LVwG-000062/2/FP/CG
Linz, 18.12.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Felix Pohl über die Beschwerde von Ing. R S, vertreten durch Dr. J H und Dr. T H, Rechtsanwälte, D, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8. September 2014, GZ. SanRB96-21-2013, wegen eines Verstoßes gegen das LMSVG,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z1 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen. Zudem hat der Beschwerdeführer keine Lebensmitteluntersuchungskosten gemäß § 71 Abs. 3 LMSVG zu bezahlen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Straferkenntnis vom 8. September 2014 warf die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zusammengefasst vor, es als verantwortlicher Beauftragter gem § 9 Abs 2 VStG des Lebensmittelunternehmens H KG zu verantworten zu haben, dass das genannte Unternehmen die Ware „B“ hergestellt und durch die gekühlte Aufbewahrung im Lager für Verkaufszwecke bereitgehalten und somit in Verkehr gebracht habe. Bei einer lebensmittelpolizeilichen Überprüfung am 3.2.2014 um 9:53 Uhr, seien 3 Stück des genannten Produkts als amtliche Probe mit dem Probenzeichen X gezogen und dem Institut für L W zur Begutachtung übergeben worden.
Es sei laut Gutachten vom 26.2.2014, Dok.Nr. D 2736953 folgender Sachverhalt festgestellt worden:
Die Probe sei genusstauglich, weise jedoch folgende Mängel auf:
Das Wasser:Eiweiß-Verhältnis betrage 2,2 +/-0,1. Im österreichischen Lebensmittelbuch, Kapitel B 14 Fleisch und Fleischerzeugnisse, Unterkapitel G (Grenzwerte), G.1.2.3 sei der Grenzwert der „Dauerwurst“ durch einen Wasser-Eiweiß-Gehalt von 1,8 (Toleranz: +0,2) limitiert. Dieser Wert sei auch unter Berücksichtigung der kodifizierten Analysentoleranz und der Messunsicherheit überschritten. Die Probe sei daher nach den allgemeinen Anforderungen des § 5 Abs. 5 Z3 LMSVG als verfälscht zu beurteilen. Dieser Umstand der Verfälschung sei auch nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht worden und es sei dieses Lebensmittel somit dem Verbot des Inverkehrbringens gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 LMSVG unterlegen.
Der Beschwerdeführer habe damit die Rechtsvorschrift des § 90 Abs. 1 Z 2 iVm § 5 Abs. 1 Z 2 LMSVG verletzt.
Die belangte Behörde verhängte eine Geldstrafe in Höhe von Euro 500 (24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe).
Ferner habe der Beschwerdeführer Euro 50 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens sowie Euro 316 an Lebensmitteluntersuchungskosten zu tragen.
Begründend führte die Behörde aus:
Anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen Revision am 3.2.2014 um 9:53 Uhr seien im Lebensmittelunternehmen H KG 3 Stück „B“ als amtliche Proben gezogen und dem Institut für L W(A) zur Begutachtung übermittelt worden. Im Gutachten des Institutes für L W sei folgendes festgestellt worden:
„die vorliegende Probe mit der Bezeichnung „B“ ist genusstauglich, sie weist jedoch folgende Mängel auf: Laut Untersuchungszeugnis beträgt das Verhältnis Wasser : Eiweiß der Probe 2,2 = 0,1. Im österreichischen Lebensmittelbuch, Kapitel B 14 Fleisch und Fleischerzeugnisse, Unterkapitel G (Grenzwerte), Punkt G.1.2.3 ist der Grenzwert der „Dauerwurst“ durch einen Wasser:Eiweiß-Gehalt von 1,8 (Toleranz: +0,2) limitiert. Dieser Wert ist auch unter Berücksichtigung der codifizierten Analysentoleranz und der Messunsicherheit überschritten. Die Probe ist daher nach den allgemeinen Anforderungen des § 5 Abs. 5 Z 3 LMSVG als verfälscht zu beurteilen“.
Der Bf habe in seiner Rechtfertigung vom 15.4.2014 folgendes ausgeführt:
„der Beschuldigte bestreitet den ihm zur Last gelegten Sachverhalt, er bekennt sich nicht schuldig und stellt den Antrag, das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen. Das Produkt „B“ ist nicht als Dauerwurst deklariert. Auch erfolgt kein Hinweis auf touristische Tätigkeiten. Es gibt daher keinen Grund, dieses Produkt als Dauerwurst einzustufen. Die Sachbezeichnung B ist eine Phantasiebezeichnung ohne Hinweis auf eine Herstellung als Dauerwurst.
Unter einem legt der Beschuldigte das Gutachten über die Gegenprobe vor; dieses ergibt, dass die Ware einwandfrei verkehrsfähig ist.
Beweis: Gutachten von A Nr. G 198360
Sodann findet laufend eine Eigenkontrolle statt. Im Zuge dieser Eigenkontrolle wurde die Ware wiederholt untersucht aus dem Gutachten ergibt sich, dass das Produkt ein Wasser-Eiweiß-Verhältnis von 2,3 bzw. 2,2 ausgewiesen hat und als einwandfrei verkehrsfähig beurteilt wurde.
Beweis: Agutachten G 189520, G194584
der Beschuldigte wiederholt daher seinen Antrag auf Einstellung des Verfahrens.“
Das Institut für L W habe hiezu folgende Stellungnahme abgegeben:
„das Produkt „B“ ist nicht als Dauerwurst deklariert, die Terminologie „B“ ist als Hinweis auf eine touristische Tätigkeiten zu werten.
Österreichisches Lebensmittelbuch; Codexkapitel B 14, B4.2.2.2. Dauerwürste
Dauerwürste können im Zusammenhang mit der Sortenbezeichnung als „Dauerwurst“ deklariert werden. Als Dauerwürste gelten auch Würste mit Phantasiebezeichnungen, die auf touristische Tätigkeiten (Camping, Bergsteigen, Wandern, Klettern, Picknick und dgl.) hinweisen.
Es wird auch auf das Protokoll der Sitzung der Unterkommission B 14 hingewiesen vom 16.9.2009: TOP 7: die Verpflichtung unter diesen Bedingungen eine Dauerwurst herzustellen, sollte sich nur auf Tätigkeiten und nicht auf geographische Angaben beziehen, zumal nicht festgelegt ist was ein touristisches Ziel ist. Die Formulierung „als Dauerwürste gelten auch Würste mit Phantasiebezeichnungen, die auf touristische Tätigkeiten (Camping, Bergsteigen, Wandern, Klettern, Picknick und dgl.) hinweisen.“ wurde einstimmig angenommen.
Nachdem das Wort „B“ allein noch keine geographische Angabe ist, lässt sich der Konnex zu einer touristischen Tätigkeit leicht herstellen und ist allemal eine Phantasiebezeichnung (CODEX bezogen) und entspricht jahrelang üblicher gutachterlicher Praxis.
Damit ist die gegenständliche Probe „B“ als Dauerwurst einzustufen und das ho. Gutachten bleibt somit vollinhaltlich aufrecht.“
Darüber habe die Behörde erwogen:
Gemäß § 5 Abs 1 Z 2 LMSVG sei es verboten, Lebensmittel, die verfälscht oder wertgemindert seien, ohne dass dieser Umstand deutlich oder allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, in Verkehr zu bringen.
Verfälscht seien Lebensmittel, wenn ihnen wertbestimmende Bestandteile, deren Gehalt vorausgesetzt werde, nicht oder nicht ausreichend hinzugefügt, oder ganz oder teilweise entzogen worden seien oder sie durch Zusatz oder Nichtentzug wertvermindernder Stoffe verschlechtert worden seien, oder ihnen durch Zusätze oder Manipulation der Anschein einer besseren Beschaffenheit verliehen oder ihre Minderwertigkeit überdeckt worden sei, oder wenn sie nach einer unzulässigen Verfahrensart hergestellt worden wären.
[...]
Laut Österreichischem Lebensmittelbuch, Codexkapitel B14; B 4.2.2.2 würden als Dauerwürste auch Würste mit Phantasiebezeichnungen gelten, die auf touristische Tätigkeiten hinweisen würden.
Aus dem Gutachten der A resultiere, dass das Produkt „B“ als Dauerwurst einzustufen sei und somit der Grenzwert durch einen Wasser:Eiweiss Gehalt von 2,2=0,1 überschritten worden sei.
Es liege eine eindeutige Übertretung des LMSVG vor. Der zur Last gelegte Sachverhalt sei durch das Gutachten der A fachlich untermauert.
Die vom Beschuldigten vorgelegten Gutachten würden ebenso eine Überschreitung des Grenzwertes ergeben.
2. Mit Schriftsatz vom 14.10.2014 erhob der Bf rechtzeitig Beschwerde und brachte zusammengefasst und sinngemäß folgendes vor:
Er lehne die A GmbH (A) als Gutachter ab. Dieser seien in der Vergangenheit Analysefehler nachgewiesen worden und sie lasse die erforderliche Objektivität als Sachverständige vermissen. Es würden Gutachten willkürlich an Änderungen der Rechtslage angepasst. Es fehle an Kompetenz und es sei das Bemühen erkennbar, unter allen Umständen eine Verurteilung des Bf herbei zu führen. Diesbezüglich führte der Bf mehrere Beispiele an.
In der Sache führte der Bf aus, dass es keinen Grund gebe, das gegenständliche Produkt als Dauerwurst einzustufen. Es erfolge kein Hinweis auf touristische Tätigkeiten. Es handle sich bei der Bezeichnung „B“ um eine Phantasiebezeichnung ohne Hinweis auf die Herstellung als Dauerwurst. Deshalb habe der Bf ein Gutachten über eine Gegenprobe einholen lassen. Dieses habe ergeben, dass die Ware einwandfrei verkehrsfähig sei. Das Gutachten von A Nr G198360 liege im Akt.
Die Ausführungen der A würden sich auf ein Protokoll einer Sitzung der Unterkommission B14 vom 16.9.2007 beziehen. Demnach solle sich eine Verpflichtung, eine Dauerwurst herzustellen, nur auf die Tätigkeiten und nicht auf geographische Angaben beziehen. Die Ausführung das Wort „B“ allein sei noch keine geographische Angabe, sei unrichtig.
Eine Tätigkeit würde durch ein Zeitwort ausgedrückt; es sei dies ein fachsprachlicher Ausdruck der Grammatik für eine Wortart, die eine Tätigkeit oder ein Geschehen ausdrücke. In der Bezeichnung B sei kein Hinweis auf eine Tätigkeit gegeben.
Darüberhinaus sei die Ansicht, beim Begriff „B“ handle es sich nicht um einen geographischen Begriff, verfehlt. Dieser Begriff gehöre nämlich zu den allgemeinen Begriffen der physischen Geographie. Es handle sich um einen Begriff der allgemeinen Geographie. Die Bezeichnung drücke daher keine touristische Tätigkeit aus, sondern beinhalte ausschließlich einen geographischen Begriff, der nach dem Protokoll der genannten Unterkommission noch keine Verpflichtung auslöse die Ware als Dauerwurst herzustellen oder zu bezeichnen. Die Schlussfolgerung der A sei unrichtig und ziele nur darauf ab eine Verurteilung herbeizuführen bzw. zu stützen. Der Bescheid sei mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Ebenso sei das Verfahren mangelhaft geblieben. Die Stellungnahme, auf die sich die Behörde auf Seite 3 ihres Straferkenntnisses beziehe sei dem Bf nicht zur Kenntnis gebracht worden und sei er nicht mit dem Protokoll der Unterkommission konfrontiert worden.
Die angewendete Strafnorm weise nicht den notwendigen Determinierungsgrad auf und sei verfassungsrechtlich bedenklich.
Der Spruch im Straferkenntnis sei undeutlich. Stelle man auf das Gutachten der A ab, stelle sich in erster Linie die Frage, ob das Produkt falsch bezeichnet ist und nicht, ob es als verfälscht zu beurteilen ist. Dies zeige sich schon daran, dass die Behörde nicht anführe welche wertbestimmenden oder wertmindernden Bestandteile nicht hinzugefügt oder entzogen seien, weiters ließe der Bescheid nicht erkennen, in welcher Weise der Anschein einer besseren Beschaffenheit oder die Überdeckung einer Minderwertigkeit vorgenommen worden sein soll. Es könne kein Zusammenhang mit dem objektiven Befund eines Wasser:Eiweiß-verhältnisses hergestellt werden. Somit sei der Spruch undeutlich.
Es sei auch unzulässig, auf ein Protokoll einer Unterkommission hinzuweisen. Es sei unzulässig nur unter Heranziehung dieses Protokolls, welches keine Rechtsqualität habe, einen vollständigen Straftatbestand zu konstruieren.
Schließlich wende der Bf fehlendes Verschulden ein. Bereits in der Rechtfertigung habe er vorgetragen, dass laufend eine Eigenkontrolle stattfinde. Die Ware sei in diesem Zuge wiederholt untersucht worden. Aus den Gutachten A G189520 und G194584 ergebe sich, dass das Produkt bei einem Wasser:Eiweiss-Verhältnis von 2,3 bzw 2,2 einwandfrei verkehrsfähig gewesen sei. Diese Untersuchungsergebnisse seien vorgelegen, bevor der Bf mit den nunmehrigen Vorwürfen konfrontiert worden sei. Mit Vorlage der Gutachten sei ihm der Beweis seiner Schuldlosigkeit gelungen.
Insoferne liege auch Aktenwidrigkeit vor, zumal man erst durch eine verfehlte Interpretation der Bezeichnung des Produktes zu einer anderen Kategorie von Würsten und zu anderen Grenzwerten käme.
Der Bf stellte den Antrag, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.
3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie in das Internet, hier insbesondere die Seite X und die Gesamtliste der Lebensmittelgutachter auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit. Bereits aus dem Verfahrensakt ergibt sich, dass das gegenständliche Straferkenntnis zu beheben ist, sodass gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG auf eine Verhandlung verzichtet werden konnte.
4. Nachstehender entscheidungswesentlicher S a c h v e r h a l t steht fest:
Im Zuge einer lebensmittelpolizeilichen Überprüfung am 3.2.2014 um 9:53 Uhr wurden im Kühllager der H KG, S, L, drei Stück einer als „B“ bezeichneten Brühwurst als amtliche Probe unter dem Probenkennzeichen 4000MUER001/14 genommen und dem Institut für L W(A) zur Begutachtung übergeben.
Das Untersuchungsergebnis ergab ein Wasser:Eiweiss-Verhältnis von 2,2.
Der Bf ließ zu Probenkennzeichen 4000MUER001/14 ein Gegengutachten bei der A, Labor für X einholen.
Dieses Gutachten mit der Zahl G198360/2014 ergab ein Wasser/Eiweissverhältnis von 2,0.
Dem Bf lagen zudem zwei Gutachten der A, Labor für X vom 26.09.2013 und vom 24.01.2014 vor, welche die H KG im Wege der Eigenkontrolle eingeholt hat und welche die analysierten Lebensmittel aus ggst. Produktlinie im Hinblick auf die substantielle Beschaffenheit der Ware und die Deklaration als in Österreich verkehrsfähig auswiesen. Diese Gutachten ergaben ein Wasser:Eiweiss-Verhältnis von 2,3 und 2,2.
DI C und DI H, A, Labor für X sind Lebensmittelgutachter gemäß § 73 LMSVG.
