LVwG-000068/2/Gf/Rt

Linz, 12.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des T, vertreten durch RA Dr. B, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 6. Oktober 2014, Zl. SanRB96-2014, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes

 

 

z u   R e c h t   e r k a n n t :

 

 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II. Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde (vgl. § 52 Abs. 9 VwGVG und § 71 Abs. 3 LMSVG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich (vgl. § 52 Abs. 8 LMSVG) zu leisten.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

I.

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 6. Oktober 2014, Zl. SanRB96-2014, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 10 Euro; Untersuchungskosten: 82,16 Euro) verhängt, weil er es als Verantwortlicher Beauftragter einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser am 5. August 2013 in einer Filiale in Wels eine Warenlieferung mit insofern zur Täuschung geeigneten Angaben in Verkehr gebracht worden sei, als diese als „Griechische Muscheln“ bezeichneten Produkte tatsächlich nicht nur aus Griechenland, sondern zumindest zum Teil auch aus Chile gestammt hätten. Dadurch habe er eine Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 296/2013 (im Folgenden: LMSVG), begangen, weshalb er nach § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

 

Dieses dem Beschwerdeführer angelastete Tatverhalten sei auf Grund eines Gutachtens der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (im Folgenden: AGES) vom 16. Jänner 2014, Zl. 13094639, als erwiesen anzusehen.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe hervorgekommen;  auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers sei entsprechend Bedacht genommen worden.

 

2. Gegen dieses ihm (in der berichtigten Fassung) am 20. Oktober 2014 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 12. November 2014 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.

 

Begründend bringt der Rechtsmittelwerber darin – neben der Geltendmachung von Verfahrensmängeln (wie insbesondere: unterlassene Ermittlungstätigkeiten und einseitige Beweiswürdigung) – zusammengefasst vor, dass sich die Bezeichnung „Griechische Muscheln“ nicht auf das Herkunftsland, sondern auf die Art der Zubereitung beziehe, zumal auf der Verpackung in unmittelbarer Nähe auch die Angabe „nach griechischen Rezepten“ angebracht gewesen sei; zudem sei die Unbedenklichkeit dieser Deklarierung auch von einer unabhängigen Prüfstelle bestätigt worden. Davon abgesehen habe der Beschwerdeführer in seinem Betrieb ein umfangreiches Kontrollsystem zur Verhinderung von falschen Kennzeichnungen dahin eingerichtet, dass Handelsbeziehungen lediglich mit solchen ausländischen Lieferanten eingegangen würden, die durch deren unternehmenseigenes Qualitätsmanagement sicherstellen könnten, dass ihre Ware den österreichischen Kennzeichnungsvorschriften entspricht. Daher könne ihn hinsichtlich der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung auch kein subjektiv vorwerfbares Verschulden treffen.

 

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe oder die Erteilung einer bloßen Ermahnung beantragt.

 

 

II.

 

 

1. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zu Zl. SanRB96-2014; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2. Weil im LMSVG Abweichendes nicht angeordnet ist, hatte das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

 

In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

1. Gemäß § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 50.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel mit zur Irreführung, d.h. mit zur Täuschung geeigneten Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels – wie dessen Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft oder Herstellungs- oder Gewinnungsart – in Verkehr brachte.

 

2. Wie sich aus dem im Gutachten der AGES vom 16. Jänner 2014, Zl. 13094639, enthaltenen Etikett der verfahrensgegenständlichen Waren (vgl. S. 5 sowie untenstehende Abbildung) ergibt, befanden sich auf diesem neben anderen, hier nicht interessierenden Angaben in ca. 5 mm großer Schrift und Fettdruck die Worte „MUSCHELN IN“ (Großbuchstaben im Original), unmittelbar darüber in ca. 2,5 mm großer Schrift und Fettdruck das Wort „GRIECHISCHE“ (Großbuchstaben im Original), unmittelbar darunter in ca. 3,5 mm großer Schrift und Normaldruck die Worte „WEISSER SAUCE“ (Großbuchstaben im Original) und noch weiter darunter (in ca. 8 mm Entfernung sowie durch einen farbigen Trennstich abgesetzt) in ca. 2 mm großer Schrift die Worte „nach griechischen Rezepten“ (Schreibschrift im Original):

 

 

Legt man angesichts dessen einen durchschnittlich aufmerksamen Konsumenten als Vergleichsmaßstab zu Grunde, so sticht diesem zunächst wegen der Größe und der Art der Darstellung (Fettdruck) zweifelsfrei die Wendung „MUSCHELN IN“ ins Auge. Da dieser Textausschnitt aber per se sprachlich unvollständig ist, wird der Verbraucher dadurch geradezu zwangsläufig dazu verhalten, sich auch den übrigen Etikettentext durchzulesen, um – falls dies in seinem Interesse liegt – eine Auskunft darüber zu erhalten, um welches konkretes Produkt es sich handelt, wo dieses herstammt und wie dieses zubereitet ist.

 

Dies berücksichtigend sowie davon ausgehend, dass sich die Angaben „GRIECHISCHE“ und „nach griechischen Rezepten“ in ihrer Darstellungsform nicht essentiell unterscheiden (nämlich nur bezüglich der Schriftgröße [2,5 mm bzw. 2 mm] und der Buchstabendarstellung [Großbuchstaben bzw. normale Schreibschrift]), ist dem Beschwerdeführer zuzubilligen, dass allein aus der Kennzeichnung „GRIECHISCHE“ nicht zwingend abzuleiten ist, dass damit jedenfalls und ausschließlich das Herkunftsland gemeint ist. Vielmehr kann es sich hierbei – für sich alleine betrachtet und allgemeinen grammatischen Regeln folgend – entweder um ein Orts- oder ein Artattribut handeln.

 

Im Gesamtkontext betrachtet ergibt sich in der Folge jedoch insbesondere aus der isolierten, zu weiteren Erkundigungen veranlassenden Bezeichnung in Verbindung damit, dass auf dem Etikett ohnehin auch – wenngleich in kleinerer Schrift (ca. 1,5 mm) – die Angabe „Gezüchtetes Produkt aus Griechenland, Chile“ enthalten ist, dass bei einem durchschnittlich aufmerksamen, an der Herkunft eines Produktes interessierten Konsumenten eine Irreführung in aller Regel nicht zu erwarten ist.

 

3. Hat der Rechtsmittelwerber damit aber nicht tatbestandsmäßig i.S.d. ihm angelasteten Übertretung des § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG gehandelt, war der gegenständlichen Beschwerde sohin gemäß § 50 VwGVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde (vgl. § 52 Abs. 9 VwGVG und § 71 Abs. 3 LMSVG) noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich (vgl. § 52 Abs. 8 VwGVG) vorzuschreiben.

IV.

 

 

Im gegenständlichen Fall ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig, weil keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen waren.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

1. Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2. Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Ver-waltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

   

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

LVwG-000068/2/Gf/Rt vom 12. Dezember 2014

 

Erkenntnis

 

LMSVG §5 Abs2 Z1

LMSVG §90 Abs1 Z1

 

 

Rechtssätze:

 

* Aus dem Gutachten der AGES ergibt sich, dass sich auf dem Etikett der verfahrensgegenständlichen Waren u.a. in ca. 5 mm großer Schrift und Fettdruck die Worte „MUSCHELN IN“ (Großbuchstaben im Original), unmittelbar darüber in ca. 2,5 mm großer Schrift und Fettdruck das Wort „GRIECHISCHE“ (Großbuchstaben im Original), unmittelbar darunter in ca. 3,5 mm großer Schrift und Normaldruck die Worte „WEISSER SAUCE“ (Großbuchstaben im Original) und noch weiter darunter (in ca. 8 mm Entfernung sowie durch einen farbigen Trennstich abgesetzt) in ca. 2 mm großer Schrift die Worte „nach griechischen Rezepten“ (Schreibschrift im Original) befanden;

 

* Legt man einen durchschnittlich aufmerksamen Konsumenten als Maßstab zu Grunde, so sticht diesem zunächst wegen der Größe und der Art der Darstellung (Fettdruck) zweifelsfrei die Wendung „MUSCHELN IN“ ins Auge. Da dieser Textausschnitt aber per se sprachlich unvollständig ist, wird der Verbraucher dadurch geradezu zwangsläufig dazu verhalten, sich auch den übrigen Etikettentext durchzulesen, um – falls dies in seinem Interesse liegt – eine Auskunft darüber zu erhalten, um welches konkretes Produkt es sich handelt, wo dieses herstammt und wie dieses zubereitet ist;

 

* Dies berücksichtigend sowie davon ausgehend, dass sich die Angaben „GRIECHISCHE“ und „nach griechischen Rezepten“ in ihrer Darstellungsform nicht essentiell unterscheiden (nämlich nur bezüglich der Schriftgröße [2,5 mm bzw. 2 mm] und der Buchstabendarstellung [Großbuchstaben bzw. normale Schreibschrift]), ist dem Beschwerdeführer zuzubilligen, dass allein aus der Kennzeichnung „GRIECHISCHE“ nicht zwingend abzuleiten ist, dass damit jedenfalls und ausschließlich das Herkunftsland gemeint ist. Vielmehr kann es sich hierbei – für sich alleine betrachtet und allgemeinen grammatischen Regeln folgend – entweder um ein Orts- oder ein Artattribut handeln.

 

* Im Gesamtkontext betrachtet ergibt sich in der Folge jedoch insbesondere aus der isolierten, zu weiteren Erkundigungen veranlassenden Bezeichnung in Verbindung damit, dass auf dem Etikett ohnehin auch – wenngleich in kleinerer Schrift (ca. 1,5 mm) – die Angabe „Gezüchtetes Produkt aus Griechenland, Chile“ enthalten ist, dass bei einem durchschnittlich aufmerksamen, an der Herkunft eines Produktes interessierten Konsumenten eine Irreführung in aller Regel nicht zu erwarten ist.

 

 

Schlagworte:

 

Lebensmittelkennzeichnung: Schriftart, Schriftgröße, Gesamtkontext einzelner Angaben; Herkunft und Art des Produktes