, dass der Reisepass zumindest für alle Mitgliedstaaten und die unmittelbar zwischen den Mitgliedstaaten liegenden Durchreiseländer gelten muss. Sehen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates keinen Personalausweis vor, so ist der Reisepass mit einer Gültigkeit von mindestens fünf Jahren auszustellen oder zu verlängern.
2. Rechtliche Erwägungen:
2.1. Gemäß § 15 Abs. 1 PassG ist ein Reisepass dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.
2.2. Zunächst ist festzuhalten, dass dem Bf im Jahr 2008 ein Reisepass mit Gültigkeit bis ins Jahr 2018 ausgestellt wurde, also die Gültigkeitsdauer nicht schon länger als fünf Jahre abgelaufen ist. Weiters ist anzuführen, dass
§ 15 PassG keine Dauer der Entziehung vorsieht, sondern den Entzug der Dokumente an das Vorliegen bestimmter Tatsachen knüpft. Im vorliegenden Fall können als solche Tatsachen die teils gravierenden strafrechtlichen Verfehlungen des Bf erkannt werden. Versagungsgründe bzw. hier anwendbar Entziehungsgründe sind in § 14 PassG normiert.
3.1. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B.: Erkenntnis vom 12. Dezember 2012, 2011/18/0244) hat § 14 Abs. 3 PassG 1992 infolge der dem Unionsrecht beizumessenden Vorrangwirkung unangewendet zu bleiben. Dabei hat sich der Verwaltungsgerichtshof sowohl auf die Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil EuGH 17. November 2011, C-340/10, Rs G.) als auch auf sein Erkenntnis vom 6. September 2012, 2009/18/0168, bezogen. Demnach stellt sich die Vorschrift des § 14 Abs. 3 PassG 1992, mit der eine gesetzliche Vermutung des Bestehens einer maßgeblichen Gefahr für eine im Vorhinein festgelegte Zeit angeordnet wird, ohne, dass eine Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles möglich ist, mit den unionsrechtlichen Vorgaben der RL 2004/38/EG, denen zufolge nicht schon für sich genommen der Umstand der strafrechtlichen Verurteilung die Einschränkung des aus dem Unionsrecht herrührenden Rechts auf Freizügigkeit zur Folge haben darf (Art. 27 Abs. 2), als nicht vereinbar dar.
Bei der Prüfung des in Rede stehenden Falles hat daher § 14 Abs. 3 PassG außer Betracht zu bleiben.
3.2. Zutreffend hat die belangte Behörde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Bezug genommen, wonach die Begehung eines nach § 28 SMG zu ahndenden Suchtmitteldeliktes die Versagung eines Reisepasses rechtfertigen kann.
Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in zahlreichen Erkenntnissen
(19. Juni 2012, 2009/18/0094, 6. September 2012, 2009/18/0168 und 2009/18/0159) ausgeführt, dass gemäß der Richtlinie 2004/38/EG und dem dazu ergangenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (kurz: EuGH) vom 17. November 2011, C-430/10, Rs G., die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit einschränken dürfen.
Der EuGH führt in Randnummer 40 des genannten Urteils weiter aus, aus Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG und der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes lasse sich entnehmen, dass eine das Recht auf Freizügigkeit beschränkende Maßnahme nur gerechtfertigt sein könne, wenn sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahre.
3.3. Unzweifelhaft bezweckt die angefochtene Entscheidung es dem Beschwerdeführer unmöglich zu machen, sich ins Ausland, also auch in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union, zu begeben und sich dort aufzuhalten. Somit hat diese Entscheidung aber auch zum Inhalt, das dem Bf, einem österreichischen Staatsbürger, der sohin auch als Unionsbürger anzusehen ist, das unionsrechtlich zustehende Recht auf Freizügigkeit, soweit es das Recht umfasst, sich in einen anderen Mitgliedstaat als seinen Herkunftsmitgliedstaat zu begeben, als auch das Recht, den Herkunftsmitgliedstaat zu verlassen, einzuschränken. Dies hat aber zur Folge, dass die diesbezüglich maßgeblichen Vorschriften der RL 2004/38/EG zu beachten sind (vgl. Randnr. 25 bis 27 des bereits genannten Urteils des EuGH C-430/10).
Der EuGH hat allerdings darauf hingewiesen, dass das Recht der Unionsbürger auf Freizügigkeit nicht uneingeschränkt besteht, sondern den im Vertrag und in den Bestimmungen zu seiner Durchführung vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen unterworfen werden darf. Nach Art. 27 Abs. 1 RL 2004/38/EG ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit der Unionsbürger oder ihrer Familienangehörigen nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken dürfen (vgl. Randnr. 29 und 30 Urteil C-430/10). Der EuGH stellt aber auch klar, dass der Begriff der öffentlichen Ordnung jedenfalls voraussetzt, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (Randnr. 33 Urteil C-430/10). Die Ausnahmen vom freien Personenverkehr, auf die sich ein Mitgliedstaat berufen kann, implizieren in diesem Rahmen, wie Art. 27 Abs. 2 RL 2004/38/EG zu entnehmen ist, insbesondere, dass Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nur gerechtfertigt sind, wenn für sie ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend ist, während vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen nicht zulässig sind. Strafrechtliche Verurteilungen allein können eine die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit beschränkende Maßnahme nicht ohne weiteres begründen (Randnr. 34 Urteil C-430/10; vgl. zum Ganzen auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 2012, 2009/18/0094).
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 17. November 2011 aber auch klargestellt, dass die beschränkende Maßnahme geeignet sein muss, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten und sie nicht über das hinausgehen darf, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. In den Ausführungen in Randnr. 40 dieses Urteils präzisiert der EuGH dies dahingehend, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss.
3.4. Im vorliegenden Fall bedarf es sohin, um dem Bf seine Reisedokumente zu entziehen, einer das Grundinteresse der Gesellschaft berührende tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr auf Grund der konkret beim Bf bestehenden Umstände, im Rahmen einer Einzelfallprüfung.
Es ist bei der Prognoseerstellung im Sinn des § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f PassG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht erforderlich, dass bei der Begehung bisheriger Straftaten der der Entziehung unterliegende Reisepass oder Personalausweis bereits verwendet worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 2010, Zl. 2007/18/0764).
Bei der Beurteilung, ob es zulässig ist, das unionsrechtlich zustehende Recht auf Freizügigkeit einzuschränken, ist daher zu prüfen, ob vom Bf im Zeitpunkt der Entscheidung eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr im Sinn der Vorgaben der RL 2004/38/EG ausgeht und diese Annahme auch für die Zukunft gerechtfertigt ist.
4.1. Es ist nun festzuhalten, dass der Bf aufgrund seiner Verurteilungen wegen
§ 28 SMG – also wegen internationalen Drogenhandels (dies in einem überaus beträchtlichen Umfang) - zunächst das Tatbild des § 14 Abs. 3 lit f erfüllt.
4.2. Grenzüberschreitender Drogenhandel mit Suchtgiftmengen von immensem Ausmaß, mit „harten“ und besonders gefährlichen Drogen wie ua. Kokain oder Heroin, ist fraglos geeignet ein Grundinteresse der Gesellschaft zu berühren und die öffentliche Ordnung und Sicherheit tatsächlich zu gefährden. An dieser Stelle kann auf die verheerenden Auswirkungen von Suchtmitteln für die Gesundheit von Menschen, insbesondere von Jugendlichen und die Verwerflichkeit des organisierten Drogenhandels verzichtet werden, da diese allgemein anerkannt sind.
4.3. In insgesamt 12 Angriffen verschob bzw. handelte der Bf teils große Mengen an Drogen. Er missbrauchte dabei seine (unionsrechtlich gewährte) Freizügigkeit, um etwa Drogenhandel in Staaten wie den Niederlanden, Deutschland, Spanien, Portugal oder Großbritannien auszuüben. Die Reichweite seiner Tätigkeit erstreckte sich aber auch sogar bis Südamerika. Angesichts dieser Verbrechen kann ihm eine Integration im internationalen Drogenhandel fraglos bescheinigt werden. Es versteht sich dabei von selbst, dass sein Reisedokument ihm die Durchführung der Reisebewegungen und somit der Verbrechen erst ermöglichte.
Im Sinne der oa. Judikatur muss also auch das Vorliegen der Erheblichkeit der Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie Gesundheit bejaht werden.
4.4. Im vorliegenden Fall ist insbesondere Bedacht auf die Gegenwärtigkeit der Gefährdung zu legen, da die den Verurteilungen zugrundeliegenden Straftaten bereits im Jahr 2008 begangen wurden. Dies könnte Anlass zu der Annahme geben, dass von einer gegenwärtigen Bedrohung aktuell nicht mehr auszugehen sei.
Dabei ist aber klar festzuhalten, dass der Bf bis Jänner 2014 in Haft war und somit die Zeitspanne des Wohlverhaltens in Freiheit mit einem Jahr begrenzt werden muss. Die von ihm relevierten Ansätze einer geänderten Gesinnung sind zwar sehr zu begrüßen; allerdings kann aktuell keinesfalls schon eine positive Prognose für das zukünftige Verhalten erstellt werden.
Der Bf blickt auf eine beeindruckende Serie an Straftaten zurück, die schon in den frühen 90er-Jahren des 20sten Jahrhunderts einsetzte. Es liegen immerhin 19 strafgerichtliche Verurteilungen vor, was grundsätzlich von einer massiv gefestigten kriminellen Energie ausgehen lässt. Zu bemerken ist auch, dass sich die Intensität der Straftaten kontinuierlich steigerte. Um von einer nachhaltig positiven Zukunftsprognose ausgehen zu können, wird es also eines mehrjährigen Wohlverhaltenszeitraumes bedürfen.
Der Bf hat zur Frage einer von ihm allfällig ausgehenden Gefahr, unter Missbrauch von Reisedokumenten Straftaten nach dem SMG zu begehen, darauf hingewiesen, nunmehr völlig geläutert zu sein, keinen Kontakt mehr zum organisierten Drogenhandel zu pflegen und sogar an der Aufklärung und Strafverfolgung in den bisherigen Verfahren mitgewirkt zu haben. Im Sinne einer einzelfallbezogenen Zukunftsprognose kann der geäußerten Läuterung jedenfalls noch nicht die Intensität zugemessen werden, wonach anzunehmen wäre, dass gegenwärtig der Rückfall in alte Verhaltensmuster ausgeschlossen werden kann.
Hingegen ist weiterhin von einer tatsächlichen, erheblichen und gegenwärtigen Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft am Schutz von Leben und Gesundheit, insbesondere von Jugendlichen, durch den Bf auszugehen.
4.5. Bei einer Verhältnismäßigkeitsprüfung müssen dahingehend die persönlichen Interessen des Bf an einer beruflichen Tätigkeit im Ausland hinter das hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten (vgl. oben) zurücktreten. Nach Verstreichen eines gewissen Zeitraums des Wohlverhaltens wird der neuerlichen Ausstellung von Reisedokumenten nichts mehr im Wege stehen.
5. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels kann aus Sicht des erkennenden Richters des Oö. LVwG nicht beanstandet werden, da durchaus die Gefahr nicht gebannt war, dass der Bf – wie in der Vergangenheit praktiziert – sein Reisedokument zur neuerlichen Verübung von Straftaten genutzt haben würde. Im Sinne des § 64 Abs. 2 AVG war sohin auch dieser Spruchpunkt zu bestätigen.
6. Es war daher im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree
Beachte: Revision anhängig