LVwG-600574/7/Br/SA

Linz, 15.12.2014

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. H. Bleier über die Beschwerde des Herrn J S, geb. X, F,  G, gegen den Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, vom 28.4.2014, GZ: VerkR96-2386-2014, nach der am 9.12.2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht:

 

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben; das Straferkenntnis wird in dessen Punkt 1) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z4 VStG eingestellt.

 

 

II.   Gemäß § 52 Abs.9 VwGVG entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde in dessen Punkt 1) über den Beschwerdeführer nach § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 220 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 96 Stunden verhängt, wobei ihm - in nicht sprachüblicher Formulierung - sinngemäß zur Last gelegt wurde, er habe am 25.02.2014, 20:48 Uhr, als Lenker des Sattelzugfahrzeuges mit dem Kennzeichen X und des Sattelanhängers mit dem Kennzeichen X, in  S, auf der A9 in Fahrtrichtung Graz, bei km 54.000, beim Nachfahren hinter einem Sattelkraftfahrzeug (Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen) nicht einen Abstand von 50 m eingehalten, obwohl er als Lenker eines solchen Fahrzeuges einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten gehabt hätte, der Abstand aber nur 15 bis 17 m betragen habe.

 

I.1. Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass mit Blick auf die Aussagen des Polizeibeamten bei der Anzeigeerstattung und in seiner Stellungnahme vom 3.4.2014, welche detailliert und überzeugend erschienen wären, die Behörde keinerlei Veranlassung gesehen hätte den diesbezüglichen Ausführungen keinen Glauben zu schenken, zumal es der Beschwerdeführer  bis dato nicht notwendig gefunden habe, sich zu diesen Aussagen zu rechtfertigen. Der Polizeibeamte unterliege überdies aufgrund seines Diensteides und seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht und müsse bei deren Verletzung mit straf- bzw. dienstrechtlichen Sanktionen rechnen.

Ferner wurde vermeint, der Beschwerdeführer habe gemäß § 5 Abs.1 VStG 1991 nicht glaubhaft machen können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe.

Gemäß § 19 VStG 1991 sei Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs. 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- u. Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im konkreten Fall wurden bei der Strafbemessung das Ausmaß seines Verschuldens und das Vorliegen von Vormerkungen bei der BH Amstetten erschwerend gewertet und somit die Erschwerungs- u. Milderungsgründe gegeneinander abgewogen, sowie die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse berücksichtigt.

Hierbei wurde von der amtlichen Schätzung ausgegangen, da der Beschwerdeführer das Schreiben vom 7.4.2014 betreffend die Erhebung derselben nicht beantwortet habe.

Die verhängte Geldstrafe erschiene aus den angeführten Gründen dem Erfordernis des § 19 VStG entsprechend.

Gegen eine niedrigere Straffestsetzung würden general- und spezialpräventive Erwägungen sprechen; es soll nämlich die Strafe als spürbares Übel sowohl den Täter als auch andere Personen von der Begehung gleichartiger Verwaltungs-übertretungen abhalten.

 

 

I.2. Das Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer nach einem vorerst fehlgeschlagenen Zustellversuch mit RSA Sendung vom 29.4.2014 durch Hinterlegung beim Postamt A (Zustellbasis) zugestellt.

Auf der fälschlich als „Einspruch“ bezeichneten und nicht datierten Beschwerde findet sich ein Vermerk angebracht, wonach dieses Schriftstück bei dem am 6.5.2014 rücklangenden Straferkenntnis in dem offenbar vom Beschwerdeführer mit der Beschwerde der Post zur Beförderung übergebenen Kuvert, erst am 11.10.2014 „aufgefunden“ worden wäre.

Vor diesem Hintergrund ist letztlich von der Rechtzeitigkeit der erhobenen Beschwerde auszugehen gewesen.

 

 

II. Mit der demnach fristgerecht gegen das Straferkenntnis erhobenen und offenbar bei der Behörde bereits am 6.5.2014 eingelangten Beschwerde bestreitet der Beschwerdeführer die Begehung der ihm zur Last gelegte(n) Übertretung(en).

Er wäre Terminzusteller und Familienvater einer zehnköpfigen Familie. Inhaltlich führt er sinngemäß aus, von einem Motorwagen überholt worden zu sein, der sich vor ihm hineingezwängt habe, so dass er alle Hände voll zu tun gehabt habe um einen Auffahrunfall oder noch viel Schlimmeres zu verhindern. Die Behörde solle froh sein, so der Beschwerdeführer in seinen Ausführungen, dass er dies geschafft habe. Da er Terminzusteller wäre und offenbar der Behörde die Zeit nicht passen würde, sollte diese sich an seine Firma richten und vielleicht über Pönalezahlungen sich erkundigen. Als Ernährer einer zehnköpfigen Familie sei er nicht in der Lage Strafzahlungen hinzunehmen. Er bitte daher um positive Erledigung dieses Verfahrens. Ansonsten müsse er wohl gerichtliche Schritte in Erwägung ziehen und wenn notwendig die Sache bis zum Obersten Gerichtshof bringen, sowie auch die Zeitung hiervon informieren oder involvieren, so der Beschwerdeführer im Ergebnis.

 

 

III. Die Behörde hat dem Landesverwaltungsgericht den Verfahrensakt mit einem standardisierten Vorlageschreiben vom 10.11.2014 unter Hinweise, von der Möglichkeit einer  Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch gemacht zu haben und auf eine öffentliche mündliche Verhandlung zu verzichten und dem Begehren die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, zur Entscheidung vorgelegt.

Da für dieses Verfahren durch die Geschäftsverteilung bedingt zwei Richter zuständig sind ergeht zum Punkt 2) unter der Geschäftszahl LVwG-600575 eine gesonderte Entscheidung.

Die öffentlichen mündlichen Verhandlungen waren aus organisatorischen und Gründen der Verfahrensökonomie miteinander zu verbinden.

Der Beschwerdeführer nahm an der öffentlichen mündlichen Verhandlung persönlich teil, die Behörde erklärte mit Schreiben von 18.11.2014 daran nicht teilnehmen zu können.

 

 

IV. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Laut Zeugenaussage des Meldungslegers fiel der vom Beschwerdeführer gelenkte LKW durch den knappen Abstand zum Vorderfahrzeug auf. Diese Feststellung wurde vom Meldungsleger im Zuge der Annäherung an eine LKW-Kolonne und nachfolgender Fahrt über etwa 500 bis 700 m auf Höhe des Führerhauses dieses LKWs gemacht. Aus diesem Grunde erfolgte die Anhaltung auf dem nahegelegenen Autobahnparkplatz P. Dabei gab der Beschwerdeführer den Nachfahrabstand mit Hinweis auf das vor ihm parkende Fahrzeug an, dessen Abstand letztlich vom Meldungsleger mittels Messrad mit „15 bis 17 m“ festgestellt wurde. Dieser Abstand wurde letztlich der Anzeige zu Grunde gelegt.

Der Beschwerdeführer erklärt vor dem Landesverwaltungsgericht die Anforderungen seines Arbeitgebers im Hinblick auf die sogenannten Zielfahrten, wobei Baumärkte zu vorgegebenen Terminen beliefert werden müssten. Im Falle von Verspätungen habe er als Fahrer eine „Pönalezahlung“ in der Höhe von 150 Euro zu leisten.

In diesem Zusammenhang ist es offenbar auch, was im Hinblick auf den hier zu beurteilenden ersten Tatvorwurf nicht Verfahrensgegenstand ist, zur Verkürzung der Ruhezeiten an zwei Tagen gekommen.

Hinsichtlich des Vorwurfes der Unterschreitung des Abstandes zum Vorderfahrzeug mit größerer Längsabmessung von 50 m rechtfertigt bzw. erklärt dies der Beschwerdeführer mit einem kurz vorher erfolgten Überholvorgang  und nachfolgendem sehr knappen „Hineinzwängen“ vor sein Fahrzeug, was für ihn eine Bremsung erzwungen habe. Wie auf Grund des Schaublattes auch festgestellt werden konnte, erfolgte etwa eine Minute vor der Anhaltung eine Bremsung bis auf etwa 60 km/h herunter. Dies  konnte durch die vom Zeugen (GrInsp S) durchgeführte Auslesung des Schaublattes mittels Auswertungsschablone  nachvollzogen werden. Dieser Überholvorgang wurde wohl vom Zeugen nicht beobachtet, konnte von ihm aber auch nicht ausgeschlossen werden. 

Damit ist es jedoch glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer im Zuge des Rückspurens vom überholenden Lenker etwas zu knapp hineingeschnitten und so der 50 m-Abstand kurzfristig verkürzt wurde. In diesem Zusammenhang erklärt jedoch der Meldungsleger, dass er im Zuge der Wahrnehmung mehrerer hintereinander fahrender Lastkraftwagen, jenen des Beschwerdeführers mit einem sichtlich zu geringen Abstand zum Vorderfahrzeug bereits auf einer Wegstrecke von 500-700 m wahrgenommen hat. Aus diesem Grunde wurde dieses Fahrzeug auf dem nahe gelegenen Parkplatz P angehalten. Im Zuge der Amtshandlung bezeichnete der Beschwerdeführer den ihm vorgehaltenen Abstand in Bezug zu einem vor ihm abgestellten Fahrzeug, der sich durch Messung mittels Messrad im genannten Umfang ergeben habe. Warum dann nicht überhaupt der exakte Abstand angeführt wurde ist nicht nachvollziehbar.

Zu Gunsten des Beschwerdeführers ist laut Meldungsleger in der Anzeige lediglich vom 50 m-Abstand und nicht vom Sicherheitsabstand im Sinne des § 18 Abs.1 StVO ausgegangen worden.

Ursprünglich wäre vom Meldungsleger beabsichtigt gewesen dieses Delikt mit 20 Euro Organmandatsstrafe zu ahnden. Da der Beschwerdeführer jedoch lediglich  fünf Euro in seiner Geldbörse gehabt habe, sei nichts anderes übrig geblieben als mit einer Anzeige vorzugehen. Ebenfalls habe der Beschwerdeführer auf seine Sorgepflicht für eine größere Anzahl von Kindern hingewiesen und erklärt diese Geldstrafe nicht bezahlen zu können, wobei der Zeuge auch erwähnte sich erinnern zu können, dass der Beschwerdeführer auf angebliche Pönalezahlungs-verpflichtungen für den Fall einer Terminverfehlung hingewiesen habe.

Der Meldungsleger räumte schließlich auch ein, dass mit der offenbar nur über einen kurzen Zeitraum als verifiziert geltenden Verkürzung des 50 m-Abstandes, der im Übrigen durch einen Fahrfehler eines dritten Lenkers ausgelöst worden sein dürfte, keinerlei sonstigen nachteiligen Auswirkungen für andere Verkehrsteilnehmer verbunden gewesen sind. Selbst wenn es nicht übersehen wird, dass es durchaus der Praxis entsprechen mag, den auf Autobahnen nicht wirklich schutzzweckverletzenden 50m-Abstand durch Abbremsen ehestbald wieder herzustellen, widerspricht es der Rechtslage, wenn im Lichte der Wahrnehmung des Zeugen dieser Abstand auf einer Wegstrecke von 500 bis 700 m verkürzt wurde. Dies entspricht  bei einer Fahrgeschwindigkeit von guten 80 km/h einer Zeitspanne von zumindest 20 Sekunden.

Dies wurde selbst vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt, sodass letztlich die Übertretung erwiesen gilt, wobei dies auf bloß geringem Verschulden mit keinen negativen Tatfolgen begleitet zu sehen ist.

 

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass in vergleichbaren Verfahren sachverständige Ausführungen zum Ergebnis geführt haben, dass durch kurzzeitige Unterschreitung des 50-m-Abstandes auf der Autobahn sich kürzere Überholprofile ergeben. Bei einem Zurückspuren auf den rechten Fahrstreifen erst wieder nach Erreichen eines Tiefenabstandes von 50 m zum Vorderfahrzeug führt dies in der Praxis zu einer um 43 Sekunden längeren Benützungsdauer (Blockierung) der Überholspur.

Die in den nachzitierten Verfahren von der früheren Berufungsinstanz durchgeführten Berechnungen ergaben, dass sich bei einer Geschwindigkeits-differenz eines mit 85 km/h überholenden Lkw-Zuges (Länge 18,7 m) aus einem Tiefenabstand von 50 m zum Vorderfahrzeug, dieses Manöver bis zum Wiedereinordnen mit einem ebensolchen Abstand zu einem mit 80 km/h fahrenden überholten gleichartigen Fahrzeug, über eine Strecke von 2.339 m erstreckt, während dieser bei Tiefenabständen von jeweils nur 20 m nur mehr bei 1.319 m liegt (Berechnung mit A). Daraus ergibt sich eine um immerhin 43 Sekunden kürzere Blockierung des linken Fahrstreifens der Autobahn (vgl. h. Erk. v. 8.11.2007, VwSen-162640/4/Br/Ps, v. 28.1.2008, VwSen-162846/3/Br/Ps und Erk. v. 21.3.2006, VwSen-161156/6/Br mit Hinweis auf die darin von einem Amtsachverständigen dazu vertretene Fachmeinung).

Zusätzlich wurde in den zitierten Verfahren verdeutlicht, dass ein Einordnen in eine "50-m-Lücke" durch einen in aller Regel doch erheblich schneller fahrenden Pkw einerseits kaum realistisch wäre, anderseits wohl unweigerlich eine Bremsreaktion bei einem von einem solchen Überholvorgang betroffenen Fahrzeug (dem Überholten) auslösen würde. Mit derartigen  Manövern könnten demnach durchaus nicht unbedeutende Gefahren für den Nachfolgeverkehr ausgehen.

Auch unter diesem Aspekt lässt sich daher anschaulich schlussfolgern, dass dem hier vom Beschwerdeführer gesetzten Verhalten keine nachteiligen Tatfolgen und insbesondere kein strafwürdiges Verhalten zuzuordnen ist.

Somit kann dem Beschwerdeführer auch in diesem Fall in seiner Verantwortung im Grunde gefolgt werden.

V. Rechtlich hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

V.1. Gemäß § 18 Abs.4 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen (Lastfahrzeuge, Kraftwagenzüge, Omnibusse und dgl.) auf Freilandstraßen (dazu zählen auch Autobahnen) nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten (s. UVS-Steiermark v. 23.9.2004, 30.18-20/2004).

Das Schutzziel des § 18 Abs.4 StVO ist primär in der Überholmöglichkeit von Fahrzeugen mit größeren Längsabmessungen zu erblicken. Die gesetzliche Bestimmung des § 18 Abs.4 StVO soll gewährleisten, dass eine Kolonnenbildung durch mehrere hintereinanderfahrende Fahrzeuge mit größeren Längsabmessungen, insbesondere von Lkw-Kolonnen, verhindert wird, die auf Freilandstraßen ein erhebliches Hindernis für andere (schnellere) Fahrzeuge bilden können. Dies trifft jedoch – wie vorhin rechnerisch dargestellt – für das Gebot möglichst kurz zu haltender Überholvorgänge auf Autobahnen gerade nicht zu. Daher kann aus empirischer Sicht mit dem kurzzeitigen Unterschreiten des 50-m-Abstandes im Zusammenhang eines gegenseitigen Überholens von Lastkraftwagen mit größeren Längsabmessungen, zumindest das in der Erleichterung des Überholens definierte Schutzziel der genannten Bestimmung wohl kaum als nachteilig betroffen erachtet gelten. Dies belegt vor allem die auf Autobahnen tausendfach festzustellende Realität, die sich dahingehend gestaltet, dass sich – abgesehen von Ausfahrten und beim Umspurbedarf durch  Hochgeschwindigkeitslenker – das Einreihen zwischen zwei hintereinander fahrender Lkws eher selten als geboten erweist.

Mit Blick auf die obigen Ausführungen würde die kompromisslose und am Buchstaben des Gesetzes beurteilte Einhaltung des 50 m-Abstandes auch auf Autobahnen einerseits zu einer Vielzahl von gefährlichen Bremsmanövern führen und andererseits die mit geringen Geschwindigkeitsunterschieden erfolgenden Überholvorgängen von Lastkraftwagen zur unverhältnismäßig langen Blockierung der Überholspur führen, wenn aus dem Abstand von 50 m der Überholvorgang eingeleitet und bis zum Abstand des Zugendes des überholenden Fahrzeuges von 50 m mit dem Umspuren zugewartet werden müsste.  An diese Folgen hat der Gesetzgeber mit der Normierung des Abstandes von 50 m auf Freilandstraßen von Fahrzeugen mit größeren Längsabmessungen mit der StVO 1960 wohl kaum gedacht. Der Zweck der Möglichkeit sich nach Überholvorgängen in eine Lücke von 50 m einzureihen, ist bei einer Differenzgeschwindigkeit auf Autobahnen von zumindest 40 km/h wohl kaum realistisch und mit der dem Gesetzgeber in den 60er-Jahren zu Grunde liegenden Intention wohl kaum vergleichbar.

Nicht zuletzt würde auch das in der StVO definierte Schutzziel der "Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs" in dem auf den Wortlaut reduzierten Inhalt der Bestimmung geradezu eine Wirkungsumkehr erfahren (vgl. etwa das Erk. des Oö.UVS v. 25.3.2008, VwSen-163025/3/Br/Ps).

 

Es liegt aber nicht im Ermessen der Vollziehung dies zu kritisieren. Nur dem Gesetzgeber ist es überantwortet im Lichte der gepflogenen Praxis und der Praxisauswirkungen den "50-m-Abstand" für Autobahnen angesichts des dort offenbar nicht erreichbaren Regelungsziels außer Kraft zu setzen.

Das Landesverwaltungsgericht übersieht andererseits aber keineswegs, dass dem Wortlaut dieser gesetzlichen Bestimmung entsprechend jedwede Unterschreitung des 50 m-Abstandes als rechtswidrig festzustellen ist.

 

 

V.2. Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat schließlich auch die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn …

Z4.) die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind ….

Z6.) die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an… der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Dies hätte daher im Vorfeld durchaus zutreffend vom Organ der Straßenaufsicht in Anwendung des § 50 Abs.5a VStG geschehen können.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei / die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. Bleier