LVwG-780031/3/SR

Linz, 12.01.2015

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K

 

Geschäftszeichen:                                                                                                                                                                                                                                                 Datum:

LVwG-780031/3/SR                                                                        Linz, 12. Jänner 2015

 

 

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Christian Stierschneider über den Antrag des B. W., obdachlos gemeldet in xstraße x, R., vom 18. Dezember 2014 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer  Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungs-behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 15. Oktober 2014 um ca. 14.00 Uhr, durch dem Landespolizeidirektor von Oberösterreich zurechenbare Organe zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG iVm § 33 VwGVG wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1.1. Mit E-Mail vom 20. Oktober 2014 erhob der Beschwerdeführer
(im Folgenden: Bf) Maßnahmenbeschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die der
LPD Oberösterreich zurechenbaren Organe

1. in Form rechtswidriger Anhaltung und Identitätsfeststellung sowie

2. in Form einer Personendurchsuchung des Beschwerdeführers am
14. Oktober 2014 um ca. 14.00 Uhr.

 

1.2. Mit Schreiben vom 24. November 2014 wurde die belangte Behörde zur Aktenvorlage bis spätestens 12. Dezember 2014 aufgefordert und eingeladen, eine Gegenschrift binnen der gleichen Frist zu erstatten.

 

1.3. Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2014, eingelangt am 15. Dezember 2014, erstattete die belangte Behörde eine Gegenschrift (vorläufige Stellungnahme). Dabei wies die belangte Behörde darauf hin, dass am 14. Oktober 2014 keine Amtshandlung, an der der Bf beteiligt war, geführt worden ist. Eine ihrer Ansicht nach rechtskonforme Amtshandlung war am 15. Oktober 2014 vorgenommen worden.

 

Die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde wurde gleichgehend beantragt.

 

1.4. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2014 wurde dem Bf Parteiengehör gewährt und ihm die Gegenschrift der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht.

 

1.5. Mit E-Mail vom 16. Dezember 2014 zog der Bf diese Maßnahmenbeschwerde zurück.

 

1.6. Mit Beschluss vom 16. Dezember 2014, LVwG-780026/7/SR/JB, wurde auf Grund der Zurückziehung der Beschwerde das Verfahren gemäß §§ 28 iVm
31 VwGVG eingestellt.

 

2. Mit E-Mail vom 17. Dezember 2014, eingelangt am 18. Dezember 2014, stellte der Bf fristgerecht einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

Im Schriftsatz führte der Bf aus, dass er mit „Eingabe vom 20.10.2014 Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erhoben und dabei irrtümlich das Datum `14.10.2014,
ca. 14.00 Uhr´ statt richtigerweise `15.10.2014, ca. 14.00 Uhr´ als Zeitpunkt der gegenständlichen Amtshandlung angeführt habe.“ Kenntnis habe er davon am 15. Dezember 2014 nach Übermittlung der Gegenschrift der belangten Behörde erlangt.

 

Nach auszugsweiser Bezugnahme auf die höchstgerichtliche Judikatur kam der Bf in der „Begründung“ zum Ergebnis, dass der Verwaltungsgerichtshof nach überaus strenger Auslegung in der Vergangenheit in letzter Zeit deutlich „milder“ geworden sei. Laut Wikipedia sei ein wichtiger Aspekt der „mindere Grad des Versehens: leichte Fahrlässigkeit; ein Fehler der gelegentlich auch sorgfältigen Menschen unterläuft“. Vor diesem Hintergrund sei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gerechtfertigt.

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht im Wesentlichen von dem unter Pkt. I.1.1 bis I.1.6. und I. 2. dargestellten Sachverhalt aus.

 

Abgesehen von den Angaben zur Rechtzeitigkeit und den Judikaturverweisen hat sich der Bf damit begnügt, auf einen Irrtum hinzuweisen. Die Glaubhaftmachung dieses Grundes hat er unterlassen.

 

2. Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig.

 

III.

1. § 33 VwGVG (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) lautet auszugsweise:

(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

[…]

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. […]

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

2.1. Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend trifft den Bf die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen, was aber als Grundlage ein entsprechendes Vorbringen voraussetzt (vgl. auch hiezu das eben zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1999). In Anbetracht der in § 33 Abs. 3 VwGVG normierten Befristung des Wiedereinsetzungsantrages ist es jedenfalls unzulässig, diesbezügliche Angaben erst nach Ablauf dieser Frist nachzutragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2009, Zl. 2008/05/0208).

 

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, kam der Bf dieser Verpflichtung nicht nach und hat sich mit einer allgemeinen „Antragsbegründung“ begnügt.

 

2.2. Zutreffend hat der Bf ausgeführt, dass ein Irrtum ein Ereignis im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGVG sein kann.

 

Voraussetzung dafür ist jedenfalls, dass das Ereignis entweder unabwendbar oder unvorhergesehen ist.

 

Ein Ereignis ist dann unabwendbar, wenn sein Eintritt vom Willen des Betroffenen nicht verhindert werden kann. Dabei legt der Verwaltungsgerichtshof einen objektiven Maßstab an (Eintritt kann von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden). Der Bf hat fünf Tage nach der Amtshandlung den Beschwerdeschriftsatz verfasst und sich dabei – laut seinen Angaben – im Tag geirrt. Gründe dafür, dass er an der richtigen Sachverhaltsdarstellung gehindert worden wäre, sind weder von ihm behauptet worden noch aus seinem Antrag ableitbar.  

 

Erfolgversprechend wäre allenfalls, wenn das Ereignis unvorhergesehen eingetreten wäre. Diesbezüglich stellt der Gesetzgeber einen Sorgfaltsmaßstab auf. Ein Ereignis ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann unvorhergesehen, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte.

 

Wie bereits dargelegt, hat der Bf keine konkreten Geschehnisse geschildert, sondern lediglich einen Irrtum behauptet. Daher konnte auch nicht festgestellt werden, ob er überhaupt ansatzweise eine zumutbare Sorgfalt an den Tag gelegt hat. Soll dem Sorgfaltsmaßstab eine Berechtigung zukommen, dann ist vom Bf zumindest zu verlangen, dass er sich seine Beschwerde aufmerksam durchliest. Im Hinblick auf die nur wenige Tage zurückliegende Amtshandlung hätten dem Bf daher als sorgfältigen Leser die fehlerhafte Datumsangabe auffallen müssen. Der Bf hat somit nicht die geforderte zumutbare Aufmerksamkeit an den Tag gelegt.

3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

IV.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 Die ordentliche Revision ist unzulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe dazu die in dieser Entscheidung zitierte höchstgerichtliche Judikatur), noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Stierschneider