LVwG-100023/5/VG – LVwG-100024/3/VG
Linz, 05.12.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde 1. der K H und 2. der B F, beide vertreten durch Mag. T B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 24. Jänner 2014, Zl. BauR01-10-2010, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe in einer Bauangelegenheit,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 24. Jänner 2014, Zl. BauR01-10-2010 ersatzlos aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang, Sachverhalt
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Zwettl/Rodl vom 2. Mai 2006, Zl. Bau-403-19/13-3/06, wurde den damaligen Eigentümern der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft Grst. Nr. .x, EZ x der KG Z, ein auf § 48 Oö. BauO 1994 gestützter baupolizeilicher Auftrag erteilt, da der auf der gegenständlichen Liegenschaft befindliche Wirtschaftstrakt durch Schneedruck beschädigt worden war. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Der Spruch dieses Bescheides lautet – soweit hier noch relevant – wie folgt:
„1. Der Baubehörde ist binnen 4 Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides ein Sanierungskonzept, erstellt von einem befugten Bauführer, vorzulegen.
2. Sollte der Wirtschaftstrakt unter Denkmalschutz stehen, so ist das Bundesdenkmalamt rasches möglichst zu verständigen und in die Erstellung des Sanierungskonzeptes miteinzubeziehen.
3. […]
4. Bei der Sanierung ist auf das Erfordernis von Schneefängen und Regenrinnen und die Errichtung einer Feuermauer anstelle der Holzwand entlang der Nachbargrenze zu achten.“
Mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 hielt der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung (in der Folge: belangte Behörde) den Beschwerdeführerinnen als nunmehrige Eigentümerinnen der gegenständlichen Liegenschaft vor, den 4. Auflagepunkt des Bescheides vom 2. Mai 2006, Zl. Bau-403-19/13-3/06, nicht eingehalten zu haben, der wie folgt lautet:
„4. Bei der Sanierung des Daches sind Schneefänge und Regenrinnen anzubringen. Entllang der Nachbargrenze ist eine Feuermauer zu errichten.“
Für den Fall, dass die Beschwerdeführerinnen dieser Verpflichtung nicht binnen zwei Monaten ab Zustellung des Schreibens nachkommen wurde eine Geldstrafe in Höhe von 300,00 Euro angedroht.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. Jänner 2014 wurde über die Beschwerdeführerinnen die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von 300,00 Euro verhängt. Begründend führte die belangte Behörde – soweit hier noch relevant –zunächst aus, dass den Auflagen des Bescheides vom 2. Mai 2006 grundsätzlich nachgekommen und das Gebäude saniert worden sei. Die Errichtung der Feuermauer entlang der Grundgrenze sei jedoch noch nicht erfolgt. Es stehe unbestritten fest, dass mit Bescheid vom 2. Mai 2006 von der Baubehörde Baugebrechen gemäß § 48 Oö. BauO 1994 festgestellt worden seien. Weiters sei davon auszugehen, dass die Baubehörde bei den Vorschreibungen § 48 Abs. 5 leg. cit. angewendet habe, wonach bei einem Instandsetzungsauftrag die nach baurechtlichen Vorschriften erforderlichen Auflagen und Bedingungen vorzuschreiben seien. Zu diesen baurechtlichen Vorschriften zähle insbesondere das Oö. Bautechnikgesetz, in welchem sich nähere technische Regelungen fänden. Diese Norm, sowie die Oö. Bautechnikverordnung, würden allgemeine Erfordernisse an baulichen Anlagen – insbesondere auch hinsichtlich des Brandschutzes und der Errichtung von Feuermauern – regeln. Wenn nun die Baubehörde die Vorlage eines Sanierungskonzeptes und die Berücksichtigung der Errichtung einer Feuermauer im Zuge der Sanierung vorschreibe, so werde demnach auf technische Richtlinien und Normen verwiesen, was nach der Rechtsansicht des VwGH dem Konkretisierungsgebot entspreche (VwGH 24.3.1998, 97/05/0003). Die ausreichende Bestimmtheit der Auflage müsse auch deshalb angenommen werden, da die Baubehörde für die Umsetzung der Maßnahmen die Vorlage eines Sanierungskonzeptes sowie die Zuziehung von Fachleuten des Bundesdenkmalamtes gefordert habe, denen der Inhalt der Auflage objektiv eindeutig erkennbar gewesen sein müsse (VwGH 25.6.2001, 2000/07/0012). Unabhängig davon sei aber durch die Zitierung in der Androhung, dass entlang der Nachbargrenze eine Feuermauer zu errichten sei, dem Konkretisierungsgebot entsprochen worden. Die Tatsache, dass das gegenständliche Objekt unter Denkmalschutz stehe, sei durch die Annahme einer unvertretbaren Leistung und die Erzwingung dieser Leistung durch eine Vollstreckung gemäß § 5 VVG berücksichtigt worden. Dies müsse immer dann angenommen werden, wenn für die aufgetragenen Vollstreckungsmaßnahmen die Einholung einer Genehmigung von anderen Behörden erforderlich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde mit dem Antrag, den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung aufzuheben bzw. der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Mit Schreiben vom 26. März 2014 übermittelte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen Lichtbilder in Kopie und brachte dazu ergänzend vor, dass inzwischen der Liegenschaftsnachbar eine Feuermauer entlang der Mauer/Holzwand errichtet habe, womit die Forderung der Behörde durch einen Dritten erfüllt worden sei. Jedenfalls sei nunmehr aufgrund der errichteten Mauer mangels Platz und Zugang zur eigenen Mauer die Errichtung einer Feuermauer durch die Beschwerdeführerinnen tatsächlich unmöglich.
II. Beweiswürdigung
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt, Einholung eines aktuellen Grundbuchsauszuges und Einsicht in das ergänzende Schreiben der Beschwerdeführerinnen vom 26. März 2014. Daraus ergibt sich der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und Sachverhalt.
III. Maßgebliche Rechtslage
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Die hier maßgeblichen Rechtsvorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013, lauten auszugsweise:
„b) Zwangsstrafen
§ 5. (1) Die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen läßt, wird dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.
(2) Die Vollstreckung hat mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.
[…]
Verfahren
§ 10. (1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.
(2) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung hat keine aufschiebende Wirkung.“
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
Die Beschwerdeführerinnen erachten den angefochtenen Bescheid unter anderem deshalb für rechtswidrig, weil der hier gegenständliche 4. Auflagepunkt des Titelbescheides vom 2. Mai 2006 betreffend die Errichtung einer Feuermauer nicht ausreichend bestimmt sei. Zudem fehle es an der für baubehördliche Aufträge notwendigen Erfüllungsfrist. Die Problematik zeige sich bereits daran, dass die belangte Behörde den 4. Auflagepunkt im Rahmen der Aufforderung bzw. auch der Zwangsstrafenverhängung habe umformulieren müssen, weil sich bereits aus dem tatsächlichen Wortlaut dieses Auflagepunktes ergebe, dass dieser nicht ausreichend konkretisiert und nicht vollstreckbar sei. Die Vollstreckungsverfügung stimme daher an sich schon nicht mit dem zu vollstreckenden Bescheid überein. Ausgehend vom gesamten Spruch des Titelbescheides sei es so, dass im 1. Spruchpunkt eine entsprechende Frist zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes aufgetragen worden sei. Für die gesamte Sanierung sei keine Frist gesetzt worden, sodass kein rechtlich relevanter zeitlicher Horizont für die Sanierung im Bescheid vorhanden sei. Es fehle dem angefochtenen Bescheid daher die Grundlage, nämlich ein nicht fristgerecht erfüllter Auftrag. Der zugrunde liegende Titelbescheid spreche auch keine konkretisierte grundsätzliche Sanierungspflicht aus, sodass nicht einmal die grundsätzliche Sanierung auf Basis des zugrundeliegenden Bescheides durchsetzbar wäre, was noch viel mehr auf die angebliche „Verpflichtung“, „im Rahmen der Sanierung auf die Errichtung einer Feuermauer anstelle der Holzwand entlang der Nachbargrenze zu achten“, zutreffe.
Mit diesen Ausführungen sind die Beschwerdeführerinnen im Ergebnis im Recht. Die belangte Behörde ging unter Heranziehung von (im Titelbescheid nicht genannten) baurechtlichen Vorschriften und unter Hinweis auf höchstgerichtliche Judikatur davon aus, dass der in Rede stehende Teil des 4. Auflagepunktes betreffend die Errichtung einer Feuermauer ausreichend bestimmt ist. Dabei übersieht sie aber, dass Voraussetzung für eine Vollstreckung nach den Bestimmungen des VVG ist, dass ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, E 3a. zu § 10 VVG zitierte Judikatur des VwGH sowie jüngst VwGH 21.11.2012, 2008/07/0235, mwN). Im gegenständlichen Fall wurde – worauf die Beschwerdeführerinnen zu Recht hinweisen – nach dem Wortlaut des eingangs zitierten 4. Auflagepunktes des Titelbescheides den damaligen Eigentümern in Bezug auf die Feuermauer lediglich aufgetragen, bei der Sanierung auf die Errichtung einer Feuermauer anstelle der Holzwand entlang der Nachbargrenze zu achten. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wurde mit der gewählten Formulierung (arg.: „achten“) keine verbindliche Anordnung getroffen. Dies im Übrigen auch deshalb, weil jedenfalls für den 4. Auflagepunkt betreffend die Errichtung einer Feuermauer im Titelbescheid keine Erfüllungsfrist festgesetzt wurde. Daraus folgt, dass im gegenständlichen Fall kein entsprechender Titelbescheid vorliegt und die Vollstreckung daher unzulässig war. Im konkreten Fall hat die belangte Behörde im Vollstreckungsverfahren durch Umformulierung der Auflage den Beschwerdeführerinnen gegenüber dem Titelbescheid im Ergebnis erstmals eine Verpflichtung auferlegt. Dem Verpflichteten darf im Vollstreckungsverfahren aber keine Verpflichtung auferlegt werden, die nicht bereits im Titelbescheid enthalten war. Die Vollstreckungsbehörde darf vielmehr lediglich im Titelbescheid vorhandene Verpflichtungen näher konkretisieren (VwGH 22.11.2004, 2001/10/0182).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf das übrige Beschwerdevorbringen (insbesondere auf das Vorbringen im vorgelegten Schreiben vom 26. März 2014). Durch die Entscheidung in der Sache selbst erübrigt sich auch eine gesonderte Entscheidung über den gestellten Antrag auf Aufhebung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung bzw. auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im gegenständlichen Fall keine gesetzliche Grundlage besteht (siehe dazu etwa die Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichts Tirol 10.7.2014, LVwG-2014/19/1383-1 und 10.9.2014, LVwG-2014/23/1870-1, LVwG-2014/23/1871-1).
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die in dieser Entscheidung zitierte höchstgerichtliche Judikatur). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Verena Gubesch