LVwG-000070/2/WEI

Linz, 14.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des R. T., x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B. G., MAS, LL.M., x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 9. Oktober 2014, Zl. SanRB96-31-2014, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 90 Abs 3 Z 2 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) iVm § 4 Abs 1 Z 6 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm §38 VwGVG eingestellt.

 

II.       Der Beschwerdeführer hat gemäß § 66 Abs 1 VStG weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde, noch gemäß § 52 Abs 9 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Auch die Verpflichtung zum Ersatz der Untersuchungsosten gemäß § 71 Abs 3 LMSVG entfällt.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem bezeichneten Strafbescheid der belangten Behörde wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt abgesprochen:

 

„Sie sind als der für die Einhaltung aller gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Bestimmungen bezüglich der Inverkehrbringung der gemäß Geschäftseinteilung zentral für den räumlichen Bereich Österreich eingekauften Waren der H KG x verantwortlicher Beauftragter, gemäß § 9 Absatz 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), hinsichtlich nachstehender Übertretung verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich:

 

Im Rahmen einer lebensmittelpolizeilichen Überprüfung gem. § 35 LMSVG in der Filiale der H KG in x, wurde am 18.02.2014 um 13.23 Uhr eine Probe des Produkts mit der Bezeichnung "Bio Honig flüssig", das am 29.01.2014 angeliefert worden war und im Verkaufsraum der Filiale bereitgehalten wurde, entnommen und in weiterer Folge durch die A GmbH, I beprobt.

 

Die Probe unterliegt als verpacktes Lebensmittel den Bestimmungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV) und wies laut Gutachten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, I, beim Inverkehrbringen folgendes fehlendes Kennzeichnungsmerkmal am Etikett auf:

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 6 LMKV sind verpackte Waren mit den Lagerbedingungen zu kennzeichnen. Eine Ware der vorliegenden Art ist nur bei vor Wärme geschützter Lagerung bis zum angegebenen Zeitpunkt (Ende 06/2015) haltbar. Es wäre daher mindestens die Angabe „vor Wärme geschützt lagern" erforderlich.

 

Die Kennzeichnung der Probe entspricht somit nicht der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr. 72/1993 idgF.

 

Dadurch wurden folgende Verwaltungsvorschriften verletzt:

 

§ 9 Absatz 2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. I Nr. 52/1991, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 33/2013, in Verbindung mit § 90 Absatz 3 Ziffer 2 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), BGBl. I Nr. 13/2006, in der im Tatzeitpunkt anzuwendenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Absatz 1, Ziffer 6 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV), BGBl. 72/1993 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 67/2014.“

 

Wegen der so umschriebenen Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer gemäß § 90 Abs 3 LMSVG eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Stunden.

Außerdem wurde gemäß § 71 iVm § 66 LMSVG der Ersatz von Untersuchungskosten  der A in Höhe von 82,16 Euro und gemäß § 64 Abs 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 Euro vorgeschrieben.

 

I.2. Zur Begründung ihres Straferkenntnisses führt die belangte Behörde aus:

 

„Das Ermittlungsverfahren hat ergeben:

 

Anlässlich eine Kontrolle am 18.02.2014 wurde in der Filiale der H KG, x, eine Probe des Produkts "Bio Honig flüssig", das am 29.01.2014 angeliefert worden war und im Verkaufsraum der Filiale bereitgehalten wurde, entnommen und in der Folge durch die A GmbH, I, untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass am Etikett eine für das gegenständliche Produkt verpflichtende Angabe gemäß § 4 Abs. 1 Z. 6 LMKV, konkret, die Angabe „vor Wärme geschützt lagern", fehlt.

 

Mit Schreiben vom 17. April 2014 hat die Behörde die H KG aufgefordert, den in dieser Angelegenheit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen im Sinne des § 9 Verwaltungsstrafgesetz bekanntzugeben. In Entsprechung dieser Aufforderung hat Sie Ihr rechtsfreundlicher Vertreter als verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Absatz 2 Verwaltungsstrafgesetz genannt und den Nachweis Ihrer Zustimmung übermittelt.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. September 2014 hat Ihnen die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land die Verwaltungsübertretung vorgeworfen und die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme bis bzw. einer persönlichen Vorsprache am 2. Oktober 2014 geboten. Am 3. Oktober 2014 ist die von Ihrem rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachte Rechtfertigung vom 2. Oktober 2014 bei der Behörde eingelangt. Darin haben Sie sich nicht schuldig bekannt und zusammengefasst vorgebracht, dass der vorgeworfene Verwaltungsstraftatbestand objektiv nicht erfüllt sei, sowie Sie an der Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe.

 

Die Nichterfüllung des Tatbestandes ergäbe sich laut Ihrer Argumentation aus dem Umstand, dass eine entsprechende Angabe wie bspw. „vor Wärme geschützt lagern", in casu bei diesem gegenständlichen Produkt nicht verpflichtend sei, da eine solche Verpflichtung von der Art des Lebensmittels abhinge. Ein solcher Honig werde ohnehin üblicherweise bei Raumtemperatur gelagert, weswegen eine solche Angabe nicht gesollt sei und auch keine Verwaltungsübertretung darstellen könne.

 

Überdies würden Sie vor erstmaliger Geschäftsverbindung mit einem Lieferanten die potentiellen Geschäftspartner - so auch die Lieferantin des verfahrensgegenständlichen Produkts, die H. GmbH, x - insbesondere hinsichtlich des Bestehens von entsprechenden Qualitätssicherungssystemen und Sicherheitsstandards überprüfen. Es handle sich bei diesem Unternehmen um ein Unternehmen, das im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems ein Verfahren eingerichtet hat, das die einwandfreie Beschaffenheit und ordnungsgemäße Kennzeichnung seiner Ware gewährleistet. Sie würden Ihre Lieferanten auch verpflichten, entsprechende Gutachten von unabhängigen Lebensmitteluntersuchungsanstalten hinsichtlich der einwandfreien Beschaffenheit des Produkts beizubringen. Zusätzlich würden Sie auch selbst mittels Eigeneinsendungen überprüfen, ob die Ware einwandfrei beschaffen ist und eine ordnungsgemäße Kennzeichnung aufweist. Vor erstmaliger Inverkehrbringung des Produkts "Bio Honig flüssig" sei überprüft worden, ob dieses Produkt in Österreich verkehrsfähig ist und unter anderem den Vorschriften der Lebensmittel- und Nährwertkennzeichnungsverordnung entspricht. Alle in Auftrag gegebenen Gutachten hätten bestätigt, dass die gegenständliche Ware den österreichischen Vorschriften entspricht und substantiell einwandfrei beschaffen und in Österreich verkehrsfähig ist. Sollte trotz dieser Sicherheits- und Kontrollmaßnahmen tatsächlich ein den lebensmittelkennzeichnungsrechtlichen Bestimmungen nicht entsprechendes Produkt in Verkehr gebracht worden sein, so könne Ihnen kein Vorwurf gemacht werden, sodass keinesfalls ein Verschulden gegeben sei.

Schließlich führten Sie aus, dass wenn die Behörde dennoch auf ihrem Rechtsstandpunkt bestehen und weiter davon ausgehen sollte, dass ein Verschulden gegeben sei, so sei dieses jedenfalls   nur   als   äußerst   geringfügig   zu   bezeichnen   und   die   vorgeworfene

Verwaltungsübertretung unbedeutend. Unter Hinweis auf § 45 Absatz 1 VStG wiesen sie noch darauf hin, dass nachteilige Folgen durch die fehlende Angabe nicht denkbar seien und beantragten abschließend, 1. das Verfahren einzustellen, in eventu 2. von einer weiteren Verfolgung abzusehen.

 

Mit Schreiben vom 07.10.2014 hat Sie die Behörde vom Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und Ihnen die Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme geboten.

 

 

 

In rechtlicher Hinsicht stellt die Behörde dazu fest:

 

Gemäß § 90 Absatz 3 Ziffer 2 LMSVG begeht jemand, der den Bestimmungen einer auf Grund der§§ 6, 7 Abs. 1, 9 Abs. 2, 10 Abs. 7 oder 8, 11, 12, 13, 14, 19, 20, 34, 47 Abs. 2 oder 57 Abs. 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Gemäß § 98 Absatz 1 LMSVG gelten Verordnungen auf Grund des LMG 1975 und Verordnungen auf Grund des Fleischuntersuchungsgesetzes als auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassen.

 

Gemäß § 6 Absatz 1 LMSVG hat der Bundesminister für Gesundheit unter Bedachtnahme auf die Zielsetzung dieses Bundesgesetzes sowie den anerkannten Stand der Wissenschaft und Technologie nach Anhören der Codexkommission mit Verordnung Vorschriften für Lebensmittel, insbesondere betreffend die Beschaffenheit, das Gewinnen, das Herstellen, Verarbeiten, Behandeln, die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen, die Kennzeichnung und die Verwendung von Angaben zu erlassen.

 

Gemäß § 3 Ziffer 9 LMSVG versteht man unter "Inverkehrbringen" Inverkehrbringen gemäß Art. 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Art. 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gilt sinngemäß auch für Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel. Für Wasser für den menschlichen Gebrauch gilt auch die Abgabe zum Zweck der Gemeinschaftsversorgung als Inverkehrbringen, sofern diese nicht im Rahmen des familiären Verbandes erfolgt. Davon abweichend ist als Inverkehrbringen bei ursprünglich auf Grund des Lebensmittelgesetzes 1975 - LMG 1975, BGBl. Nr. 86, erlassenen Verordnungen das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht. Bei Beurteilung einer Ware ist jedoch auch zu berücksichtigen, ob sich ihre etwaige den lebensmittelrechtlichen Vorschriften gemäß Z 13 nicht entsprechende Beschaffenheit bloß aus der Besonderheit jener Phase des Inverkehrbringens ergibt, aus der sie stammt. Ein Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt. Die Befugnisse der Aufsichtsorgane gemäß §§ 35, 39 und 41 bleiben davon unberührt.

 

§ 4 Absatz 1 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung bestimmt: „Verpackte Waren sind wie folgt zu kennzeichnen, sofern die §§ 5 bis 7 nicht anderes bestimmen:" Z. 6: „die Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen, wenn deren Einhaltung für die Haltbarkeit wesentlich ist.

 

Gemäß § 9 Absatz 1 Verwaltungsstrafgesetz ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Absatz 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

 

Dazu hat die Behörde Folgendes erwogen:

 

Das von der A., I., beanstandete Etikett ist fotografisch dokumentiert, Form und Inhalt der kritisierten Angaben stehen für die Behörde daher zweifellos fest. Das Bezugsdatum sowie die Tatsache des Bereithaltens im Verkaufsraum der Filiale ergeben sich aus dem amtlichen Untersuchungszeugnis. Die Behörde sieht keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, zumal auch von Ihnen nichts Gegenteiliges vorgebracht wurde.

 

Liegt, wie im vorliegenden Fall, ein verpacktes Lebensmittel vor, so ist die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 anzuwenden. Unter "Inverkehrbringen" ist § 3 Ziffer 9 LMSVG zufolge bei Verordnungen, die - wie die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung - noch aufgrund des LMG 1975 erlassen worden sind, "das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht", zu verstehen. Durch die Anlieferung des Produkts und das anschließende Bereithalten im Verkaufsraum der Filiale ist das gegenständliche Produkt zweifellos im Sinne dieser Begriffsbestimmung in Verkehr gebracht worden. Dem Etikett fehlte eine verpflichtende Angabe, konkret, eine Angabe betreffend die Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen für das Produkt.

Eine solche Angabe ist dann verpflichtend, wenn die Einhaltung solcher Lagerbedingungen wesentlich ist. Wesentlich ist die Einhaltung dann, wenn eine unsachgemäße Lagerung die Haltbarkeit des Produkts beeinflusst und somit ein nicht mehr einwandfreies Produkt gegeben sein könnte.

Lediglich aus dem Umstand heraus, dass keine speziell kühle Lagerung des gegenständlichen Produkts gefordert ist, kann nicht geschlossen werden, dass bei einem Produkt, welches üblicherweise bei Raumtemperatur gelagert werden soll bzw. kann, die in casu fehlende Angabe gemäß § 4 Abs. 1 Z. 6 LMKV überhaupt nicht verpflichtend ist. Ihre Argumentation würde bei konsequenter Auslegung aber genau das zur Folge haben und diese Bestimmung der L völlig konterkarieren.

Denn diese Regelung zielt auf dem Konsumentenschutz ab und dient der Information der Konsumenten, welche durch die Angabe über die erforderlichen Lagerbedingungen ein auf Dauer qualitativ einwandfreies Produkt genießen können sollen.

 

Die Probe hat eindeutig ergeben, dass das in § 4 Absatz 1 Ziffer 6 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung angeführte Kennzeichnungselement überhaupt nicht genannt ist und somit eine nicht der LMKV entsprechende Kennzeichnung der Probe vorliegt.

 

§ 98 Absatz 1 LMSVG zufolge gelten Verordnungen, die aufgrund des LMG 1975 erlassen wurden, als Verordnungen aufgrund des LMSVG. Somit ist auch die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, Stammfassung BGBl. 72/1993, als Verordnung aufgrund des § 6 Absatz 1 LMSVG anzusehen.

 

§ 90 Absatz 3 Ziffer 2 LMSVG erklärt unter anderem die Übertretung von Bestimmungen einer Verordnung, die aufgrund des § 6 LMSVG erlassen worden ist, zur Verwaltungsübertretung. Da das Etikett des gegenständlichen Produkts der Bestimmung des § 4 Absatz 1 Ziffer 6 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, also einer Bestimmung einer Verordnung, die als aufgrund des § 6 LMSVG erlassen gilt, nicht entsprochen hat, ist der Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt.

 

Gemäß § 9 Absatz 1 Verwaltungsstrafgesetz sind grundsätzlich die zur Vertretung nach außen berufenen Organe für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine Personengesellschaft verantwortlich. Anderes gilt dann, wenn verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 Absatz 2 Verwaltungsstrafgesetz bestellt worden sind. Aus der übermittelten Bestellungsurkunde ergibt sich, dass Sie mit 02.01.2014 rechtswirksam zum verantwortlichen Beauftragten "für die Einhaltung aller gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Bestimmungen mit der Inverkehrbringung" jener Waren, die von Ihnen der Geschäftseinteilung zufolge zentral für den räumlichen Bereich Österreich eingekauften Waren bestellt wurden. Im vorliegenden Fall sind daher Sie verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

Voraussetzung für eine Bestrafung ist, dass Sie schuldhaft gehandelt haben. § 5 Verwaltungsstrafgesetz 1991 legt dazu fest, dass ein fahrlässiges, also sorgloses Verhalten für die Strafbarkeit genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (gesetzliche Schuldvermutung). In Ihrer Rechtfertigung beschreiben Sie ausführlich das von Ihnen eingerichtete Kontrollsystem und schlussfolgern abschließend, dass Sie damit die Ihnen obliegende Sorgfalt erfüllt haben. Dieses Kontrollsystem besteht im Wesentlichen daraus, dass Sie bereits vor erstmaliger Geschäftsverbindung überprüfen, ob der potentielle Geschäftspartner über entsprechende Qualitätsmanagementsysteme und Sicherheitsstandards verfügt, den Lieferanten dazu verpflichten, Gutachten von unabhängigen Lebensmitteluntersuchungsanstalten hinsichtlich der einwandfreien Beschaffenheit des Produkts beizubringen und zusätzlich selbst entsprechende Gutachten einholen. Insbesondere sei vor erstmaliger Inverkehrbringung des gegenständlichen Produkts überprüft worden, ob dieses Produkt in Österreich verkehrsfähig ist und unter anderem den Vorschriften der Lebensmittel- und Nährwertkennzeichnungsverordnung entspricht. Alle in Auftrag gegebenen Gutachten hätten bestätigt, dass die gegenständliche Ware den österreichischen Vorschriften entspricht sowie substantiell einwandfrei beschaffen und in Österreich verkehrsfähig ist.

 

Dieses Vorbringen vermag Ihr Verschulden nicht auszuschließen. Aus Ihren Angaben lässt sich nicht ableiten, wie häufig tatsächlich stichprobenartige Kontrollen dieser Produkte durchgeführt werden. Das geschilderte Kontrollsystem baut darauf auf, dass Sie sich aufgrund Ihrer "bisherigen, durch Gutachten unterstützten, Erfahrungen mit der herangezogenen Lieferantin darauf verlassen, "dass auch die jeweils gerade in Verkehr gebrachten Waren" den rechtlichen Anforderungen entsprechen, im Zeitpunkt der Anlieferung konkreter Produkte an einzelne Filialen aber nicht immer über den Zustand der gelieferten Produkte informiert sind (vgl. VwGH 14.6.2012, 2009/10/0080). Ein auf solchen Grundsätzen aufgebautes Kontrollsystem vermag der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge das Verschulden an einer festgestellten Verwaltungsübertretung nicht auszuschließen (vgl. nochmals VwGH 14.6.2012, 2009/10/0080). Abgesehen davon haben Sie auch nicht dargelegt, warum trotz des installierten Kontrollsystems der gegenständliche Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften nicht verhindert werden konnte. Ihnen ist daher fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Die Voraussetzungen für eine Bestrafung sind somit erfüllt.

 

Die Strafbemessung bestimmten folgende Erwägungen:

 

Gemäß § 90 Absatz 3 LMSVG ist die gegenständliche Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100.000 Euro zu bestrafen.

 

Für die Strafbemessung im ordentlichen Verfahren obliegt es der Strafbehörde, die Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens zu begründen. Dazu gehört die Erörterung des Ausmaßes der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient.

 

Die übertretene Verordnung dient dem Verbraucherschutz. Durch die Regelung der Lebensmittelkennzeichnung soll eine leicht verständliche und nicht irreführende Information der Verbraucher gewährleistet werden. Die Missachtung dieser Bestimmungen, insbesondere das Fehlen bestimmter Angaben, beeinträchtigt die geschützten Interessen nicht unwesentlich.

 

 

§ 19 Absatz 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 schreibt vor, dass bei der Strafbemessung die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und dabei unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden sind. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Sonstige straferschwerende oder -mildernde Umstände lagen nicht vor. Auch aus spezialpräventiver Sicht erachtet die Behörde die verhängte Geldstrafe als angemessen, um Sie in Zukunft von vergleichbaren Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Bei der Strafbemessung ist die Behörde, mangels von Ihnen getätigter Angaben, von einem monatlichen Einkommen von 2.000 Euro bei keiner Sorgepflicht und keinem Vermögen ausgegangen. Ihr Verhalten wurde als fahrlässig gewertet.

 

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Tatumstände und des gesetzlichen Strafrahmens hält die Behörde die verhängte Geldstrafe für schuld- und unrechtsangemessen. Die festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe wurde unter Berücksichtigung der Bestimmungen des §16 Verwaltungsstrafgesetz 1991 ausgesprochen. Die Vorschreibung der Kosten basiert auf den im Spruch zitierten Gesetzesstellen.

 

Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

II.1. Gegen dieses dem Bf zu Händen seines Rechtsvertreters am 15. Oktober 2014 per E-Mail zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig am 13. November 2014 bei der Strafbehörde eingelangte Beschwerde vom 12. November 2014, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, in eventu ein Absehen von weiterer Verfolgung im Grunde des § 21 VStG angestrebt wird.

 

Zur Begründung der Beschwerdeanträge wird ausgeführt:

 

„III. Die Beschwerdeanträge werden begründet wie folgt:

1.    Mangelhafte Beweiswürdigung/mangelhafte Sachverhaltsfeststellung:

Die belangte Behörde hat sich mit der umfangreichen, vom Einschreiter eingebrachten Rechtfertigung offenbar nicht auseinandergesetzt und sämtliches Vorbringen, Erklä­rungen und Ausführungen, insbesondere dass für die Haltbarkeit des Erzeugnisses kei­ne besonderen Temperaturen oder sonstige Lagerbedingungen wesentlich sind und deshalb die Angabe „vor Wärme geschützt lagern" nicht erforderlich gewesen ist bzw. dass den Einschreiter jedenfalls kein Verschulden an der behaupteten Verwaltungs­übertretung treffen kann, nicht beachtet.

 

Seitens der Behörde wird ausgeführt, dass das von der A beanstandete Etikett fo­tografisch dokumentiert wurde und somit Form und Inhalt der kritisierten Angaben für die Behörde daher zweifellos feststehen. Weiters wird seitens der Behörde angeführt, dass die Behörde keinen Anlass sieht, an diesen Angaben zu zweifeln, zumal auch nichts Gegenteiliges vorgebracht worden sei. Zudem führt die Behörde aus, dass aus dem Umstand heraus, dass keine spezielle Lagerung erforderlich sei, nicht geschlossen werden könne, dass die fehlende Angabe „vor Wärme geschützt lagern" nicht ver­pflichtend wäre. Der Einschreiter hat der Behörde zahlreiche Unterlagen als Beweis­mittel vorgelegt, welche seitens der Behörde jedoch durchwegs nicht beachtet wurden. Entsprechend der im Ermittlungsverfahren geltenden Offizialmaxime wäre es aber Aufgabe der Behörde, den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln.

 

Ist die Behörde zwar grundsätzlich in ihrer Beweis Würdigung frei und an keine festen Beweisregeln gebunden, so ist sie doch verpflichtet, den inneren Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme zu erkunden. Grundlos Urkunden überhaupt nicht zu beachten und auf sämtliches Vorbringen des Einschreiters nicht einzugehen, ist jeden­falls zu wenig. Hätte sich die Behörde daher in verfahrensrechtlich konformer Weise mit sämtlichen Beweisen auseinandergesetzt und den inneren Wahrheitsgehalt dieser angebotenen Beweise ermittelt, so hätte sie zweifelsfrei zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das verfahrensgegenständliche Produkt für die Lagerung bei Raumtem­peratur vorgesehen ist, für die Haltbarkeit des Erzeugnisses daher keine besonderen

Temperaturen oder sonstige Lagerbedingungen wesentlich sind und somit die Angabe „vor Wärme geschützt lagern" nicht verpflichtend anzugeben gewesen ist.

 

Weiters übersieht die Behörde überdies, dass der Einschreiter sehr wohl glaubhaft ma­chen konnte, dass er ein umfangreiches Sicherheits- und Kontrollsystem in Verbin­dung mit der Inverkehrbringung des verfahrensgegenständlichen Produktes eingerich­tet hat, das verhindern soll, dass ein Vorfall, wie der nunmehr von der Behörde be­hauptete, eintritt. Gibt die Behörde in ihrem Straferkenntnis nur an, dass ein auf diesen Grundsätzen aufgebautes Kontrollsystem der Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes zu Folge das Verschulden nicht ausschließen könne, so ist die Beweiswür­digung der belangten Behörde derart mangelhaft, dass sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet. Vielmehr hat sich die Behörde mit dem wesentlichen Vorbringen des Einschreiters offensichtlich in keiner Weise auseinandergesetzt und die umfangreiche Rechtfertigung vom 02.10.2014 samt den vorgelegten Beweisurkun­den in ihrer Beweiswürdigung nicht berücksichtigt. Die Begründung der Behörde er­schöpft sich darin anzugeben, dass sich aus den Angaben nicht ableiten lasse, wie häu­fig Kontrollen der Produkte durchgeführt werden. Nachdem ansonsten überhaupt keine Auseinandersetzung mit den weiters noch vorliegenden Fakten stattgefunden hat, ist die Begründung der belangten Behörde unzureichend und liegt somit eine Nichtbe-gründung des Straferkenntnisses vor. Aus diesem Grund erweist sich das gegenständ­liche Straferkenntnis als rechtswidrig und ist daher aufzuheben.

2.    Materielle Rechtswidrigkeit:

Die belangte Behörde geht in ihrem Straferkenntnis weiters zu Unrecht davon aus, dass den Einschreiter ein Verschulden an der behaupteten Verwaltungsübertretung treffen würde. Eine nähere Begründung erfolgt nicht. Der Einschreiter hat allerdings in seiner Rechtfertigung vom 01.10.2014 auf insgesamt acht Seiten ausführlich erklärt, dass aufgrund des eingerichteten Sicherheits- und Kontrollsystems in Verbindung mit der Inverkehrbringung des verfahrensgegenständlichen Produktes den Einschreiter kein Verschulden an der von der Behörde behaupteten Verwaltungsübertretung treffen kann. Sämtliches diesbezügliches Vorbringen des Einschreiters wurde - wie bereits oben erörtert - von der belangten Behörde ohne Begründung übergangen.

Der Einschreiter wiederholt daher seine bereits in der Rechtfertigung gemachten Aus­führungen und erklärt nochmals, dass Angaben über Temperaturen oder sonstige La­gerbedingungen nur verpflichtend sind, wenn sie für die Haltbarkeit der Ware we­sentlich sind. Ob die Einhaltung bestimmter Temperaturen oder sonstiger Lagerbedin­gungen für die Haltbarkeit einer Ware wesentlich ist, hängt unter anderem vom We­sen, der Herstellungsart und der üblichen Form der Lagerung einer Ware, aber auch von ihrem bestimmungsgemäßen bzw. vorherzusehenden Gebrauch ab. Ein unüblicher oder unsachgemäßer Umgang mit dem Produkt kann nicht Maßstab für die Beurtei­lung sei, ob das Kennzeichnungselement gemäß § 4 Abs 1 Z 6 LMKV erforderlich ist.

 

Das verfahrensgegenständliche Produkt „Bio Honig flüssig" ist ein Honig, der für die Lagerung bei Raumtemperatur vorgesehen ist. Es sind also für die Haltbarkeit des Er­zeugnisses keine besonderen Temperaturen oder sonstige Lagerbedingungen wesent­lich. Dieser Umstand ist auch aus dem Probenbegleitschreiben des Amtes der Oö. Landesregierung, Ernährungssicherheit und Veterinärwesen ersichtlich, in dem ver­merkt ist, dass die Probe im SB-Regal im Verkaufsraum entnommen wurde. Weiters ist im Probenbegleitschreiben bei der Aufbewahrungsart verzeichnet, dass das verfah­rensgegenständliche Produkt bei Raumtemperatur aufbewahrt wurde bzw. aufzube­wahren ist.

 

Die Einhaltung sonstiger Lagerbedingungen ist für die Haltbarkeit des verfahrensge­genständlichen Produktes daher nicht wesentlich und hängt von der üblichen Form der Lagerung des verfahrensgegenständlichen Produktes ab. Die übliche Form der Lage­rung für das verfahrensgegenständliche Produkt ist die Lagerung bei Raumtemperatur. Bei dem Begriff „Raumtemperatur" handelt es sich regelmäßig um eine Temperatur, die von Personen, die sich in dem betrachteten Raum aufhalten, als behaglich empfun­den wird (Wohlfühltemperatur).

Die Raumlufttemperatur findet auch Anwendung bei der Bemessung und bezüglich Angaben zur Haltbarkeitsdauer für Lebensmittel und Medikamente. Diese Angabe muss für verschiedene Klimazonen angepasst werden: In Deutschland und Österreich wird ein Temperaturbereich von 18°C - 22°C angenommen.

Eine unüblich hohe Raumtemperatur kann daher nicht als Maßstab dafür herangezogen werden, dass eine Angabe der Lagerbedingung „vor Wärme geschützt lagern" beim verfahrensgegenständlichen Produkt anzubringen gewesen wäre. Der Tatbestand der von der Behörde als verletzt erachteten Norm ist nicht verwirklicht und ist das Verwaltungsstrafverfahren daher einzustellen.

Informativ dazu wird ausgeführt, dass betreffend das verfahrensgegenständliche Pro­dukt bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (GZ: BHGU-15.1-15680/2014) ebenfalls wegen einer angeblichen Übertretung des § 4 Z 1 LMKV ein Verfahren ein­geleitet wurde. Seitens der A wurde auch hier bemängelt, dass eine Angabe „vor Wärme geschützt lagern" gefehlt hätte. Dieses Verfahren wurde jedoch gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG bereits am 15.09.2014 eingestellt.

 

Zum mangelnden Verschulden des Einschreiters wird vorgebracht, dass vor erstmali­ger Inverkehrbringung des verfahrensgegenständlichen Produktes „Bio Honig flüssig" in mehreren Verfahrensschritten immer wieder überprüft wurde, ob es in Österreich verkehrsfähig ist und unter anderem den Vorschriften der Lebensmittelkennzeich­nungsverordnung und der Nährwertkennzeichnungsverordnung entspricht. So wurde bereits die Lieferantin des verfahrensgegenständlichen Produktes, die H. GmbH, x, vor erstmaliger Geschäftsverbindung dahin­gehend überprüft, ob ein entsprechendes internes Qualitätsmanagementsystem besteht und sämtliche von der Lieferantin gelieferten Produkte auf die Einhaltung sämtlicher lebensmittelkennzeichnungsrechtlicher sowie nährwertkennzeichnungsrechtlicher Vorschriften überprüft werden. Darüber hinaus ist die Lieferantin bereits vor Erstinverkehrbringung des Produktes und danach über den gesamten Zeitraum der Vertrags­beziehungen verpflichtet, immer wieder Gutachten über die substantielle Beschaffen­heit des Produktes sowie die Übereinstimmung mit den aktuellen Lebensmittelkenn-zeichnungs- und Nährwertkennzeichnungsvorschriften vorzulegen, um eine bestmög­liche Qualität und ordnungsgemäße Kennzeichnung garantieren zu können.

 

Beweis:

Gutachten der E. L.k GmbH, Nr. AR-13-FA-005805-01 (Beilage./1 - bereits vorgelegt);

 

Das unter anderem bei diesen regelmäßigen Überprüfungen erstellte Gutachten hat sich der Einschreiter vorlegen lassen, wurde dieses Gutachten vom Einschreiter kon­trolliert und ist aus dem Gutachten ersichtlich, dass in Hinsicht auf die Deklaration die Ware in Österreich verkehrsfähig ist. Weiters ist dem Gutachten zu entnehmen, dass sowohl die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung als auch die Nährwertkennzeich­nungsverordnung bei der Begutachtung des verfahrensgegenständlichen Produktes berücksichtigt wurden.

 

Unabhängig davon, dass der Einschreiter die Lieferantin zur Anfertigung von entspre­chenden Gutachten vertraglich verpflichtet und diese vertragliche Verpflichtung auch dadurch kontrolliert, dass der Einschreiter sich die angefertigten Gutachten vorlegen lässt, überprüft der Einschreiter die von ihm in Verkehr gebrachten Produkte ebenfalls und unabhängig von der Lieferantin durch sogenannte „Eigeneinsendungen" an unab­hängige Prüflabors, ob das von ihm in Verkehr gebrachte Produkt in Österreich ver­kehrsfähig ist.

 

Beweis:

Gutachten Nr. G193049/2013, A. GmbH – L. f L u U (Beilage./2 - bereits vorgelegt);

Gutachten der L GmbH Nr. UEB1355235 (Beilage./3 - bereits vorgelegt);

 

Der Einschreiter hält überdies auch fest, dass er sich in Bezug auf die genaue und rich­tige Kennzeichnung des in Verkehr gebrachten Produktes auf die - gerade aus diesem Grund eingeholten - Überprüfungen durch unabhängige Lebensmitteluntersuchungs­anstalten verlassen können darf und muss. Damit hat der Einschreiter die höchste ihm mögliche Sorgfalt zur Vermeidung einer Verwaltungsübertretung wie der nunmehr behaupteten eingehalten. Eine höhere Sorgfalt, als das Produkt noch vor Inverkehrbringung an ein auf Lebensmittelrecht und Analyse spezialisiertes Institut zur Über­prüfung zu übergeben und sich daraufhin genauestens an das erhaltene Sachverständi­gengutachten zu halten, ist nicht denkbar. Der Einschreiter muss sich letztlich auf das Sachverständigenurteil der Spezialisten verlassen können und lag auch objektiv kein Anzeichen vor, das den Einschreiter an der Richtigkeit der Gutachten hätte zweifeln lassen sollen. Wie bereits dargestellt, sind die genannten Gutachten auch inhaltlich korrekt.

Sollte die Behörde dennoch der Meinung sein, dass das verfahrensgegenständliche Produkt nicht den gesetzlichen Vorschriften, so insbesondere der L entspricht, so ist im gegenständlichen Verfahren unstrittig, dass die gegenständliche Verwaltungs­übertretung nur durch einen Fehler eines unabhängigen Lebensmittelsachverständigen verursacht wurde. Der einzige Sinn und Grund, in wichtigen Belangen Gutachten von - auf das jeweilige Thema spezialisierten - Sachverständigen einzuholen, ist eben, um sicherzugehen, dass bestimmte Unterlagen oder Darstellungen richtig sind bzw. im gegenständlichen Fall, dass sie den lebensmittel- und kennzeichnungsrechtlichen Vor­gaben entsprechen, oder dass sich aus dem Gutachten ergibt, dass dies eben nicht der Fall ist.

 

Da der Einschreiter somit bei der Inverkehrbringung des Produktes von der rechtlichen Zulässigkeit ausging, keine Kenntnis von einem allfällig nunmehr behaupteten Mangel hatte und sich diesbezüglich aber, wie eben ausführlich dargestellt, jedenfalls auf das Sachverständigenurteil verlassen durfte, ist aus allen dargelegten Gründen kein subjek­tives Verschulden des Einschreiters erkennbar.

 

Sollte die Behörde also tatsächlich von einer Verletzung der gegenständlichen Norm ausgehen, so kann den Einschreiter aufgrund der von ihm gewählten größtmöglichen Sorgfalt dennoch kein, zur Verhängung einer Verwaltungsstrafe nötiges Verschulden treffen, da er weder tatsächlich von einem Verstoß gegen die als verletzt erachteten Norm wusste, noch - wie sich aus obigen Ausführungen ergibt - fahrlässig in Un­kenntnis dieses Umstandes war. Ein subjektives Verschulden wäre aber Grundvoraus­setzung für jede Form der Bestrafung. Ein Straferkenntnis, das nicht auf einem subjek­tiven Verschulden der belangten Person beruht, ist nicht nur aufgrund des österreichi­schen VStG rechtswidrig, sondern widerspricht auch den Grundsätzen der EMRK.

 

Aus den dargelegten Gründen ist, sollte trotz obiger Ausführungen nach Ansicht der Behörde der objektive Tatbestand dennoch als erfüllt angesehen werden, jedenfalls kein subjektives Verschulden des Einschreiters gegeben und ist das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren daher jedenfalls mangels Vorwerfbarkeit der Verwaltungs­übertretung einzustellen.

 

Das gegenständliche Straferkenntnis ist aber auch insofern rechtswidrig, als trotz Vor­liegens der Voraussetzungen nach § 45 Abs 1 VStG von der Behörde nicht nach dieser Bestimmung vorgegangen worden ist, obwohl nach der Judikatur des Verwaltungsge­richtshofes zum vormaligen § 21 Abs 1 VStG vielmehr ein Rechtsanspruch darauf be­steht, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen von einer weiteren Verfolgung abgese­hen wird.

Selbst dann, wenn die Behörde von einem Verschulden des Einschreiters ausgehen sollte, wäre dieses jedenfalls als äußerst gering zu bezeichnen. Dies insbesondere auf­grund der oben bereits näher beschriebenen Umstände. Dass jene Folgen, die aus der von der Behörde vorgeworfenen Übertretung resultieren könnten, jedenfalls unbedeu­tend sind, ergibt sich zweifellos daraus, dass die Lebensmittelkennzeichnung keinerlei Auswirkungen auf das Produkt selbst hat. Die Beschaffenheit des Produktes war daher einwandfrei. Diesbezüglich verweist der Einschreiter nochmals auf die eingangs ge­machten Ausführungen hinsichtlich der rechtlichen Zulässigkeit der gegenständlichen Aufmachung des Produktes.

Da somit ein etwaiges Verschulden des Einschreiters jedenfalls als geringfügig zu qua­lifizieren ist und die Folgen der vorgeworfenen Übertretung unbedeutend sind, sind sämtliche Voraussetzungen des § 45 Abs 1 VStG erfüllt. Aufgrund Vorliegens der Vo­raussetzungen hätte die belangte Behörde daher nach dieser Gesetzesstelle vorgehen können/müssen und ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen müssen. Nachdem die belangte Behörde die genannte Bestimmung unrechtmäßig nicht angewendet hat, ist das Straferkenntnis auch aus diesem Grund rechtswidrig und daher aufzuheben.“

 

II.2. Mit Vorlageschreiben vom 3. Dezember 2014 hat die belangte Behörde ihren Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Sie ist der Beschwerde entgegengetreten und hat deren Abweisung beantragt.

 

 

III. Zum wesentlichen Sachverhalt kann grundsätzlich auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid verwiesen werden. Zu den im gegebenen Zusammenhang strittigen Fragen der verpflichtenden Angabe von Lagerbedingungen und des Vorliegens eines ausreichenden Sicherheits- und Kontrollsystems und vertritt der erkennende Richter die Ansicht, dass es sich dabei auf Grund der unstrittigen Umstände des Falles weniger um Tatfragen, sondern vorwiegend um Rechtsfragen handelt. Es war unten im Abschnitt über die rechtliche Beurteilung der Sache näher darauf einzugehen.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Gemäß § 90 Abs 3 Z 2 LMSVG in der anzuwendenden Fassung BGBl I Nr. 171/2013 begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen,

 

wer den Bestimmungen von Verordnungen, die auf den "§§ 6, 7 ..." und anderen ausdrücklich angeführten Bestimmungen des LMSVG beruhen, zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 98 LMSVG gelten Verordnungen auf Grund des Lebensmittelgesetzes (LMG) 1975 und auf Grund des Fleischuntersuchungsgesetzes als auf Grund des LMSVG erlassen

 

Gemäß § 5 Abs 1 Z 3 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel, die den nach § 4 Abs 3 oder §§ 6 oder 57 Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht entsprechen, in Verkehr zu bringen.

 

§ 6 Abs 1 LMSVG enthält eine Verordnungsermächtigung für den Gesundheitsminister, Vorschriften für Lebensmittel betreffend die Beschaffenheit, das Gewinnen, das Herstellen, Verarbeiten, Behandeln, die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen, die Kennzeichnung und die Verwendung von Angaben zu erlassen.

 

Die aus der Zeit des Lebensmittelgesetzes 1975 stammenden Verordnungen (zBsp.: Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 oder Verordnung über die Nährwertkennzeichnung) fallen unter den § 5 Abs 1 Z 3 iVm § 6 Abs 1 LMSVG. Es handelt sich dabei jeweils um Verordnungen, die im Zusammenhang mit dem "Inverkehrbringen" von Lebensmitteln erlassen wurden und Vorschriften für die Beschaffenheit, Kennzeichnung und Verwendung von Angaben enthalten.

 

Gemäß § 4 Abs 1 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 - LMKV (BGBl Nr. 72/1973 zuletzt geändert BGBl II Nr. 165/2008) sind verpackte Waren, sofern die §§ 5 bis 7 nicht anderes bestimmen, uA.  zu kennzeichnen:

 

„...

6. die Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen, wenn deren Einhaltung für die Haltbarkeit wesentlich ist;

...“

 

Die A (I) hat in ihrem Gutachten die fehlende Angabe der Lagerbedingungen bei der am 18. Februar 2014 genommenen Probe des gegenständlichen Produktes  „Bio Honig flüssig“ beanstandet und dazu festgehalten:

 

„Eine Ware der vorliegenden Art ist nur bei vor Wärme geschützter Lagerung bis zum angegebenen Zeitpunkt (Ende 06/2015) haltbar. Es wäre daher mindestens die Angabe ‚vor Wärme geschützt lagern‘ erforderlich.“

 

IV.2. Die belangte Behörde ist entsprechend der Meinung der A von einer verpflichtenden Angabe zu den Lagerbedingungen ausgegangen. Der Beschwerdeansicht, dass im Hinblick auf die vorgesehene Lagerung bei Raumtemperatur keine weiteren Angaben für die Haltbarkeit wesentlich seien und deshalb unterbleiben können, hält die belangte Behörde im Straferkenntnis entgegen, dass dies aus dem Umstand der nicht geforderten gekühlten Lagerung noch nicht geschlossen werden könne. Die Beschwerde sieht in der Raumtemperatur eine „Wohlfühltemperatur“, die in Österreich und Deutschland im Bereich von 18°C bis 22°C angenommen werde. Eine unüblich hohe Raumtemperatur könne nicht als Maßstab für die geforderte Angabe „vor Wärme geschützt lagern“ herangezogen werden. Demgegenüber betont die belangte Behörde mit Recht, dass die Regelung des § 4 Abs 1 Z 6 LMKV auf den Konsumentenschutz abziele. Durch die Information über die Lagerbedingungen sollen Konsumenten ein qualitativ einwandfreies Produkt auf Dauer genießen können.

 

Der erkennende Richter pflichtet im Ergebnis der belangten Behörde bei. Die nicht hinreichend begründete Beschwerdeansicht übersieht, dass es bei der Angabe der Lagerbedingungen nicht allein um die Raumtemperatur als übliche Lagertemperatur gehen kann. Der Verbraucher soll auch ausreichend informiert werden, um die Erhaltung der wertbestimmenden Eigenschaften des Produkts durch richtiges Verhalten zu gewährleisten. So erscheint es nachvollziehbar, dass eine gewisse Erwärmung des Honigs – wenn auch beispielsweise nur durch wiederholte Sonneneinstrahlung – zu einer Wertminderung führen kann. Im Anhang der Honigverordnung (BGBl II Nr. 40/2004) über qualitative Merkmale der Zusammensetzung wird ein Höchstgehalt für Hydroxymethylfurfurol (HMF) von 40 mg/kg (bei Honig aus tropischen Regionen 80 mg/kg) vorgeschrieben. Denn ein hoher HMF-Wert ist ein Zeichen für die Erwärmung des Honigs (zu den Qualitätsvorschriften für Honig N, Lebensmittelrecht [Manz 2008] Rz 533 f). Dieser Autor spricht sich aus gutem Grund für eine verpflichtende Kennzeichnung der Lagerbedingungen bei Honig aus und führt im gegebenen Zusammenhang in Rz 534 aus:

 

„... Weiters wird ein Höchstgehalt an Hydroxymethylfurfurol (HMF) festgelegt. Durch Erwärmung können beim Honig wertvolle Inhaltsstoffe wie Enzyme, Aromastoffe und Vitamine verloren gehen. Dabei ist nicht einmal eine Erhitzung des Honigs erforderlich, es genügt eine unsachgemäße Lagerung, die nicht kühl, trocken und dunkel erfolgt. Ein überhöhter HMF-Wert einer im Handel gezogenen Probe Honig lässt somit noch keinen zwingenden Rückschluss auf Herstellungsfehler zu. Das zwingt einerseits den Hersteller, entsprechende Lagerbedingungen zu deklarieren, und andererseits alle in der Vertriebskette folgenden Unternehmen, diese einzuhalten. ...“

 

Auf Grundlage dieser Darstellung erscheint die Richtigkeit der auch für eine sehr lange Lagerung in der Beschwerde angenommenen Raumtemperatur als übliche Temperatur eher zweifelhaft. Die besseren Argumente führen jedenfalls zum Ergebnis, dass Angaben nach § 4 Abs 1 Z 6 LMKV als für die Haltbarkeit bzw die Erhaltung von wertbestimmenden Eigenschaften des Honigs wesentlich anzusehen und damit erforderlich gewesen wären.

 

IV.3. Auch wenn mit der belangten Behörde von verpflichtenden Angaben zu den Lagerbedingungen auszugehen und im Unterlassen ein objektiver Verstoß gegen die L anzunehmen war, kann das Oö. Landesverwaltungsgericht den Ausführungen der belangten Behörde zur angeblich misslungenen Entlastung nach dem § 5 Abs 1 Satz 2 VStG nicht folgen. Denn das gegen ein ausreichendes Kontrollsystem ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (vgl VwGH 14.6.2012, Zl. 2009/10/0080) erscheint dem erkennenden Richter mangels eines vergleichbaren Sachverhalts als für den gegenständlichen Fall nicht einschlägig.

 

Im vorliegenden Fall berief sich der Bf zur Glaubhaftmachung des mangelnden Verschuldens auf drei mit Rechtfertigungsschriftsatz vom 2. Oktober 2014 vorgelegte Gutachten von durch das Bundesministerium für Gesundheit zugelassenen Lebensmittelgutachtern iSd § 73 LMSVG, die schon vor dem gegenständlichen Zeitpunkt des Inverkehrbringens vorlagen.

 

In dem zur Markteinführung des gegenständlichen Produkts vom Lieferanten eingeholten Gutachten vom 22. Mai 2013, Zl. AR-13-FA-005805-01, der E GmbH, x (Beilage 1 zur Rechtfertigung) betreffend die Prüfung der substanziellen Verkehrsfähigkeit und der Kennzeichnungsvorschriften wurden beim übermittelten Etikettenentwurf, der dem vorliegenden Etikett entspricht, ausdrücklich auch die formalen Anforderungen an die Kennzeichnung nach der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, der Verordnung über die Nährwertkennzeichnung und der Fertigpackungsverordnung als erfüllt angesehen.

 

Auch die weiteren von der H KG zu Gegenproben des gegenständlichen Produkts eingeholten Gutachten vom 12. Dezember 2013, Zl. G193049/2013, der DI H. F. & DI C. F. Z-GmbH, A (Beilage 2 zur Rechtfertigung), und vom 25. Februar 2014, Zl. UEB1355235, der L GmbH, Niederlassung K (Beilage 3 zur Rechtfertigung), bescheinigen nicht nur hinsichtlich der substanziellen Beschaffenheit des Honigs, sondern auch für die gleiche Art der Deklaration unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung und andere Kennzeichnungsvorschriften die Verkehrsfähigkeit des gegenständlichen Produkts „Natur aktiv Bio Honig flüssig“.

 

Nach Ansicht des erkennenden Richters durfte der Bf auf die Richtigkeit dieser Aussagen in den drei vorgelegten Fachgutachten der gemäß § 73 LMSVG autorisierten Lebensmittelgutachter vertrauen, ohne dass er weitere Nachforschungen hätte unternehmen müssen. Denn die nach Untersuchung von Proben des gleichen Produkts mehrfach mitgeteilte fachliche Beurteilung, dass die Ware in Übereinstimmung mit den österreichischen Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnung ohne Einschränkung als verkehrsfähig befunden wird, war allgemeingültig und nicht nur auf einen bestimmten Zeitpunkt zu beziehen.

 

Die Gegenansicht der belangten Behörde geht von einem unzureichenden Kontrollsystem aus, weil sich aus den Angaben des Bf nicht ableiten lasse, wie häufig tatsächlich stichprobenartige Kontrollen der Produkte durchgeführt werden. Sie beruft sich dazu aber zu Unrecht auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Juni 2012, Zl. 2009/10/0080, in dem es um die Überprüfung eines kurzen Haltbarkeitsdatums bei leicht verderblicher Ware durch den Einzelhandelsunternehmer, nicht aber um die allgemeine Frage der Deklaration von Lagerbedingungen bei lange haltbarer Ware ging. Der Verwaltungsgerichtshof hielt es für ein geeignetes Kontrollsystem zur Richtigkeit der Haltbarkeitsdauer für erforderlich, sich vom Zustand der gelieferten Lebensmittel im Zeitpunkt der Anlieferung an die Filiale Kenntnis zu verschaffen und nicht einfach auf - wenn auch durch ältere Gutachten gestützte - positive Erfahrungen mit den Lieferanten zu verlassen, wobei er offenbar stichprobenartige Kontrollen erwartete.

 

Demgegenüber geht es im vorliegenden Fall nicht um eine mögliche Überprüfung der für ein verpacktes Fleischprodukt (vgl VwGH 14.6.2012, Zl. 2009/10/0080: vakuumverpackte „Truthahnschnitzel“ und „Truthahnsteaks“) angegebenen kurzen Haltbarkeitsfrist, sondern um die allgemeine Frage, ob und wie das an sich unbestritten auch bei Raumtemperatur lange haltbare (konkret: Mindesthaltbarkeitsangabe 06/2015; Bezugsdatum 19.01.2014; Probenahme 18.02.2014) Produkt „Bio Honig flüssig“ dennoch zur besseren Information des Verbrauchers und möglichst langen Erhaltung der Produkteigenschaften hinsichtlich der Lagerbedingungen zu deklarieren ist. Dazu waren schon im Hinblick auf die überlange Zeitkomponente eigene Lagerversuche im Zusammenhang mit Lieferungen des Produkts „Bio Honig flüssig“ praktisch nicht sinnvoll. Sie waren aber auch vom Wissensstand des Bf nicht erforderlich, zumal in zwei zeitnah von der H KG eingeholten Fachgutachten von gemäß § 73 LMSVG autorisierten Lebensmittelgutachtern jeweils eine allgemeingültige, von weiteren Kontrollen unabhängige, positive Aussage zur Verkehrsfähigkeit der Deklaration des Produkts getroffen worden war, auf die sich der Bf verlassen durfte. Den Lebensmittelunternehmer trifft im Falle der Beiziehung geeigneter Sachverständiger nur eine eingeschränkte Kontrollpflicht. Da keine offenkundigen, auch für Laien erkennbare Mängel der gegenständlichen Gutachten vorliegen, konnte eine weitere fachliche Überprüfung dieser Gutachten nicht gefordert werden, zumal dies auf eine unzulässige Überspannung der objektiven Sorgfaltspflicht im Geschäftsleben hinauslaufen würde (vgl dazu näher VwSlg 12947 A/1989).

 

Im Ergebnis konnte der Bf daher beim gegebenen Ungehorsamsdelikt entsprechend dem § 5 Abs 1 Satz 2 VStG glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

IV.4. Mittlerweile ist die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung durch gesetzliche Anordnung außer Kraft getreten. Gemäß dem der Vorschrift des § 95 LMSVG durch die Novelle BGBl I Nr. 67/2014 uA. angefügten Absatz 22 tritt mit dessen Ziffer 1 die Verordnung über die Kennzeichnung von verpackten Lebensmitteln (Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 – LMKV), BGBl Nr. 72/1993, mit Ablauf des 12. Dezembers 2014 außer Kraft. Diese wird nämlich durch die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (im Folgenden: EU-Verbraucherinformationsverordnung), die nach ihrem Art 55 mit Ausnahme der Nährwertdeklaration ab dem 13. Dezember 2014 gilt, abgelöst.

 

Es liegt demnach eine nachträgliche Änderung der Rechtslage zwischen Tatbegehung und Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts vor. Nach dem mit BGBl I Nr. 33/2013 neugefassten § 1 Abs 2 VStG (Inkraftreten am 1.03.2013) kommt es nunmehr im Einklang mit der Judikatur des EGMR zu Art 7 EMRK darauf an, ob das im Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht in seinen Gesamtauswirkungen günstiger wäre als das Tatzeitrecht. Diese Rückwirkung der günstigeren Strafnorm ist nunmehr zeitlich unbegrenzt (früherer Zeitpunkt: Straferkenntnis erster Instanz) und gilt auch während des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht (vgl mit Zitat aus den Erl zur RV Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahrensgesetze19 [2014] Anm 5 zu § 1 VStG).

 

Verstöße gegen die in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Union (vgl Anlage, Teil 1, Z 39, wo die Verordnung Nr. 1169/2011 genannt wird) fallen unter § 90 Abs 3 Z 1 LMSVG und damit grundsätzlich unter die gleiche Strafdrohung wie die geahndete Übertretung der LMKV. Nach Art 4 Abs 1 lit b) der EU-Verbraucherinformationsverordnung sind verpflichtende Angaben zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher und zur sicheren Verwendung eines Lebensmittels zu machen. Darunter fallen auch Angaben über die Haltbarkeit, Lagerung und sichere Verwendung (Unterpunkt ii). Hinsichtlich der Erforderlichkeit dieser Informationen stellt Art 4 Abs 2 leg.cit. darauf ab, ob ein weit verbreiteter, eine Mehrheit der Verbraucher betreffender Bedarf an bestimmten Informationen besteht oder ob Verbrauchern durch verpflichtende Informationen nach allgemeiner Auffassung ein Nutzen entsteht. Aus diesen Grundsätzen der zitierten EU-Verordnung ist noch deutlicher - als oben im Punkt IV.2. für die L dargelegt - abzuleiten, dass eine verpflichtende Angabe zu den Lagerbedingungen beim gegenständlichen Produkt „Bio Honig flüssig“ erforderlich gewesen wäre, zumal zumindest der Nutzen für den Verbraucher im Hinblick auf eine sichere Verwendung des Produkts nicht ernsthaft bezweifelt werden kann.

 

Allerdings regelt Art 8 der EU-Verbraucherinformationsverordnung die Verantwortlichkeiten ausführlich und abweichend vom bisher geltenden Prinzip der Kettenverantwortung, wonach grundsätzlich jeder, der innerhalb der Vertriebskette in Verkehr bringt, auch für frühere Verstöße etwa des Herstellers oder Vormannes gegen Verordnungen nach dem LMSVG in Anspruch genommen werden kann (näher Natterer, Lebensmittelrecht Rz 59; weiter Blass ua, LMR3 Rz 5 zu § 1 LMKV).