DI C verfügt über eine Akkreditierung hinsichtlich Gruppe A Z 1 Lebensmittelgutachterverordnung; Lebensmittel tierischer Herkunft, soweit es sich nicht um in Z 2 genannte Waren oder um Honig handelt (Bewilligung gemäß der Lebensmittelgutachterverordnung, BGBl. II Nr. 161/1997, geändert durch BGBl. II Nr. 153/2013)
DI H verfügt über eine Akkreditierung hinsichtlich Gruppe A Z 1 Milch und Milchprodukte und Gruppe A Z 2; Fleisch und Fleischwaren, Fische, Geflügel, Wild, Eier und sonstige Tierische Produkte, soweit sie nicht in Z 1 angeführt sind (Bewilligung gemäß der Lebensmittelgutachterverordnung, BGBl.Nr. 324/1978, i.d.F. der Kundmachung BGBl.Nr. 80/1991).
II. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verfahrensakt und den vom Gericht herangezogenen Quellen im Internet.
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
III. 1. Rechtliche Grundlagen
§ 5 Abs 1 LMSVG lautet:
§ 5. (1) Es ist verboten, Lebensmittel, die
1. nicht sicher gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind, d.h. gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, oder
2. verfälscht oder wertgemindert sind, ohne dass dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, oder
3. den nach den § 4 Abs. 3, §§ 6 oder 57 Abs. 1 erlassenen Verordnungen nicht entsprechen,
in Verkehr zu bringen.
§ 5 Abs 2 und Abs 5 Z3 LMSVG lauten:
(2) Es ist verboten, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Zur Irreführung geeignete Angaben sind insbesondere
1. zur Täuschung geeignete Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels, wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;
2. Angaben von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt;
3. Angaben, durch die zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen.
(5) Lebensmittel sind
3. verfälscht, wenn ihnen wertbestimmende Bestandteile, deren Gehalt vorausgesetzt wird, nicht oder nicht ausreichend hinzugefügt oder ganz oder teilweise entzogen wurden, oder sie durch Zusatz oder Nichtentzug wertvermindernder Stoffe verschlechtert wurden, oder ihnen durch Zusätze oder Manipulationen der Anschein einer besseren Beschaffenheit verliehen oder ihre Minderwertigkeit überdeckt wurde, oder wenn sie nach einer unzulässigen Verfahrensart hergestellt wurden;
§ 90 Abs 1 LMSVG lautet:
1. Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung,
2. Lebensmittel, die wertgemindert oder verfälscht sind, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist,
3. Gebrauchsgegenstände, die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung,
4. kosmetische Mittel, deren bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist oder die mit irreführenden Angaben oder verbotenen krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder verbotener krankheitsbezogener Aufmachung,
5. Gebrauchsgegenstände, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch geeignet sind, Lebensmittel derart zu beeinflussen, dass diese für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder wertgemindert sind,
6. Gebrauchsgegenstände, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch geeignet sind, kosmetische Mittel derart zu beeinflussen, dass deren bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist oder sie wertgemindert sind,
in Verkehr bringt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei vorsätzlichen Verstößen gegen Z 1 und 2, die in Kenntnis der Rechtwidrigkeit des Handelns begangen werden, ist, sofern die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind, eine Geldstrafe in der Höhe von zumindest 700 Euro, bei Wiederholung von 4000 Euro festzusetzen. Im Fall der Uneinbringlichkeit ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen.
§ 5 VStG lautet:
Schuld
§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Abschnitt B.4.2.2.2 des österreichischen Lebensmittelbuches lautet:
B.4.2.2.2 Dauerwürste
Fleischwürste werden auch als Dauerwürste hergestellt, sie zeichnen sich durch eine längere Haltbarkeit als jene üblicher Fleischwürste aus.
Fleischwürste, die als Dauerwürste in Verkehr gebracht werden, sind entweder gebraten und getrocknet oder nach feuchter Erhitzung kalt geräuchert und getrocknet. Sie werden stets ohne Stärkezusatz hergestellt. Bei Dauerwürsten, die nach der Herstellungsrichtlinie für "Wiener" erzeugt werden, beträgt die Abtrocknung insgesamt ca. 30 %, bei solchen mit einem höheren Wasserzusatz als Wiener muss die Abtrocknung entsprechend höher sein, bei solchen mit geringerem Wasserzusatz kann die Abtrocknung geringer sein (siehe auch G.1.2.3).
Fleischwürste mit einem Durchmesser von mehr als 75 mm, ferner Debreziner, Lyoner, Aufschnittwurst, Schinkenleberkäse, Leberkäse nach bayrischer Art und Bratwürstel (gebrüht oder roh) werden nicht als Dauerwürste in Verkehr gebracht.
Dauerwürste können im Zusammenhang mit der Sortenbezeichnung als "Dauerwurst" deklariert werden. Als Dauerwürste gelten auch Würste mit Phantasiebezeichnungen, die auf touristische Tätigkeiten (Camping, Bergsteigen, Wandern, Klettern, Picknick und dgl.) hinweisen.
III. 2. Objektive Tatseite:
III.2.1 Die belangte Behörde wirft dem Bf vor, ein verfälschtes Lebensmittel in Verkehr gebracht zu haben.
Charakteristisch für die Verfälschung ist der Eingriff in die Substanz eines Lebensmittels. Es werden demnach wertbestimmende Anteile nicht oder nicht ausreichend hinzugefügt oder ganz oder teilweise entzogen. In Frage kommt weiters der Zusatz oder Nichtentzug wertvermindernder Stoffe. Lebensmittel werden darüber hinaus verfälscht, wenn ihnen durch Zusätze oder Manipulationen der Anschein einer besseren Beschaffenheit verliehen oder ihre Minderwertigkeit überdeckt wird oder eine unzulässige Verfahrensart verwendet wird.
Durch die vollständige Angabe der Inhaltsstoffe im Zutatenverzeichnis, wird die Verfälschung selbst bei erheblichen Abweichungen saniert, weil der Umstand dann deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, so auch der EuGH (Blass ua, LMR³ LMSVG § 5 RZ 21).
Bei der Frage des Wasser:Eiweiss-Verhältnisses handelt es sich nicht um eine Eigenschaft des Erzeugnisses, das seine Zutaten, sondern vielmehr seine Qualität betrifft (vgl. EuGH 9.2.1999, Rs C-383/97, Van der Laan). Ein Vorwurf, der Bf habe dem Produkt bestimmte wertbestimmende oder –mindernde Stoffe zugesetzt oder eine andere Manipulation im Sinne des §5 Abs 5 Z3 LMSVG vorgenommen, ist dem Akt nicht zu entnehmen. Dies wäre jedoch Voraussetzung für eine Bestrafung nach der angezogenen Bestimmung.
Vorliegend kommt daher der Tatbestand der Verfälschung nicht in Betracht, zumal keine wertbestimmenden oder -mindernden Manipulationen stattgefunden haben, die einen Eingriff in die Substanz des Lebensmittels bedeutet hätten.
Die belangte Behörde hat dem Bf einen falschen Vorwurf gemacht. Tatsächlich wäre, würde sich der im erstinstanzlichen Verfahren zugrundeliegende Sachverhalt als richtig erweisen, die Bestimmung des § 5 Abs 2 LMSVG anzuwenden, denn, selbst nach Ansicht der A liegt eine an sich verkehrsfähige Ware vor. Manipulationen iSd § 5 Abs 5 Z3 sind dem Gutachten nicht zu entnehmen.
Die Irregularität des Lebensmittels kann daher nur auf eine irreführende Bezeichnung zurückzuführen sein, weil, wenn nach Ansicht der belangten Behörde und der A der Verbraucher angesichts der Bezeichnung mit „B“ eine Dauerwurst erwartet, das Produkt aus diesem Grund ein Wasser:Eiweiss-Verhältnis von höchstens 1,8 + 0,2 aufweisen darf und der Grenzwert vorliegend überschritten ist, eine Deklaration als Dauerwurst (B) nicht erfolgen dürfte und der Konsument deshalb in die Irre geführt wird.
Fraglich ist aber die Prämisse, ob vorliegend tatsächlich von einer „Dauerwurst“ nach dem ÖLMB auszugehen ist.
Nur am Rande sei bemerkt, dass der EuGH in seiner Entscheidung 9.2.1999, Rs C-383/97, Van der Laan ausführt, dass selbst wenn bei den deutschen Verbrauchern eine Erwartung hinsichtlich des Eiweissgehaltes im fettfreien Anteil oder des BEFFE-Gehalts (Gehalt an bindegewebseiweißfreiem Fleischeiweiß) bestünde, eine solche Erwartung in keinem Fall derart präzise sein könne, dass der Verbraucher angesichts der Unterschiede zwischen den tatsächlich festgestellten Anteilen 15 % bzw 87,9% und den nach dem Deutschen Lebensmittelbuch vorgeschriebenen Anteilen von 19% bzw. 90 % irregeführt werden könnte.
Die schlüssige Ansicht, dass sich eine Verbrauchererwartung kaum im einstelligen Prozentbereich abspielen kann (vgl dazu auch Natterer, Lebensmittelrecht [2008], Rz 48), wird auch für den österreichischen Markt gelten, zumal sich das Verbraucherverhalten von Österreichern und Deutschen kaum unterscheiden kann.
Unabhängig davon wäre es dem Landesverwaltungsgericht OÖ. jedoch verwehrt, den Spruch zu korrigieren, zumal es sich beim „Verfälschungstatbestand“ um einen anderen Tatvorwurf mit eigenem Sachverhaltssubstrat handelt. Dort wäre die Frage der richtigen substantiellen Zusammensetzung der Ware zu stellen, während sich im Falle der Irreführung die Frage der nicht irreführenden Deklaration in Verbindung mit der Verkehrsauffassung stellt.
In seinem Erkenntnis vom 31. Juli 2014, Ro 2014/02/0099, hat der Verwaltungsgerichtshof wie folgt ausgesprochen: „Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war die Berufungsbehörde in Verwaltungsstrafsachen berechtigt, die als erwiesen angenommene Tat – unter Beachtung der durch das Verbot der reformatio in peius (§ 51 Abs 6 VStG, vgl nun § 42 VwGVG) gezogenen Grenzen – einer anderen rechtlichen Subsumtion, etwa der Unterstellung unter eine andere Strafnorm, zu unterziehen (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Oktober 2007, Zl 2006/09/0031). Im Hinblick auf die den Verwaltungsgerichten übertragene Pflicht, in Verwaltungsstrafsachen über Beschwerden meritorisch zu entscheiden (Art 130 Abs 4 erster Satz B-VG und § 50 VwGVG), kann für das Beschwerdeverfahren gegen Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden vor den Verwaltungsgerichten nichts anderes gelten.“
Mit Erkenntnis vom 13. Oktober 2013, 2009/06/0189, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass "‘Sache‘ des Berufungsverfahrens [...] die Angelegenheit [ist], die Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz war; die den Entscheidungsspielraum der Berufungsbehörde begrenzende Sache iSd (gemäß § 24 VStG im Strafverfahren anwendbaren) § 66 Abs. 4 AVG ist also nicht etwa jene, welche in erster Instanz in Verhandlung war, sondern ausschließlich die, die durch den (Spruch des) erstinstanzlichen Bescheid(es) begrenzt ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S 1265 unter E 111f zu § 66 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde war somit nur die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannte Tat.“
Wie sich zeigen wird, kann die Lösung der Frage, um welchen Typ „Wurst“ es sich handelte, aber ohnehin unterbleiben, zumal das Verfahren aus anderen Gründen einzustellen ist.
Bei der Einordnung unter den richtigen Tatbestand handelt es sich im Übrigen um eine Rechtsfrage, die die Behörde selbst, auf Basis der Untersuchungsergebnisse (= Tatsachen) der A, zu beurteilen hat.
III.2.2 Eine Strafbarkeit kann sich nur dann ergeben, wenn objektiv gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften verstoßen wurde. Der objektive Verstoß muss von der Behörde erwiesen werden. Er unterliegt nicht der den Beschuldigten treffenden Entlastungspflicht des § 5 Abs 1 Satz 2 VStG. Diese setzt vielmehr den objektiven Tatbestand voraus.
Nun stützt sich die Ansicht der Behörde auf das Gutachten der A, die davon ausgeht, es liege ein Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften vor, da das Wasser:Eiweiss-Verhältnis bei Dauerwürsten 1,8 betragen dürfe, eine Toleranz von 0,2 einzuberechnen sei und eine Messunsicherheit von 0,1 vorliegen kann. Insofern würde eine Dauerwurst, die den Wert 2,1 ausweist noch dem ÖLB entsprechen. Vorliegend wurde ein Wert von 2,2 berechnet, sodass der Grenzwert (um 0,1) überschritten wird.
Der Bf hat im Verfahren, von der belangten Behörde nicht beachtet, ein Gutachten der A, Labor für X vom 4.4.2014 vorgelegt. Dieses Gutachten betrifft eine Gegenprobe zur verfahrensgegenständlichen Zahl 4000MUER0011/14 und weist ein Wasser / Eiweiß – Verhältnis von 2,0 aus.
Zumal der Grenzwert laut österreichischem Lebensmittelbuch 1,8 bei einer Toleranz von 0,2 beträgt, ist der in Zusammenhang mit der Gegenprobe ermittelte Wert von 2,0 im Einklang mit dem österreichischen Lebensmittelbuch. Selbst wenn man also davon ausginge, dass die verfahrensgegenständliche Wurst eine Dauerwurst ist, würde das auf gleicher fachlicher Ebene erstattete Gutachten eine mängelfreie Probe ausweisen.
Vor dem Hintergrund des Grundsatzes in dubio pro reo muss dieser Umstand zugunsten des Bf gewürdigt werden und ist bereits aus diesem Grund, auf objektiver Ebene der Tatsachen, mit Einstellung vorzugehen, weil die Grenzwertüberschreitung nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit erwiesen werden kann.
Eine Klärung der Frage, ob ggst. eine Dauerwurst vorliegt oder nicht, kann deshalb unterbleiben, wenngleich das Gericht der Argumentation, von einer Dauerwurst sei deshalb auszugehen, weil ein Hinweis auf eine touristische Tätigkeit vorliege, nicht folgen kann.
III.2.3. Dies aus folgenden Erwägungen:
Die Frage des Vorliegens einer Dauerwurst ist primär nach dem im LMB dargestellten Herstellungsverfahren zu beurteilen. Demnach zeichnen sich Dauerwürste durch eine längere Haltbarkeit als jene üblicher Fleischwürste aus.
Fleischwürste, die als Dauerwürste in Verkehr gebracht werden, sind entweder gebraten und getrocknet oder nach feuchter Erhitzung kalt geräuchert und getrocknet. Sie werden stets ohne Stärkezusatz hergestellt. Bei Dauerwürsten, die nach der Herstellungsrichtlinie für "W" erzeugt werden, beträgt die Abtrocknung insgesamt ca. 30 %, bei solchen mit einem höheren Wasserzusatz als Wiener muss die Abtrocknung entsprechend höher sein, bei solchen mit geringerem Wasserzusatz kann die Abtrocknung geringer sein (siehe auch G.1.2.3).[...]
Der Passus „Dauerwürste können im Zusammenhang mit der Sortenbezeichnung als "Dauerwurst" deklariert werden. Als Dauerwürste gelten auch Würste mit Phantasiebezeichnungen, die auf touristische Tätigkeiten (Camping, Bergsteigen, Wandern, Klettern, Picknick und dgl.) hinweisen.“ ist nach Ansicht des Gerichtes so zu interpretieren, dass Würste, die nach ihrer Herstellungsart Dauerwürste sind, aber mit einer Phantasiebezeichnung und nicht als Dauerwurst deklariert sind, ebenso Dauerwürste sind, wenn die Phantasiebezeichnung auf eine touristische Tätigkeit hinweist. Schlicht ist der Hinweis auf touristische Tätigkeiten Dauerwürsten vorbehalten.
Um als Dauerwurst zu gelten, muss die Wurst aber jedenfalls nach dem Herstellungsverfahren für Dauerwürste hergestellt worden sein. Unabhängig davon, ob eine Zulässigkeit nach anderen Bestimmungen gegeben ist, wird aber bspw. aus einer „Frankfurter“ (herstellungstechnisch) keine Dauerwurst, weil sie als „Camping-Frankfurter“ bezeichnet wird.
Zudem ist der Ansicht des Beschwerdeführers zu folgen, dass es sich bei dem Begriff „B“ nicht um eine touristische Tätigkeit handelt. Schon aus grammatikalischer Sicht ist eine solche Ansicht ausgeschlossen, zumal es sich beim Wort „B“ um ein Nomen handelt, das einzig eine Sache, nämlich eine Geländeform beschreibt, jedoch keine Tätigkeit. Wenn nun in der ergänzenden Stellungnahme der A vom 8.8.2014 auf das Protokoll der Unterkommission B14 verwiesen wurde, welches gewissermaßen als Auslegungshilfe herangezogen werden kann, und dort dargestellt wird, dass sich die Verpflichtung nur auf „Tätigkeiten und nicht auf geografische Angaben beziehen“ soll, „zumal nicht festgelegt“ sei, „was ein touristisches Ziel ist“, kann dem entnommen werden, dass eben nur auf „touristische Tätigkeiten“ und gerade nicht auf „touristische Ziele“ abgestellt werden soll.
Nun steht aber schon alleine aus sprachlichen Gründen fest, dass es sich bei einem B um keine Tätigkeit handeln kann. B sind aber zweifellos touristische Ziele und handelt es sich um einen Begriff aus der Geographie, der eine topographische Erhebung beschreibt. Auch hier ist der Ansicht des Bf zu folgen.
Davon auszugehen, dass alleine der Begriff (und nicht auch das Herstellungsverfahren) zur Einordnung als Dauerwurst führt und im Rahmen einer extensiven Auslegung zu unterstellen, dass mit dem Begriff „B“ eine touristische Tätigkeit gemeint war, würde zu einem vom Gesetzgeber nicht intendierten Straftatbestand führen.
Es handelt sich hiebei im Übrigen um eine Rechtsfrage, namentlich eine Frage der Auslegung im Rahmen der grammatikalischen Interpretation. Insofern wäre sie von der Behörde selbst zu beurteilen gewesen.
Es darf zudem nicht vergessen werden, dass es sich beim ÖLMB um ein „objektiviertes Sachverständigengutachten handelt, das widerlegbar die konkrete Verbrauchererwartung wiedergibt“ (vgl. zB VwGH 20.6.1994, 92/10/0118) und nicht um ein Gesetz handelt.
Die Frage, ob eine Dauerwurst vorliegt, wäre daher anhand des Herstellungsverfahrens zu (er)klären gewesen. Da die A in ihrem Prüfbefund nur die Überkategorie „Brühwurst“ anführt, im Gutachten lediglich anführt, dass der „Grenzwert der „Dauerwurst““ durch 1,8 (Toleranz + 0,2) limitiert sei, zur substanziellen Zusammensetzung der Wurst aber schweigt und sich im Ergänzungsgutachten - ohne Erläuterungen - lediglich auf die Bezeichnung in Zusammenhang mit einer touristischen Tätigkeit bezieht, kann das Gericht nicht mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit schlüssig nachvollziehen, um welche Wurstart es sich handelt.
Hinsichtlich der Einschätzung, dass das Lebensmittel verfälscht ist, kann auf obige Ausführungen verwiesen werden.
III.3. „Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens“
Verstöße gegen verwaltungsrechtliche Normen sind nur dann strafbar, wenn sie schuldhaft begangen werden. § 5 Abs 1 VStG ordnet an, dass verwaltungsstrafrechtliche Strafbarkeit zumindest Fahrlässigkeit erfordert.
§ 5 Abs 1 S 2 VStG ordnet an, dass der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert. Der Täter kann, um sich zu entlasten, glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“.
§ 5 Abs 1 S 2 regelt eine „Obliegenheit der Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens“ (VwGH 16. 5. 2011, 2009/17/0185; 30. 10. 1991, 91/09/0060). Dabei trifft den Bf keine Beweislast, sondern eine Darlegungslast iS einer entsprechenden Glaubhaftmachung (VwGH 30. 10. 1991, 91/09/0060). Hat der Bf ausreichende – also die Verschuldensvermutung potenziell entkräftende – Entlastungsmomente konkret aufgezeigt (oder gar entsprechende Beweisanträge gestellt), so hat sich die Behörde – bei sonstigem Verfahrensmangel – damit sachlich auseinanderzusetzen, gegebenenfalls also entsprechende Beweise aufzunehmen [(Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 9 (Stand 1.7.2013, rdb.at)].
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass das Unternehmen, für welches der Bf tätig ist, in dem Bereich für welchen der Bf verantwortlich ist, Eigenkontrollen durchführt. Zu diesem Zweck wird ein spezialisiertes Labor für Lebensmitteluntersuchung beauftragt, welches vom Bundesministerium für Gesundheit in der Gesamtliste der Lebensmittelgutachterinnen und -gutachter gem. § 73 LMSVG geführt wird.
Dem Bf lagen vor Einleitung des ggst. Verwaltungsstrafverfahrens zwei Gutachten des genannten Labors zur gegenständlichen Produktlinie vor, welche die Ware im Hinblick auf die substanzielle Beschaffenheit und die Deklaration als verkehrsfähig eingestuft haben.
Nach der Judikatur des VwGH trifft den für die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften Verantwortlichen im Falle der Beiziehung eines Sachverständigen diesem gegenüber eine gewisse Kontrollpflicht. So hat er das Gutachten des Sachverständigen nicht nur auf seine Vollständigkeit, sondern auch daraufhin zu überprüfen, ob ihm sonstige, auch für einen Laien bei Anwendung der nötigen und zumutbaren Sorgfalt erkennbare Mängel anhaften, wie etwa, dass es auf offenkundig unrichtigen Voraussetzungen beruht (VwGH 12.1.1989, 88/10/0169, VwSlg 12947 A/1989).
Im heutigen Wirtschaftsleben ist die Überwachung sämtlicher Normen, insbesondere in einem Industriebetrieb, für einen Einzelnen nahezu unmöglich. Er muss sich spezialisierter Gehilfen bedienen. Bediente sich nun der Bf eines Sachverständigen, um die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften zu gewährleisten, kann ihm ein Verstoß gegen ihm obliegende objektive Sorgfaltswidrigkeiten nur in Form eines Auswahl- oder eines Überwachungsverschuldens vorgeworfen werden (vgl. VwGH 12.1.1989, 88/10/0169).
Im vorliegenden Fall hat sich der Bf eines spezialisierten Labors als Sachverständigem bedient.
Das beauftragte Labor wurde vom Bundesministerium in die Liste der Lebensmittelgutachter gem § 73 LMSVG aufgenommen. Das Labor verfügt über die notwendigen Akkreditierungen. Eine Akkreditierung erfolgt nur dann, wenn die Voraussetzungen der Lebensmittelgutachterverordnung in der jeweils geltenden Fassung erfüllt sind, d.h., wenn ein sehr hohes Niveau im Hinblick auf berufliche Vorbildung und praktische Tätigkeit erreicht wird (vgl. Blass ua, LMR³ §73 LMSVG Rz 3). Insofern konnte der Bf davon ausgehen, dass die von A erstatteten Gutachten inhaltlich richtig sind, sofern die Gutachten nicht in die Augen fallende Mängel aufwiesen. Eine zusätzliche fachliche Überprüfung, ob das Gutachten eines von einem Ministerium akkreditierten Sachverständigenbüros inhaltlich richtig ist, kann nicht verlangt werden. Es würde dies die Sorgfaltspflichten des Verantwortlichen bei Weitem überspannen. Eine Überprüfung muss vielmehr nur dahingehend erfolgen, ob dem Gutachten sonstige, auch für Laien bei der Anwendung der nötigen und zumutbaren Sorgfalt erkennbare Mängel anhaften, wie etwa, dass es auf offenkundig unrichtigen Voraussetzungen beruht (VwGH 12.1.1989, 88/10/0169). Das Gericht kann in den Gutachten keine offensichtlichen Unschlüssigkeiten erkennen.
Aus den genannten Gutachten ergibt sich, dass das Produkt auch bei einem Wasser:Eiweiss-Verhältnis von 2,2 bzw 2,3 sowohl im Hinblick auf seine substanzielle Zusammensetzung als auch im Hinblick auf die Deklaration verkehrsfähig war. Das Gericht geht davon aus, dass der Bf auf die Gutachten vertrauen durfte und ihm weder Auswahl- noch Überwachungsverschulden zur Last liegt, der Bf also im Ergebnis ausreichend glaubhaft gemacht hat, dass er eine allfällige Verwaltungsübertretung nicht verschuldet hat. Die allfällige Übertretung war nicht vermeidbar, da den eingeholten Gutachten Glauben geschenkt werden musste und durfte. Der Umstand, dass sorgfältige Eigenkontrollen stattfanden und Gutachten eingeholt wurden, zeigt, dass es dem Bf bzw. dem ihn beschäftigenden Unternehmen daran gelegen war, im Einklang mit den Normen des Lebensmittelrechtes zu agieren. Es wäre widersinnig und lebensfremd anzunehmen, dass zunächst kostspielige Eigenkontrollen stattfinden und dann, bei Auftreten von Mängeln, die mangelhaften Produkte dennoch in den Verkehr gebracht werden. Die Eigenkontrollen finden ja gerade statt, um mangelhafte Produkte ausscheiden zu können bzw. um die gesetzlichen Regeln einzuhalten.
IV. Im Ergebnis war der Beschwerde daher stattzugeben und das Straferkenntnis aufzuheben, zumal die Verletzung lebensmittelrechtlicher Bestimmungen nicht mit ausreichender Sicherheit nachgewiesen werden konnte und der Beschwerdeführer sein mangelndes Verschulden iSd §5 Abs 1 Satz 2 VStG glaubhaft machen konnte. Außerdem hat die Behörde dem Bf einen falschen Tatbestand vorgeworfen. Das Strafverfahren war daher mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.
Der Ausspruch hinsichtlich der Untersuchungskosten der A ergibt sich aus § 71 LMSVG.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen sonst keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Felix Pohl