LVwG-700068/2/BP/JB
Linz, 10.12.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des E. T., geboren am x, StA von Türkei, W. 5, x W., gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 21. November 2014, GZ: VStV/914301031475/2014, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm. § 120 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe mit 200 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe mit 65 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde mit 20 Euro festgesetzt werden.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
21. November 2014, GZ: VStV/914301031475/2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 120 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt.
Zunächst führt die belangte Behörde folgenden Tatvorwurf aus:
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, durch den Beschwerdeführer rechtzeitig eingebrachte Beschwerde (Berufung), eingelangt beim Oö. Landesverwaltungsgericht am 2. Dezember 2014, in welcher der Antrag gestellt wird, das Straferkenntnis der LPD OÖ vom 21. November 2014,
GZ: VStV/914301031475/2014, zugestellt am 2. Dezember 2014, ersatzlos aufzuheben und das gegen den Bf eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die Strafe angemessen herabzusetzen.
Die Beschwerde wird ua. wie folgt begründet:
3. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2014 legte die Landespolizeidirektion Oberösterreich den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nahm Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde.
4.2. Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte gemäß
§ 44 Abs. 3 abgesehen werden, zumal in der Beschwerde der Sachverhalt keinesfalls bestritten, sondern allenfalls lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und im Übrigen auch kein Antrag auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung gestellt wurde.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter dem Punkt I.1. dieses Erkenntnisses dargestellten – völlig unwidersprochenen - relevanten Sachverhalt aus.
II.
Nachdem der im angefochtenen Straferkenntnisses dargestellte Sachverhalt völlig unbestritten feststeht, konnte auch eine diesbezügliche Beweiswürdigung entfallen.
III.
1. Gemäß § 120 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 144/2013, begeht, wer als Fremder nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet einreist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 100 Euro bis zu 1 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Gemäß § 15 Abs. 1 FPG benötigen Fremde, soweit durch Bundesgesetz oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung nicht anderes bestimmt ist oder nicht anderes internationalen Gepflogenheiten entspricht, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet und Ausreise aus diesem ein gültiges Reisedokument (Passpflicht).
2.1. Aufgrund des Umstandes, dass der Bf mit Strafverfügung vom
25. September 2014 bereits wegen eines Grenzübertritts am 5. September 2014, ohne einen Reisepass mit sich geführt zu haben, rechtskräftig bestraft wurde, schloss die belangte Behörde, dass im vorliegenden Fall § 120 Abs. 1 zweiter Satz FPG zur Anwendung gebracht werden müsse. Dabei übersieht sie aber, dass – wie sie selbst im angefochtenen Straferkenntnis ausführt – die Rechtskraft der in Rede stehenden Strafverfügung erst mit 15. Oktober 2014 eintrat. Nachdem aber § 120 Abs. 1 zweiter Satz FPG explizit eine bereits erfolgte rechtskräftige Bestrafung vorsieht, wobei als hier relevanter Zeitpunkt fraglos der Tatzeitpunkt der zweiten Tat und nicht der Zeitpunkt der Erlassung des zweiten Straferkenntnisses anzusehen ist, kann § 120 Abs. 1 zweiter Satz im konkreten Fall nicht in Anwendung gebracht werden, zumal der Tatzeitpunkt der zweiten Tat der 3. Oktober 2014 war. Es ist also grundsätzlich von einem Strafrahmen von 100 bis 1.000 Euro auszugehen.
2.2. Die Begehung der Tat an sich durch den Bf ist im vorliegenden Fall unbestritten. Aus § 15 Abs. 1 FPG wird klar, dass ein Grenzübertritt von Fremden grundsätzlich nur unter Mitführung eines Reisepasses erfolgen darf. Die ebenfalls in dieser Bestimmung angeführten Sonderfälle sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
2.3. Es ist daher festzustellen, dass der Bf die Tat in objektiver Hinsicht begangen hat.
3.1. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).
3.2. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
3.3. Der Bf wendet nun ein, dass er ja grundsätzlich über einen Reisepass verfüge, diesen lediglich verlegt habe. Es musste ihm aber spätestens nach dem Aufgriff am 5. September 2014 äußerst bewusst sein, dass er bei einem Grenzübertritt nach Tschechien und wieder zurück einen Reisepass mit sich führen muss, gleich ob eine diesbezügliche Bestrafung schon rechtskräftig erfolgt war oder nicht. Im Sinne eines „na wenn schon“ hat er sich aber offensichtlich über die Bestimmungen des FPG hinweggesetzt, weshalb im vorliegenden Fall von bedingtem Vorsatz als Schuldform auszugehen ist.
3.4. Auch die subjektive Tatseite ist sohin eindeutig gegeben.
4.1. Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.
Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen ebenso zu berücksichtigen.
4.2. Im vorliegenden Fall ist jedenfalls die qualifizierte Schuldform der Tatbegehung in Form des bedingten Vorsatzes als straferschwerend im Rahmen der Festsetzung der Strafhöhe zu werten. Mit der Verhängung der Mindeststrafe von 100 Euro könnte – nach Ansicht des erkennenden Richters – der Bf wohl nicht von der Begehung weiterer gleichartiger Delikte abgehalten werden, weshalb die Strafhöhe mit 200 Euro festzusetzen war. Angemerkt sei, dass sich die Strafe noch immer im untersten Bereich des Strafrahmens bewegt.
Die Berechnung der Ersatzfreiheitsstrafe erfolgte mit 65 Stunden analog den Zumessungsgrundsätzen.
Eine Reduktion der Strafhöhe auf die Hälfte des Mindestsatzes oder gar ein Absehen von der Strafe kamen allein schon mangels geringfügigen Verschuldens bzw. mangels Überwiegen der Milderungsgründe nicht in Betracht.
4.3. Die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde sind gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit 10% der verhängten Geldstrafe, mindestens aber mit 10 Euro festzusetzen.
Im vorliegenden Fall ergab sich daher ein Kostenbeitrag vor der belangten Behörde von 20 Euro.
5. Es war daher im Ergebnis der Beschwerde mit der Maßgabe stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe mit 200 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe mit 65 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde mit 20 Euro festzusetzen waren.
6.1. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird.
6.2. In diesem Sinn war dem Bf kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG aufzuerlegen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree