LVwG-300364/9/BMa/PP
Linz, 28.11.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des S H, vertreten durch H, F, S & R, Rechtsanwälte in x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 7. Mai 2014 , SV96-21-2013, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialver-sicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2014
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 436 Euro zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. S H (im Folgenden: Bf) wurde mit dem in der Präambel angeführten Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:
„Sie, Herr H, haben es als Verantwortlicher der Firma H GmbH mit Sitz in x verwaltungsstrafrechtlich zu verant-worten, dass die österreichische Staatsangehörige
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, gem. § gemäß
16 VStG 1991 eine Ersatzfreiheits-
Strafe von §111 Abs. 2
2.180,00 Euro 36 Stunden ASVG
30. April 2010 geringfügig beschäftigte Angestellte der H GmbH und wurde von dieser GmbH, bei der sie Bürotätigkeiten verrichtet hat, an andere Firmen verleast. Vom 2. August 2010 bis 31. Jänner 2012 hat sie als Angestellte der internationalen Spedition S GmbH gearbeitet, danach war sie arbeitslos und hat einen Tag, am 1. Februar 2012, wieder als Angestellte der H GmbH gearbeitet. An diesem Tag wurde sie ebenfalls verleast und war in der Folge arbeitslos. Vom 1. Mai 2012 bis 31. August 2012 war sie als geringfügig beschäftigte Angestellte in der H C GmbH beschäftigt.
Als Bezahlung bekommt B H von der H GmbH für jeden vermittelten Arbeitnehmer, der für die H GmbH arbeitet und an ihre vermittelten Kunden verleast wird, als Provision 1 Euro pro Stunde in Form einer Gutschrift ausbezahlt.
323 Euro. Die Benzinkosten trägt sie selbst.
1. Februar 2013 hat B H ihre Vermittlungstätigkeiten aus-schließlich für die H GmbH verrichtet, neben ihrer geringfügigen Beschäftigung für die H C GmbH.
Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.
Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirks-verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar
- mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,
- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,
sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.
Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Voll-versicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Kranken-versicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.
Entsprechend § 33 Abs. 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber-kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.
Nach § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.
Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hierzu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherten und für nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit.c ASVG teilversicherten Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienst-geber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.
Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs. 2 ASVG).
Unter Betrachtung der Dienstleistungen, die von B H für die H GmbH erbracht wurden, und der Umstände unter denen diese erbracht wurden, ist von einem Überwiegen der Merkmale persönlicher und wirtschaftliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen.
Durch die unterlassene Meldung der Tätigkeit der B H zum zuständigen Sozialversicherungsträger vor Arbeitsaufnahme hat der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H GmbH das Tatbild der ihm vorgeworfenen Verbotsnorm erfüllt.
III.3.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Ver-waltungsgerichtshofs hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachen-vorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
Dem Bf ist es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Übertretung kein Verschulden trifft. Zwar ist der Beschwerde beizupflichten, dass er bemüht war, sich durch den Abschluss eines Agentur-Vertrages mit seiner Schwester rechtskonform zu verhalten, er hat jedoch unter Umgehung des Inhaltes dieses Agenturvertrages seine Schwester in den betrieblichen Ablauf der H GmbH eingebunden und sie wie eine Dienstnehmerin verwendet. Es wäre an ihm gelegen, sich als handelsrechtlicher Geschäftsführer über die maßgeblichen Bestimmungen zur Regelung von Beschäftigungen zu erkundigen. Indem er dies unterlassen hat, hat er fahrlässig gehandelt. Die angelastete Verwaltungsübertretung ist dem Bf daher auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.
III.3.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idgF sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs-strafrechts sind die §§ 32 – 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Weil es sich um eine Wiederholungstat handelt, die von der belangten Behörde festgestellt wurde und diese Feststellung vom Bf nicht bestritten wurde, konnte entgegen dem Beschwerdevorbringen die verhängte Mindeststrafe für den Wiederholungsfall nicht herabgesetzt werden. Bei Verhängung der Mindeststrafe erübrigt sich eine weitere Auseinandersetzung mit den Strafzumessungsgründen.
Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe wurde nicht in Relation der Obergrenze der verhängten Geldstrafe zur Obergrenze der verhängten Freiheitsstrafe festgesetzt sondern sehr milde bemessen. Eine Korrektur der Ersatzfreiheitsstrafe konnte aber auf Grund des Verbots der reformatio in peius nicht erfolgen.
III.4. Zumal der Beschwerde keine Folge gegeben wurde, waren gemäß § 52 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG Kosten für das Verfahren vor dem Landesverwaltungs-gericht in Höhe von 20 % der verhängten Strafe vorzuschreiben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als Einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Gerda Bermayr-Mann
Beachte:
Die Revision wurde zurückgewiesen.
VwGH vom 13. April 2015, Zl: Ra 2015/08/0020-3