LVwG-700069/2/SR
Linz, 12.01.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Christian Stierschneider über den Vorlageantrag des A. W., aufhältig in W (lt ZMR keine aufrechte Anmeldung), gegen die Beschwerdevorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 15. Oktober 2014, GZ: Sich96-37-2014 wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Meldegesetz zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 7 Abs. 4 VwGVG und § 17 Abs. 3 ZustellG wird die Beschwerde (Vorlageantrag) als unbegründet abgewiesen. Die weiteren Anträge, die strafrechtliche und zivilrechtliche Ansprüche betreffen, und jene nach dem Meldegesetz werden als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gemäß § 52 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding (im Folgenden: belangte Behörde) vom 7. Juli 2014, GZ: Sich96-37-2014-As, wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) schuldig erkannt, es nach Aufgabe seiner Unterkunft am 9. Juli 2013 unterlassen zu haben, sich binnen der gesetzlichen Frist von 3 Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abzumelden und wurde mit 40 Euro (18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft.
Begründend führt die belangte Behörde nach Darstellung der einschlägigen Bestimmungen des Meldegesetzes wie folgt aus:
2. Entsprechend der Zustellverfügung versuchte das Postzustellorgan das Straferkenntnis dem Bf an der angeführten Adresse, an der jedenfalls der Sohn und die Gattin des Bf wohnen, zuzustellen. Da er den Bf nicht angetroffen hat, hat er die Verständigungsanzeige über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments in jenen der beiden vorhandenen Hausbriefkästen eingeworfen, der kein Namensschild aufgewiesen hat. Auf Grund seiner bisherigen Erfahrungen wusste der Zusteller, dass dieser vom Bf bzw. seiner Frau geleert wird.
3. Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2014 teilte der Bf der belangten Behörde mit, dass die Zusendung des behördlichen Dokuments [Straferkenntnis] nicht an seine Meldeadresse in K. erfolgt sei, daher werde er auch das hinterlegte Dokument nicht abholen. Sein Hauptwohnsitz sei in K. dieser wurde und werde nicht aufgegeben. Die Verständigungsanzeige wurde in Kopie dem Schreiben beigelegt.
4.1. Auf Grund der Mahnung vom 2. September 2014 hat der Bf mit Fax vom
3. September 2014 (Fax-Kennung: 03-SEP-14 19:57 W. xxxx [laut Herold.at: Telefonnummer des Bf an der Adresse X – siehe Auszüge ONr1 und 10 des Vorlageaktes]) um Übermittlung des Schreibens vom 7. Juli 2014 ersucht.
4.2. Mit Schriftsatz vom 16. September 2014 (zeitgleich persönlich eingebracht bei der belangten Behörde) erhob der Bf „Einspruch“ gegen die Mahnung vom 2. September 2014. Im Schreiben wies er darauf hin, dass er das Straferkenntnis „auf Umwegen durch funktionierende Briefträger mit Menschenverstand am 12. September 2014“ erhalten habe, obwohl dieses „vorsätzlich gezielt falsch adressiert“ worden war.
Ohne weitere Begründung erhob der Bf in diesem Schriftsatz Beschwerde gegen das vorliegende Straferkenntnis.
4.3. Am 8. Oktober 2014 beantragte der Bf die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers.
5. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2014, GZ: Sich96-37-2014, hat die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung getroffen und die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.
Begründend führte diese wie folgt aus:
6. Gegen die am 10. November 2014 zugestellte Beschwerdevorentscheidung hat der Bf innerhalb offener Frist einen Vorlageantrag eingebracht und ergänzend eine Beschwerdeschrift beigelegt. Darüber hinaus hat er zahlreiche Anträge gestellt, die sich im Wesentlichen auf die Rückübereignung des bezeichneten Erbhofes und auf Geldforderungen (ca. 30 Millionen Euro) beziehen.
Nach Ausführungen zum Anerbenrecht nahm der Bf im Vorlageantrag auf die seiner Ansicht nach noch offene (beiliegende) Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 7. Juli 2014 und die „vorsätzlich rechtswidrig gezielte falsche Adressierung“ diverser behördlicher Schriftsätze Bezug.
