LVwG-700076/2/BP/JB
Linz, 15.01.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des F. L., geboren am x, StA von Kosovo, vertreten durch Mag. Dr. H. B., Rechtsanwalt, xstraße x, L., gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
27. November 2014, GZ: VStV/914300448467/2014, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm. § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 144/2013 iVm.
§§ 20 und 64 Abs. 2 VStG, wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 250 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde auf 25 Euro herabgesetzt werden.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
27. November 2014, GZ: VStV/914300448467/2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt.
Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:
„MUP R SERBIJE, KOORDINACIONA UPRAVA" ausgestellt ist und somit nicht zur visumsfreien Einreise und Aufenthalt berechtigt –
§ 3 Abs. 5 AuslBG oder einer Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten inne und es ergab sich ihr rechtmäßiger Aufenthalt auch nicht aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften. Somit liegen keine Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt vor.
H. T. L. verheiratet seien. Es würde Ihnen daher ein auf EU-Recht basierendes Aufenthaltsrecht zu kommen. Die Einreise in das Schengener Gebiet sei rechtmäßig erfolgt, dies aufgrund eines erteilten Visums. Doch seien Sie nach Ablauf dieses Visums in Österreich verblieben zwecks beabsichtigter Eheschließung in Österreich.
(gültig für 30 Tage) bei.
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, durch den rechtsfreundlichen Vertreter des Bf rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom
29. Dezember 2014, in welcher der Antrag gestellt wird, das Straferkenntnis der LPD OÖ vom 27.11.2014, GZ: VStV/914300448467/2014, ersatzlos aufzuheben und das gegen den Bf eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die Strafe angemessen herabzusetzen.
Die Beschwerde wird ua. wie folgt begründet:
§ 21 VStG von der Verhängung einer Verwaltungsstrafe abzusehen.
3. Mit Schreiben vom 7. Jänner 2015 legte die Landespolizeidirektion Oberösterreich den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
4. Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt völlig unbestritten feststand, im Verfahren keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden war und im Übrigen auch die Durchführung einer Verhandlung von den Parteien nicht beantragt wurde.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten I 1. Und I. 2. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.
II.
Aufgrund des unbestrittenen Sachverhalts konnte eine eingehende Beweiswürdigung unterbleiben.
III.
1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I
Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 144/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu
2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu
vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;
5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)
6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder
7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass auch der Bf selbst den illegalen Aufenthalt im vorgeworfenen Tatzeitraum nicht bestreitet, weshalb dieser als gegeben angenommen werden kann.
Die objektive Tatseite ist sohin als erfüllt anzusehen.
3.1. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).
3.2. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
3.3. Der Bf wendet nun ein, dass er ab 11. Juni 2014 aufgrund seiner Eheschließung mit einer ungarischen Staatsangehörigen einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet begründen konnte und sieht offenbar dadurch sein Verschulden gemindert, da er den Aufenthalt von April bis Juni 2014 schon in Erwartung der Eheschließung und des dadurch rechtmäßigen Aufenthalts vorgenommen habe.
Es mag eingeräumt werden, dass es dem Bf nicht darauf ankam den illegalen Aufenthalt zu verwirklichen; allerdings ist dennoch festzuhalten, dass er jedenfalls die gebotene Sorgfalt außer Acht ließ, Erkundigungen einzuziehen, ob und inwieweit er sich im Zeitraum vor der Eheschließung in Österreich visumfrei aufhalten hätte dürfen.
Daher ist im Ergebnis jedenfalls von fahrlässigem Verhalten auszugehen und das Vorliegen der subjektiven Tatseite zu bejahen. Allerdings wird der Umstand, dass der Bf nach seiner Eheschließung und den nunmehr vorgelegten Dokumenten wohl davon ausgehen kann, dass seiner Gattin das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zusteht und damit auch sein eigener Aufenthalt in Österreich legalisiert ist, im Rahmen der Strafbemessung zu berücksichtigen sein.
4.1. Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.
Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen ebenso zu berücksichtigen.
4.2. Im Rahmen der Strafbemessung ist zunächst festzuhalten, dass – entgegen der Annahme der belangten Behörde – nicht von bedingtem Vorsatz, sondern von Fahrlässigkeit auszugehen sein wird. Weiters ist anzumerken, dass eine weitere Begehung gleichgelagerter Straftaten nicht zu erwarten ist, zumal wohl davon ausgegangen werden kann, dass die unionsrechtlichen Voraussetzungen für den Aufenthalt der Ehegattin des Bf im Bundesgebiet gegeben sind. Die belangte Behörde hatte die Mindeststrafe im vorliegenden Fall verhängt.
Für ein gänzliches Absehen von der Strafe im Sinne des Beschwerdeantrages mangelt es jedenfalls aber am geringen Verschulden, weshalb § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht zur Anwendung gebracht werden kann. Zu prüfen bleibt jedoch, ob der Bf die Voraussetzungen nach § 20 VStG erfüllt.
4.3. Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe um die Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
Dies kann im vorliegenden Fall durchaus bejaht werden, da wie oben gezeigt, außer dem Milderungsgrund der strafrechtlichen Unbescholtenheit auch noch weitere zu berücksichtigende Umstände vorliegen. Es war daher die verhängte Geldstrafe auf 250 Euro herabzusetzen.
Im Sinne des § 64 Abs. 2 VStG folgt daraus auch die Reduktion des Kostenbeitrags zum Strafverfahren vor der belangten Behörde.
5.1. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird.
5.2. In diesem Sinn war dem Bf kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG aufzuerlegen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree