LVwG-650240/7/ZO/HK/CG

Linz, 29.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn R. G.-M., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W. M., M., vom 29.9.2014, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 4.9.2014, GZ. VerkR21-175-2014, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und begleitender Maßnahmen nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.12.2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem angefochtenen Bescheid der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen ihren Mandatsbescheid vom 10.6.2014, Zl: VerkR21-175-2014 keine Folge gegeben und den Mandatsbescheid vollinhaltlich bestätigt. Einer Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.  

 

Mit dem angeführten Mandatsbescheid hatte die Bezirkshauptmannschaft Freistadt dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen  AM und B für die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab 30.5.2014, entzogen. Für die Dauer dieser Entziehung wurde ihm auch das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und er wurde aufgefordert, einen allfällig vorhandenen ausländischen Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern. Weiters ordnete die Behörde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker, die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme – jeweils innerhalb der Entziehungsdauer – an.

 

Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer am 30.5.2014 um 01:15 Uhr in K. auf einer zu diesem Zeitpunkt als Campingplatz genützten Wiese das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen FR-….. in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Atemluftalkoholgehalt von 1,07 mg/l) gelenkt habe.

 

I. 2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, dass er den PKW auf einem Campingplatz und nicht auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges sei nur dann verboten, wenn dabei eine Straße mit öffentlichem Verkehr befahren wird, was er aber nicht gemacht habe.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt gehe offenbar davon aus, dass Campingplätze als Straßen mit öffentlichem Verkehr anzusehen seien, was aber nicht richtig sei. Nach der Entscheidung des VwGH vom 24.5.2013, 2010/02/0120, seien nicht Campingplätze generell, sondern nur die Wege auf Campingplätzen, die für den Fußgänger oder Fahrzeugverkehr bestimmt sind, als öffentliche Straßen zu qualifizieren. Diesen Umstand habe die Behörde nicht berücksichtigt und diesbezüglich auch keine Erhebungen getroffen. Auf dem gegenständlichen Campingplatz seien die für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmten Wege gekennzeichnet gewesen, er habe diese nie befahren.

 

Der angefochtene Bescheid sei aus formellen Gründen rechtswidrig, weil es sich bei seiner Vorstellung vom 20.6.2014 gegen den Mandatsbescheid der BH Freistadt um kein Rechtsmittel gehandelt habe und die Bezirkshauptmannschaft Freistadt keine Rechtsmittelinstanz sei, sie hätte daher nach Durchführung des ordentlichen Verfahrens mit einem Bescheid in der Sache selbst entscheiden müssen.

 

I. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 9. Oktober 2014, GZ VerkR21-175-2014, ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einvernahme der Zeugen Gr.Insp. E., M. S. und A. M. A., jeweils im Rechtshilfeweg durch die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde, sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.12.2014. An dieser haben der Beschwerdeführer und sein Vertreter sowie ein Vertreter der Verwaltungsbehörde teilgenommen, die angeführten Zeugeneinvernahmen wurden verlesen.

 

I.4.1. Daraus ergibt sich folgender, für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer befand sich zur Vorfallszeit mit mehreren Freunden beim GTI-Treffen in Kärnten. Er übernachtete auf der für diese Veranstaltung als Campingplatz genutzten Wiese in S.. Er hatte sein Fahrzeug ca. 100 Meter vom Zelt entfernt abgestellt und in weiterer Folge Alkohol konsumiert. Auf dem Rückweg zum Zelt hat er gesehen, dass mehrere Personen im Nahebereich seines Autos „randaliert“ haben und dabei auch auf sein Auto gespuckt haben. Er ist deshalb mit seinem PKW vom Abstellplatz zu jenem Bereich gefahren, in welchem das Zelt aufgestellt war. Bei dieser Fahrt wurde er von Organen des privaten Sicherheitsdienstes angehalten, von welchen in weiterer Folge die Polizei verständigt wurde. Ein Alkotest mit dem geeichten Alkomat der Marke Dräger, Alkotest 7110A, Nr. ARDM-0055, um 01:40 Uhr ergab einen Atemluftalkoholgehalt von 1,07 mg/l.

 

Die örtlichen Verhältnisse am Campingplatz S. stellen sich wie folgt dar:

Es handelt sich um eine Wiese, welche für die Dauer der angeführten Veranstaltung als Campingplatz genutzt wurde und dazu abgesperrt war. Sie konnte über zwei Zufahrten erreicht werden. Der Campingplatz konnte von allen Personen benutzt werden, welche den Eintritt bezahlt hatten. Innerhalb des Campingplatzes waren die als Verkehrsflächen vorgesehenen Bereiche durch weiße Linien (nach Angaben des Beschwerdeführers ähnlich wie auf einem Fußballplatz) markiert. Strittig ist, ob der Beschwerdeführer seinen PKW auf diesen als Verkehrsflächen markierten „Wegen“ gelenkt hat, oder außerhalb dieser „Wege“ im sonstigen Bereich der Wiese. Diese „Wege“ waren nicht befestigt. Aus rechtlichen Gründen (sh. unten P. 5.2.) kommt es jedoch für das Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer seinen PKW ausschließlich außerhalb dieser „Wege“ oder auch auf diesen gelenkt hat. Es war daher auch nicht erforderlich, die dem Rechtsmittelweg entnommenen Zeugen dazu persönlich zu befragen und dem Beschwerdeführer dazu noch ein Fragerecht einzuräumen.

 

I.5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

I.5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.    die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.    die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz oder

2. um eine Entziehung der Klasse A wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei in den in Abs. 3 Z. 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen sind.

 

Gemäß § 25 Abs.3 1. Satz FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

 

Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO begangen, so ist gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens 6 Monaten zu entziehen.

 

I.5.2. Der Beschwerdeführer hat seinen PKW in einem erheblich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Falls er diese Fahrt auf einem als Verkehrsfläche gekennzeichneten Bereich eines vorübergehenden Campingplatzes durchgeführt haben sollte, würde er damit jedenfalls eine Übertretung des § 99 Abs.1 StVO begangen haben (zur Frage der „Straße mit öffentlichem Verkehr“ vgl. VwGH v. 27.6.2014, 2013/02/0193). Diese Übertretung würde eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG darstellen und dem Beschwerdeführer wäre – weil es sich um eine erstmalige Übertretung handelt – gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens 6 Monaten zu entziehen.

 

Sollte er die Fahrt jedoch außerhalb der gekennzeichneten Wege und damit nicht auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 StVO durchgeführt haben, so ist Folgendes zu berücksichtigen:

Die Aufzählung der bestimmten Tatsachen im § 7 Abs.3 FSG ist lediglich demonstrativ, was sich aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ klar ergibt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass auch strafbare Handlungen, welche nicht im Katalog der ausdrücklich als bestimmte Tatsachen angeführten Delikte aufscheinen, die Verkehrszuverlässigkeit einer Person ausschließen können (siehe zum Beispiel VwGH vom 17.10.2006, 2003/11/0281 sowie vom 27.9.2007, 2007/11/0079). Auch Handlungen eines Kraftfahrzeuglenkers, welche keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 FSG darstellen, können die Verkehrsunzuverlässigkeit dieser Person begründen, wenn sie hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit und Verwerflichkeit einer im § 7 Abs.3 FSG aufgezählten strafbaren Handlungen gleichwertig sind.

 

Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer seinen PKW in einem stark durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in einem Bereich gelenkt, in dem sich tatsächlich Fußgänger aufgehalten haben (die von ihm selbst angeführten Personen bei seinem geparkten PKW sowie die Organe des Sicherheitsdienstes), wobei im Bereich eines Campingplatzes grundsätzlich jederzeit mit Fußgängern zu rechnen ist. Dieses Verhalten des Beschwerdeführers ist jedenfalls gefährlich und verwerflich, wobei es – aus dem Blickwinkel der Gefährlichkeit - nicht darauf ankommt, ob er den PKW innerhalb der markierten „Verkehrsflächen“ oder außerhalb dieser gelenkt hat. Entscheidend ist, dass in jedem Fall mit dem jederzeitigen Auftreten von Fußgängern gerechnet werden musste. Das Verhalten des Beschwerdeführers ist daher – auch wenn er den PKW außerhalb der markierten Verkehrsflächen gelenkt haben sollte – mit der in § 7 Abs.3 Z1 FSG angeführten bestimmten Tatsache gleichwertig, weshalb auch der Beschwerdeführer eine bestimmte Tatsache verwirklicht hat. In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass es bei mehreren der in § 7 Abs.3 FSG ausdrücklich aufgezählten strafbaren Handlungen nicht darauf ankommt, ob diese auf Straßen mit öffentlichem Verkehr begangen werden, oder nicht (§ 7 Abs.3 Z7 bis Z11 FSG).

 

Bei der Verkehrszuverlässigkeit handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH um eine Charaktereigenschaft. Der Gesetzgeber geht in § 7 Abs. 1 FSG davon aus, dass grundsätzlich jedermann über die erforderliche charakterliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen verfügt. Er hat jedoch zusätzlich angeordnet, dass mit der Begehung einer der in § 7 Abs. 3 FSG angeführten (oder diesen gleichwertigen) strafbaren Handlung und deren Wertung (§ 7 Abs. 4 FSG) die zum Lenken von Kraftfahrzeugen erforderliche Charaktereigenschaft der Verkehrszuverlässigkeit verloren geht. Es ist nicht ersichtlich, welchen Einfluss es auf den Charakter des Beschwerdeführers haben sollte, ob er diese Fahrt, bei welcher er sich in einem stark alkoholisierten Zustand befunden hat und bei der sich Fußgänger in unmittelbarer Nähe befunden haben, auf einem mit Bodenmarkierungen gekennzeichneten „Weg“ oder außerhalb dieses „Weges“ durchgeführt hat. Die Verkehrssicherheit war in jedem Fall im gleichen Maß gefährdet.

 

Wenn man davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer seinen PKW außerhalb der gekennzeichneten „Verkehrsflächen“ gelenkt hat, so hat er keine Übertretung des § 99 Abs.1 StVO und damit auch keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG (allerdings eine dieser gleichwertige bestimmte Tatsache) begangen. § 26 Abs.2 Z1 FSG, welcher auf das erstmalige Begehen eines Deliktes gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 abstellt, ist daher nicht anwendbar. Es ist deshalb eine Wertung des Verhaltens des Beschwerdeführers gemäß § 7 Abs.4 FSG durchzuführen. In diesem Zusammenhang ist nochmals festzustellen, dass der hohe Alkoholisierungsgrad des Beschwerdeführers verwerflich ist und das Lenken des Fahrzeuges auf dem Campingplatzgelände wegen der Möglichkeit, dass jederzeit Fußgänger auftauchen, immer gleich gefährlich ist, unabhängig davon, ob die Fahrt innerhalb oder außerhalb der weißen Markierungen durchgeführt wurde. Zu Gunsten des Beschwerdeführers ist bei der Wertung zu berücksichtigen, dass es sich um seine erste Alkofahrt gehandelt hat, zu seinem Nachteil ist die hohe Alkoholisierung zu werten. Die gesetzliche Mindestentzugsdauer beträgt in diesem Fall gemäß § 25 Abs. 3 FSG drei Monate, es ist aber auf Basis der dargestellten Wertung davon auszugehen, dass es tatsächlich der von der Behörde festgesetzten Entzugsdauer von sechs Monaten bedurfte, bis der Beschwerdeführer seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt hat.

 

Auch wenn man davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer den PKW außerhalb der markierten Verkehrsflächen und damit nicht auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt haben sollte, hat die Behörde aufgrund des hohen Alkoholisierungsgrades zu Recht die in § 24 Abs.3 FSG vorgesehenen begleitenden Maßnahmen angeordnet. Die Anordnung dieser Maßnahmen ist zwar – wiederum unter der Annahme, dass keine Übertretung des § 99 Abs.1 StVO vorlag – nicht verpflichtend, sondern liegt im Ermessen der Behörde, wobei die Maßnahmen aufgrund des hohen Alkoholisierungsgrades aus hs. Sicht zu Recht angeordnet wurden. Auch die sonstigen Anordnungen erfolgten zu Recht, wobei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht verkehrszuverlässige Lenker im Interesse der Verkehrssicherheit von der Teilnahme am Straßenverkehr ausgeschlossen werden müssen, weshalb die Behörde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu Recht aberkannt hat.

 

Die vom Beschwerdeführer kritisierte Vorgangsweise der Behörde, im Vorstellungsbescheid die angeordneten Maßnahmen nicht im Einzelnen zu wiederholen, sondern lediglich die Vorstellung abzuweisen und den Mandatsbescheid vollinhaltlich zu bestätigen, entspricht der ständigen Praxis und wurde – soweit ersichtlich – bisher vom VwGH nicht beanstandet. Auch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sieht daher keinen Grund, weshalb diese Praxis rechtswidrig sein sollte.

 

 

Zu II: Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl

 

LVwG-650240/7/Zo/HK vom 29. Dezember 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

FSG §7 Abs1;

FSG §7 Abs3;

StVO §1 Abs1

 

 

Der Bf. hat seinen PKW in einem erheblich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,07 mg/l) auf einer vorübergehend als Campingplatz genutzten Wiese gelenkt. Auf diesem Campingplatz waren „Fahrwege“ mittels Bodenmarkierungen ausgewiesen. Ob der Bf. den PKW innerhalb oder außerhalb dieser „Wege“ gelenkt hat, war nicht feststellbar; allerdings befanden sich jedenfalls Fußgänger in unmittelbarer Nähe.

 

Auch wenn der Bf. die Fahrt außerhalb der gekennzeichneten Wege und damit nicht auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 StVO durchgeführt hat, ist vor diesem Hintergrund Folgendes zu berücksichtigen:

 

Die Aufzählung der bestimmten Tatsachen im § 7 Abs.3 FSG ist lediglich demonstrativ, was es sich aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ klar ergibt. Nach der Rechtsprechung des VwGH können auch strafbare Handlungen, welche nicht im Katalog der ausdrücklich als bestimmte Tatsachen angeführten Delikte aufscheinen, die Verkehrszuverlässigkeit einer Person ausschließen, wenn sie hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit und Verwerflichkeit einer im § 7 Abs.3 FSG aufgezählten strafbaren Handlungen gleichwertig sind.

 

Das Lenken eines PKW in einem stark durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in einem Bereich, in dem sich tatsächlich Fußgänger aufhalten, ist jedenfalls gefährlich und verwerflich, wobei es – aus dem Blickwinkel der Gefährlichkeit - nicht darauf ankommt, ob der PKW innerhalb der markierten „Verkehrsflächen“ oder außerhalb dieser gelenkt wird. Das Verhalten des Bf. ist daher mit der in § 7 Abs.3 Z1 FSG angeführten bestimmten Tatsache gleichwertig.

 

Bei der Verkehrszuverlässigkeit handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH um eine Charaktereigenschaft. Der Gesetzgeber geht in § 7 Abs. 1 FSG davon aus, dass grundsätzlich jedermann über die erforderliche charakterliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen verfügt. Er hat jedoch zusätzlich angeordnet, dass mit der Begehung einer der in § 7 Abs. 3 FSG angeführten (oder diesen gleichwertigen) strafbaren Handlungen und deren Wertung (§ 7 Abs. 4 FSG) die zum Lenken von Kraftfahrzeugen erforderliche Charaktereigenschaft der Verkehrszuverlässigkeit verloren geht. Der Bf. hat durch die gegenständliche Fahrt die Verkehrssicherheit gefährdet, weshalb er als verkehrsunzuverlässig anzusehen ist, auch wenn die Fahrt nicht auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr stattgefunden hat.

 

Wurde die Fahrt nicht auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr durchgeführt, so liegt keine Übertretung des § 99 Abs. 1 StVO und damit kein Sonderfall des § 26 Abs. 2 Z1 FSG vor, weshalb die gesetzliche Mindestentzugsdauer gemäß § 25 Abs. 3 FSG drei Monate beträgt. Die Wertung des Verhaltens des Bf. (§ 7 Abs. 4 FSG) hat jedoch im konkreten Fall eine Verkehrsunzuverlässigkeit in der Dauer von sechs Monaten ergeben.

 

Beschlagwortung:

 

Straße mit öffentlichem Verkehr - Begriff; Campingplatz; Bodenmarkierungen; Fußgänger; Gefährdung; Verkehrszuverlässigkeit