LVwG-600213/24/MS/CG
Linz, 19.12.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn Dr. H W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R S, S, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 4. Februar 2014, GZ: VerkR96-1315-2013 wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 99 Abs. 2c Ziffer 4 StVO in Verbindung mit § 18 Abs. 1 StVO ,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das bekämpfte Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass das polizeiliche Kennzeichen in Spruchabschnitt 1 und 2 wie folgt lautet: X
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 60,00 zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wie folgt abgesprochen:
Sie haben zu einem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde. Es wurde mit Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,27 Sekunden festgestellt.
Tatort: Gemeinde Eberstalzell, Autobahn Freiland, Fahrtrichtung Salzburg, Nr. 1 bei km 202.150
Tatzeit: 20.1.2013, 14:12 Uhr
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 99 Abs. 2c Ziffer 4 StVO in Verbindung mit § 18 Abs. 1 StVO
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von € 300, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden gemäß § 99 Absatz 2c StVO
Ferner haben sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zu zahlen:
€ 30 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher:
€ 330.
Zur Begründung führt die Behörde (auszugsweise) folgendes aus:
Die Verwaltungsübertretung wurde mittels im Dienstkraftfahrzeug eingebauter Multivision-Anlage (Nummer x) aufgezeichnet und anschließend auf der x (stationäre Auswertungsstation) vom besonders geschulten Organ (Bezirksinspektor M S) ausgewertet, die Anzeige im Zusammenhang mit der erfolgten zeugenschaftlichen Einvernahme des Meldungslegers ist schlüssig und war spruchgemäß zu entscheiden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss, unter Berücksichtigung aller gegebenen Umstände, wie etwa Straßen- und Sichtverhältnisse ein rechtzeitiges Anhalten auch bei überraschenden Bremsmanövern des davor Fahrenden möglich sein. Wiederholt erkannte er, dass der nötige Abstand, so lange nicht besondere Umstände hinzutreten, etwa der Länge des Reaktionsweges entsprechen muss, das sind in Metern 3/10 der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit und entspricht in etwa 1 Sekunde.
Der Reaktionsweg spielt deshalb eine so bedeutende Rolle, weil auf dieser Strecke keine Geschwindigkeit abgebaut wird. Zwar ist die sogenannte Schrecksekunde in vieler Munde, welche Strecken aber in dieser Zeit ungebremst zurückgelegt werden, wissen nur Wenige. Deshalb empfiehlt das Kuratorium für Verkehrssicherheit und auch die Fahrschulen einen Mindestabstand von 2 Sekunden, da bei längeren monotonen Fahrten sich der Reaktionsweg bis zu 2,5 Sekunden verlängern kann.
Dies bedeutet konkret, dass der empfohlene Reaktionsweg bei einer Geschwindigkeit von 127 km/h bei 76,2 m liegt und der gesetzlich erforderliche (um sich nicht strafbar zu machen) sich mit 38,1 m ergibt. Sie haben jedoch nur ca. 9,7 m eingehalten. Wenn man weiters erwägt, dass der einzuhaltende Mindestsicherheitsabstand der Reaktionszeit von 1 Sekunde (optimalen Bedingungen) gleich zu halten ist, ergibt sich, dass ein Sicherheitsabstand von nur 0,27 Sekunden den ihnen zur Last gelegten Tatbestand verwirklicht.
Die vom Verkehrskontrollsystem der Marke x errechnete Sekundenanzahl ergibt sich aus der Messung der Geschwindigkeit des Vorfahrenden, ihrer Fahrtgeschwindigkeit und des Abstandes der Fahrzeuge über eine bestimmte Wegstrecke. Die Geschwindigkeit wird immer zu Gunsten des Beschuldigten abgerundet und der Abstand immer aufgerundet, da der Messpunkt der Radaufstandspunkt der ersten Achse ist und dadurch der gemessene Abstand nicht der tatsächliche Abstand (Heck des Vorfahren zur Front des Nachfahren) ist, d.h. konkret, dass Sie daher maximal 0,27 Sekunden eingehalten haben.
Zusammenfassend wird festgehalten, dass das Beweisergebnis (die Zeugenaussage des Meldungslegers, die Anzeige samt Lichtbilder, der gültige Eichschein) schlüssig ist und keinen Zweifel an der Richtigkeit des Messergebnisses aufkommen lassen. Demgegenüber waren die Angaben des Beschuldigten als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren, um einer Bestrafung zu entgehen oder ein Verschulden an der Übertretung auszuschließen.
Zum Unrechtsgehalt der Tat wird ausgeführt, dass ein zu geringer Sicherheitsabstand neben einer zu hohen Geschwindigkeit eine der Hauptursachen von Verkehrsunfällen darstellt. Gerade auf Autobahnen, wo sich die Fahrzeuge naturgemäß mit höherer Geschwindigkeit bewegen ist die Kombination mit zu geringem Sicherheitsabstand die Gefahrenquelle schlechthin und begründet sich laut Statistik jeder zweite Verkehrsunfall auf Autobahnen auf zu geringem Abstand. Somit ist erwiesen, dass der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ein erheblicher Schuld- und Unrechtsgehalt zu Grunde liegt. Dies hat der Gesetzgeber auch durch die Qualifizierung dieses Deliktes als eines jener, deren Begehung einen Eintrag im Führerscheinregister nach sich zieht, zum Ausdruck gebracht.
Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH ist es nicht rechtswidrig, wenn die Behörde ein nicht unerhebliches Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung bzw. Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, annimmt, soll die verhängte Strafe doch einen spürbaren Nachteil darstellen, um Sie in Hinkunft zur Aufbringung jener Sorgfalt zu ermahnen, die im Straßenverkehr erforderlich ist.
Bei der Strafbemessung im Sinn des § 19 VStG waren auf Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten Bedacht zu nehmen, weiters wurde von der Vermögenslosigkeit ausgegangen. Sorgepflichten wurden nicht angegeben. Straferschwerend war der sehr geringe Sicherheitsabstand und auch die nicht vorhandene Gesprächsbereitschaft, strafmildernd war die bisherige Unbescholtenheit im hiesigen Verwaltungsbezirk zu werten.
Die verhängte Geldstrafe erscheint unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld— und unrechtsangemessen.
Die Höhe der Geldstrafe scheint ausreichend, um Sie in Hinkunft von der Übertretung dieser Normen abzuhalten.
Gegen dieses am 10. Februar 2014 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig am 10. März 2014 zur Post gegebene Beschwerde vom 10. März 2014.
Darin wird das angeführte Straferkenntnis in seinem gesamten Inhalt und Umfang angefochten und die Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.
Begründet wird folgendes angeführt:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis legt mir die erstinstanzliche Verwaltungsstrafbehörde zur Last, dass ich angeblich am 20. Jänner 2013, 14:12 Uhr, mit dem Fahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen X einer Autobahn, Gemeinde Eberstalzell in Fahrtrichtung Salzburg, zu einem am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten hätte, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde.
In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses schildert die erstinstanzliche Verwaltungsstrafbehörde den bisherigen Verfahrensverlauf und führt aus, dass ich bezugnehmend auf die Aufforderung zur Rechtfertigung der Behörde vom 4.3.2013 angeblich dermaßen Stellung genommen hätte, dass ich die mir zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen habe, da mir die Übertretung aufgrund einer Videoaufzeichnung zur Last gelegt werde. Diese Feststellung der Behörde im angefochtenen Straferkenntnis ist jedoch aktenwidrig, da ich mit meiner diesbezüglichen Stellungnahme vom 25.3.2013 kein solches Vorbringen, ich hätte die mir vorgeworfene Übertretung nicht begangen, weil mir diese aufgrund einer Videoaufzeichnung zur Last gelegt werde, erstattet habe.
Vielmehr habe ich die mir zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen, da ich zum angeblichen Tatzeitpunkt an der angeblichen Tatörtlichkeit das Fahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen X, wie mir bereits mit der gegenständlichen Anzeige sowie Strafverfügung und nunmehr mit dem gegenständlichen Straferkenntnis vorgeworfen wird, gelenkt habe. Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf die Einstellung des Verfahrens lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach dieser ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich aller Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden sein soll, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Zu diesen wesentlichen Tatbestandsmerkmalen zählt auch insbesondere die Angabe des konkret vorgeworfenen Verhaltens, sohin gegenständlich das genaue Kennzeichen jenes Fahrzeuges, mit welchem die angebliche Verwaltungsübertretung begangen worden sein soll. Ich war niemals Zulassungsbesitzer und auch niemals Lenker des Fahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen X, sohin auch nicht an der angeblichen Tatörtlichkeit zur angeblichen Tatzeit. Da im vorliegenden Fall ein im Sinne des § 44 a VStG notwendiger Spruchbestandteil tatsachenwidrigerweise von der Behörde in den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aufgenommen worden ist, entspricht bereits der Spruch nicht dem § 44 a VStG normierten Konkretisierungsgebot. Innerhalb der im VStG normierten Frist ist gegen mich eine Verfolgungshandlung hinsichtlich einer angeblichen Tat gesetzt worden, die von mir nicht begangen worden ist, da ich niemals das „Beschuldigtenfahrzeug“ mit dem polizeilichen Kennzeichen X gelenkt habe. Dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses liegt ein fehlerhafter und mir nicht zuordenbarer Tatvorwurf zu Grunde, weshalb ich den Antrag stelle, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das gegenständlich gegen mich geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Da ich gegenständlich an der angeblichen Tatörtlichkeit zum angeblichen Tatzeitpunkt kein Fahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen X gelenkt habe, ist von mir im erstinstanzlichen Verfahren auch vorgebracht worden, dass gegenständlich von einem Messfehler auszugehen ist bzw. einer vorliegt. Zum Beweis dafür habe ich auch von Beginn des Verfahrens an den Antrag gestellt, dass der gegenständliche Videofilm, auf welchen sich die Behörde bezieht, an die zuständige Rechtshilfebehörde, die Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat und Stadtpolizeikommando in der Stadt, 1010 Wien, Deutschmeisterplatz 3, übersendet und dort ein ausgewiesener Verteidiger zur Vorführung dieses Videofilms geladen wird. Diesem meinen Antrag ist die erstinstanzliche Verwaltungsstrafbehörde jedoch nicht nachgekommen, da ein ausgewiesener Verteidiger von der Rechtshilfebehörde keine Ladung zur Akteneinsicht und Vorführung des Videofilms erhalten hat. Auch ist meinem ausgewiesenen Verteidiger dieser Videofilm nicht, wie im angefochtenen Straferkenntnis ausgeführt, von einer G Behörde an diesen übersandt worden. Zustellungen der Behörde sind lediglich dann rechtsgültig, wenn diese an meinen ausgewiesenen Vertreter erfolgen.
Mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 12.6.2013 hat die Behörde meinem ausgewiesenen Vertreter unter anderem Lichtbilder übermittelt, auf welchen ebenfalls ersichtlich ist, dass gegenständlich ein Fahrzeug mit dem Kennzeichen X einer offenbaren Messung unterzogen worden ist. Wie bereits von mir vorgebracht, habe ich ein Fahrzeug mit dem Kennzeichen X niemals besessen oder gelenkt und bin auch niemals Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges mit diesem Kennzeichen gewesen.
Wenn die Behörde in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Straferkenntnisses ausführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Messung mit einem technischen Gerät ein taugliches Mittel zur Feststellung eines von einem Fahrzeug eingehaltenen Sicherheitsabstandes darstellt, so trifft dies jedoch nur dann zu, wenn dieses technische Gerät entsprechend der Bedienungsanleitung verwendet wird. Die im Behördenakt aufliegenden Lichtbilder resultieren aus einer offenbar nicht ordnungsgemäß durchgeführten Abstandsmessung.
Gegenständlich ist der Meldungsleger nicht als Zeuge vernommen worden, sondern hat die erstinstanzliche Verwaltungsstrafbehörde vom Beamten R B lediglich einen schriftlichen Bericht eingeholt. Dieser Grundsatz der freien Beweiswürdigung berechtigte die Behörde nicht, davon auszugehen, dass allein die Eigenschaft des nicht als Zeugen vernommenen und „unter Strafsanktion zur Wahrheit verpflichteten“ Organ der öffentlichen Sicherheit schon ausreicht, den leugnenden Beschuldigten der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung als unwiderlegbar überführt und damit als schuldig anzusehen (VwGH 26.6.1978, Slg. 9602/A – verstärkter Senat).
Der Vernehmung als Zeuge ist insofern der Vorzug gegenüber einem schriftlichen Bericht zu geben, als die Zeugenvernehmung ihrem Wesen nach in Frage des Vernehmenden und Antwort des Zeugen besteht, woraus an sich schon durch die Betrachtung des Fragenkomplexes von verschiedenen Gesichtspunkten mehr Aufklärung zu gewinnen sein wird, als aus schriftlichen Darlegungen desjenigen, der den Sachverhalt schon einmal schriftlich – nämlich in der Anzeige – geschildert hat (VwGH 18.4.1980, 1835/78).
Überdies ist die objektive Tatseite nicht ausreichend ermittelt worden, insbesondere, dass ich das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen X nicht gelenkt habe. § 5 Abs. 1 VStG normiert nur eine Schuldvermutung, nicht eine Vermutung, dass der Beschuldigte das ihm vorgeworfene Verhalten gesetzt hat und dass dies rechtswidrig gewesen ist. Die Begehung des angelasteten Deliktes (objektive Tatseite) hat daher die Behörde nachzuweisen. Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz hat aber den maßgebenden Sachverhalt nicht genügend ermittelt, um zu einem Schuldspruch gelangen zu können.
Abgesehen davon ist das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Inhalts mit Rechtswidrigkeit behaftet, insbesondere liegt ein Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot gemäß § 44a VStG vor, da ich zum angeblichen Tatzeitpunk an der angeblichen Tatörtlichkeit das Beschuldigtenfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen X nicht gelenkt habe. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bezeichnet nicht die als erwiesen angenommene Tat in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung, sondern stellt bereits ihre rechtliche Würdigung dar. Es genügt nicht, die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat (abgesehen von der Angabe der Tatzeit und des Tatortes) auf den reinen Gesetzeswortlaut zu beschränken (§ 44a lit. a VStG).
II. Das OÖ Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde sowie durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28. November 2014, zu deren Beginn eine Kopie des Zulassungsscheines eines auf den Beschwerdeführer angemeldeten Fahrzeuges vorgelegt wurde.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung führte der Amtssachverständige für Verkehrstechnik nach Vorführung der Videoaufzeichnungen folgendes aus:
Es wurde von der Polizei das gegenständliche Video übermittelt. Das Video wurde entsprechend der polizeilichen Anzeige mit dem amtseigenen Auswertesystem ausgewertet. Dabei ist festzuhalten, dass das Fahrzeug des Beschwerdeführers, wie er auf dem Video augenscheinlich erkennbar ist, bei Beginn der Videoaufzeichnung sich bereits auf der Überholspur befindet. Dieses Fahrzeug auf der Überholspur fährt mit relativ konstanter Geschwindigkeit. Im Zuge der Fahrt dieses Fahrzeuges ist dann erkennbar, dass sich auf der rechten Fahrspur ein hell lackierter PKW befindet, der dann bei einem relativ geringen Tiefenabstand zwischen dem Fahrzeug des Beschwerdeführers und dem spurwechselnden Fahrzeug, den Spurwechsel beginnt. Zum Zeitpunkt, als das spurwechselnde Fahrzeug den Blinker aktiviert, beträgt der Abstand zwischen dem spurwechselnden Fahrzeug und dem Fahrzeug auf der Überholspur größenordnungsmäßig 25 Meter. Der Spurwechsel beginnt durch das Einschalten des Blinkers. Dann setzt sich der Spurwechsel in der Weise fort, dass der Blinker eingeschaltet ist und das Fahrzeug die Mittellinie passiert und dann den linken Fahrstreifenwechsel beschert. Diese Situation, die im Video dokumentiert ist, von Beginn des Blinkersetzens bis zur Abstandsmessung vergeht eine Zeitspanne von rund zehn Sekunden. Erst zehn Sekunden nach dem Setzen des Blinkers, bei dem das Fahrzeug noch auf der rechten Fahrspur sich befunden hat, erfolgte die Abstandsmessung. Bei dieser Situation, die die Polizei zur Anzeige gebracht hat, ergibt sich, dass das Fahrzeug des Beschwerdeführers netto, das heißt abzüglich aller Toleranzen, eine Fahrgeschwindigkeit von 127 km/h inne gehabt hat bei einem gemessenen Tiefenabstand zwischen den beiden Fahrzeugen von 9,7 Meter. Daraus ergibt sich rechnerisch ein Sekundenabstand von 0,2749 Sekunden. Vorgeworfen wurde ein Tiefenabstand von 0,27 Sekunden. Die messtechnische Auswertung des Polizei-Videos ergibt, dass im Hinblick auf die von der Polizei ursprünglich gewählte Situation eine Bestätigung des Messergebnisses ist, dass sowohl der Tiefenabstand als auch die Geschwindigkeit unter Berücksichtigung der entsprechenden Toleranzen im Sinne des Beschwerdeführers ermittelt worden sind.
Der Zeuge O R gab folgendes an, er und sein Kollege Inspektor B seien mit einem zivilen Polizeifahrzeug unterwegs gewesen. Das gemessene Fahrzeug sei ihnen aufgrund der Geschwindigkeit und des eingehaltenen Abstands aufgefallen, worauf sie eine Messung durchgeführt hätten und in der Folge eine Anhaltung im Bereich V.
An die konkrete Situation selbst könne er sich nicht mehr erinnern. Er habe sich den Videofilm seit damals nicht mehr angesehen. Auf dem Video sei das Kennzeichen aufgrund der nicht so guten Witterung nicht erkennbar. In der Folge hätten sie das Fahrzeug angehalten, die Amtshandlung durchgeführt und im Rahmen der Amtshandlung das Kennzeichen festgestellt. Die Anzeige habe nicht er erstattet, sondern Herr Chefinspektor B.
Der Zeuge Chefinspektor B sagt aus, er könne sich noch an den Vorfall vom 20. Jänner 2013 erinnern. Er sei mit einem zivilen Einsatzfahrzeug unterwegs gewesen und sei der Fahrer dieses Fahrzeuges gewesen. Sie seien dem Fahrzeug dann nachgefahren, hätten die Videoaufzeichnung, die auf dem Film zu sehen sei, gestartet.
Der Lenker sei Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges gewesen. Er habe die Anzeige gelegt.
Er glaube sich erinnern zu können, dass ein Fahrzeug vor dem gemessenen Fahrzeug einen Fahrspurwechsel durchgeführt hat, in einem normalen ausreichenden Abstand. Den Abstand des Polizeifahrzeuges zum gemessenen Fahrzeug könne er nicht angeben, jedoch sei ein gewisser Mindestabstand einzuhalten, um eine korrekte Messung durchführen zu können.
Das OÖ Landesverwaltungsgericht geht von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer fuhr am 20. Jänner 2013 um 14.12 Uhr mit dem auf ihn zugelassenen Fahrzeug, VW T, auf der Autobahn Freiland, Richtung Salzburg, Nr. 1, bei km 202.150 in der Gemeinde Eberstalzell und hat zu einem in diesem Zeitpunkt vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einen zeitlichen Abstand von 0,27 Sekunden eingehalten.
III. Gemäß § 18 Abs. 1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abbremst.
Gemäß § 99 Absatz 2c Z. 4 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges den erforderlichen Sicherheitsabstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug gemäß § 18 Abs. 1 nicht einhält, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr, aber weniger als 0,4 Sekunden beträgt.
Gemäß § 44a Ziffer 1 VStG hat der Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
- die als erwiesen angenommene Tat
Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes-oder Landesgesetze nicht Entscheidung durch einen Senat vorsehen. In der StVO ist eine Entscheidung durch einen Senat nicht vorgesehen.
IV. Nach der ständigen Rechtsprechung hat die Umschreibung der Tat – bereits im Spruch und nicht erst in der Bescheidbegründung (VwSlg 17.326 A/2007; VwGH 1. 7. 2010, 2008/09/0149) – so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist (zB VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 12. 3. 2010, 2010/17/0017; 17. 4. 2012, 2010/04/0057), sie muss mithin die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind, ermöglichen (vgl VwGH 20. 7. 1988, 86/01/0258; 31. 1. 2000, 97/10/0139; s auch VwGH 6. 11. 2012, 2012/09/0066) und sie darf keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden ist (VwGH 23. 4. 2008, 2005/03/0243). Andererseits dürfen bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat auch keine Verhaltensweisen mitumfasst werden, die nicht der verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44 a Z 2 unterliegen (vgl VwGH 24. 4. 2008, 2007/07/0124).
Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hat sich am jeweils in Betracht kommenden Tatbild zu orientieren (VwGH 25. 2. 1992, 91/04/0285), Eine ausreichende Konkretisierung wird aber in aller Regel die Angabe von Tatort, Tatzeit sowie des wesentlichen Inhaltes des Tatgeschehens bedingen (VwGH 27. 4. 2011, 2010/08/0091).
Im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses sind Tatort (Gemeinde Eberstalzell, Autobahn Freiland, Fahrtrichtung Salzburg, Nr. 1 bei km 202.150), Tatzeit (20. Jänner 2014, 14.12 Uhr) und Tathandlung (Nichteinhaltung eines solchen Abstandes zu einem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug, sodass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde. Festgestellter zeitlicher Abstand mittels Videomessung von 0,27 Sekunden) angegeben. Diese Angaben im Spruch des Straferkenntnisses und die Tatsache, dass während der gesamten Messung eine polizeiliche Nachfahrt erfolgte, die mit der Anhaltung des Beschwerdeführers endete, lassen keinen Zweifel daran, wofür der Beschwerdeführer im bekämpften Straferkenntnis bestraft worden ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH stellt darüber hinaus das polizeiliche Kennzeichen (genauso wenig wie Fahrzeugtype, Marke) kein Tatbestandsmerkmal der Verwaltungsübertretung des StVO dar.
Der VwGH hat bereits in seinem Erkenntnis vom 28.02.2001, 2000/03/0311 entschieden, dass es rechtsunerheblich ist, wenn in der Strafverfügung zwar ein polizeiliches Kennzeichen angeführt wurde, dieses aber unrichtig war.
Die Tathandlung, Tatort und Tatzeit sind im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses derart ausreichend bestimmt, dass eine Zuordenbarkeit gegeben ist, sodass kein Verstoß gegen die Anforderung nach § 44a VStG vorliegt.
Das im Spruch des angeführten Straferkenntnisses angeführte Kennzeichen ist mit einem Ziffernsturz der beiden letzten Ziffern behaftet, welcher bereits in der Anzeige seinen Ausgang nimmt. Lt. vorliegender Kopie des Zulassungsscheines muss es richtig wie folgt heißen: X. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle das polizeiliche Kennzeichen mit dem vorliegenden Zulassungsschein (hier der Kopie desselben) verglichen wird und danach in die Anzeige übertragen wird, hierbei hat sich im ggst. Fall ein Ziffernsturz eingeschlichen, der dem Zeugen auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht bewusst gewesen ist. Im Lichte dieser Ausführungen sind daher die Angaben des Zeugen zur Frage „Kennzeichen“ zu werten. Da es sich wie oben angeführt beim Kennzeichen um kein Tatbestandsmerkmal handelt, konnte dieses berichtigt werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung beginnt die Verpflichtung zur Einhaltung eines entsprechenden Sicherheitsabstandes bei einem Überholvorgang, wenn das überholende Fahrzeug sich mit einem Teil des Lichtraumprofils in den Fahrstreifen des überholenden Fahrzeugs hineinbewegt. In diesem Zeitpunkt ist der nachkommende Lenker verpflichtet, seinerseits durch Reduktion der Geschwindigkeit den erforderlichen Sicherheitsabstand herzustellen, selbst wenn der vorausfahrende Verkehrsteilnehmer zu knapp hineinschneiden sollte (ZVR 1985/4).
Aus der vorliegenden Videoaufzeichnung ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer seinen Wagen zu Beginn dieser Aufzeichnungen auf der Überholspur gelenkt hat. Ein auf dem rechten Fahrstreifen gelenkter Pkw zeigt bei einem relativ geringen Tiefenabstand zum Fahrzeug des Beschwerdeführers mittels Blinkzeichen den beabsichtigten Spurwechsel an und führt diesen in der Folge auch durch. Der Abstand im Zeitpunkt „Aktivierung des Blinkers“ zum Fahrzeug des Beschwerdeführers beträgt ca. 25 m. Etwa 10 Sekunden danach wird die Abstandsmessung aktiviert und beträgt der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen 9,7 m. Die Fahrgeschwindigkeit des Beschwerdeführers betrug konstant etwa 127 km/h und hat dieser während der Nachfahrt keinerlei Maßnahmen dahingehend gesetzt, den erforderlichen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug, sodass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, wenn das vorausfahrende Fahrzeug plötzlich abgebremst würde, wieder herzustellen.
In der mündlichen Verhandlung wurde vorgebracht, das nachfahrende zivile Einsatzfahrzeug hätte den gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsabstand nicht eingehalten. Hierzu ist festzustellen, dass nach § 27 VwGVG das OÖ. Landesverwaltungsgericht an die in der Beschwerde angeführten Beschwerde-punkte bei seiner Entscheidung gebunden ist bzw. an Ergänzungen, die innerhalb der zur Verfügung stehenden Frist von 4 Wochen ab Zustellung des bekämpften Straferkenntnisses eingebracht werden. Weder in der Beschwerde selbst noch in einer allfälligen Ergänzung, welche innerhalb der Beschwerdefrist eingebracht wurde, wurde vom Beschwerdeführer geltend gemacht, dass er durch ein zu nahe auffahrendes Fahrzeug gehindert wurde, dafür zu sorgen, dass der erforderliche Mindestabstand zu dem vor ihm auf demselben Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug wieder hergestellt wird. Daher wurde der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Beschwerdepunkt verspätet eingebracht und ist im ggst. Verfahren darauf nicht einzugehen. Aus demselben Grund sind auch die in der mündlichen Verhandlung gestellten weiteren Beweisanträge betreffend dieses Faktum abzuweisen.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist auf die Ausführungen der belangte Behörde im bekämpften Straferkenntnis zu verweisen.
V. Im Ergebnis war daher die Beschwerde abzuweisen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Süß