LVwG-150081/56/MK/GD
Linz, 27.01.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde der L, vertreten durch ANWALTGMBH R, gegen den Bescheid des Stadtsenats der Landeshauptstadt Linz vom 19.08.2013, Gz: PPO-RM-Bau-130025-08, wegen Nichterteilung der Baubewilligung
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid, Gz: PPO-RM-Bau-130025-08 aufgehoben.
II. Aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der am 19.01.2015 durchgeführten Bauverhandlung, wird der L GmbH, nach Maßgabe der nachstehenden Projektsunterlagen
· Baubeschreibung vom 06.09.2012;
· Energieausweis für Wohngebäude vom 03.09.2012;
· Einreichplan vom 03.09.2014, Grundriss/Lageplan, PlanNr. 43/200, M=1:100/1:500, erstellt von Arch. DI G P;
· Einreichplan vom 03.09.2014, Ansichten/Schnitte, PlanNr. 43/201, M=1:100/1:500, erstellt von Arch. DI G P;
sowie nach Maßgabe der nachstehenden Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen und Auflagen) die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnblocks mit 12 Wohnungen und einer Tiefgarage für insgesamt 8 PKW Stellplätzen und 4 Freiabstellplätzen auf dem Grundstück Nr. x EZ x, KG K, gemäß § 35 Abs.1 Oö. BauO 1994 erteilt.
Nebenbestimmungen:
Aus bautechnischer Sicht
1) Für das gegenständliche Bauvorhaben sind 12 Stellplätze für Kraftfahrzeuge (ohne Berücksichtigung einer Nachsicht), herzustellen, zu kennzeichnen und ausschließlich den Bewohnern, Benützern und Besuchern dieser baulichen Anlage zur Verfügung zu stellen.
Davon ist ein Stellplatz für behinderte Menschen nach der ÖNORM B 1600 auszuführen.
2) Für das gegenständliche Bauvorhaben sind 23 Stellplätze für Fahrräder herzustellen und mit geeigneten Vorrichtungen für die standsichere Abstellung der Fahrräder auszustatten.
3) Garagentore, Schranken und ähnliche die Zufahrt nur zeitweilig freigebende Einrichtungen, sind zur Sicherstellung einer ungehinderten Zufahrtsmöglichkeit mit besonderen technischen Vorkehrungen, wie z.B. einer funkgesteuerten automatischen Öffnungsanlage, zu versehen.
4) Die Lüftung der Tiefgaragenschleuse ist entsprechend ÖNORM H 6003 Ausgabe 2012 auszuführen.
5) Für sämtliche tragende Bauteile ist die statische Berechnung vom Bauführer oder einer anderen gesetzlich dazu befugten Person vor Baubeginn zu erstellen. Diese Berechnungen sind auf Verlangen der Baubehörde vorzulegen.
6) Zur statischen Überwachung der Bauausführung ist eine besondere, mit dem Bauführer nicht idente sachverständige Person, die dem Magistrat Linz – Anlagen- und Bauamt vor Baubeginn namhaft zu machen ist, beizuziehen.
7) Der Baugrund ist von einer gesetzlich dazu befugten Person oder einer autorisierten Bodenprüfstelle auf seine Tragfähigkeit zu untersuchen. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist bei der Erstellung der statischen Berechnung und bei der Ausführung der Fundierung zu berücksichtigen.
8) Die in der Beschreibung und dem Bauplan bezeichneten Feuerschutzabschlüsse haben der ÖNORM B 3850 (Ausg 2006.01), B 3852 (Ausg 2006.05) und B 3860 (Ausg 2006.12) zu entsprechen.
Feuer-, Rauch- und Brandschutzabschlüsse müssen eine normgemäße Kennzeichnung in Form einer Prägung, eines Schildes oder einer Plakette aufweisen.
9) Feststellanlagen von Feuerschutz- und Rauchschutzabschlüssen sind nur dann zulässig, wenn bei Auftreten von Rauch ein selbsttätiges Schließen dieser Abschlüsse gewährleistet ist. Diese Feststellanlagen müssen der Technischen Richtlinie TRVB B 148 (Ausgabe 1984) entsprechen. Überprüfungen gemäß Pkt. 5 der zitierten Richtlinie sind durchzuführen.
10) Ab einer Absturzhöhe von 60 cm sind der OIB-Richtlinie 4 entsprechende Absturzsicherungen anzubringen.
11) Die Wände von Installationsschächten in Treppenhäusern sowie in Gängen, sofern diese nicht mindestens mit Türen in E 30 - C gegenüber dem Treppenhaus abgetrennt sind, sind bei Leitungsführungen mit Brandlast als Trennwände entsprechend Tabelle 1b der OIB-Richtlinie 2 herzustellen. Abschottungen sowie Verschlüsse von Revisionsöffnungen müssen mindestens die gleiche Feuerwiderstandsdauer wie die Schachtwand aufweisen.
12) Die Wände von Installationsschächten außerhalb von Treppenhäusern sind bei Leitungsführungen mit Brandlast als Trennwände entsprechend Tabelle 1b der OIB-Richtlinie 2 herzustellen oder es sind die Schächte im Bereich der Geschoßdecken abzuschotten. Abschottungen sowie Verschlüsse von Revisionsöffnungen müssen mindestens die gleiche Feuerwiderstandsdauer wie die Schachtwand bzw. wie die Decke aufweisen.
13) Zur Überwachung der schallschutztechnischen Bauausführung ist eine besondere, mit dem Bauführer nicht idente sachverständige Person, die dem Magistrat Linz – Anlagen- und Bauamt vor Baubeginn namhaft zu machen ist, beizuziehen.
