LVwG-600374/6/Py/Bb/SA

Linz, 10.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin         Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des M. S., geb. 19.., L.gasse 3/1, L., vom 13. Februar 2014, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Jänner 2014, GZ VerkR96-10073-2013, betreffend Zurückweisung des Einspruches wegen Verspätung gemäß § 49 Abs. 1 VStG,  

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG iVm §§ 49 Abs. 2 VStG und 38 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der in Beschwerde gezogene behördliche Bescheid behoben.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 15. Jänner 2014, GZ VerkR96-10073-2013, wurde der Einspruch des M. S. (des nunmehrigen Beschwerdeführers) vom 5. September 2013 gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 26. März 2013, GZ VerkR96-10073-2013, wegen Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO, gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.

 

Den Bescheid begründend führte die belangte Behörde nach Zitierung der einschlägigen Rechtsnorm aus, dass die gegenständliche Strafverfügung laut aufliegenden Zustellnachweis am 22. August 2013 gültig zugestellt worden sei. Die Einspruchsfrist von zwei Wochen sei daher mit Ablauf des 5. September 2013 verstrichen. Der mit 5. September 2013 datierte und am 10. September 2013 zur Post gegebene Einspruch sei daher verspätet.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid – zugestellt durch Hinterlegung am 22. Jänner 2014 - erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist die Beschwerde vom 13. Februar 2014.

Begründend wurde darin ausgeführt, dass er sich in dem von der belangten Behörde im Bescheid angeführten Zeitraum auf Dienstreise befunden habe und daher der Einspruch verspätet erhoben worden sei. Falls bezüglich seiner Ortsabwesenheit Beweise benötigt würden, bitte er um Mitteilung.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 13. Juni 2014, GZ VerkR96-10073-2013, ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichterin.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.

Gemäß § 44 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 3 Z 4 VwGVG war von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung angesichts der Tatsache, dass sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet, bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, und der Beschwerdeführer trotz entsprechender Belehrung in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides eine Verhandlung nicht beantragt hat, abzusehen.

 

I.4.1. Folgender Sachverhalt steht fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Dem Beschwerdeführer wurde mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 26. März 2013, GZ VerkR96-10073-2013, die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO am 2. Oktober 2012 um 05.41 Uhr in Traun, Friedhofstraße, Höhe Spielplatz – Stadion, in Fahrtrichtung Salzburgerstraße, vorgeworfen und über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Stunden, verhängt.

 

Diese Strafverfügung wurde nach dem aktenkundigen Zustellnachweis (RSa-Rückschein) nach einem erfolglosen Zustellversuch am 21. August 2013 an der Wohnadresse (Abgabestelle) des Beschwerdeführers am 22. August 2013 beim Postamt 4027 Linz hinterlegt und zur Abholung bereitgehalten, wobei der Beginn der Abholfrist auf dem Rückschein mit 22. August 2013 vermerkt wurde. Laut RSa-Rückscheinbrief wurde eine Verständigung über die Hinterlegung des Schriftstückes in die Abgabeeinrichtung an der Abgabestelle des Beschwerdeführers eingelegt.

 

Der gegen diese Strafverfügung erhobene - mit 5. September 2013 datierte -Einspruch des Beschwerdeführers wurde am 10. September 2013 der Post zur Beförderung übergeben (Datum des Poststempels) und langte am 12. September 2013 bei der belangten Behörde ein.

  

Der Beschwerdeführer verantwortet sich zur offensichtlich verspäteten Einbringung seines Rechtsmittels damit, im Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung (Hinterlegung) als auch während des Hinterlegungszeitraumes ortsabwesend gewesen zu sein und sich auf Dienstreise befunden zu haben. Diese Behauptung wurde durch die Vorlage einer Aufenthaltsbestätigung des Hotels „H.“, St. L., vom 30. Mai 2014 untermauert. Demnach habe sich der Beschwerdeführer im Zeitraum von 5. August 2013 bis. 7. September 2013 im dortigen Hotel aufgehalten bzw. Unterkunft bezogen.

 

Aus der im Verwaltungsakt einliegenden Übernahmebestätigung geht hervor, dass der am 22. August 2013 hinterlegte RSa-Brief dem Beschwerdeführer persönlich ausgefolgt wurde, wann die Übernahme der Strafverfügung durch den Beschwerdeführer erfolgt ist, ist jedoch nicht bekannt, da das Datum der Ausfolgung auf der Übernahmebestätigung nicht vermerkt wurde. Neben der Unterschrift des Beschwerdeführers befindet sich zwar ein Stempel des Zustellpostamtes 4027 Linz, wann das Dokument dem Beschwerdeführer tatsächlich übergeben wurde, lässt sich auch daraus nicht nachvollziehen (unlesbares Datum des Poststempels).

 

Mit E-Mail vom 24. Juli 2014 teilte das Kundenservice der Österreichischen Post AG dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über entsprechende Anfrage mit, dass das Datum der tatsächlichen Übernahme des RSa-Briefes nicht festgestellt werden könne. Am 4. August 2014 übermittelte das Kundenservice dem Verwaltungsgericht schließlich neuerlich eine Kopie der bereits im Akt befindlichen Übernahmebestätigung, aus der – wie dargestellt – nicht erkennbar ist, wann die hinterlegte Strafverfügung dem Beschwerdeführer tatsächlich ausgefolgt wurde.

 

I.4.2. Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist aufgrund dieser ergebnislos verlaufenden Erhebungen bei der Österreichischen Post AG über das Datum der Ausfolgung des Schriftstückes an den Beschwerdeführer sein Vorbringen, zum Zeitpunkt der Zustellung (Hinterlegung) der Strafverfügung und darüber hinaus ortsabwesend gewesen zu sein und sich im Hotel „H.“ in St. L. aufgehalten zu haben, mangels gegenteiliger stichhaltiger Anhaltspunkte plausibel und somit auch glaubwürdig, wobei jedoch aufgrund des Umstandes, dass sein Einspruch nachweislich und unbestritten mit 5. September 2013 datiert ist, davon auszugehen ist, dass ihm zumindest an diesem Tag der RSa-Brief mit dem Inhalt der Strafverfügung tatsächlich zugekommen ist.

 

I.5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht hierüber erwogen:

 

I.5.1. Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist gemäß § 49 Abs. 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40.

 

§ 17 Abs. 1 ZustG normiert eine Verpflichtung des Zustellers, das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

 

§ 17 Abs. 3 leg. cit. zufolge ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

I.5.2. Die verfahrensgegenständliche Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 26. März 2013, GZ VerkR96-10073-2013,  wurde gemäß dem entsprechenden Zustellnachweis durch Hinterlegung zugestellt und erstmals am 22. August 2013 bei der Postfiliale 4027 Linz zur Abholung bereitgehalten. Entsprechend seinem Vorbringen war der Beschwerdeführer bereits zu diesem Zeitpunkt glaubhaft ortsabwesend, sodass eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung mit 22. August 2013 nicht bewirkt werden konnte. Da trotz nachweislicher Anfragen bei der Österreichischen Post AG nicht in Erfahrung gebracht werden konnte, wann der Beschwerdeführer den RSa-Brief tatsächlich behoben hat bzw. ihm dieser ausgefolgt wurde (vgl. I.4.1. und I.4.2.) ist aufgrund der Tatsache, dass sein Einspruch mit 5. September 2013 datiert ist, davon auszugehen, dass ihm zumindest an diesem Tag, dem 5. September 2013, die Strafverfügung tatsächlich zugekommen ist und somit entsprechend zugestellt wurde, sodass sich der am 10. September 2013 zur Post gegebene Einspruch des Beschwerdeführers als fristgerecht erhoben erweist.

 

Es war der Beschwerde daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

Die belangte Behörde hat in der Folge nunmehr gemäß § 49 Abs. 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Drin.  Andrea  P a n n y