 

Nach Art 8 Abs 1 leg.cit. ist der Lebensmittelunternehmer für die Information über ein Lebensmittel verantwortlich, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird, wenn dieser Unternehmer aber nicht in der Union niedergelassen ist, der Importeur, der das Lebensmittel in die Union einführt. Dieser Vermarkter bzw Importeur gewährleistet gemäß Art 8 Abs 2 leg.cit. das Vorhandensein und die Richtigkeit der Informationen über das Lebensmittel. Andere Lebensmittelunternehmer, deren Tätigkeiten die Informationen über Lebensmittel nicht beeinflussen, sind nach Art 8 Abs 3 leg.cit. nur mehr eingeschränkt auf den Rahmen ihrer Berufstätigkeit verantwortlich. Sie dürfen keine Lebensmittel abgeben, von denen sie „aufgrund der ihnen im Rahmen ihrer Berufstätigkeit vorliegenden Informationen“ wissen oder annehmen müssen, dass sie dem anwendbaren Lebensmittelinformationsrecht und den Anforderungen der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften nicht entsprechen. Sie müssen demnach zwar die ihnen beruflich schon vorliegenden Informationen beachten, können im Übrigen aber auf die Verantwortlichkeit des Vermarkters verweisen. Unbeschadet dessen haben Lebensmittelunternehmer gemäß Art 8 Abs 5 leg.cit. „die Einhaltung der für ihre Tätigkeiten relevanten Anforderungen des Lebensmittelinformationsrechts“ sicher zu stellen.

 

Diese modifizierte Verantwortlichkeit des Lebensmittelunternehmers in der EU-Verbraucherinformationsverordnung mit Tendenz zur Stufenverantwortung (arg.: „im Rahmen ihrer Berufstätigkeit“), erscheint dem erkennenden Richter in ihren Gesamtauswirkungen eher günstiger als die bisherige Regelung der LMKV. Da die H KG nach ihrer Tätigkeit als Lebensmittelunternehmerin im Einzelhandel die Informationen über das Lebensmittel „Bio Honig flüssig“ nicht beeinflusst hat und ihr keine anderen Informationen vorlagen, durfte sie wohl das Lebensmittel an Verbraucher abgeben und zur Deklaration auf die Verantwortlichkeit des Herstellers und Vermarkters verweisen. Die abschließende Beurteilung des Günstigkeitsvergleichs kann aber dahingestellt bleiben, weil dem Bf nach der hier vertretenen Ansicht ohnehin der Entlastungsbeweis gemäß § 5 Abs 1 Satz 2 VStG gelungen ist (vgl oben IV.3.), weshalb es auf die allenfalls noch günstigere rechtliche Ausgangslage nach der EU-Verbraucherinformationsverordnung nicht mehr ankommt.

 

IV.5. Im Ergebnis war der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm §38 VwGVG mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt sowohl die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens (§ 66 Abs 1 VStG) als auch zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 52 Abs 9 VwGVG) und weiter gemäß § 71 Abs 3 LMSVG die Verpflichtung zum Ersatz von Kosten der Lebensmitteluntersuchung, zumal insofern ein Straferkenntnis und damit eine Verurteilung vorausgesetzt wird.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof  beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die   Abfassung und Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabengebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß

Hinweis:

Dieses Dokument wurde amtssigniert. Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur und des Ausdrucks finden Sie unter: „https://www.lvwg-ooe.gv.at/Das Gericht/Amtssignatur des . LVWG“.

 

 

LVwG-000070/2/WEI vom 14. Jänner 2015

Erkenntnis

Normen:

 

Art 4 EU-Verbraucherinformationsverordnung 1169/2011

§ 73 LMSVG

§ 5 Abs 2 VStG

§ 4 Abs 1 Z 6 LMKV

 

Rechtssätze

 

* Auch für das bei Raumtemperatur lange lagerfähige Produkt „Bio Honig flüssig“ sind Angaben nach § 4 Abs 1 Z 6 LMKV über Lagebedingungen wie etwa „vor Wärme geschützt lagern“ im Hinblick auf eine gewisse Wärmeempfindlichkeit (vgl Grenzwert für den Erwärmungsindikator Hydroxymethylfurfurol im Anhang zur Honigverordnung, BGBl II Nr. 40/2004) des Honigs als für die Haltbarkeit wesentlich anzusehen, zumal eine Erwärmung (wenn auch nur durch wiederholte Sonneneinstrahlung) zu einem Verlust wertvoller Inhaltsstoffe (Aromen, Enzyme, Vitamine) und damit zu einer Wertminderung führen kann. Die Regelung des § 4 Abs 1 Z 6 LMKV bezweckt eine ausreichende Information der Verbraucher über die Lagerbedingungen, damit durch richtiges Verhalten die Erhaltung der wertbestimmenden Eigenschaften des Produkts auf Dauer gewährleistet und ein qualitativ einwandfreies Produkt genossen werden kann.

 

* Nach Art 4 Abs 1 lit b) sublit ii) der EU-Verbraucherinformationsverordnung sind verpflichtende Angaben über die Haltbarkeit, Lagerung und sichere Verwendung eines Lebensmittels vorgesehen, wobei Art 4 Abs 2 leg.cit. zur Erforderlichkeit dieser Informationen darauf abstellt, ob ein weit verbreiteter, eine Mehrheit der Verbraucher betreffender Bedarf an bestimmten Informationen besteht oder ob Verbrauchern durch verpflichtende Informationen nach allgemeiner Auffassung ein Nutzen entsteht. Damit sind beim gegenständlichen Produkt „Bio Honig flüssig“ auch nach der EU-Verbraucherinformationsverordnung Angaben zu den Lagerbedingungen erforderlich, zumal der Nutzen für den Verbraucher im Hinblick auf eine sichere Verwendung des Produkts nicht ernsthaft bezweifelt werden kann.

 

* Die für Proben des gleichen Produkts „Bio Honig flüssig“ eingeholte fachliche Beurteilung, dass die Ware in Übereinstimmung mit den österreichischen Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnung ohne Einschränkung als verkehrsfähig anzusehen sei, ist allgemeingültig und nicht nur auf einen bestimmten Zeitpunkt zu beziehen. Der Bf konnte auf die Richtigkeit dieser Aussagen in den vorgelegten Gutachten von gemäß § 73 LMSVG autorisierten Lebensmittelgutachtern, denen keine offenkundigen Mängel anhaften, vertrauen, ohne dass er weitere Nachforschungen hätte unternehmen müssen. Die Gegenansicht der belangten Behörde übersieht die nur eingeschränkte Kontrollpflicht im Fall der Beiziehung von geeigneten Sachverständigen und läuft auf eine Überspannung der objektiven Sorgfaltspflicht hinaus (vgl dazu VwSlg 12947 A/1989.

 

* Im Unterschied zum nicht vergleichbaren Fall des von der belangten Behörde herangezogenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Juni 2012, Zl. 2009/10/0080, geht es gegenständlich auch nicht um die konkret mögliche Überprüfung eines angegebenen kurzen Haltbarkeitsdatums für ein verpacktes Fleischprodukt („Truthahnschnitzel“ und „Truthahnsteaks“), sondern um die allgemeine Frage, ob und wie das an sich unbestritten auch bei Raumtemperatur sehr lange haltbare Produkt „Bio Honig flüssig“ dennoch zur besseren Information des Verbrauchers und möglichst langen Erhaltung der Produkteigenschaften hinsichtlich der Lagerbedingungen zu deklarieren ist. Dazu waren schon im Hinblick auf die überlange Zeitkomponente eigene Kontrollen und Lagerversuche nicht sinnvoll durchführbar.

 

 

Beschlagwortung:

 

Lagerbedingungen für Honig; Entlastungsbeweis und Vertrauenswürdigkeit von Fachgutachten; Überspannung von Sorgfaltspflichten; Lagerversuch – Unzweckmäßigkeit