Demnach sei am 9. Juli 2014 im „Eigentümer Briefkasten“ eine Verständigung über eine Hinterlegung eines behördlichen Dokuments hinterlassen worden. Diese habe sich auf ein Straferkenntnis, das mit der falschen Anschrift versehen war, bezogen. Der Briefträger habe davon [falsche Adressierung] keine Kenntnis gehabt. In Kenntnis der Hinterlegung informierte der Bf die belangte Behörde und teilte dieser mit, dass er sich an der genannten Adresse nicht aufhalte.
In der Beschwerdeschrift hält der Bf fest, dass er auf Umwegen durch funktionierende Briefträger mit gesundem Menschenverstand das Straferkenntnis vom 7. Juli 2014 am 12. September 2014 erhalten habe.
Der Hauptwohnsitz in K. wurde und werde nicht aufgegeben. Somit habe er keine Rechtsvorschriften verletzt.
Im vorliegenden Fall handle es sich um „eine vorsätzlich illegale verbotene zwangsweise Räumung des unwiderruflich angestammten rechtskräftig ersessenen Erbhofes“. Eine Unmöglichkeit der Rückkehr bestehe niemals und diese werde immer angestrebt. Da das Wohnrecht niemals aufgegeben worden sei, werde weiterhin die Absicht bekundet, dieses wieder aufzunehmen.
Nach weitergehenden Ausführungen zur „angestammten Wohnadresse“ stellt der Bf zahlreiche Anträge, die – seinen Angaben folgend – zur Gänze strafrechtliche Ansprüche beinhalten. Abschließend stellt der Bf wiederum diverse Anträge, die neben überwiegend zivilrechtlichen auch melderechtliche Aspekte beinhalten.
7. Mit Schreiben vom 26. November 2014, eingelangt am 15. Dezember 2014, übermittelte die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Akt samt Aktenverzeichnis zur Entscheidung.
II.
1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat daraufhin Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (siehe § 44 Abs. 4 VwGVG).
2. Gem. § 2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in der verfahrensgegenständlichen Sache durch seinen Einzelrichter zu entscheiden.
3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht im Wesentlichen von dem unter Pkt. I.1 bis I.6. dargestellten Sachverhalt aus.
Ergänzend ist festzustellen, dass der Bf seit seiner Delogierung am 9. Juli 2013 nicht mehr an der Adresse K. wohnhaft ist und diese somit keine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes darstellt.
Jedenfalls zum Zeitpunkt der Hinterlegung des angefochtenen Straferkenntnisses war die in diesem angeführte Adresse als Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes anzusehen.
4. Unstrittig ist, dass der Bf am 9. Juli 2013 delogiert worden ist und er seit diesem Zeitpunkt seine Wohnbedürfnisse an der Adresse K. nicht mehr befriedigen kann und dort auch nicht mehr aufhältig ist. Daran ändert auch nichts, dass er gewillt ist, an dieser Adresse wieder Unterkunft zu nehmen und sich tagsüber am Nachbargrundstück (K.) aufhält. Seit der Delogierung ist dem Bf der Zutritt zur Liegenschaft und ein Betreten des „Erbhofes“ weder gestattet noch tatsächlich möglich (Austausch der Schlösser). Ebenso ist unbestritten, dass der Bf über keine aufrechte Anmeldung im Bundesgebiet verfügt.
Auch wenn der Bf vehement bestreitet, in W. x Straße, aufhältig zu sein, belegen zahlreiche Indizien das Gegenteil.
An der zuletzt genannten Adresse sind der Sohn des Bf, seine Schwiegertochter und seine Gattin wohnhaft und auch gemeldet. Der Bf wird im Telefonbuch (www.herold.at) mit der Telefonnummer x, Adresse W. xStraße geführt (siehe Auszug unter ONr 1).
Der Lokalaugenschein am 15. Mai 2014 ergab, dass am Grundstück K. kein Fahrzeug abgestellt war. Mehrere Fahrzeuge wurden jedoch am Nachbargrundstück K. vorgefunden. Im Zuge des Augenscheins gab eine Nachbarin an, dass sich der Bf beinahe täglich am Grundstück K. aufhalte, sich die Post nachschicken lasse und in W. wohne und schlafe. Bestätigung findet diese Aussage auch in den Angaben des Sohnes des Bf, der bei einem der zahlreichen Zustellversuche durch die Polizei vor dem Haus in W. angetroffen wurde und dabei diesen gegenüber angegeben hatte, dass sich sein Vater „tagsüber in K. aufhalte“ (siehe Aktenvermerk vom 11. November 2014 ONr 18).
In der Stellungnahme vom 28. Mai 2014 räumt der Bf ein, dass der Erbhof in K. seit der Delogierung unbewohnt ist, leer stehe und nicht bewirtschaftet werde. Eine Abmeldung erfolge dennoch nicht.
Für eine Abgabestelle in W. spricht weiters, dass der Bf von der Hinterlegungsanzeige am 9. Juli 2014 Kenntnis erlangte und dies der belangten Behörde auch unverzüglich mitgeteilt hat. Daran ändert auch nichts, dass der Bf nicht gewillt ist, Postsendungen an dieser Abgabestelle in Empfang zu nehmen, Nachsendeaufträge erteilt, einen anonymen Briefkasten an der Abgabestelle befestigt und der belangten Behörde vorzuschreiben versucht, an einer Adresse zuzustellen, bei der es sich nachweislich um keine Abgabestelle handelt.
Auch die Übermittlung des Schreibens vom 3. September 2014 (Bezugnahme auf das behördliche Mahnschreiben; Ersuchen um „sofortige Zusendung“ des Straferkenntnisses) mittels Fax von seiner Anschlussnummer x
(W. x Straße) lässt eindeutige Rückschlüsse auf die Abgabestelle zu.
Abstellend auf diese Indizien ist nachvollziehbar davon auszugehen, dass zumindest zum Hinterlegungszeitpunkt die Adresse „W. x Straße“ als Abgabestelle des Bf anzusehen war. Wie sich aus der Aktenlage ergibt, hatte auch der Postzusteller beim Zustellversuch und der anschließenden Hinterlegung keinen Zweifel daran.
III.
1.1. Nach § 2 Abs. 4 ZustellG ist unter Abgabestelle die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein von einem Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort zu verstehen.
Gemäß § 17 Abs. 1 ZustellG ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zu Annahme hat, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
2. Wie aus den Sachverhaltsfeststellungen und der Beweiswürdigung zu erkennen ist, stellt die Wohnung im Haus W. x Straße, zumindest eine sonstige Unterkunft des Bf und somit eine Abgabestelle dar.
In der Hinterlegungsanzeige vom 9. Juli 2014 hat der Zusteller festgehalten, dass das Dokument ab 10. Juli 2014 behoben werden kann (Beginn der Abholfrist) und bis zum 28. Juli 2014 beim Gemeindeamt W. zur Abholung bereitgehalten wird.
Auch wenn sich der Bf weigert, diese Unterkunft als Abgabeort im Sinnes des Zustellgesetzes zu akzeptieren und alle möglichen Vorkehren trifft, um diese nicht als solchen erscheinen zu lassen, hatte der Zusteller zum Hinterlegungszeitpunkt keinen Grund zur Annahme, dass sich der Bf nicht regelmäßig an dieser Abgabestelle aufhält.
Den Feststellungen ist darüber hinaus zu entnehmen, dass der Bf Kenntnis von der Zustellung erlangt und auf Grund der Hinterlegungsanzeige die belangte Behörde innerhalb von ein paar Tagen kontaktiert hat. Die Mitteilung, die hinterlegte Sendung keinesfalls zu beheben, da er die Zustelladresse nicht als Abgabestelle betrachte, ändert nichts an der rechtskonformen Zustellung.
Das der Entscheidung zugrundeliegende Straferkenntnis gilt daher mit
10. Juli 2014 als zugestellt.
Da der Bf bis zum 7. August 2014 kein Rechtsmittel erhoben hat, ist das Straferkenntnis nach Ablauf dieses Tages in Rechtskraft erwachsen.
Die Beschwerde vom 16. September 2014 ist somit verspätet eingebracht worden. Zu Recht hat die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.
3. Der Vorlageantrag war spruchgemäß abzuweisen.
4. Die weitergehenden Anträge, die strafrechtliche und zivilrechtliche Ansprüche und das Meldegesetz betreffen, waren spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.
IV.
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde bzw. der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Stierschneider
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VfGH vom 12. Juni 2015, Zl.: E 445/2015-4