LVwG-650299/2/Bi

Linz, 15.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der Frau D P, x, vertreten durch den Sachwalter, Herrn RA Dr. J M, x, vom 2. Jänner 2015 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 2. Dezember 2014, VerkR21-363-2014, wegen der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und erforderliche Befunde zu erbringen, zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG  wird die Beschwerde im Anfechtungsumfang mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Frist von vier Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu berechnen ist.

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde die Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) gemäß §§ 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich zum Zweck der Beurteilung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen binnen vier Wochen, gerechnet ab Bescheidzustellung – das war laut Rückschein am 4. Dezember 2014 – amtsärztlich untersuchen zu lassen. Sollte sich  im Zuge der amts­ärztlichen Untersuchung herausstellen, dass zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens Befunde erforderlich seien, habe sie diese binnen vier Wochen, gerechnet ab Durchführung der amtsärztlichen Untersuchung, zu erbringen.  

2. Dagegen hat die Bf über ihren Sachwalter fristgerecht Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde. Eine (nicht beantragte) mündliche Verhandlung konnte entfallen (§ 24 VwGVG).

3. Die Bf macht im Wesentlichen Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung insofern geltend, als Bedenken für die Erlassung eines Bescheides nach § 24 Abs.4 FSG, sie könnte die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr besitzen, nicht vorlägen (könnten). Es lägen auch keine genügenden Bedenken vor, die die Überprüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen ließen.

Der Aufforderungsbescheid werde damit begründet, sie sei mit dem von ihr gelenkten Pkw ohne Treibstoff zum Stillstand gekommen, was aber nicht als Begründung für einen solchen Bescheid herangezogen werden könne. Sie habe nur übersehen, rechtzeitig zu tanken bzw aufgrund der Treibstoffanzeige sei sie davon ausgegangen, dass ausreichend Treibstoff im Tank sei. Sie habe dann anlässlich der Anhaltung darauf hingewiesen, dass sie einen Sachwalter habe und sich im KH V befinde, damals ambulant, was aber nicht dahingehend gewertet werden könne, dass genügend Bedenken zu ihrer weiteren gesundheit­lichen Eignung bestünden.

Die Sachwalterschaft bestehe aufgrund der gegebenen familiären Situation zwischen ihr, ihren Eltern und dem mj. Kind; das stehe nicht im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, sodass die Voraussetzungen für den Aufforderungsbescheid nicht vorlägen. Das habe die belangte Behörde nicht erhoben und andererseits unrichtig beurteilt. Beantragt wird die ersatzlose Aufhebung des Bescheides.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt.

Daraus geht hervor, dass die Bf am 21. Juni 2014, 21.24 Uhr, als Lenkerin des auf sie zugelassenen Pkw auf der A1 Westautobahn, RFB Salzburg, im Gemeindegebiet A bei Strkm 226.500 in einer Pannenbucht stehend angetroffen wurde, weil kein Treibstoff mehr im Tank war. Laut Meldung der API Seewalchen, RI C O, war die Bf aufgrund ihres aufgelösten Zustandes – sie habe ua angegeben, sie wisse nicht mehr weiter, keiner sei für sie da – nicht in der Lage nähere Angaben zu machen und ihre Wohnadresse zu nennen. Die Mutter sei daraufhin kontaktiert worden, die angegeben habe, ihre Tochter leide unter psychischen Problemen, und sie abgeholt habe. 

 

Die Bf wurde mit Schreiben vom 26. Juni 2014 in der Angelegenheit „Überprüfung Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen; Bericht der API Seewalchen wg. eines bedenklichen Vorfalls am 21.6.2014“ zur belangten Behörde geladen und daraufhin von der Mutter entschuldigt, die angab, ihre Tochter sei für ca 1 Monat im Krankenhaus und werde sich melden.

 

Die Bf teilte am 18. Juli 2014 mit, sie sei vom 21.6. bis 16.7.2014 wegen eines totalen Burnouts im Krankenhaus gewesen, „befinde sich wieder im Leben“ und sei ohne Bedenken entlassen worden. Für Fragen stehe ihr Sachwalter zur Verfügung, der sie in Sachen Ämter und Behörde vertrete.

Übermittelt wurde der Arztbrief des V, Abt. Psychiatrie, über einen Aufenthalt der Bf vom 22.6.2014 bis 16.7.2014 mit der (Entlassungs)Diagnose Kombinierte Persönlichkeitsstörung F61. Empfohlen wurde ua die Weiterführung der Therapie und regelmäßige Kontrollen beim Facharzt. Als Aufnahmegrund wurde ein R zu Hause angegeben – ein seit längerem bestehender chronischer Familienkonflikt sei eskaliert, sie sei mit § 8-Zuweisung, Rettungs- und Polizeibegleitung in den untergebrachten Bereich zur stationären Aufnahme gebracht worden. Da mit ihr keine Vereinbarungen getroffen hätten werden können, habe sie bei ernstlicher und erheblicher Eigen- und Fremdgefährdung untergebracht werden müssen. Sie sei am 16. Juli 2014 in klinisch stabilem Zustand, frei von Suizidalität oder fremdaggressivem Verhalten nach Hause entlassen worden.  

Weiters liegt vor der Beschluss des BG Gmunden vom 28. Februar 2012, 6 P 15/12d-6, wonach für die Bf RA Dr. J M (auch) zum einstweiligen Sachwalter für die Vertretung der Bf vor Ämtern, Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern sowie die Verwaltung von Einkünften, Vermögen und finanzielle Angelegenheiten bestellt wird.

Dem Sachwalter wurde seitens der belangten Behörde die Ladung der Bf zur BH  Gmunden am 21. Juli 2014 übermittelt, der am 13. August 2014 mitteilte, die Bf befinde sich wieder im Krankenhaus, er werde sich melden. Nach neuerlicher Erinnerung teilte er am 23. September 2014 mit, die Bf sei voraussichtlich bis Ende September im Krankenhaus; am 28. Oktober 2014 informierte er die belangte Behörde, die Bf sei zu Hause, er werde sich um eine persönliche Vorsprache kümmern. Seither geschah nichts mehr, sodass der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid erging.

In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht erwogen: Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenk­berechtigung einzuschränken oder zu entziehen. … Leistet der Besitzer der Lenk­berechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen oder die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach Abs.4 sind begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr besitzt. Hierbei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen von Erteilungsvoraussetzungen geschlossen werden kann; es müssen aber genügend Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl VwGH 30.9.2002, 2002/11/0120; 13.8.2003, 2002/11/0103; 22.6.2010, 2010/11/0076; uva).  

Nach ständiger Judikatur des VwGH (vgl E 22.6.2010, 2010/11/0067) ist ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Fall einer Beschwerdeentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses) bei der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung umfasst werden, nicht mehr besitzt, und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine neuerliche Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann. Hiebei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Derartige Bedenken sind in einem Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen (vgl E 16.4.2009, 2009/11/0020, 22.6.2010, 2010/11/0076; mit Hinweis auf Vorjudikatur 17.10.2006, 2003/11/0302).

Laut dem von der Bf vorgelegten Arztbrief des Krankenhauses V wird ua die Diagnose „kombinierte Persönlichkeitsstörung (paranoid, histrionisch, abhängig, passiv, aggressiv) F61“ angegeben und eine Weiterbehandlung zur weiteren Stabilisierung und medikamentösen Feinadaptierung sowie Weiter­führung der Therapien samt regelmäßigen Kontrollen beim Facharzt Dr. D empfohlen. Obwohl sie am 17. Juli 2014 „in klinisch psychiatrisch stabilem Zustand und frei von Suizidalität oder fremdaggressivem Verhalten entlassen“ wurde, hat sie sich auch nach diesem stationären Aufenthalt für einen längeren Zeitraum im Krankenhaus befunden, dh sie war behandlungsbedürftig. Ihre Mitteilung vom Juni 2014, sie „befinde sich wieder im Leben“ und ihr Sachwalter werde sie vertreten, hat die von der belangten Behörde – völlig zutreffend – dargestellten Bedenken nicht zu zerstreuen vermocht. Ihr – offensichtlich im Zusammenwirken mit ihrem „zur Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten in dringenden Angelegenheiten“ gemäß § 120 Außerstreitgesetz bestellten Sachwalter organisiertes – Schweigen von 28. Oktober bis immerhin 2. Dezember 2014 war ebenfalls nicht geeignet, diese Bedenken zu widerlegen.

Zum Beschwerdevorbringen ist zu sagen, dass es sicher keinen Anlass für die Erlassung eines derartigen Bescheides darstellt, auf das Tanken zu vergessen und deshalb auf der Autobahn mangels Treibstoff im Tank gezwungen zu sein, das Fahrzeug in einer Pannenbucht abzustellen. Allerdings ergibt sich aus dem Bericht der API Seewalchen, dass die Bf laut den sie in dieser Situation antreffenden Beamten der Streife offenbar völlig hilflos war und selbst angegeben hat, sie wisse nicht mehr weiter und niemand sei für sie da – weitere Probleme hat sie angedeutet, aber wegen ihres „aufgelösten Zustandes“ nicht auszuführen vermocht – vor der Zuweisung ins Krankenhaus am nächsten Tag dürfte dann die psychische Situation der Bf endgültig eskaliert sein („R“), wenn auch nicht im Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges. 

Ihr Erscheinungsbild, ihre eigenen Aussagen und ihre Art und Weise, mit der Situation des leeren Tanks auf der Autobahn umzugehen, bei der Anhaltung auf der Autobahn am 21. Juni 2014 gibt aber auch nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Anlass zu erheblichen Bedenken, die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen könnte bei der Bf nicht mehr oder nur mehr eingeschränkt bestehen. Diese Bedenken werden durch den vorgelegten Arztbrief zusätzlich gestützt und bestehen zweifellos auch noch im Beschwerdeverfahren. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei die Frist ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu berechnen ist.

 

 

Zu II.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger