LVwG-500078/2/KÜ/TO
Linz, 20.01.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Herrn R M, vertreten durch L, W, W, vom 16. Juli 2014 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems, vom 7. Juli 2014, GZ: UR96-26-2013,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.
II. Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 7. Juli 2014, GZ: UR96-26-2013, wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach §§ 24a Abs. 1 und 79 Abs. 2 Z 11 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 iVm dem Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ vom 9. Dezember 2004, UR-305672/18-2004, drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 2.100,- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit drei Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 4 Tagen verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv insgesamt 630,- Euro vorgeschrieben:
Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:
„Als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit nach § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der B GmbH M (FN x) mit Sitz in M, Z, haben Sie folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:
Die B M betreibt eine Biogasanlage auf den Gst, x, x, x, x, x und x, alle KG M, Marktgemeinde M. Dafür wurden im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 09.12.2004, ZI. UR-305672/18-2004 die abfallwirtschaftsrechtliche sowie elektrizitätsrechtliche Bewilligung unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt. Im Rahmen einer am 14.11.2013 durchgeführten behördlichen Überprüfung wurde vom Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik die Nichteinhaltung folgender mit Bescheid vom 09.12.2004, UR-205-672/18-2004 erteilter Auflagen festgestellt:
1.
Auflage D)1:
Der Anlage dürfen keine Substrate und Abfälle zugeführt werden, die bei der Übernahme, Lagerung, Vorhaltung oder indirekt bei der Ausbringung der Biogasgülle zu erhöhten Geruchsemissionen führen. Allfällige Abfälle (‚Kofermentate‘) dürfen nicht offen zwischengelagert werden (entweder unmittelbare Zufuhr direkt in den Hauptfermenter oder Mitsilierung im Fahrsilo)
2.
Auflage D) 13:
Die Fahrsiloanlage ist durch geeignete Abdeckungen (Folie) vor übermäßigen Geruchsemissionen und gegen Wassereintrag abzusichern. Die Anschnittsflächen sind durch ein geeignetes Vlies nach der Entnahme abzudecken, um vermehrte Geruchsemissionen zu vermeiden.
3.
Auflage D) 14:
Der Bereich zwischen Fahrsilo und Beschickung der Biogasanlage (Feststoffeintrag) ist umgehend nach Einbringung des Substrates zu reinigen. Die Feststoffzufuhr ist entweder mit einem Dach zu versehen oder nach Einbringung der Substrate durch geeignete Maßnahmen zu verschließen.“
2. Dagegen richtet sich die am 16. Juli 2014 von der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf eingebrachte begründete Beschwerde, in der beantragt wird das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 18. Juli 2014 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Sie bildet den Deliktstatbestand erfüllenden Sachverhalt. Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung (vgl. VwGH vom 24. Mai 2013, Zl. 2012/02/0174). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es beim Erfordernis einer genauen Tatumschreibung iSd § 44a Z 1 VStG darauf an, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl. VwGH vom 17. April 2012, Zl. 2010/04/0057).
Bei Verstößen gegen Auflagen in Bescheiden sind jedoch konkret alle Handlungen oder Unterlassungen anzuführen, durch welche die Auflage nicht eingehalten wurde (VwGH 18.10.2012, 2012/04/0020).
Diesen Anforderungen entspricht der Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses nicht. Die Tatbeschreibung im gegenständlichen Straferkenntnis erschöpft sich darin, wörtlich die Auflagenvorschreibungen des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Dezember 2004 wiederzugeben. Es fehlt eine Beschreibung dahingehend durch welche Handlungen oder Unterlassungen der Bf den Auflagenvorschreibungen nicht entsprochen hat bzw. welche Handlungen er vorzunehmen gehabt hätte, um den behördlichen Vorgaben zu entsprechen. Allein der Hinweis, dass der Sachverständige anlässlich eines Lokalaugenscheines die Nichteinhaltung von Auflagen festgestellt hat, genügt als Tatvorwurf nicht. Der Beschwerde war daher zu folgen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).
Festzuhalten ist, dass zwischenzeitig (Datum der behördlichen Überprüfung der Biogasanlage: 14.11.2013) die gesetzliche Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr überschritten ist, weshalb dem Bf ein geänderter Tatvorwurf nicht angelastet werden kann. Es ist daher Verfolgungsverjährung eingetreten. Aus diesem Grund war der Beschwerde stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
III. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf die grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger