LVwG-550270/2/KÜ/KHU/AK
Linz, 22.12.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Herrn C N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. L B LL.M., x, x, gegen den Bescheid der Bezirks-hauptmannschaft Schärding vom 3. Oktober 2011, GZ: UR01-37/6-2011/Ka, betreffend Behandlungsauftrag gemäß § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde in jenem Umfang, in dem sie nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu erledigen war, stattgegeben und werden die Spruchpunkte „Position 1 b)“, „Position 2 b)“ und „Position 3 b)“ des angefochtenen Bescheides behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 3. Oktober 2011, GZ: UR01-37/6-2011/Ka, wurde dem Bf gemäß §§ 1 Abs. 3, 2 und 73 AWG 2002 „aufgetragen, nachstehend angeführte Gegenstände und Teile, die gefährlichen Abfall im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 idgF. darstellen und deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall bzw. als gefährlicher Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, nachweislich einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen.
Begründend wurde zunächst auf das Ergebnis eines Lokalaugenscheines vom 14. September 2011 verwiesen, das einen „ergänzenden Bestandteil der Begründung“ des gegenständlichen Bescheides darstelle und dem Bf zuvor zur Kenntnisnahme übermittelt worden wäre.
In rechtlicher Hinsicht führte die Behörde aus, dass die Fahrzeuge der Schlüsselnummer x - „Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile, mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (z.B. Starterbatterie, Bremsflüssigkeit, Motoröl)“ - und der Fahrzeuginhalt der Schlüsselnummer x und x - „Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile, ohne umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen“ sowie x - „Altreifen und Altreifenschnitzel“ - gemäß dem Abfallverzeichnis entsprechend der Verordnung BGBl. II Nr. 498/2008 zuzuordnen seien.
Die Elektrogeräte seien schließlich der Schlüsselnummer x - „Elektro- und Elektronik-Altgeräte - Kleingeräte mit einer Kantenlänge kleiner 50 cm“ - gemäß dem Abfallverzeichnis zuzuordnen.
Zum subjektiven Abfallbegriff verwies die Behörde darauf, dass „jedenfalls davon auszugehen sei, dass sich die ursprünglichen Besitzer der Fahrzeuge, Geräte und Teile von diesen entledigt hätten“. In Bezug auf den Fahrzeuginhalt führte die Behörde weiters aus, dass die Fahrzeuge bis oben hin voll beladen seien, wobei eine Verpackung, welche einen Schutz vor Transportschäden oder Schäden durch das Ein- oder Ausladen darstellen würde, nicht vorhanden sei. Durch die Art der Lagerung ohne besonderen Schutz sei es jedenfalls möglich, dass die Gegenstände und Teile eine weitere Beschädigung erfahren würden. Auch seien beim Öffnen der Fahrzeuge teilweise Teile herausgefallen. Diese Art der Ladung sowie des Transportes stehe jedenfalls im Widerspruch zu der Intention, die Teile als gebrauchsfähige Ersatzteile zu verwenden.
Die Behörde kam damit zum Ergebnis, dass sowohl die Fahrzeuge als auch die geladenen Gegenstände den subjektiven Abfallbegriff erfüllen würden.
Zum objektiven Abfallbegriff legte die Behörde dar, dass dieser dann erfüllt sei, wenn eine Behandlung der Gegenstände als Abfall im öffentlichen Interesse geboten sei. Dies sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn eine Gefährdung der Umwelt u.a. durch den Austritt von Betriebsmitteln (z.B. Kraftstoffe, Öle, Bremsflüssigkeiten, Frostschutzmittel, Batteriesäure, Kühlmittel, ...) gegeben sei. Da die Fahrzeuge derartige Betriebsmittel enthalten würden und im Falle deren Auslaufens geeignet seien, die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus zu verunreinigen, läge ein öffentliches Interesse an der Behandlung der Fahrzeuge sowie der darin geladenen Teile als Abfall vor.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2011 durch seinen bevollmächtigten Vertreter Berufung, in der der Bescheid zur Gänze bekämpft und beantragt wurde, den gegenständlichen Bescheid aufzuheben bzw. allenfalls das Verfahren zur Ergänzung an die erste Instanz zurückzuverweisen.
Begründend führte der Bf an, dass sowohl die Fahrzeuge als auch die darin befindlichen Gegenstände funktions- und gebrauchsfähig und für den Export nach N bestimmt seien. Sie würden weder subjektiv noch objektiv Abfall darstellen. Die Gegenstände habe niemand „loswerden“ wollen, sondern der Bf habe für deren Kauf erhebliche Beträge aufwenden müssen. Die Gegenstände seien auch kein Abfall in objektiver Hinsicht, sondern vielmehr Gegenstände des Handels.
Unter Hinweis darauf, dass er sein Gewerbe schon seit Jahren betreibe, komme der Bf zum Ergebnis, dass es sich somit bei den Gegenständen um keinen Abfall, sondern um ganz normale Gebrauchtwagen samt funktionsfähigen Geräten handle, mit denen Handel betrieben würde.
3. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom
31. Oktober 2011, GZ: UR-2011-61697/2-Hr/Fb, wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die Berufungsbehörde hinsichtlich des subjektiven Abfallbegriffes aus, dass sich „der/die Abfallersterzeuger der Fahrzeuge, Fahrzeugteile, Elektro- und Elektronikaltgeräte entledigt hat/haben und durch die Weitergabe, sei es entgeltlich oder unentgeltlich, der Abfallbegriff für die [...] angeführten Gegenstände nicht beendet wurde.“ Auch die Entgeltlichkeit sei kein Indiz für das Nichtvorliegen von Abfall. Der Berufungswerber habe ferner als Beweis für sein Vorbringen, dass die Gegenstände keinen Abfall darstellen würden, keinerlei Rechnungen und Verträge vorgelegt, wo auf die Funktionsfähigkeit und die Absicht der direkten Wiederverwendung eingegangen werde.
Unabhängig davon sei jedoch auch der objektive Abfallbegriff erfüllt: Dies ergebe sich für die Fahrzeuge aus ihrem Zustand (Tropfverluste, Betriebsmittelaustritt, etc.), die eine Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus bzw. eine Beeinträchtigung von Wasser und Boden verursachen könnten. Hinsichtlich der im Inneren gelagerten Stoßstangen, Tanks, Reifen, anderen KFZ-Einzelteile sowie Elektro- und Elektronikaltgeräte wurde darauf verwiesen, dass diese in „komprimierter, ungesicherter Anordnung vorgefunden wurden.“ Durch die unsachgemäße Lagerung sei eine weitere Beschädigung der Teile und Gegenstände zu erwarten, da während des Transports durch Relativbewegungen zwischen den einzelnen Gegenständen Deformationen und andere Beschädigungen entstehen könnten. Der Abfallwirtschaftsplan 2011 fordere daher eine ausreichende Verpackung bzw. Lagerung, die im konkreten Fall nicht vorgelegen sei.
Die Berufungsbehörde legte ferner dar, dass der Bundesabfallwirtschaftsplan für KFZ-Ersatzteile eine Prüfung auf ihre Funktionstüchtigkeit oder Reparaturfähigkeit durch einen konzessionierten Mechaniker vorsehe bzw. ein Zertifikat einer externen befugten Werkstätte ausgestellt werden müsse. Beim Einbau von Ersatzteilen, deren Qualitätszustand nicht garantiert sei, sei eine Gefährdung für Menschen bei Verwendung solcher Fahrzeuge im Straßenverkehr nicht auszuschließen. Eine andere als die bestimmungsgemäße Verwendung sei jedoch entweder der Abfallverwertung oder Abfallbeseitigung zuzurechnen.
Damit seien die Fahrzeugteile der Schlüsselnummer x - „Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile, ohne umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen“ sowie x - „Altreifen und Altreifenschnitzel“ - gemäß Abfallverzeichnis entsprechend der Verordnung BGBl. II Nr. 498/2008 zuzuordnen und als nicht gefährlicher Abfall zu qualifizieren.
Hinsichtlich der Elektro- und Elektronikgeräte kam die Berufungsbehörde zum Ergebnis, dass bei loser, ungeordneter Lagerung ohne entsprechende Verpackung beim Transport Schäden an den stromführenden Geräteteilen entstehen könnten, die zu Gefährdungen der die Geräte bedienenden Menschen führen könnten. Sie seien daher von der Erstbehörde in zutreffender Weise der Schlüsselnummer x - „Elektro- und Elektronik-Altgeräte - Kleingeräte mit einer Kantenlänge kleiner 50 cm“ - gemäß dem Abfallverzeichnis zugeordnet worden.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
5. Mit Erkenntnis vom 28. Mai 2014, Zl. 2011/07/0265-6, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich, „soweit er sich auf die in den Spruchpunkten ‚Position 1 b‘, ‚Position 2 b‘ und ‚Position 3 b‘ des erstinstanzlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 3. Oktober 2011 erteilten Aufträge bezieht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes“ auf. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof zunächst aus, dass hinsichtlich der Fahrzeuge der objektive Abfallbegriff erfüllt sei. Hinsichtlich der in den Fahrzeugen gelagerten elektrischen und elektronischen Geräte sowie KFZ-Teile führte der Verwaltungsgerichtshof hingegen aus:
„Ob dem Bundesabfallwirtschaftsplan 2011 oder dem darin enthaltenen Leitfaden im vorliegenden Zusammenhang Verordnungscharakter zukommt, kann dahingestellt bleiben. In keinem Fall könnte nämlich eine darin getroffene Regelung dazu führen, dass die Behörde davon entbunden wäre, zur Klärung, ob bewegliche Sachen die Voraussetzungen des Abfallbegriffes im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 und 2 AWG 2002 erfüllen, eigene Ermittlungen anzustellen. So ist das Ermittlungsverfahren gemäß § 39 Abs. 2 AVG vom Grundsatz der Amtswegigkeit (Offizialmaxime) beherrscht (vgl. dazu die näheren Ausführungen in Hengstschläger/Leeb, AVG, § 39 Rz 3 ff, 7 ff). Auch ist dem AWG 2002 keine Regelung dahingehend zu entnehmen, dass der Besitzer einer beweglichen Sache gegenüber der Behörde, ohne dass diese selbst Ermittlungen anstellen müsste, nachzuweisen hätte, dass es sich bei dieser Sache um keinen Abfall handle. Von dieser Frage der Klärung der Abfalleigenschaft ist die Frage zu unterscheiden, welche Unterlagen im Falle einer grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen vorzulegen sind (vgl. dazu insbesondere die §§ 66 ff AWG 2002 und die
EG-VerbringungsV).
Mit ihrer Auffassung, dass in Anbetracht der angeführten Regelungen des Bundesabfallwirtschaftsplanes 2011 bzw. des darin enthaltenen Leitfadens mangels Vorlage von Unterlagen von der Entledigungsabsicht in Bezug auf die in den Fahrzeugen enthaltenen Gegenstände auszugehen sei, hat daher der LH die Rechtslage verkannt.
Mit den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ausführungen, dass keine geordnete sichernde Beladung erkennbar gewesen sei, der Bundesabfallwirtschaftsplan 2011 eine ausreichende Verpackung bzw. Lagerung der Fahrzeugteile sowie Elektro- und Elektronikgeräte zum Schutz vor Beschädigungen während der Beförderung, damit diese Gegenstände ihrem Zweck entsprechend wiederverwendet werden könnten, fordere und nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei der losen, ungeordneten Lagerung und beim Transport Schäden an den stromführenden Geräteteilen entstünden, die zu Gefährdungen der die Geräte bedienenden Menschen führen könnten, weshalb es sich bei den Gegenständen um nicht gefährliche Abfälle handle, erachtete der LH offensichtlich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 ("... wenn die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen [§ 1 Abs. 3] geboten ist...") sowie von den im Katalog des § 1 Abs. 3 leg. cit. genannten Schutzgütern den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Z 1 erster Fall leg. cit. (Gefährdung der Gesundheit der Menschen) für erfüllt. Diese Begründung stellt jedoch keine tragfähige Grundlage dafür dar, dass es sich bei den in den Fahrzeugen enthaltenen Gegenständen um Abfall im objektiven Sinn handle. Dass im Sinn des § 73 Abs. 1 leg. cit. der Gefahr einer Verwendung dieser Gegenstände in Österreich - die sich nun wieder hier befinden und deren Verbringung nach N nicht gestattet wurde - nur durch deren Entsorgung begegnet werden kann, wurde vom LH im angefochtenen Bescheid nicht weiter begründet und ist auch nicht ohne weiteres ersichtlich. Die bloße Möglichkeit, dass auf Grund eines künftig hinzutretenden, gesonderten Willensentschlusses des Beschwerdeführers oder einer anderen Person diese Gegenstände verwendet werden könnten, bietet allein - ohne einen Nachweis dafür, dass diese Teile tatsächlich nicht funktionsfähig sind und im Hinblick darauf zu einer Gefährdung von die Geräte bedienenden Menschen führen könnten - keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass mit den Gegenständen eine Gefährdung des öffentlichen Interesses im Sinn des § 1 Abs. 3 Z 1 (erster Fall) AWG 2002 verbunden und deshalb gemäß § 73
Abs. 1 Z 2 leg. cit. deren Entsorgung geboten ist.
Der LH hat auch dies verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid, soweit er sich auf die in den genannten Fahrzeugen enthaltenen Gegenstände und Teile bezieht, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.“
6. Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes langte beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 26. Juni 2014 ein. Durch die teilweise Stattgabe der Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof erweist sich die Berufung des Bf vom 20. Oktober 2011 als teilweise unerledigt (siehe dazu IV.1.). Mit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 trat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich an die Stelle des Landeshauptmannes von Oberösterreich. Berufungen gelten gemäß § 3 VwGbK-ÜG (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz) als rechtzeitig erhobene Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG. Das Landesverwaltungsgericht hat gemäß § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.
7. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Da sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt schon aus der Aktenlage ergab, eine weitere Klärung der Sachlage durch eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht zu erwarten war und darüber hinaus schon auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Bescheid - im Umfang der noch zu erledigenden Beschwerde - aufzuheben war, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen. Im Übrigen wurde eine solche auch nicht beantragt.
II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungserheblichen Sachverhalt aus:
Der Bf lagerte in den drei im Spruch des gegenständlichen Bescheides näher bezeichneten Kraftfahrzeugen zahlreiche elektrische sowie elektronische Geräte (etwa DVD-Player, Drucker, Kopiergeräte, Stereoanlagen, Mikrowellen, etc.) sowie KFZ-Einzelteile (etwa PKW-Seitentüren, Stoßstangen, Armaturenteile, ein Armaturenbrett, etc.), wobei diese ohne weitere Verpackung und unter bestmöglicher Ausnutzung des Laderaumes in die Fahrzeuge geladen worden waren. Der Bf hatte die Gegenstände gegen Entgelt gekauft und wollte mit ihnen Handel treiben. Alle genannten Gegenstände waren funktionsfähig.
2. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich im Wesentlichen widerspruchsfrei aus dem Verwaltungsakt.
Zu konstatieren ist zwar, dass in dem vom Referenten der Bezirkshauptmannschaft erstellten Aktenvermerk vom 19. September 2011,
GZ: UR01-37/3-2011/Ka, über den von der Erstbehörde durchgeführten Lokalaugenschein die genannten Gegenstände als Abfälle klassifiziert wurden. Zu beachten ist aber, dass auch im Aktenvermerk nicht behauptet wird, dass die Gegenstände im Zeitpunkt der Durchführung des Lokalaugenscheines tatsächlich defekt gewesen wären, sondern vielmehr bloß darauf verwiesen wurde, dass eine Beschädigung durch den Transport „nicht ausgeschlossen werden könne“ bzw. „zu erwarten“ sei. Auch den von der belangten Behörde erstellten Bildern lässt sich nicht entnehmen, dass die gegenständlichen KFZ-Teile bzw. elektrischen und elektronischen Geräte tatsächlich defekt gewesen wären.
Dementsprechend bringt der Bf glaubhaft vor, dass die genannten Gegenstände funktions- und gebrauchsfähig gewesen seien. Diesem Vorbingen war daher mangels gegenteiliger Beweise zu folgen.
III. Rechtslage:
Gemäß § 1 Abs. 3 AWG 2002 ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich, wenn andernfalls
1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,
2. Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,
3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,
4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,
5. Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
6. Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,
7. das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,
8. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder
9. Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.
Abfälle iSd AWG 2002 sind gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. bewegliche Sachen,
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3 AWG 2002) nicht zu beeinträchtigen.
Gemäß § 2 Abs. 3 AWG 2002 ist eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne des AWG jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse erforderlich, solange
1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2. sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung bestimmungsgemäßen Verwendung steht.
Gemäß § 15 Abs. 1 AWG 2002 sind bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen
1. die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten und
2. Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.
Gemäß § 15 Abs. 3 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von
1. hierfür genehmigten Anlagen oder
2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten
nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hierfür genehmigten Deponien erfolgen.
Gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen, wenn
1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder
2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist.
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
1. Zum Umfang der noch zu erledigenden Beschwerde:
Der Bf hat den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom
3. Oktober 2011 vollumfänglich mittels Berufung bekämpft, wobei diese Berufung vom Landeshauptmann von Oberösterreich als unbegründet abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erwies sich als teilweise erfolgreich: Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom
28. Mai 2014 wurde der Berufungsbescheid, „soweit er sich auf die in den Spruchpunkten ‚Position 1 b‘, ‚Position 2 b‘ und ‚Position 3 b‘ des erstinstanzlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom
3. Oktober 2011 erteilten Aufträge bezieht“ aufgehoben, im Übrigen jedoch die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Damit ist der abweisende Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich, soweit er sich auf die Abfalleigenschaft der betroffenen Kraftfahrzeuge bezieht (Positionen 1 a, 2 a und 3 a des erstbehördlichen Bescheides), weiterhin aufrecht. Die Berufung ist somit hinsichtlich der Kraftfahrzeuge rechtskräftig erledigt und nicht mehr Gegenstand des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht.
Hinsichtlich der KFZ-Teile, elektrischen und elektronischen Geräte (Positionen 1 b, 2 b und 3 b des erstbehördlichen Bescheides) wurde der abweisende Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich hingegen vom Verwaltungsgerichtshof behoben. Damit erweist sich die Berufung des Bf vom
20. Oktober 2011 als insofern unerledigt. Da die Verwaltungsgerichte auf Grund der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 an die Stelle der Berufungsbehörden traten, ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich damit zuständig, über diesen Aspekt der Berufung - nunmehr Beschwerde - zu entscheiden.
Gegenstand der Beschwerde sind somit die Spruchpunkte „Position 1 b“, „Position 2 b“ sowie „Position 3 b“ des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 3. Oktober 2011.
2. In der Sache selbst:
Im Sinne des § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind bewegliche Sachen als Abfälle einzustufen, wenn entweder der subjektive (Z 1) oder der objektive (Z 2) Abfallbegriff erfüllt ist.
Eine Sache ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 dann Abfall im subjektiven Sinn, wenn sich der Besitzer der Sache entledigen will oder entledigt hat. Der belangten Behörde ist hinsichtlich der subjektiven Abfalleigenschaft einer Sache zunächst darin zuzustimmen, dass es weder auf die eigene Entledigungsabsicht des Bf noch auf seine Absicht in Bezug auf eine in Aussicht genommene Verwendung ankommt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Sache nämlich schon dann als Abfall zu qualifizieren, wenn bei irgendeinem Vorbesitzer die Entledigungsabsicht bestanden hat (vgl. etwa nur VwGH 27.06.2013, Zl. 2013/07/0041 mwN; VwGH 15.09.2011,
Zl. 2009/07/0154 mwN).
Von einer Entledigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 ist dann zu sprechen, wenn die Weitergabe der Sache in erster Linie darauf abzielt, diese loszuwerden, und somit darin das überwiegende Motiv für die Weitergabe bzw. Weggabe der Sache gelegen ist (VwGH vom 27.06.2013, Zl. 2010/07/0110 mwN). Wenn der Bf nachvollziehbar vorbringt, dass er mit den Gegenständen Handel treiben wollte und auch die Vorbesitzer die Gegenstände nicht in diesem Sinne „loswerden“ wollten, zeigt er auf, dass der subjektive Abfallbegriff nicht erfüllt ist. Zwar mag die bloße Tatsache, dass Gegenstände entgeltlich überlassen werden, keinen endgültigen Ausschlag für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der Abfalleigenschaft geben; bei offenbar nicht defekten KFZ-Teilen bzw. elektrischen und elektronischen Geräten lässt sich jedoch eine Entledigungsabsicht nicht ohne Weiteres annehmen. Damit ist die Annahme der subjektiven Abfalleigenschaft im konkreten Fall nicht indiziert.
Zu überprüfen war damit, ob die gegenständlichen Teile und Geräte den objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 erfüllen. Die Behörde hat sich dabei offenbar auf das öffentliche Interesse des § 1 Abs. 3 Z 1 erster Fall AWG 2002 (Gefährdung der Gesundheit der Menschen) gestützt, weil dieses durch die Verwendung defekter KFZ-Teile oder defekter elektrischer bzw. elektronischer Geräte gefährdet werden könnte.
Dem ist zunächst zu entgegnen, dass ein Defekt der thematisierten KFZ-Teile und Geräte nicht erkennbar ist und sich auch aus dem durchgeführten Lokalaugenschein nicht ergab. Ferner ist nicht ersichtlich, dass im Sinne des § 73
Abs. 1 leg. cit. der Gefahr einer Verwendung dieser Gegenstände in Österreich nur durch deren Entsorgung begegnet werden kann. Die bloße Möglichkeit, dass auf Grund eines künftig hinzutretenden, gesonderten Willensentschlusses des Bf oder einer anderen Person diese Gegenstände verwendet werden könnten, bietet allein keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass mit den Gegenständen eine Gefährdung des öffentlichen Interesses im Sinn des § 1 Abs. 3 Z 1 (erster Fall) AWG 2002 verbunden und deshalb gemäß § 73 Abs. 1 Z 2 leg. cit. deren Entsorgung geboten ist (vgl. VwGH 28.05.2014, Zl. 2011/07/0265).
Andere Aspekte, auf Grund derer die gegenständlichen KFZ-Teile und elektrischen bzw. elektronischen Geräte den objektiven Abfallbegriff des § 1
Abs. 3 AWG 2002 erfüllen könnten, sind hingegen von vornherein nicht ersichtlich.
Dem Bf ist deshalb darin zuzustimmen, dass die hier thematisierten, in den Kraftfahrzeugen gelagerten Gegenstände keinen Abfall im Sinne des AWG 2002 darstellen, weshalb auch kein Behandlungsauftrag gemäß § 73 AWG 2002 erteilt werden durfte.
V. Der Beschwerde war damit im Umfang der noch zu erledigenden Anfechtungspunkte (siehe Punkt IV. 1.) stattzugeben und die Spruchpunkte „Position 1 b“, „Position 2 b“ und „Position 3 b“ des angefochtenen Bescheides zu beheben.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger