LVwG-600590/2/MB/JB

Linz, 02.12.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über den Antrag des Ing. W. B.,
geb. x, X, auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers vom 18. November 2014, in einem Beschwerde-verfahren betreffend ein Strafverfahren wegen einer nicht erteilten Lenkerauskunft gem. § 103 Abs. 2 KFG, den

 

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

 

I.          Gemäß § 28 iVm. § 40 VwGVG wird der Antrag als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Wels-Land hat mit Bescheid vom
20. Oktober 2014 zur Zahl VerkR96-533-2014 über den Antragsteller (im Folgenden AS) eine Geldstrafe in der Höhe von 218 EUR (Ersatzfreiheitsstrafe: 144 Stunden) verhängt. Es wurde darüber wie folgt abgesprochen:

 

„Die Firma A. B. GmbH in x wurde als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-.... mit Schreiben vom 21.01.2014 (nachweislich übernommen am 27.02.2014) der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 11.01.2014 um 16.36, Uhr in S. auf der A 1, Westautobahn, km 189,350, Ri. Wien gelenkt hat. Sie haben als zur Vertretung der angeführten Firma gemäß § 9 VStG nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt wurde. Sie haben auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können. Sie wären als Verantwortlicher der genannten Firma verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 103 Abs. 2 KFG

 

Begründung:

Die Firma A. B. GmbH in x wurde als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-.... mit Schreiben vom 21.01.2014 (nachweislich übernommen am 27.02.2014) der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 11.01.2014 um 16.36 Uhr in S. auf der A 1, Westautobahn, km 189,350, Ri. Wien gelenkt hat. Sie haben als zur Vertretung der angeführten Firma gemäß § 9 VStG nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt wurde. Sie haben auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können. Sie wären als Verantwortlicher der genannten Firma verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen.

 

In der Lenkererhebung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21.01.2014 (nachweislich übernommen am 27.02.2014) wurde die Firma A. B. GmbH in     x als Zulassungsbesitzer aufgefordert, bekannt zu geben, wer den PKW W-.... am 11.01.2014 um 16.36 Uhr in S., auf der A 1, bei km 189,350, in Fahrtrichtung Wien, gelenkt hat.

Sie wurden darüber informiert, dass die Auskunft den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss und das Unterlassen der Auskunftserteilung innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen, sowie das Erteilen einer unrichtigen oder unvollständigen Auskunft eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 darstellt.

 

Gegen die an die Sie ergangene Strafverfügung wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft haben Sie fristgerecht Einspruch erhoben. Der Einspruch blieb unbegründet.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Wels vom 15.04.2014 und auch nochmals vom 15.09.2014 wurde Ihnen die Möglichkeit geboten, sich zum vorliegenden Vorwurf der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 zu rechtfertigen.

 

Eine Stellungnahme Ihrerseits erfolgte nicht, obwohl Ihnen nochmals am 15.09.2014 eine Aufforderung zur Rechtfertigung an die von Ihnen angegebene Büroadresse W. übermittelt wurde.

 

Die Behörde hat hierüber Folgendes erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint.

 

Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden kann, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

§ 103 Abs. 2 KFG 1967 schützt das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerungen möglichen Ermittlung von Personen, die in Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, also das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (VwGH 29.09.1993, 93/02/0191).

 

In diesem Fall wurde der Lenker nicht bekanntgegeben bzw. langte eine solche bei der Behörde nicht ein. Es konnte das ursprüngliche Delikt, eine Geschwindigkeitsüberschreitung nicht geahndet werden. Das kann auf keinem Fall im Sinne des Gesetzgebers sein.

 

An die Lenkerauskunft sind strenge Anforderungen geknüpft. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die Auskunftspflicht ua. verletzt durch keine Auskunft (VwGH 29.01.2992, 91/02/0128), durch eine unvollständige Auskunft (VwGH 08.05.1979, 122/78), durch bloße Nichterteilung der Auskunft (VwGH 17.11.1969, 1354/68), durch eine unrichtige Auskunft (VwGH 23.12.1989, 87/18/0117).

 

Der Tatbestand des § 103 Abs. 2 KFG 1967 ist somit aus Sicht der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht als erfüllt anzusehen.

 

Zur Schuldfrage ist auszuführen, dass nach der Bestimmung des § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Bei einem Ungehorsamsdelikt belastet der Gesetzgeber den Täter schon durch seinen objektiven Tatbestand und präsumiert die Schuld bis zum Beweis des Gegenteils durch den Beschuldigten (VwGH 18.11.1971, Slg. 8108 Auva.). Da es gegenüber der Belastung, die der äußere Tatbestand für den Beschuldigten schafft, eines besonderen Entlastungsbeweises bedarf, hat die Behörde demnach, nicht wie bei den Erfolgsdelikten den Nachweis des Verschuldens zu erbringen, sondern hat der Beschuldigte selbst durch Beibringung von Beweismitteln darzutun, dass ihn kein Verschulden treffe (VwGH 17.09.1985, 84/040237 uva.). Dies ist Ihnen im Verfahren nicht gelungen.

 

Für die gegenständliche Verwaltungsübertretung sieht § 134 Abs. 1 Kraftfahrgesetz 1967 eine Höchststrafe von 5.000 Euro vor. Die verhängte Geldstrafe beträgt lediglich 4,36 % des gesetzlichen Strafrahmens.

 

Der verhängte Geldstrafe erscheint daher aufgrund des vorgeschriebenen Strafrahmens und der Tatsache, dass gegen Sie bei Ihrer Wohnsitzbehörde der Bundespolizeidirektion Wien bereits 8 einschlägige Verwaltungsvormerkungen in Bezug auf § 103 Abs.2 KFG und auch bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land bereits zwei einschlägige Verwaltungsvormerkungen in Bezug auf § 103 Abs. 2 KFG 1967 gegen Sie aufscheinen, schuld- und unrechtsangemessen. Die Höhe der Geldstrafe erscheint ausreichend, um Sie in Hinkunft von der Übertretung dieser Gesetzesbestimmung abzuhalten. Sie besitzt hinaus auch generalpräventive Wirkung.

 

Strafmildernd war somit kein Grund zu werten.

 

Es steht demnach fest, dass Sie gegen die oben zitierte Bestimmung verstoßen haben, und Gründe, die ein Verschulden Ihrerseits ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Bei der Strafbemessung im Sinne des § 19 VStG konnte auf Ihre Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse nicht Bedacht genommen werden, da Sie uns diese trotz Aufforderung nicht bekannt gegeben haben. Es wird daher von folgender Schätzung ausgegangen:

Monatl. Nettoeinkommen: ca. 2.500 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.“

 

 

2. Mit E-Mail vom 18. November 2014 ersuchte der AS um Beigebung eines Verteidigers.

 

II.

 

1. Gemäß § 44 Abs. 4 VwGVG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt unstrittig aus dem vorgelegten Akt samt dem Antrag und Schriftverkehr mit dem AS ergibt.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht geht sohin von dem unter Pkt. I dargestellten Sachverhalt aus.

 

 

III.

 

1. Gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, sofern ein Beschuldigter außerstande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und Personen, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalts die Kosten der Verteidigung zu tragen, auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung erforderlich ist.

 

Gemäß § 40 Abs. 4 VwGVG beginnt, wenn der Beschuldigte innerhalb der Beschwerdefrist die Beigebung eines Verteidigers beantragt, für ihn die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, an dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Verteidiger und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Beigebung eines Verteidigers abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an den Beschuldigten zu laufen.

 

2. Im vorliegenden Fall steht zunächst außer Frage, dass der AS den Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers innerhalb der Rechtsmittelfrist und somit rechtzeitig gestellt hat.

 

3. Für die Beigebung eines Verteidigers ist nach § 40 Abs. 1 VwGVG neben geringer finanzieller Möglichkeiten eines Beschuldigten weiters Voraussetzung, dass die Beigebung des Verteidigers im Interesse der Rechtspflege insbesondere einer zweckmäßigen Verteidigung erforderlich ist. Darunter sind etwa besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten oder die besondere Tragweite des Rechtsfalles, insbesondere eine besonders massive Strafhöhe bzw. Freiheitsstrafe zu verstehen (vgl. bspw.: VwGH vom 24. November 1993, Zl. 93/02/0270, VwGH vom 26. Jänner 2001,
Zl. 2001/02/0012).

 

Im konkreten Fall ist zunächst zu erkennen, dass weder die Sach- noch die Rechtslage besonders komplex ist. Es wird hier voraussichtlich zu prüfen sein, wer für eine Auskunftserteilung verantwortlich ist und ob bzw. warum nicht eine entsprechende Auskunft erteilt wurde. All diese Fragen sind sowohl in sachlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht als nicht besonders komplex einzustufen und aufgrund der Ausbildung des AS (Ing.) von diesem auch ohne rechtliche Vertretung mühelos zu bewältigen. Auch die Höhe der verhängten Geldstrafe (218 EUR) erfordert nicht die Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers. Letztlich darf auch nicht übersehen werden, dass für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht kein Anwaltszwang besteht.

 

Eine Erhebung betreffend die Vermögens- und Einkommensverhältnisse erübrigte sich daher im Rahmen dieses Verfahrens.

 

4. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Antrag des AS auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers als unbegründet abzuweisen war.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. Markus Brandstetter