LVwG-150248/4/DM/WP

Linz, 03.12.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde des M M, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Ried im Traunkreis vom 27. März 2014, GZ: 810/3 - 2014, betreffend Feststellung des Anschlusszwangs an die gemeindeeigene öffentliche Wasserversorgungsanlage, den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.          Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs 1 iVm 31 Abs 1 iVm 36 Abs 1 iVm 27 iVm 9 Abs 1 Z 4 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.            Sachverhalt, Verfahrensverlauf

 

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ist Alleineigentümer der Baufläche x, EZ x der KG x mit der Adresse P.

 

2. Mit Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Ried im Traunkreis (im Folgenden: Bürgermeister) vom 11. Juni 2013 wurde der Bf über das Ergebnis der Beweisaufnahme bzgl der Verpflichtung zum Anschluss des Objektes des Bf an die gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage unterrichtet. Dem Bf wurde zur Stellungnahme eine Frist von 2 Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eingeräumt. Dieses Schreiben wurde dem Bf am 13. Juni 2013 zugestellt.

 

3. Mit E-Mail vom 24. Juni 2013 nahm der Bf Stellung zum Schreiben des Bürgermeisters und führte aus, er verfüge über ausreichend eigenes Wasser und das wolle er auch nutzen. Darüber hinaus wisse er, dass § 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz gerade überarbeitet werde und eine Entscheidung seitens des Landes noch ausstehe. Im Übrigen wolle er bis dahin keine Investitionen tätigen. Abschließend begehrte der Bf die Mitteilung der durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde Ried.

 

4. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 1. August 2013, GZ 810/3 – 2013, wurde festgestellt, die verfahrensgegenständliche Baufläche des Bf liege „im Anschlusspflichtbereich der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Gemeinde Ried im Traunkreis“ und der Bf sei daher verpflichtet, die „Liegenschaft an die öffentliche Wasserversorgungsanlage binnen zwei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides anzuschließen“. Begründend führte der Bürgermeister nach Wiedergabe des relevanten Gesetzestextes aus, dass im „Verfahren über die Feststellung der Anschlusspflicht nicht zu prüfen bzw. nicht zu berücksichtigen [sei], ob ausreichend Wasser aus einer Eigenversorgungsanlage zur Verfügung [stehe]. Es [sei] lediglich festzustellen, ob die anschlusspflichtige Liegenschaft im Versorgungsbereich (50 m) lieg[e]. Dieser Tatbestand [sei] eindeutig gegeben und wurde auch nicht bestritten“. Hinsichtlich der Neufassung des § 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz führte der Bürgermeister aus, dass für Bescheide immer die Rechtslage zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung heranzuziehen sei. Zum Ersuchen des Bf bzgl der durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde führte der Bürgermeister aus, dass diese nur in einem Verfahren über die Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang zu ermitteln seien und daher im vorliegenden Fall nicht zu ermitteln waren. Der Bescheid wurde dem Bf im Wege der Hinterlegung am 7. August 2013 zugestellt.

 

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf mit Schreiben vom 19. August 2013, beim Gemeindeamt der Gemeinde Ried im Traunkreis am 20. August 2013 eingelangt, Berufung. Begründend führte der Bf aus, er verfüge über eine ausreichende Wassermenge und Wasserqualität und die Kosten für den Anschluss würden die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde übersteigen. Der Bf erfülle daher alle Ausnahmebestimmungen für die Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang. Abschließend stellte der Bf daher einen Antrag auf Ausnahme vom Anschlusszwang.

 

6. Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Ried im Traunkreis (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27. März 2014, GZ 810/3 – 2014, wurde die Berufung des Bf gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 1. August 2013 „abgewiesen und der angefochtene Bescheid der Erstbehörde vollinhaltlich bestätigt“. Begründend wiederholte die belangte Behörde die Ausführungen aus dem erstinstanzlichen Bescheid betreffend das Vorliegen einer ausreichenden Wassermenge und der durchschnittlichen Anschlusskosten. Der Berufungsbescheid wurde dem Bf am 4. April 2014 zugestellt.

 

7. Gegen diesen Berufungsbescheid erhob der Bf mit Schreiben vom 22. April 2014, bei der belangten Behörde am gleichen Tag eingelangt, Beschwerde an den „Verwaltungsgerichtshof“ (wohl gemeint: das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich). Begründend führt der Bf – an seine Ausführungen in der Berufung anknüpfend – aus, es müsse „laut Oö WVG §3 Abs. 2 eine Ausnahme gewährt werden, wenn“ die gesundheitlichen Interessen nicht gefährdet werden, Trink- und Nutzwasser in bedarfsdeckender Menge zur Verfügung steht und die Kosten für den Anschluss – gemessen an den durchschnittlichen Anschlusskosten – unverhältnismäßig hoch sind. Abschließend verlangt der Bf „noch einmal, wie in §3 Abs. 2 Punkt 3 Oö. WVG angeführt, eine Aufstellung über die Kosten für den Anschluss – gemessen an den durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde [....]“.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde (einschließlich der Schriftsätze des Bf). Weiters wurde seitens des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich in Bezug auf das Grundstück des Bf eine aktuelle Grundbuchsabfrage durchgeführt (ON 2 des verwaltungsgerichtlichen Aktes). Der unter I. dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde und den erwähnten ergänzenden Ermittlungen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich.

 

 

 

 

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seine gem § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

1. Gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Ober­österreich ergibt sich aus Art 131 Abs 1 B-VG und dem Nichtvorliegen von abweichenden Regelungen in den Abs 2 und 3 leg cit.

 

2. Gem §§ 36 Abs 1 iVm 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Gem § 12 VwGVG sind die Schriftsätze bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der belangten Behörde einzubringen. Der Bescheid der belangten Behörde wurde dem Bf am 4. April 2014 zugestellt. Dagegen erhob der Bf mit Schriftsatz vom 22. April 2014, bei der belangten Behörde am gleichen Tag eingelangt, Beschwerde an das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich. Die Beschwerde ist daher rechtzeitig.

 

3. Gem § 9 Abs 1 Z 3 VwGVG hat die Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und gem Z 4 par cit das Begehren zu enthalten. Die vorliegende Beschwerde zielt unstrittig auf die Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang gem § 3 Abs 2 Oö. Wasserversorgungs­gesetz ab. Einerseits formuliert der Bf ausdrücklich, er mache eine Beschwerde gegen den Bescheid der Gemeinde Ried, „weil laut Oö WVG §3 Abs. 2 eine Ausnahme gewährt werden muss“. Auch die Begründung dieses Antrages zielt eindeutig auf die Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang ab. Andererseits lässt das bisherige Vorbringen des Bf im vorangegangen Verwaltungsverfahren darauf schließen, dass es dem Bf um die Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang geht, stellte er beispielsweise in seiner Berufung an die belangte Behörde den (einzigen und eindeutig formulierten) „Antrag auf Ausnahme vom Anschlusszwang sowie gegen den Wasserbezug“. Einen begründeten Berufungsantrag hinsichtlich der Aufhebung oder Abänderung des Bescheides des Bürgermeisters stellte der Bf hingegen nicht. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht unter Berücksichtigung der Gesamtumstände davon aus, dass der Bf mit seiner Beschwerde die Gewährung der Ausnahme vom Anschlusszwang begehrt. Dieses Begehren hat der Bf hinsichtlich § 9 Abs 1 Z 3 VwGVG auch umfassend begründet.

 

4. Den Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildet allerdings das Feststellungsverfahren gem §§ 5 iVm 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz betreffend das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen über die Verpflichtung zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage (sog Anschlusszwang). Gem §§ 27 iVm 9 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen. Der Umfang der Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichts wird daher einerseits durch den Gegenstand des verwaltungsbehördlichen (Berufungs-)Verfahrens und andererseits durch die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt bzw das Begehren, begrenzt. Eine über diesen Prüfungsumfang hinausgehende Kognitionsbefugnis kommt dem Verwaltungsgericht nicht zu.

 

5. Im vorliegenden Fall verfehlt die Beschwerde – wie bereits dargestellt – gänzlich den Verfahrensgegenstand. Nach der – nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich auch auf die neue Rechtslage übertragbaren – Rsp des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beschwerde auch nicht gem §§ 17 VwGVG iVm 13 Abs 3 AVG zur Verbesserung zurückzustellen, da es der Beschwerde nicht an einem begründeten Begehren mangelt. „Einer Verbesserung zugänglich ist nur das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages. Hingegen dient § 13 Abs. 3 AVG nicht dazu, verfehlte Berufungsanträge zu korrigieren“ (vgl VwGH vom 21.10.1999, 99/07/0131 sowie vom 10.08.2000, 99/07/0219).

 

6. Gem §§ 28 Abs 1 iVm 31 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist – mit Beschluss zu entscheiden. Im vorliegenden Fall bewegt sich der in der Beschwerde gestellte Antrag nicht innerhalb der Sache des verwaltungsbehördlichen (Berufungs-)Verfahrens, sondern liegt zur Gänze außerhalb des bekämpften Bescheides. In solchen Fällen ist entsprechend der – nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich auf die neue Rechtslage übertragbaren – Rsp des Verwaltungsgerichtshofes die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (siehe die bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 66 Rz 42 [Stand 1.7.2007, rdb.at] zitierte Rsp).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war, konnte gem § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

IV.            Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da zur Frage der Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §§ 63 Abs 3 iVm 13 Abs 3 AVG (kein Verbesserungsauftrag bei verfehltem Berufungsantrag) sowie zu § 66 Abs 4  AVG (Zurückweisung der Berufung bei Verfehlen des Verfahrensgegenstandes) auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss  besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter