LVwG-750219/8/BP/JB
Linz, 09.12.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des C. K., geb. am x, vertreten durch G. K. L. R. OG, Xstraße 31a, L., gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 23. Oktober 2014, GZ: Wa-148/WL/01, mit der die Entziehung der Waffenbesitzkarte Nr. A-002419, des Waffenpasses Nr. A-017899 und des Ö-EU-Feuerwaffenpasses Nr. E0082692, ausgesprochen wurde,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. §§ 25 Abs. 3 und 8 Abs. 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 161/2013, wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, hat mit Bescheid vom
23. Oktober 2014, GZ: Wa-148/WL/01 dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gem. § 25 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 1 WaffG 1996 i.d.g.F. die am 18.10.2001 von der BPD Linz ausgestellte Waffenbesitzkarte, Nr. A-002419, den am
29. November 2005 von der BPD Linz ausgestellten Waffenpass, Nr. A-017899 und den am 17. Oktober 2014 von der LPD Oberösterreich ausgestellten
Ö-EU-Feuerwaffenpass, Nr. E0082692, entzogen.
Begründend führt die belangte Behörde darin zunächst ua. wie folgt zum Sachverhalt aus:
§ 198 StPO vorlagen und Sie einen Geldbetrag zugunsten des Bundes geleistet haben.
§ 50 WaffG zu berücksichtigen. Es kommt der Beurteilung der konkreten Umstände des Besitzes und des Erwerbsvorganges (Verschuldensform, der Dauer des unberechtigten Besitzes und allfälliger Versuche der Legalisierung) maßgebliche Bedeutung zu. (VwGH vom 28.02.2006, ZI. 2005/03/0019)
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende durch den rechtsfreundlichen Vertreter des Bf rechtzeitig am 3. November 2014 eingebrachte Beschwerde, worin ua. wie folgt ausgeführt wird:
3. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 10. November 2014 zur Entscheidung vor.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.
Zusätzlich wurde am 9. Dezember 2014 eine öffentliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durchgeführt.
5. Das Landesgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Der Bf konfiszierte im Rahmen seiner Tätigkeit als „Sicherheitsmann“ bei der irakischen Botschaft im Jahr 2010 ua. einen Totschläger, den er abzugeben vergaß. Er hatte ihn in einer Umhängetasche deponiert, diese in den Folgejahren nicht benötigt, weshalb ihm die verbotene Waffe nicht aufgefallen war. Den Vorgang der Abnahme hatte der Bf dokumentiert. Erst bei der Zugangskontrolle am 26. August 2014 wurde der Bf wieder des Totschlägers im „Hauptfach“ seiner Umhängetasche gewahr. Er selbst präsentierte diesen bei der Sicherheitskraft im Rahmen der Zugangskontrolle.
Ansonsten liegen keine weiteren Umstände vor, die geeignet wären, im Rahmen einer Verlässlichkeitsprüfung negativ releviert zu werden.
6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch Einzelrichter berufen, zumal das Materiengesetz keine Senatszuständigkeit vorsieht.
II. Im Rahmen der öffentlichen Verhandlung schilderte der Bf völlig glaubhaft die Umstände in Folge der Abnahme des Totschlägers und weshalb er diesen in der Umhängetasche vergessen habe. Auch sein generelles Auftreten erweckte keinesfalls den Eindruck, dass er einen verantwortungslosen Umgang mit Waffen pflegen könnte. Dass der jahrelange Besitz des Totschlägers auf bloßes Vergessen dessen Abgabe zurückzuführen ist, wird dadurch glaubwürdig dokumentiert, dass der Bf die Abnahme der verbotenen Waffe im Jahr 2010 gemeldet hatte und deren Herausgabe im Rahmen der Zugangskontrolle von sich aus vornahm. Hätte der Bf den Totschläger bewusst unterdrücken wollen, hätte er ihn fraglos nicht mitgeführt, zumal ihm als Sicherheitskraft ja bekannt war, dass derartige Kontrollen durchgeführt würden.
III. 1. Gemäß § 25 Abs. 3 Waffengesetz 1996, BGBl. I. Nr. 12/1997, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 161/2013 (WaffG), hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Von einer Entziehung auf Grund einer nicht sicheren Verwahrung ist abzusehen, wenn das Verschulden des Berechtigten geringfügig ist, die Folgen unbedeutend sind und der ordnungsgemäße Zustand innerhalb einer von der Behörde festgesetzten, zwei Wochen nicht unterschreitenden Frist hergestellt wird.
Gemäß § 8 Abs. 1 WaffG 1996 ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er
1. Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
Gemäß § 17 Abs. 1 Z. 6 WaffG 1996 ist der Erwerb, die Einfuhr, der Besitz und das Führen der unter der Bezeichnung „Schlagringe" „Totschläger" und „Stahlruten" bekannten Hiebwaffen verboten.
Gemäß § 50 Abs. 1 Z. 2 WaffG 1996 ist vom ordentlichen Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer, wenn auch nur fahrlässig, verbotene Waffen oder Munition unbefugt besitzt.
2.1. § 25 Abs. 3 WaffG normiert also in seinem ersten Satz, dass bei Wegfall der Verlässlichkeit einer Person waffenrechtliche Urkunden zu entziehen sind. Dabei ist der Behörde vom Gesetzgeber kein Ermessen eingeräumt, sondern die Rechtsfolge hat bei Wegfall der Verlässlichkeit einzutreten.
Die Verlässlichkeit im Sinne des WaffG wird durch § 8 Abs. 1 normiert, und dabei werden mehrere Alternativen angeführt, bei deren Vorliegen die Verlässlichkeit zu verneinen sein wird.
Im weiteren ist bei der Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z. 2 WaffG im Hinblick auf den mit dem Waffenbesitz durch Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnis ein strenger Maßstab anzulegen und kann auch bereits ein einmaliges Fehlverhalten, selbst wenn die Zugriffsmöglichkeit auf die Waffen nur relativ kurze Zeit bestand, die Verneinung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit zur Folge haben.
Durch die Formulierung des § 8 Abs.1 ist die waffenrechtliche Verlässlichkeit im Sinne einer Prognose zu beurteilen. Diese Prognose betrifft den Umstand, dass die zu bewertende Person in Zukunft voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen und sie unter anderem Waffen sorgfältig verwahren wird. Diese Prognose zukünftiger Verhaltensweisen ist auf Grund der jeweils aktuellen Situation zu erstellen. Dabei wird auf das zu erwartende zukünftige Verhalten eines Menschen geschlossen.
§ 50 WaffG zu berücksichtigen. Es kommt der Beurteilung der konkreten Umstände des Besitzes und des Erwerbsvorganges (Verschuldensform, der Dauer des unberechtigten Besitzes und allfälliger Versuche der Legalisierung) maßgebliche Bedeutung zu. (VwGH vom 28.02.2006, ZI. 2005/03/0019)
Zur Beurteilung der Verlässlichkeit einer Person, ist es – de minore ad maius - auch nicht entscheidend, ob die Strafverfolgungsbehörde wegen des strittigen Vorfalls von einer Verfolgung, allenfalls nach diversionellem Vorgehen, Abstand genommen hat, weil diese Entscheidung für die Waffenbehörde keine Bindungswirkung entfaltet (vgl etwa VwGH vom 30. Jänner 2014, 2013/03/0154, und VwGH vom 19. März 2013, 2012/03/0180).
2.2. Im vorliegenden Fall sind insbesondere § 8 Abs. 1 Z. 1 und 2 WaffG relevant. Es muss also gewährleistet sein, dass eine Person einerseits Waffen nicht missbräuchlich oder leichtfertig verwendet bzw. nicht mit diesen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.
2.3. Der Bf hatte im Jahr 2010 im Rahmen seiner Tätigkeit für die irakische Botschaft einen Totschläger konfisziert, diesen Vorgang zwar gemeldet, aber die Abgabe der verbotenen Waffe in der Folge vergessen. Nach dem festgestellten Sachverhalt ist keinesfalls von einer missbräuchlichen Verwendung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z. 1 WaffG auszugehen, da der Bf glaubhaft nie beabsichtigt hatte die Waffe selbst zu verwenden.
2.4. Auch § 8 Abs. 1 Z. 2 WaffG scheint in letzter Konsequenz nicht gegeben. Es ist – im Übrigen auch dem Bf – völlig klar, dass er eine verbotene Waffe überhaupt nicht hätte besitzen dürfen. Nachdem er diese allerdings vergessen hatte, ist weniger deren Verwahrung oder Überlassung zu erörtern, sondern der Umstand der Fahrlässigkeit des Besitzes des Totschlägers. Auch bei Anwendung eines strengen Prüfungsmaßstabes, die jedenfalls als geboten erscheint, ist im konkreten Fall betreffend Verlässlichkeit dem Bf eine positive Prognose zu erstellen. Diese gründet auf eine Gesamtschau aller im Verfahren hervorgekommenen Umstände, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bf zukünftig sachgemäß mit Waffen umgehen wird und hinkünftig ein Vergessen wie, zuvor, als äußerst unwahrscheinlich angenommen werden kann.
3.1. Es ergibt sich also im Ergebnis, dass der Bf keine Tatsachen gesetzt hat, die eindeutig Anhaltspunkte dafür bieten würden, dass er nicht (mehr) als verlässlich im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG anzusehen ist.
Damit waren aber die waffenrechtlichen Urkunden im Sinne des § 25 Abs. 3 erster Satz WaffG nicht zu entziehen.
3.2. Es war also im Ergebnis der Beschwerde stattzugeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.
I. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree