LVwG-450037/8/HW/BD

Linz, 17.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerde von G. Z., x, vertreten durch Mag. W. O., x, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 20. Mai 2014, GZ DI-StV-133-2012,

zu Recht    e r k a n n t :

 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO stattgegeben und der angefochtene Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 20. Mai 2014 dahingehend abgeändert, dass der Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 21.11.2013, FD-StV-133-2012, aufgehoben wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 21.11.2013, FD-StV-133-2012, wurde G. Z. (in der Folge kurz „Bf“ genannt) als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Z. F. GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin der Z. F. GmbH & X wegen schuldhafter Nichtzahlung für die noch offene Kommunalsteuerschuld für Juni 2012 in Höhe von € 455,01 haftbar gemacht und zur Zahlung herangezogen. Die dagegen erhobene Berufung, welche im Wesentlichen den Standpunkt vertrat, dass den Bf kein Verschulden zur Last falle und kein Kausalzusammenhang bestehe, wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 20.05.2014 abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass bis Juni 2012 Gehälter bezahlt worden wären, die Kommunalsteuer für den Monat Juni 2012 aber noch teilweise offen wäre. Gemäß § 9 Abs. 1 BAO würden die in § 80 BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabenpflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit haften, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Werde die auf ausbezahlte Löhne entfallende Kommunalsteuer nicht an die Gemeinde abgeführt, so sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Zum Kausalzusammenhang sei auszuführen, dass das Tatbestandsmerkmal „infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können“ unter anderem dann als erfüllt anzusehen sei, wenn der Vertreter bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeiten Mittel für die Bezahlung zur Verfügung hatte und nicht (wenn auch nur anteilig) für die Abgabentilgung Sorge getragen hat. Dass Mittel zur Verfügung gestanden wären, sei durch die Auszahlung von Löhnen bewiesen worden. Das öffentliche Interesse an einem gesicherten Abgabenaufkommen könne nur durch Geltendmachung der Haftung gewahrt werden.

 

I.2. Der Bf erhob gegen diesen Bescheid eine rechtzeitige Beschwerde.

 

II.1. Nach Beweisaufnahme durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 23.06.2014 vorgelegten Akt sowie durch Einholung ergänzender Informationen (das Ergebnis wurde den Parteien mit Schreiben vom 28.11.2014 zur Kenntnis gebracht) geht das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich von folgendem Sachverhalt aus:

 

II.2. Der Bf war jedenfalls von 01.06.2012 bis 31.07.2012 Geschäftsführer der Z. F. GmbH, FN x. Diese Gesellschaft war im oben genannten Zeitraum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Z. F. GmbH & X, FN x (Firmenbuchauszüge).

 

Mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 13.07.2012, 14 S 53/12k-3, wurde über das Vermögen der Z. F. GmbH & X ein Insolvenzverfahren eröffnet, die Bekanntmachung in der Insolvenzdatei erfolgte noch am 13.07.2012. Mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 22.10.2013, 14 S 53/12k-66, wurde der Konkurs – nach Schlussverteilung gemäß § 133 IO – aufgehoben (Beschlüsse des LG Steyr; Ausdruck aus der Insolvenzdatei).

 

Mit E-Mail vom 30.08.2012 wurde eine von der Z. F. GmbH & X unterfertigte Kommunalsteuerklärung für das von dieser Gesellschaft betriebene Unternehmen übermittelt, wobei für den Zeitraum 01.06.2012 bis 30.06.2012 hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Betriebsstätte eine Bemessungsgrundlage von € 45.133,87 (3% davon € 1.354,02) angegeben wurde. Es wurde im Juni 2012 tatsächlich jedoch nur mehr ein Teil dieser Gehälter ausbezahlt, wobei die von den im Juni noch ausbezahlten Gehältern anfallende 3%ige Kommunalsteuer € 738,99 beträgt (Kommunalsteuererklärung samt Aktenvermerk).

 

Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Z. F. GmbH & X wurde betreffend die im Juni 2012 (an der verfahrensgegenständlichen Betriebsstätte) noch tatsächlich ausbezahlten Gehälter eine Konkursforderung angemeldet und es wurde vom Masseverwalter der Z. F. GmbH & X ein Betrag von € 298,76 (entspricht einer Quote von 19,24 %) bezahlt (SEPA-Gutschrift; Personenkontoübersicht vom 28.10.2013; Bescheid vom 21.11.2013).

 

Die Z. F. GmbH, FN x, ist weiterhin im Firmenbuch eingetragen, die Gesellschaft ist jedoch nicht aktiv tätig und verfügt über kein Vermögen. Herr P. Z. ist zumindest seit 01.06.2012 Kommanditist der Z. F. GmbH & X und als solcher im Firmenbuch eingetragen, wobei seine Stellung der vom Regelstatut des UGB vorgegebenen entspricht. P. Z. ist in Österreich wohnhaft, verfügt über ein regelmäßiges Einkommen und es ist hinsichtlich P. Z. kein Insolvenzverfahren (Schuldenregulierungsverfahren) anhängig (Firmenbuchauszüge; Abfrage Ediktsdatei; Angaben des Vertreters des Bf).

 

II.3. Der Sachverhalt ergibt aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt und den vom Landesverwaltungsgericht eingeholten Informationen (Ausdruck Ediktsdatei; Firmenbuchauszug; Anfrage bei Vertreter des Bf), wobei die einzelnen Feststellungen vor allem auf den jeweils in Klammer angeführten Beweismitteln beruhen. Zudem wurde der vom Landesverwaltungsgericht auf Basis des vorgelegten Aktes und der ergänzenden Informationen vorläufig angenommene Sachverhalt (der im Wesentlichen mit dem oben festgestellten Sachverhalt übereinstimmt) den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht und es wurde Gelegenheit eingeräumt, allfällige aus Sicht der Parteien bestehende Unrichtigkeiten dieser Annahmen bekannt zu geben und/oder Beweise vorzulegen bzw. anzubieten. Weder von der belangten Behörde noch vom Bf wurde die Richtigkeit des bekannt gegebenen Sachverhaltes in Zweifel gezogen, sodass auch für das Landesverwaltungsgericht keine Zweifel an der Richtigkeit des aus den in Klammer angeführten Beweismitteln entnommenen Sachverhaltes bestehen.

 

 

III. In rechtlicher Hinsicht ist folgendes auszuführen:

 

III.1. Gemäß dem im angefochtenen Bescheid angeführten § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Nach § 6a Abs. 1 KommStG haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

 

III.2. § 9 Abs. 1 BAO normiert eine Ausfallshaftung (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 9 E 38). Der Vertreter kann so lange nicht in Anspruch genommen werden, als ein Ausfall beim Erstschuldner und bei den mit ihm verbundenen Gesamtschuldnern sowie bei den außerhalb des § 9 BAO Haftenden nicht eindeutig feststeht (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 9 E 39). Nach der Bestimmung des § 6a Abs. 1 KommStG haften die Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung ihnen auferlegter Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, somit nicht nur bei Uneinbringlichkeit der Abgabe (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 9 Anm 10b). Die Haftung nach § 6a Abs. 1 KommStG ist daher keine Ausfallshaftung, sondern eine Gefährdungshaftung (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 9 Anm 10b). Bei einer Gefährdungshaftung darf der als Haftende in Betracht Kommende nur insoweit in Anspruch genommen werden, als die Abgabe beim Primärschuldner nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 7 Anm 7). Der unbestimmte Rechtsbegriff „nicht ohne Schwierigkeiten“ ist so auszulegen, dass nur bei erheblichen Schwierigkeiten, die in ihrer Intensität so geartet sind, wie die Schwierigkeiten, die sich für das Einbringen der Abgabenforderungen im Falle der Konkurseröffnung ergeben, die Tatbestandsvoraussetzung für die Haftung gegeben ist (vgl. VfGH 04.12.1995, B 1404/95, zu 7 Abs. 1 WAO idF LGBl. für Wien 40/1992).

 

III.3. Im vorliegenden Fall sind gemäß § 6 KommStG neben der Z. Filialbetriebs GmbH & X auch die Komplementär-GmbH (vgl. Mühlberger/Ott/Pilz/Sturmlechner, Das Abgabenrecht der Städte und Gemeinden [2014] 181) und der Kommanditist P. Z. unmittelbare Abgabenschuldner, da die Stellung des Kommanditisten dem Regelstatut des UGB entspricht (vgl. VwGH 22.02.2012, 2011/16/0138; 18.04.2007, 2006/13/0085: Ein Kommanditist wird im Grunde des § 6 KommStG 1993 kraft Gesetzes unmittelbar und neben der Kommanditgesellschaft Abgabenschuldner der Kommunalsteuer des [auch] für seine Rechnung betriebenen Unternehmens der Gesellschaft, eine dem Regelstatut des UGB entsprechende Stellung als Kommanditist bewirkt dessen Mitunternehmerstellung). Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass der Kommanditist P. Z. in Österreich wohnhaft ist, über ein regelmäßiges Einkommen verfügt und es ist hinsichtlich P. Z. kein Insolvenzverfahren anhängig, sodass derzeit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, weswegen die verfahrensgegenständliche Kommunalsteuerforderung beim Kommanditisten als primären Abgabenschuldner nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könnte. Hinzu kommt, dass es gesamt (nur) um den Betrag von € 455,01 geht, also um einen Betrag, den regelmäßig jemand mit Einkommen auch aufbringen kann. Die belangte Behörde geht im Übrigen offenbar selbst davon aus, dass die Kommunalsteuer beim Kommanditisten eingebracht werden kann, wurde doch diesem gegenüber ein entsprechender Bescheid erlassen. Es liegen daher ausgehend vom derzeit vorliegenden Sachverhalt die Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Ausfalls- oder Gefährdungshaftung gegenüber dem Bf (noch) nicht vor.

 

III.4. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass neben der Z. F. GmbH & X auch der Kommanditist P. Z. Abgabenschuldner ist. Da keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, weswegen die verfahrensgegenständliche Kommunalsteuerforderung beim Kommanditisten als primären Abgabenschuldner nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könnte, darf der Bf als bloßer Haftender insoweit (derzeit noch) nicht in Anspruch genommen werden (sondern es ist vielmehr die Abgabe beim primären Abgabenschuldner geltend zu machen).

 

III.5. Es war daher spruchgemäß der angefochtene Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 20. Mai 2014 dahingehend abzuändern, dass der Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 21.11.2013, FD-StV-133-2012, aufgehoben wird (vgl. zur Spruchformulierung auch Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 Rz Rz 1061 FN 137).

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision: Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der insoweit einheitlichen Rechtsprechung der Höchstgerichte ab (vgl. vor allem die zitierten Entscheidungen des VwGH und des VfGH sowie die bei Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 an den jeweiligen Fundstellen angegebenen Erkenntnisse).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Die Abfassung und Einbringung der Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder durch einen bevollmächtigten Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer bzw. eine bevollmächtigte Steuerberaterin oder Wirtschaftsprüferin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Dr. Wiesinger