LVwG-600575/3/Zo/SA
Linz, 17.12.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn J. S., geb. 19.., G., gegen Punkt 2) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 28.04.2014, GZ: VerkR96-2386-2014, wegen einer Übertretung des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 09.12.2014,
zu Recht e r k a n n t :
I. Die Beschwerde wird im Schuldspruch mit der Maßgabe abgewiesen, dass die verletzte Rechtsvorschrift auf Art. 8 Abs. 1 der VO (EG) 561/2006 richtig gestellt wird.
Bezüglich der Strafhöhe wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 100 Euro, sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabgesetzt.
II. Die Kosten für das behördliche Verfahren reduzieren sich auf 10 Euro, für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.
III. Gegen diese Entscheidung ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis in Punkt 2) vorgeworfen, dass er als Fahrer des Sattelkraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen AM-…., AM-…, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 Tonnen übersteigt, folgende Übertretung begangen habe:
Es sei festgestellt worden, dass er nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 9 zusammenhängenden Stunden eingehalten habe, wobei die zulässige dreimalige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 Stunden berücksichtigt wurde.
Beginn des 24-Stundenzeitraumes am 30.01.2014 um 06.00 Uhr, die unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 9 Stunden, bei der die reduzierte tägliche Ruhezeit gestartet ist, habe 8 Stunden und 2 Minuten betragen;
Beginn des 24-Stundenzeitraumes am 25.02.2014 um 05.30 Uhr; die unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 9 Stunden, bei der die reduzierte tägliche Ruhezeit gestartet ist, habe 8 Stunden und 45 Minuten betragen.
Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG in der geltenden Fassung einen geringfügigen Verstoß dar.
Die Übertretung sei am 25.02.2014 um 20.50 Uhr in Spital am Pyhrn auf der A9 bei km 55.000 festgestellt worden.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 134 Abs. 1 KFG iVm Art. 8 Abs. 1 AETR begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 160 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 16 Euro verpflichtet.
2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer bezüglich dieses Tatvorwurfes geltend, dass er als Terminzusteller unterwegs gewesen sei. Er habe die jeweiligen Liefertermine einhalten müssen, weil er ansonsten Pönale habe zahlen müssen. Er sei Ernährer einer 10-köpfigen Familie und könne sich derartige Pönalzahlungen bzw. Strafen nicht leisten.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat die Beschwerde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergab sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 09.12.2014. An dieser hat der Beschwerdeführer teilgenommen, die Verwaltungsbehörde war entschuldigt.
4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer lenkte am 25.02.2014 um 20.50 Uhr das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug auf der A9. Bei einer Verkehrskontrolle bei km 55.000 wurden unter anderem seine Schaublätter überprüft und dabei festgestellt, dass er im 24-Stundenzeitraum, beginnend am 30.01.2014 um 06.00 Uhr eine Ruhezeit von lediglich 8 Stunden und 2 Minuten eingehalten hatte. Im 24-Stundenzeitraum, beginnend am 25.02.2014 um 05.30 Uhr hat er lediglich eine Ruhezeit von 8 Stunden und 45 Minuten eingelegt.
Diese Übertretungen ergeben sich aus den im Akt befindlichen Schaublättern und wurden vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung auch nicht bestritten. Er verwies darauf, dass er als Terminzusteller an die vom Unternehmen vorgegebenen Liefertermine gebunden ist und bei deren Nichteinhaltung Strafzahlungen leisten muss. Aus diesem Grund sei es ihm nicht in allen Fällen möglich die Lenk- bzw. Ruhezeiten einzuhalten.
5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
5.1. Gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.
Gemäß Artikel 8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.
5.2. Der Beschwerdeführer hat an den beiden im Straferkenntnis angeführten Tagen lediglich eine Ruhezeit von 8 Stunden und 2 Minuten bzw. 8 Stunden und 45 Minuten eingehalten. Er hat damit die ihm vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass diese Unterschreitungen der Ruhezeit dadurch zu Stande gekommen seien, dass er vom Unternehmen vorgegebene Liefertermine einhalten musste. Hätte er diese Termine nicht eingehalten, so hätte er Pönale zahlen müssen. Dieses Vorbringen ist zwar menschlich verständlich, kann ihn aber nicht entschuldigen, weil wirtschaftlicher Druck nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Entschuldigungsgrund darstellt. Selbst der drohende Verlust des Arbeitsplatzes entschuldigt die Begehung von Verwaltungsübertretungen nicht. Sonstige Umstände, welche das Verschulden des Beschwerdeführers ausschließen würden, sind nicht hervorgekommen, es ist zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen.
5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.
Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Art. 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABL Nr. L353 vom 17.12.1990, Seite 12, zuwiderhandelt.
Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 30. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.
Die gesetzliche Mindeststrafe ist bei der vom Beschwerdeführer begangenen Übertretung davon abhängig, in welche Kategorie laut Anhang III der angeführten Richtlinie diese fällt. Das Unterschreiten der erforderlichen Ruhezeit um weniger als eine Stunde gilt als geringfügiger Verstoß, sodass für diesen keine gesetzliche Mindeststrafe vorgesehen ist.
Es kann jedoch nicht übersehen werden, dass der Beschwerdeführer die Ruhezeit in zwei Fällen nicht eingehalten hat, wobei er in einem Fall die erforderliche Ruhezeit um fast eine Stunde – also doch erheblich – unterschritten hat. Der Beschwerdeführer weist zahlreiche verkehrsrechtliche Vormerkungen auf, weshalb ihm der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit nicht zugutekommt. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.
Bei Abwägung all dieser Umstände und unter Berücksichtigung der ungünstigen finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers (monatliches Netto-Einkommen zwischen 1.300 und 1.500 Euro bei Sorgepflichten für 8 Kinder) konnte die von der Behörde festgesetzte Geldstrafe spürbar herabgesetzt werden. Die nunmehr festgesetzte Geldstrafe schöpft den gesetzlichen Strafrahmen lediglich zu 2 % aus. Sie erscheint ausreichend, in dieser Höhe aber auch notwendig, um den Beschwerdeführer in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.
Zu II.:
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in § 64 VStG sowie § 52 VwGVG begründet.
Zu III.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Gottfried Z ö b l