LVwG-350108/2/GS

Linz, 19.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gabriele Saxinger über die Beschwerde von Herrn O. D., geb.
x, x, vom 12. November 2014, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landes­hauptstadt Linz vom 16. Oktober 2014, GZ: 3.01-ASJF, wegen Zurückweisung des Antrages auf bedarfsorientierte Mindestsicherung wegen entschiedener Sache

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Beschwerde wird gemäß § 28 VwGVG keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der Landeshaupt­stadt Linz vom 16. Oktober 2014 wird bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
16. Oktober 2014 wurde der Antrag von Herrn D. O., x, vom 16. Oktober 2014 auf Hilfe zur Sicherung des Lebens­unter­haltes und Wohnbedarfes gemäß § 27 Oö. BMSG iVm § 68 Abs. 1 AVG zurück­gewiesen. Begründend wurde dargelegt, dass mit Bescheid vom 12. September 2014 der Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung negativ entschieden worden wäre, dieser wäre dem Beschwerdeführer (Bf) am 16. September 2014 zugestellt worden und der Bf habe gegen diesen Bescheid keine Beschwerde eingelegt, dieser sei daher in Rechtskraft erwachsen. Am 16. Oktober 2014 habe der Bf einen neuerlichen Erstantrag bei der Behörde gestellt. Seit dem letzten Bescheid habe sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht geändert. Da der Bescheid mit obigem Datum bereits rechts­kräftig geworden wäre und sich seither weder die Rechtslage noch der Sach­verhalt im Wesentlichen geändert hätten, läge entschiedene Sache (res iudicata) vor. Es wäre daher spruchgemäß zu ent­scheiden und der Antrag als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

 

I.2. In der von Herrn D. rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird im Wesent­lichen vorgebracht, dass der Antrag auf Mindestsicherung mit dem Argument siehe Bescheid abgelehnt worden wäre.

Momentan lebe er in einer eigenen Wohnung (28 ) als Untermieter bei einem Freund. Ihm wäre damals gesagt worden, er hätte die Möglichkeit, in L. Arbeit zu bekommen. Als er in L. angekommen wäre, wäre nichts aus der versproche­nen Arbeit geworden. Auf einmal wäre er ohne Unterstützung gewesen. Er habe die BMS beantragt, weil er in einer Notlage wäre. Er könne seinen Anteil der Miete nicht aufbringen und deshalb wäre es zu Auseinandersetzungen mit seinem Freund gekommen. Deshalb werde er gezwungen sein, aus der Wohnung auszu­ziehen. Er beziehe momentan überhaupt keine Leistung, er bekomme auch keine Grundversorgung oder sonstiges. Die Behörde habe die Möglichkeit, ihm vorüber­gehend zumindest in der für ihn schwierigen Zeit bis zum Beginn einer Beschäftigung eine Leistung im Rahmen des Privatrechtes (§ 4 Abs. 2 Oö. BMSG) zu gewähren. Er ersuche daher um Aufhebung des Bescheides vom 16. Oktober 2014 und Gewährung der Mindestsicherung bzw. Gewährung einer Leistung des Privatrechtes. Sein Lohn werde ihm erst im nächsten Monat (Dezember 2014) ausbezahlt.

 

I.3. Mit Schreiben vom 24. November 2014 wurde die verfahrensgegenständ­liche Beschwerde von der belangten Behörde dem Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) zur Entscheidung vorgelegt.

 

Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter.

 

 

I.4. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Da bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Ver­handlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Grundrechtscharta entgegen stehen, war von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß
§ 24 Abs. 4 VwGVG abzusehen.

 

I.5. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Am 2. September 2014 stellte Herr D. O., geboren x, x, einen Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes.

Mit Bescheid vom 12. September 2014 wurde diesem Antrag vom 2. September 2014 keine Folge gegeben. Folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde der Entscheidung zu Grunde gelegt:

“Sie haben mit Antrag vom 2. September 2014 um bedarfsorientierte Mindest­sicherung angesucht. Durch die umfassende Grundversorgung in K. galten Sie im Sinne des § 6 Abs. 5 Oö. BMSG als versorgt. Gemäß Ihrem vorgelegten Schreiben der Volkshilfe vom 9. September 2014 wurde Ihr Antrag auf Grund­versorgung in Oberösterreich mit dem Hinweis, dass Sie laut Mitteilung der Oö. Landesregierung einen Antrag auf Grundversorgung in K. stellen müssen, abgelehnt. Da Ihre Entlassung aus der Flüchtlingsunterkunft durch das Land K noch nicht bescheinigt wurde, besteht die Möglichkeit im Falle einer sozialen Notlage, jederzeit wieder in die umfassende Grundversorgung zurück­zukehren und Sie gelten damit als versorgt. Es besteht daher kein Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung. Ihr Antrag wird somit negativ entschieden.“

 

Dieser Bescheid wurde dem Bf am 16. September 2014 zugestellt. Da dagegen vom nunmehrigen Bf kein Rechtsmittel eingebracht wurde, erwuchs dieser Bescheid vom 12. September 2014 in Rechtskraft.

 

Am 16. Oktober 2014 stellte der Bf erneut einen Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes.

 

Zum Zeitpunkt der Antragstellung vom 16. Oktober 2014 hatte der Bf von K. aus noch keinen Antrag auf Grundversorgung gestellt.

 

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 16. Oktober 2014 wurde der Antrag des Bf vom 16. Oktober 2014 zurückgewiesen.

Begründend wurde festgehalten:

„Mit Bescheid vom 12. September 2014 wurde Ihr Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung negativ entschieden, dieser wurde Ihnen am 16. September 2014 zugestellt und sie haben gegen diesen Bescheid keine Beschwerde eingelegt, dieser ist daher bereits in Rechtskraft erwachsen. Am 16. Oktober 2014 haben Sie einen neuerlichen Erstantrag bei der Behörde gestellt. Seit dem letzten Bescheid hat sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht geändert. Da der Bescheid mit obigem Datum bereits rechtskräftig wurde und sich seither weder die Rechtslage noch der Sachverhalt im Wesentlichen geändert hat, liegt deshalb eine entschiedene Sache (res iudicata) vor. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und Ihr Antrag als unzulässig zurückzuweisen.“

 

Im Rahmen seiner Antragstellungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung vom 2. September 2014 und 16. Oktober 2014 legte der Bf folgende Unterlagen vor:

-      Schreiben der Volkshilfe vom 9. September 2014 samt Bestätigung (wurde im Rahmen der Mitwirkungspflicht beim ersten Antrag nachträglich vorge­legt)

-      Karte für subsidiär Schutzberechtigte bzw. Erkenntnis des BVwG über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 52 AsylG 2005

-      Bestätigung des Landes K hinsichtlich Grundversorgung

Zusätzlich wurden beim Antrag vom 16. Oktober 2014 vorgelegt:

    - AMS-Bestätigung

    - Mietvertrag des Herrn A. N.

 

 

II.         Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem vorgelegten Ver­waltungsakt.

Fest steht, dass anlässlich der ersten und zweiten Antragstellung grundsätzlich die gleichen Nachweise vorgelegt wurden.

 

In dem vom Bf jeweils vorgelegten Schreiben der Volkshilfe vom 9. September 2014 ist festgehalten, dass der Bf den Antrag auf Grundversorgung in K machen muss, wenn er wieder Grundversorgung in Anspruch nehmen möchte. Beigelegt ist eine Bestätigung des Landes K vom 22. August 2014, dass sich der Bf im Rahmen der fremdenrechtlichen Bestimmungen in K aufhält und sich derzeit in Grundversorgung befindet. Weiters ist ein Schreiben des Landes K beigeheftet. Darin ist festgehalten, dass die Ausscheidung des Bf aus der Grundversorgung des Landes K am 19. August 2014 erfolgte. Begründend wurde angeführt, dass der Bf seinen bisherigen Wohnsitz in K am 19. August 2014 verlassen hat und in L. mit Hauptwohnsitz gemeldet ist.

 

Zum Mietvertrag, der beim zweiten Antrag zusätzlich vorgelegt wurde, wird fest­gestellt, dass beim ersten Antrag bloß der Name des unterkunftgebenden Freundes A. N. eingetragen wurde. Ebenso verhält es sich bei der beim zweiten Antrag vorgelegten AMS-Bestätigung: Beim ersten Antrag blieb die ent­sprechende Rubrik vom Bf gänzlich unausgefüllt. Aus der Angabe beim zweiten Antrag geht jedoch hervor, dass der Bf bereits seit 18. Juli 2014 beim AMS gemeldet ist.

 

 

III. Rechtsgrundlage und rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen.

Nach § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Nach Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 BV-G dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungs­ gericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Fall der Zurückweisung eines Antrages (hier: wegen entschiedener Sache) Sache der Rechtsmittelentscheidung nur die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurück­weisung (vergleiche z. B. VwGH vom 08.04.2014, Zl. 2011/05/0074).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG),
BGBl. I Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der § 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen ent­schiedener Sache zurückzuweisen.

 

Die Zurückweisung eines Anbringens wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG setzt Zweierlei voraus:

 

Zum einen muss sich der Antrag auf eine rechtskräftig entschiedene Sache beziehen, die nur dann vorliegt, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid, dessen Abänderung oder Aufhebung begehrt wird, weder am erheblichen Sach­verhalt noch an der maßgeblichen Rechtslage etwas geändert hat und sich das neue Parteienbegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.7.1992, Zl. 92/06/0062; 28.10.2003, Zl. 2001/11/0224; VwGH 27.5.2004, Zl. 2003/07/0100).

Zum anderen muss die Partei einen recht­lichen Anspruch auf neuerliche Ent­scheidung in derselben Sache – sei es unter unzutreffendem Vorbringen (ver­meintlich), geänderter Sach- oder Rechtslage oder unter einfachem Hinweg­setzen über den bereits rechtskräftig gewordenen Bescheid – geltend gemacht haben (VwGH 28.7.1995, Zl. 95/02/0082; VwGH 28.3.2000, Zl. 99/08/0284; VwGH 24.3.2004, Zl. 99/12/0114), der ihr nicht zusteht.

 

Nun liegt entschiedene Sache dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Dabei muss der Begriff der „Identität der Sache“ aus einer rechtlichen Betrach­tungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geän­derten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (zu all dem VwGH vom 25.04.2003, Zl. 2000/12/0055).

 

Dazu ist bezogen auf den verfahrensgegenständlichen Fall Folgendes festzu­stellen:

Unstrittig ist der Bescheid vom 12. September 2014, der in der Sache über den ersten Antrag des Bf in der Sache abspricht, in Rechtskraft erwachsen. Der Bf hat kein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung erhoben.

Die Begehren des Bf vom 2. September 2014 und vom 16. September 2014 decken sich, sie sind jeweils auf die Beantragung der bedarfsorientierten Mindestsicherung gerichtet.

Aus den jeweils im Rahmen der Antragstellungen vorgelegten Nachweisen bzw. Unterlagen, die im Wesentlichen übereinstimmen (sh. Beweiswürdigung), ist ersichtlich, dass sich der Sachverhalt zwischen den Antragstellungen vom
2. September 2014 und der vom 16. Oktober 2014 im Wesentlichen nicht geän­dert hat.

Änderungen in der Rechtslage wurden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.

Somit liegt sog. „Identität der Sache“ vor. Die belangte Behörde hat somit den zweiten Antrag des Bf vom 16. Oktober 2014 zu Recht wegen entschiedener Sache (res iudicata) zurückgewiesen.

Hätte der Bf die Entscheidung in der Sache selbst bekämpfen wollen (d.h. die Abweisung der Mindestsicherung), hätte er Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 2014 erheben müssen. Dies ist jedoch nicht erfolgt.

 

Zum Beschwerdevorbringen, es möge auf Grund der besonderen Notlage die Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung auf Grundlage des § 4 Abs. 2 Oö. BMSG erfolgen, ist anzuführen, dass darüber das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zuständigkeitshalber nicht absprechen kann, sondern derartige Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung im Rahmen des Privatrechts im Wege der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu beantragen sind.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Gabriele Saxinger