LVwG-600191/6/MZ/CG

Linz, 11.04.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über den Antrag des H. F., R.straße, St. P., auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I.          Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs 1 VwGVG stattgegeben.

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.             a) Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreichs vom 11.2.2014, LVwG-600065/4/MZ/CG, wurde die Beschwerde des nunmehrigen Wiedereinsetzungswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 8.4.2013, GZ: VerkR96-3232-2013-Wf, gemäß § 13 Abs 3 AVG iVm §§ 9 Abs 1, 17 und § 31 VwGVG wegen mangelnder Verbesserung als unzulässig zurückgewiesen.

 

b) Mit Schreiben vom 4.3.2014 begehrte der Antragsteller innerhalb der hierfür gesetzlich vorgesehenen zweiwöchigen Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da er den Mangelbehebungsauftrag des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 21.1.2014 nicht erhalten habe. Dies deshalb, weil vermutlich die Hinterlegungsanzeige aufgrund eines gerichtlich anhängigen Nachbarschaftsstreits aus seinem nicht eingriffssicheren Postkasten in der Wohnhausanlage „ausgefischt“ worden sei. Dies sei in der Vergangenheit schon mehrfach vorgekommen. Die Post habe sich jedoch bislang geweigert, einen Eingriffsschutz anzubringen.

 

II.          a) Gemäß § 33 Abs 1 VwGVG ist einer Partei ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

 

b) Dass der Wiedereinsetzungswerber die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingeräumte Frist bis zum 10.2.2014 zur Mangelbehebung versäumt und durch die anschließende Zurückweisung einen Rechtsnachteil erlitten hat, steht außer Zweifel.

 

Dass es sich beim abhanden kommen der Hinterlegungsanzeige um ein Ereignis im Sinne des § 33 Abs 1 VwGVG handelt, bedarf ebenfalls keiner weiteren Erörterung. Um die Wiedereinsetzung zu rechtfertigen, muss das Ereignis für den Wiedereinsetzungswerber zudem entweder unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein. Nach dem Wortlaut des Gesetzes („oder“) genügt das Vorliegen eines der beiden Momente, um den Wiedereinsetzungsanspruch zu begründen Die Partei (der Antragsteller) muss an der zeitgerechten Vornahme einer befristeten Prozesshandlung durch ein Ereignis verhindert gewesen sein, das sie (er) nicht vorhergesehen hat oder dessen Eintritt sie (er) nicht abwenden konnte. Mit den Begriffen „unvorhergesehen“ und „unabwendbar“ sind nicht objektive Eigenschaften des „Ereignisses“ angesprochen, vielmehr umschreiben sie die Relation zum Antragsteller.

 

Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es die Partei tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht (von dieser Partei) nicht erwartet werden konnte (VwSlg 9024 A/1976 verst Sen). Ob ein Ereignis als „unvorhergesehen“ einzustufen ist, richtet sich nach den subjektiven Verhältnissen der Partei, nach den tatsächlichen Umständen und dem konkreten Ablauf der Ereignisse und nicht nach dem „objektiven Durchschnittsablauf“ (VwSlg 9024 A/1976 verst Sen; VwGH 24.11.1986, 86/10/0169). Das im Begriff der „Unvorhergesehenheit“ gelegene Zumutbarkeitsmoment ist dahin gehend zu verstehen, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit dann noch gewahrt ist, wenn die Partei an der Versäumung der Prozesshandlung kein Verschulden bzw nur ein minderer Grad des Versehens trifft (VwGH 2.9.1998, 98/12/0173; 11.6.2003, 2003/10/0114).

 

c) Dass das im Wohnhaus befindliche und nicht eingriffssicher ausgeführte Postfach des Wiedereinsetzungswerbers von einer unbekannten Person geleert bzw von dieser die Hinterlegungsanzeige entfernt wurde, konnte vom Antragsteller nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht vorhergesehen werden. Wenn auch – laut dem Vorbringen des Antragstellers – schon früher derartige Eingriffe ins Postfach erfolgt sein dürften, so kann trotzdem von einem durchschnittlichen Bürger nicht der Schluss erwartet werden, dass im Zuge eines solchen Eingriffs auch eine Hinterlegungsanzeige abhanden kommen könnte und in weiterer Folge die Zustellung eines behördlichen Schriftstücks bewirkt wird. Auch kann ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden des Wiedereinsetzungswerbers nicht erkannt werden.

 

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher stattzugeben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

 

d) Ausdrücklich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Wiedereinsetzungswerber in Kenntnis der nunmehrigen Sachlage in Hinkunft Vorsorge zu tragen haben wird, derartige Ereignisse hintanzuhalten, widrigenfalls eine Wiedereinsetzung nicht mehr zu bewilligen sein dürfte.

 

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision: 

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Zeinhofer