14) Der Baufertigstellungsanzeige ist anzuschließen:
a) die vom jeweiligen Bauführer oder von der jeweiligen besonderen sachverständigen Person ausgestellte Bestätigung (Befund) über die bewilligungsgemäße und fachtechnische Ausführung des Bauvorhabens;
b) der Schlussbericht der besonderen sachverständigen Person, die zur statischen Überwachung der Ausführung des Bauvorhabens beigezogen wurde, in dem diese die erforderliche Standsicherheit und Festigkeit des Bauwerkes bestätigt;
c) der Schlussbericht der besonderen sachverständigen Person, die zur Überwachung der Ausführung des Bauvorhabens in schallschutztechnischer Hinsicht beigezogen wurde, in dem bestätigt wird, dass bei der Bauausführung den Anforderungen entsprechend den Bestimmungen des § 5 der Oö. Bautechnikverordnung entsprochen wurde; auf Verlangen ist ein messtechnischer Nachweis vorzulegen.
Aus maschinen- und elektrotechnischer Sicht
15) Das Gebäude ist mit einer Blitzschutzanlage gemäß ÖVE ÖNORM EN 62305 Teil 3, Ausgabe 1.1.2008 auszustatten. Die ausgeführte Blitzschutzklasse muss mindestens der Tabelle in Beilage 2 zur angeführten Norm entsprechen.
16) Die Fluchtwege der Garage sind in ihrem gesamten Verlauf bis ins Freie entsprechend ÖNORM E 8002 mit einer Not- bzw. Sicherheitsbeleuchtung auszustatten, die sich bei Ausfall des Netzstromes selbsttätig einschaltet und eine Betriebsdauer von mindestens einer Stunde sicherstellt. Die Beleuchtungsstärke darf den Wert von 1 Lux, gemessen in 0,2 m Höhe über der Mittellinie der Fluchtwege, nicht unterschreiten.
17) Kraftbetriebene Tore, Türen und Schrankenanlagen sind vor ihrer erstmaligen Inbetriebnahme, nach wesentlichen Änderungen oder größeren Instandsetzungen wiederkehrend, mindestens jedoch einmal jährlich, auf den ordnungsgemäßen Zustand zu überprüfen (Abnahmeprüfung und wiederkehrende Überprüfungen).
Die Abnahmeprüfung ist von einem Ziviltechniker des dafür in Betracht kommenden Fachgebietes, staatlich autorisierten Prüfstellen oder technischen Büros durchführen zu lassen. Die wiederkehrenden Überprüfungen können auch von sonstigen berechtigten Personen durchgeführt werden, wobei alle 4 Jahre die wiederkehrende Prüfung von dem Personenkreis durchzuführen ist, der auch zur Abnahmeprüfung berechtigt ist.
18) Der Baufertigstellungsanzeige ist anzuschließen:
a) ein Blitzschutzprüfprotokoll inkl. Blitzschutzplan ausgestellt von einer Blitzschutzfachfirma. Die ausgeführte Blitzschutzklasse ist anzugeben.
b) Das Abnahmeprüfprotokoll mit festem Benutzerkreis und bei Garagen bis 1.000m² Nutzfläche, eines Elektrofachunternehmens betreffend Fluchtwegorientierungsbeleuchtung mit Messprotokoll und Grundrissplan (mit eingetragenen Messpunkten und Leuchten), dass diese entsprechend TRVB E102 ausgeführt wurde.
c) Das Prüfbuch in Kopie inkl. Abnahmeprüfprotokoll für kraftbetriebene Türen bzw. Tore und Schrankenanlagen. Sofern kraftbetriebene Türen im Verlauf von Rettungs- bzw. Fluchtwegen errichtet werden, ist ein Nachweis über die Eignung zum Einbau im Verlauf von Rettungs- bzw. Fluchtwegen vorzulegen. Die angrenzenden Gebäude werden auf Anregung der Bauwerberin hinsichtlich statischer Auswirkungen beweisgesichert.
Aus brandschutztechnischer Sicht
19. Zur „Ersten Löschhilfe“ sind im Objekt nach ÖNORM EN 3 i.d.g.F. zugelassene tragbare Feuerlöscher bereitzustellen und griffbereit zu montieren. Art, Größe, Anzahl und Anbringstellen der tragbaren Feuerlöscher sind gem. der Technischen Richtlinie „Erste und Erweiterte Löschhilfe“ TRVB F 124 i.d.g.F., herausgegeben vom österr. Bundesfeuerwehrverband und den österr. Brandverhütungsstellen festzulegen. Die tragbaren Feuerlöscher sind alle zwei Jahre, durch einen gewerberechtlich befugten Fachkundigen überprüfen und in Stand halten zu lassen.
20. Bei den Brandbekämpfungseinrichtungen und, soweit ein Aufzug vorhanden, auch in der Aufzugskabine sind Hinweiszeichen nach ÖNORM F 2030 i.d.g.F. betreffend "Verhalten im Brandfall" deutlich sichtbar und in dauerhafter Weise anzubringen.
21. Die Standorte von Brandmelde- und Brandbekämpfungseinrichtungen sowie die Schalter diverser Sicherheitseinrichtungen sind mittels Hinweiszeichen gemäß, ÖNORM F 2030 i.d.g.F. deutlich und in dauerhafter Ausführung zu kennzeichnen.
22. Verkehrswege, Fluchtwege, Ausgänge, Notausgänge oder -abstiege sind dauernd in ihrer vollen Breite frei und unversperrt zu halten. Weiters sind Fluchtwege aus der Garage mittels Hinweiszeichen gemäß ÖNORM Z 1000, Teil 2 i.d.g.F. deutlich und in dauerhafter Ausführung zu kennzeichnen.
23. Im Verlauf von Fluchtwegen (Stiegen, Gänge, Ausgänge) dürfen keine Lagerungen vorgenommen werden.
24. Sämtliche Installationsdurchbrüche in Brand- und Unterbrandabschnitten/Schächten sind brandbeständig S 90 (feuerbeständig EI 90) abzuschotten. Von der ausführenden Firma ist dies durch ein Installationsattest zu bestätigen. Diese Bestätigung ist dem Magistrat Linz, Anlagen- u. Bauamt vorzulegen.
25. Vor den Zugängen zu brandgefährdeten Räumen sowie in diesen Räumen ist durch deutlich sichtbar angebrachte Verbotszeichen auf „Feuer, offenes Licht und Rauchen verboten“ hinzuweisen. Die Verbotszeichen haben in ihrer Ausführung der ÖNORM Z 1000, Teil 2 i.d.g.F. zu entsprechen.
26. An den Zugangstüren der technischen Räume ist die Zweckwidmung durch gut lesbare und dauerhafte Aufschriften ersichtlich zu machen.
27. Bei Brandschutz- und Rauchabschlüssen sind Feststellanlagen zulässig, wenn bei Auftreten von Rauch ein selbsttätiges Schließen dieser Abschlüsse gewährleistet ist. Die Feststellanlagen müssen der Technischen Richtlinie „Feststellanlagen für Brandschutz- und Rauchabschlüsse“ TRVB B 148 i.d.g.F., herausgegeben vom österr. Bundesfeuerwehrverband und den österr. Brandverhütungsstellen, entsprechen. Die Überprüfungen gemäß Pkt. 5 der zitierten Richtlinie sind regelmäßig durchzuführen.
28. Bei brandgefährdeten Arbeiten (z.B.: Schweißen, Schneiden, Löten) ist den ausführenden Firmen besondere Vorsicht aufzuerlegen. Brennbare Materialien sind aus der Umgebung von Feuerarbeiten zu entfernen. Deckendurchbrüche sind mit nicht brennbaren Stoffen abzudichten. Nach Durchführung der Arbeiten sind oftmalige Kontrollen an der Arbeitsstelle und in deren Umgebung vorzunehmen.
29. Die Technische Richtlinie „Brandschutz auf Baustellen“ TRVB A 149 i.d.g.F., herausgegeben vom österr. Bundesfeuerwehrverband und den österr. Brandverhütungsstellen, ist hinsichtlich des erforderlichen Brandschutzes auf der Baustelle zu beachten und einzuhalten.
Hinweis
Auf den Bestand des Naturdenkmals gem. Bescheid des Amtes der Oö. Landesregierung, N-200779/4-1999, Grundstück Nr. x, KG K ist Rücksicht zu nehmen.
III. Kosten
Verwaltungsabgaben sind von der Baubehörde zu berechnen und vorzuschreiben.
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Gang des Verfahrens:
I.1. Mit Antrag vom 06.09.2012, eingelangt bei der Baubehörde am 06.09.2012, suchte die L GmbH, (in der Folge: Bf) um Baubewilligung gemäß § 24 Oö. BauO 1994 an.
I.2. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz als Baubehörde erster Instanz wies den Antrag mit Bescheid vom 14.03.2013 (GZ: 0039346/2012 ABA Süd), zugestellt am 18.03.2013, ab. Begründend wurde ausgeführt, dass das beantragte Bauvorhaben der Bestimmung des § 3 Z5 Oö. BauTG in der anzuwendenden Fassung widerspreche, „nach § 3 Z5 müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der so geplant und errichtet werden, dass das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört wird.“
Laut Baubehörde erster Instanz, die die gesetzliche Bestimmung unvollständig zitierte, sei aufgrund des Erscheinungsbildes des geplanten Neubaus ein negativer Einfluss auf die Umgebung und somit eine Störung des Ortsbildes zu erwarten.
I.3. Mit Berufung vom 26.03.2013 wurde beantragt den Bescheid der erstinstanzlichen Behörde ersatzlos aufzuheben, einen neuen Bauverhandlungstermin anzuberaumen, einen Ortsaugenschein durchzuführen und eine Zeugin einzuvernehmen.
Begründend wurde ausgeführt, dass der bekämpfte Bescheid auf einem rechtswidrigen, unschlüssigen, unvollständigem und nicht objektiv überprüfbarem Gutachten basiere. Eine Störung des Ortsbildes sei mangels vorliegenden Ortsbildes nicht zu erwarten. Das Gutachten sei in sich widersprüchlich und keine taugliche Entscheidungsgrundlage.
I.4. Mit Berufungsbescheid vom 19.08.2013, GZ: PPO-RM-Bau-130025-08 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid unverändert bestätigt. Die ausführliche Begründung wurde zusammengefasst mit der Feststellung, dass das Einreichprojekt (zumindest) im Widerspruch zu § 3 Z6 2. Alternative Oö. BauTG stehe, weshalb die auf § 30 Abs.6 Z2 Oö. BauO 1994 gestützte Abweisung des Baubewilligungsantrages ohne Durchführung einer Bauverhandlung im Ergebnis zu Recht erfolgt sei.
I.5. Am 06.09.2013 wurde das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben und beantragt die Baubewilligung zu erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der belangten Behörde aufzutragen unter Abstandnahme des Verstoßes gegen § 3 Z6 2. Alternative Oö. BauTG iVm § 30 Abs.6 Z2 Oö. BauO den gegenständlichen Antrag auf Baubewilligung zu genehmigen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Bf ein Recht auf die Erforschung der materiellen Wahrheit unter Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens und Recht auf eine schlüssige, nachvollziehbare und überprüfbare Bescheidbegründung basierend auf einem schlüssigen fachgerecht erstellten Gutachten habe. Ein Gegengutachten des Architekten DI Dr. H S wurde vorgelegt.
I.6. Die Vorstellung wurde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 02.01.2014 vorgelegt.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bestellte Herrn DI K F zum nichtamtlichen Sachverständigen und führte betreffend der Frage der Allgemeinen Erfordernisse von baulichen Anlagen am 26.08.2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs.1 VwGVG durch. Die von der Bf im Anschluss an die mündliche Verhandlung vorgelegten Austauschpläne wurden den Parteien zur Kenntnis gebracht. Die Parteien des gegenständlichen Verfahrens erhoben ausdrücklich keine Einwände gegen die Austauschpläne im Lichte des § 3 Z6 Oö. BauTG.
Am 19.01.2015 führte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine öffentliche mündliche Bauverhandlung entsprechend § 24 Abs.1 VwGVG iVm § 32 Oö. BauO 1994 durch.
III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:
III.1. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:
Nach der Übergangsbestimmung des Art. 151 Abs.51 Z8 B-VG in der Fassung der am 01.1.2014 in Kraft getretenen Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 ist diese Vorstellung mit Wirkung vom 02.01.2014 (ON 1 des verwaltungsgerichtlichen Aktes) an das mit dieser Novelle neu geschaffene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen. Diese Vorstellung ist daher als Beschwerde im Sinne des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) zu behandeln.
Gemäß § 24 Abs.1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Nach § 29 Abs.4 VwGVG ist den Parteien eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen.
III.2. In der Sache:
Landesgesetz vom 5. Mai 1994 über die Planung und Ausführung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen (Oö. Bautechnikgesetz - Oö. BauTG), LGBl.Nr. 67/1994 in der Fassung LGBl.Nr. 68/2011:
„§ 3 – Allgemeine Erfordernisse
Bauliche Anlagen müssen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden, dass […]
5. das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört wird; dabei ist auf naturschutzrechtlich geschützte Gebiete, Naturdenkmäler, andere bemerkenswerte Naturgebilde und Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer und kultureller Bedeutung Bedacht zu nehmen; |
6. sie sich in die Umgebung einwandfrei einfügen; Baumassen und Bauteile müssen harmonisch aufeinander abgestimmt werden; Fassaden und Dachformen, Baustoffe, Bauteile und Bauarten, Verputz und Farbgebung dürfen nicht verunstaltend wirken.“ Landesgesetz vom 5. Mai 1994, mit dem eine Bauordnung für Oberösterreich erlassen wird (Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994), LGBl.Nr. 66/1994 in der Fassung LGBl.Nr. 36/2008: |
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„§ 32 – Bauverhandlung
(1) Wird der Antrag nicht gemäß § 30 zurückgewiesen oder abgewiesen, hat die Baubehörde über jeden Baubewilligungsantrag nach § 28 eine mit einem Augenschein an Ort und Stelle zu verbindende mündliche Verhandlung (Bauverhandlung) gemäß den §§ 40 ff AVG durchzuführen, der mindestens ein Bausachverständiger beizuziehen ist. Zur Bauverhandlung sind jedenfalls die Parteien (insbesondere der Bauwerber und die Nachbarn einschließlich jener Miteigentümer, die im Sinn des § 31 Abs.2 als Nachbarn gelten) sowie die zuständige Straßenverwaltung, der Planverfasser und der Bauführer, wenn er bereits bestimmt ist, zu laden. Die Ladung kann auch für bekannte Beteiligte durch Anschlag der Kundmachung in den betroffenen Häusern an einer den Hausbewohnern zugänglichen Stelle (Hausflur) erfolgen, wobei diese Ladung dieselben Rechtswirkungen wie die persönliche Verständigung entfaltet; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Die Kundmachung im Internet unter der Adresse der Baubehörde gilt als geeignete Kundmachungsform im Sinn des § 42 Abs.1 AVG.
(2) Soweit es sich nicht um Wohngebäude handelt, ist bei Bauvorhaben nach § 24 Abs.1 Z1 bis 3 auch die Oö. Umweltanwaltschaft als Partei (§ 5 Abs.1 Oö. Umweltschutzgesetz 1996) zur Bauverhandlung zu laden. Entfällt die Bauverhandlung (Abs.7), ist die Oö. Umweltanwaltschaft als Partei vom Baubewilligungsantrag vor Erteilung der Baubewilligung zu verständigen und zur Abgabe einer Stellungnahme binnen angemessener Frist aufzufordern.
(3) Im Baubewilligungsverfahren für bestimmte Bauvorhaben hat die Baubehörde die Bezirksverwaltungsbehörde als Naturschutzbehörde zu beteiligen und von der Bauverhandlung rechtzeitig in Kenntnis zu setzen. Diesbezüglich gilt § 48 Abs.2 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001.
(4) Bei der Bauverhandlung ist das Bauvorhaben eingehend zu erörtern und auf seine Übereinstimmung mit den maßgebenden Vorschriften zu überprüfen. Die Baubehörde hat den Bauplan, der der Bauverhandlung zugrunde gelegen ist, zu kennzeichnen.
(5) Werden von Nachbarn Einwendungen erhoben, hat der Verhandlungsleiter dahin zu wirken, dass erkennbar wird, ob es sich hiebei um privatrechtliche oder um öffentlich-rechtliche Einwendungen handelt. Werden in subjektiven Rechten begründete privatrechtliche Einwendungen erhoben, die zwingenden, von der Baubehörde anzuwendenden Bestimmungen nicht widersprechen, so hat der Verhandlungsleiter einen Vergleichsversuch vorzunehmen. Allfällige Einigungen über derartige privatrechtliche Einwendungen sind in der Verhandlungsschrift zu beurkunden.
(6) Bedarf ein Bauvorhaben auch nach anderen gesetzlichen Bestimmungen einer Bewilligung, ist die Bauverhandlung nach Möglichkeit gleichzeitig mit den anderen Verhandlungen vorzunehmen.
(7) Die Bauverhandlung entfällt, wenn das Bauvorhaben nach § 35 plangemäß zu bewilligen ist und die Nachbarn durch ihre Unterschrift auf dem Bauplan erklärt haben, gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen zu erheben. Kann die Baubewilligung nur unter Auflagen und Bedingungen erteilt werden, entfällt die Bauverhandlung nur dann, wenn durch die Auflagen und Bedingungen subjektive Nachbarrechte im Sinn des § 31 Abs.4 bis 6 nicht nachteilig berührt werden. Entfällt die Bauverhandlung, verlieren die Nachbarn mit Erlassung des Baubewilligungsbescheids ihre Stellung als Partei.“
IV. Erwägungen:
A. Verhandlung betreffend die Frage der Allgemeinen Erfordernisse von baulichen Anlagen am 26.08.2014
IV.1. Zu Beginn der Verhandlung wurde der Akteninhalt zusammenfassend dargestellt bzw. festgestellt, dass der Akteninhalt allen Verfahrensparteien bekannt ist. In der Sache wurde seitens des Vertreters der belangten Behörde ausgeführt, dass sich die rechtliche Auseinandersetzung auf die Diskussion des
§ 3 Z6 Oö. BauTG beschränke.
Bezüglich der fachlichen Beurteilung des von der antragstellenden Partei vorgelegten Privatgutachtens von Architekt Dipl.-Ing. Dr. H S enthaltenen Gestaltungsvariante wurde wie folgt ausgeführt: Im Hinblick auf den im Privatgutachten vorgelegten Gestaltungsentwurf, den offenen Laubengang in dieser Form nicht auszubilden, sondern durch eine nach außen hin geschlossene Fläche (gegebenenfalls strukturiert durch Fenster oder im Zusammenhang mit den dahinter liegenden Wohnräumen erforderlichen Öffnungen) zu ersetzen, werde dieser Gestaltungsvariante grundsätzlich zugestimmt.
Es verbleibe hingegen der ebenfalls bereits im Behördenverfahren ausgeführte zweite fachliche Kritikpunkt, nämlich jener der gestalterisch unverhältnismäßigen Anordnung der Dachgaupen, die zu einem unharmonischen Erscheinungsbild führten und im Sinne des Betrachters eine Störwirkung entfalten könnten. Dieser zweite Punkt bleibe – was die Kritik am eingereichten Projekt betrifft – unverändert aufrecht.
Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch unter Zugrundelegung des im Privatgutachten dargestellten abgeänderten Gestaltungsentwurfes zu beurteilen bliebe, wie letztendlich die Fassade des Gebäudes gestaltet werden solle. Die diesbezüglichen Intentionen seien zur Zeit unbekannt.
Ergänzend wurde vorgebracht, dass die beiden im jeweiligen äußeren Bereich des Gebäudes situierten Erker grundsätzlich der Vergrößerung der Nutzfläche dienten und nicht als gestalterisches Element qualifiziert würden. Sie würden darüber hinaus den Richtwert von 10 % der Fassade überschreiten.
Im Anschluss daran hat der Vertreter der antragstellenden Partei ausgeführt wie folgt: Auf Grund der Formulierung der Übergangsbestimmungen zum Oö. BauTG 2013 sei die neue Rechtslage anwendbar. Auf der Grundlage dieser in Geltung befindlichen gesetzlichen Bestimmungen sei die alte Rechtslage bloß auf Sachverhalte anzuwenden, die sich bereits „ereignet“ haben, was bedeuten würde, dass das Gebäude bereits errichtet hätte werden müssen. Sie finde hingegen keine Anwendung auf zukünftige Projekte. Das ergebe sich aus der expliziten Formulierung des Gesetzes, dass sich ein Sachverhalt „ereignet hat“. Seitens der antragstellenden Partei sei daher beabsichtigt, an den Sachverständigen auch explizit die Frage zu stellen, ob die neue Gestaltungsvariante den dann beachtlichen (neuen) gesetzlichen Bestimmungen entspräche.
Bezüglich der Gestaltung des eingereichten Wohnobjektes werde auf die Ausführungen im Gutachten des Architekten H S verwiesen.
Aus Sicht des erkennenden Gerichtes wurde festgehalten, dass im Zusammenhang mit den angesprochenen fachlichen Diskussionspunkten zuerst auf die Neugestaltung der offenen Laubengänge Bedacht zu nehmen sei.
Angesprochen auf eine mögliche grundsätzliche Gestaltungsart dieser nun wegfallenden offenen Laubengänge wurde seitens der belangten Behörde ausgeführt, dass diese in diesem Stadium und ohne entsprechende Pläne vorliegen zu haben, nur schwierig möglich sei. Es wurde dabei auch darauf verwiesen, dass diese Fassadengestaltung nicht losgelöst von der Situierung bzw. Gestaltung der außen liegenden Erker betrachtet werden könne.
Seitens der antragstellenden Partei wurde dazu festgehalten, dass die Verglasung der Laubengänge ohne weiteres möglich sei. Auch die Gestaltung der Erker könne dahingehend abgeändert werden, dass diese „kleiner“ ausgebildet werden, da die Gewinnung von zusätzlichem Wohnraum nicht primäres Element der Gestaltung war, sondern die in dieser Form eingereichten Erker lediglich als gestalterisches Element einer in diesem Bereich bewusst modern (d.h. im Vergleich zur umgebenden Bausubstanz auch anders gestalteten) Fassade gedacht seien.
Seitens des herbeigezogenen Sachverständigen wurde dazu ausgeführt, dass die Aufschließung der Wohnräume über einen straßenseitig gelegenen Laubengang nachvollziehbar und betreffend die Wohnqualität naheliegend positiv betrachtet werden könne. Hinsichtlich der Gestaltung dieser nun wegfallenden offenen Laubengänge könne einer Verglasung dieser Öffnungen ebenfalls zugestimmt werden, da diese flächenbildend wirken würde und zudem interessante Beleuchtungsvarianten im Sinne der Gestaltung der Fassade eröffnen könne.
Bezüglich der Erker sei festzuhalten, dass eine prozentmäßige Größengestaltung von Erkern, was die Begriffsbestimmung dieses Bauelements betrifft, nicht bekannt sei, dass einer Verkleinerung dieser Bauelemente aber im Hinblick auf die Fassadengestaltung und die Schaffung einer optischen Gebäudestruktur auch beigepflichtet werden könne.
Was die mögliche Neugestaltung der zukünftigen Fassade betrifft, wurde seitens der belangten Behörde ausgeführt, dass einer Verglasung der Laubengänge grundsätzlich nicht negativ gegenüber gestanden werde. Es bliebe aber – ebenso wie die Neugestaltung der Erker, die sich jedenfalls als Verkleinerung dieses Bauelements präsentieren müsse – eine Frage der konkreten Darstellung in Ausführungsplänen, die erst die dann beabsichtigte neue Gestaltung im Detail beurteilen lasse.
Seitens der antragstellenden Partei wurde zugesichert, diese planliche Darstellung der neuen Gestaltungsvariante vorzulegen.
Dieser Vorgangsweise wurde auch seitens des gerichtlich beigezogenen Sachverständigen zugestimmt.
Nach Abschluss der Diskussion zu den Laubengängen wurde vom erkennenden Gericht der zweite Kritikpunkt der Dachgestaltung aufgegriffen:
Vom Vertreter der belangten Behörde wurde ergänzend zum einleitenden Vorbringen festgehalten, dass die Dachfläche im Verhältnis zur Gesamtfassadenfläche überrepräsentativ groß erscheine. Bezüglich der Gestaltung der Gaupen sei festzuhalten, dass sich diese – unabhängig von der vom Planersteller gewählten Gestaltungsvariante (es wäre auch ein zurückgesetztes Geschoß denkbar gewesen) – so darstellten, dass die oberhalb liegenden Gaupen größer seien als die darunter liegenden.
Seitens der antragstellenden Partei wurde dazu festgehalten, dass es sich bei den beiden unterhalb der Dachkonstruktion liegenden Geschoße um 9 Wohneinheiten mit standardisierter Grundrissausprägung handle, die darüber befindlichen 3 Wohneinheiten im Bereich der Dachkonstruktion ihre Gestaltungselemente aber aus anderen Überlegungen bezögen bzw. sich die nun dargestellten eingereichten Dachgestaltungselemente aus eben diesen gesonderten Überlegungen ergäben.
Ergänzend dazu wurde ausgeführt, dass gerade hofseitig auf die Einsehbarkeit und der darauf ausgebildeten Gestaltungselemente der betroffenen Dachflächen Bedacht genommen wurde. Daraus resultiere die gehäufte Anordnung von Gaupen im Bereich des Gebäudeanschlusses zum nördlich angrenzenden Gebäude.
Seitens des beigezogenen Sachverständigen wurde festgehalten, dass bezüglich der straßenseitigen Dachfläche dem Vorbringen der belangten Behörde, welches die Verhältnismäßigkeit der Flächen zueinander betrifft, nicht beigepflichtet werden könne. Hinsichtlich der Gestaltung der Dachgaupen hofseitig, werde allerdings bemerkt, dass sich die Anordnung der Fenster in den Gaupen unabhängig von der Anordnung der Gaupen an sich außerhalb der Linien der Fensterkanten der beiden unteren Geschoße darstelle und sich daraus eine unruhige Wirkung der Fassade ergäbe bzw. aufgrund der derzeitigen Gestaltung eine Diskrepanz zwischen der Gestaltung der beiden unteren Geschoße und jeder Geschoße im Bereich der Dachkonstruktion gegeben sei.
Dazu wurde seitens der antragstellenden Partei festgehalten, dass eine Verschiebung der Gaupen bzw. der Fenster in den Gaupen bei den zwei „großen“ Gaupen, es handle sich dabei um die ganz rechts bzw. die von rechts aus gesehen 3. Gaupe, im Sinne der Harmonisierung mit den Fensterkanten der Untergeschoße ohne weiteres bewerkstelligen lasse. Die ganz linke Gaupe befinde sich bereits oberhalb der Fensterkanten der beiden unteren Geschoße. Die von links aus gesehene 2. Gaupe könne ebenfalls so verschoben werden, dass sie mit den Fensterkanten der unteren Geschoße in Einklang zu bringen sei. Bezüglich der von rechts aus gesehen 2. Gaupe bedürfe die Verschiebung dieser Gaupe einer geringfügigen Änderung des Raumkonzeptes. Diese Veränderung sei aber grundsätzlich denkbar und möglich.
Seitens der belangten Behörde wurde zur Gestaltung der Gaupen bzw. Fensterflächen ausgeführt, dass diese nicht zwangsläufig unmittelbar darüber (im Sinne einer Turmwirkung) liegen müssen, sondern die Gestaltung, was die Gesamtfassade betrifft ein System bzw. ein dahinterstehendes erkennbares Konzept aufzuweisen habe.
Es wurde auch darauf hingewiesen, dass der Gestaltung der Gaupen als „scharf geschnittene Gaupen“ im Vergleich zur nunmehr dargestellten Form als „geschleppte Gaupen“ der Vorzug zu geben sei.
Seitens der antragstellenden Partei konnte diesem Konzept zugestimmt werden.
Auch seitens des beigezogenen Sachverständigen waren diese Vorgangsweise und die damit verbundene gestalterische Wirkung nachvollziehbar und konnte dem beigepflichtet werden. Selbstverständlich waren auch diese Darstellungen und Gestaltungen in einem Detailplan auszuführen.
Seitens der belangten Behörde wurde einer Neugestaltung im Sinne der oben festgehaltenen Kriterien grundsätzlich zugestimmt. Vorbehalten wurde jedenfalls die Beurteilung konkreter Detailpläne.
Seitens der antragstellenden Partei wurde ebenso wie seitens der belangten Behörde der nunmehr skizzierten Vorgangsweise zugestimmt, d.h. dass Detailpläne im Zeitraum von 4 Wochen vorzulegen waren.
Zur weiteren verfahrenstechnischen und -rechtlichen Vorgangsweise wurde seitens des Verwaltungsgerichts Oberösterreich festgehalten, dass es sich bei den Abänderungen in der nunmehr skizzierten Form um keine wesentlichen Änderungen des Verfahrensgegenstandes handle. Die vorzulegenden Unterlagen (Ausführungspläne) würden unter Wahrung des Parteiengehörs einer fachlichen Beurteilung zugeführt werden.
Vom Vertreter der belangten Behörde wurde im Fall der Zustimmung zu den vorgelegten Detailplänen einer Sachentscheidung durch das Verwaltungsgericht nicht widersprochen.
IV.2. Die rechtzeitig vorgelegten Austauschpläne wurden den Parteien und dem Sachverständigen zur Kenntnis gebracht. Das Gutachten des beeideten Sachverständigen lautete hinsichtlich der geänderten Darstellung des Entwurfes:
„ 1. Die großflächige und transparente Glashülle vor der - vormals offen dargestellten - Laubengangerschließung an der Westfassade stellt sich jetzt einerseits als Ergänzung bzw. Schließung der Fassade, aber auch durch die Wahl der Verglasung als eine moderne und interessante Lösung dar, welche, wie bereits bei der mündlichen Verhandlung am 26.08.2014 erwähnt, bei Tage und aber auch bei Dunkelheit oder Dämmerung durch eine zeitweise künstliche Beleuchtung der Laubengänge Transluzenz und somit die von der Stadtplanung L vermissten Adressierung gegenüber dem öffentlichen Raum bewirken kann. Aus Sicht des unterfertigten SV ist jedoch die Wahl der Farben und Materialien bei der Glasfassade und ihren Anschlüssen zur Hauptfassade sehr wichtig und dies kann in diesem Planungsstadium (Einreichung) noch nicht ausreichend dargestellt werden.
2. Die jetzt dargestellte Veränderung bzw. Verschmälerung und vor allem das Abrücken von den jeweiligen Gebäudeenden der Erker an der Westfassade ist, wie bereits bei der mündlichen Verhandlung am 26.08.2014 erwähnt, nicht zuletzt auch in Zusammenhang mit der Adaptierung der vormals geschleppten Gaupen als positiv zu betrachten.
3. Die Verschiebungen im Gaupenbereich an der Ostfassade sind ebenfalls nicht zuletzt auch in Zusammenhang mit der Adaptierung der vormals geschleppten Gaupen ebenfalls als positiv zu betrachten, diese Adaptierung dient auch einer Beruhigung des Fassadenbildes.
4. Das von Seiten der Stadtplanung L bemängelte Verhältnis der Fassadenfläche zur Dachfläche (Ostfassade) ist aufgrund der jetzt dargestellten Änderungen, wie eine durchgehende geschlossene Glasfassade und die proportionale und formale Adaptierung der Erker an die ebenfalls geänderten Gaupen als positiv zu betrachten, da dies auch hier einer Beruhigung der Fassade dient. Der unterfertigte SV merkt jedoch hier an, dass dieses Missverhältnis auch vorher schon aus seiner Sicht nicht gegeben war, da, wie vor allem am - bei der Verhandlung vom 26.08.2014 präsentierten - Modell des Bauvorhabens erkennbar, ein normaler- oder Durchschnittsbetrachter das Gebäude nicht lotrecht sondern nur perspektivisch wahrnehmen kann.“
Zur Frage der Erfüllung der Anforderungen des § 3 Oö. BauTG (alt und neu) führt der Sachverständige folgendermaßen aus:
„1. Der unterfertigte SV schließt sich bezüglich der Orts- und/oder Landschaftsbildverträglichkeit des geplanten Bauvorhabens, um welche es ja letztlich, egal bei welcher Gesetzeslage (alt und neu!) geht, grundsätzlich und vollinhaltlich den im Ortsbildgutachten des Arch. Dipl. Ing. H S unter Punkt 3) Befundung 1) bis 4) angeführten gutachterlichen Erläuterungen an. Dies gilt auch vor allem für die unter Punkt 4) Resümee angeführten Punkte. Die jetzt dargestellten Änderungen in den Austauschplänen entsprechen den in der Verhandlung v. 26.08.2014 besprochenen Punkten und somit das Bauvorhaben in der jetzt dargestellten Form dem § 3 Oö. BauTG (alt und neu!).
2. Aus der seit 2013 gültigen Formulierung des § 3 Z3 (LGBI. 35/2013) ist außerdem ersichtlich, dass die im Berufungsbescheid als zwei Unterfälle bezeichneten Kriterien des § 3 Z6 (bezgl. harmonischer Abstimmung und verunstaltender Wirkung, welche für die Abweisung der Berufung maßgeblich waren) nun nicht mehr aufscheinen und jetzt Bezugnahme auf „die charakteristischen gestalterischen Merkmale des geplanten Bauwerks auf die Gestaltungscharakteristik bzw. Struktur des Baubestands und die Charakteristik der Umgebung" genommen wird, um die für die Beurteilung des Ort- und Landschaftsbilds maßgeblichen Parameter klarer vorzugeben.
3. Nicht schlüssig erscheint dem unterfertigten SV auch, dass die Abweisung in erster Instanz im Bescheid v. 14.03.2013 ausschließlich mit dem Kriterium der Störung des Orts- und Landschaftsbildes gem. § 3 Z5 begründet wird, im Berufungsbescheid v. 19.08.2014 jedoch dies wieder aufgehoben und die neuerliche Abweisung dann letztlich ausschließlich mit dem Kriterium der harmonischen Abstimmung von Baumassen und Bauteilen gemäß § 3 Z6 begründet wird, was jedoch in erster Instanz im Bescheid gar nicht angeführt wurde.“
IV.3. Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass sich die gegenständliche rechtliche Auseinandersetzung auf die Diskussion des § 3 Z6 Oö. BauTG beschränkt.
Gemäß § 3 Z6 Oö. BauTG müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden, dass sie sich in die Umgebung einwandfrei einfügen; Baumassen und Bauteile müssen harmonisch aufeinander abgestimmt werden; Fassaden und Dachformen, Baustoffe, Bauteile und Bauarten, Verputz und Farbgebung dürfen nicht verunstaltend wirken.
Nach dem vorliegenden Gutachten des Sachverständigen, gegen welches von der belangten Behörde ausdrücklich keine Einwände erhoben wurden, ist das von Seiten der belangten Behörde bemängelte Verhältnis der Fassadenfläche zur Dachfläche (Ostfassade) aufgrund der jetzt dargestellten Änderungen, wie eine durchgehende geschlossene Glasfassade und der proportionalen und formalen Adaptierung der Erker an die ebenfalls geänderten Gaupen als positiv zu betrachten, da dies auch einer Beruhigung der Fassade dient. Laut Sachverständigem war das beanstandete Missverhältnis aus seiner Sicht auch vorher schon nicht gegeben, da, wie vor allem am - bei der Verhandlung vom 26.08.2014 präsentierten - Modell des Bauvorhabens erkennbar, ein normaler- oder Durchschnittsbetrachter das Gebäude nicht lotrecht sondern nur perspektivisch wahrnehmen könne.
Die belangte Behörde hat den Sachverständigen als auch die vorgelegten Austauschpläne schriftlich akzeptiert.
Der Sachverständige erhob die Tatsachen durch einen Ortsaugenschein und Aktenstudium in nachvollziehbarer Weise ausreichend und setzte sich in seinem Gutachten mit dem vom Gericht vorgegebenen Beweisthema auseinander. Die im Sachverhalt aufscheinenden Themen wurden für das erkennende Gericht in ausreichender und nachvollziehbarer Weise ermittelt. Es blieben keine Fragen offen. Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung und im Gutachten vorgebrachten Stellungnahmen erschienen dem Gericht schlüssig und logisch nachvollziehbar.
IV.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kommt aufgrund des vorgelegten Gutachtens und der durchgeführten mündlichen Verhandlung zu dem Schluss, dass das Bauvorhaben in der vorgelegten abgeänderten Form (Austauschpläne Plannr. 43/200 und 43/201 vom 28.08.2013) nun dem § 3 Z6 Oö. BauTG entspricht.
B. Öffentliche, mündliche Bauverhandlung am 19.01.2015
IV.5. Am 19.01.2015 wurde eine öffentliche, mündliche Bauverhandlung entsprechend § 32 Oö. BauO 1994 abgehalten. Die Niederschrift der Bauverhandlung vom 19.01.2015, GZ: LVwG-150081/54/MK/KA bildet einen Bestandteil dieses Erkenntnis.
IV.6. Aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der am 19.01.2015 durchgeführten öffentlichen, mündlichen Bauverhandlung, steht fest, dass das gegenständliche Bauvorhaben entsprechend
- dem bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen und als solchen gekennzeichneten Bauplan des Arch. DI G P vom 03.09.2014, PlanNrn. 43/200 und 43/201 und
- unter Einhaltung der Bedingungen und Auflagen der Niederschrift vom 19.01.2015, LVwG-150081/54/MK/KA
den baurechtlichen Vorschriften entspricht.
V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass das Bauvorhaben auf Grundlage des Bauplans des Arch. DI G P vom 03.09.2014, PlanNrn. 43/200 und 43/201 und unter Einhaltung der Bedingungen und Auflagen der Niederschrift vom 19.01.2015, LVwG-150081/54/MK/KA den baurechtlichen Vorschriften entspricht. Die Baubewilligung war zu erteilen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Markus Kitzberger