LVwG-300348/3/Py/TO/PP
Linz, 26.11.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn H N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J B, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 22. April 2014,
GZ: SV96-1-2014, betreffend Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als eine Gesamtstrafe in Höhe von 500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden, verhängt wird.
II. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf
50 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungs-gericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom
22. April 2014, GZ: SV96-1-2014, wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 7b Abs. 9 Z 1 iVm § 7b Abs. 3 AVRAG zwei Geldstrafen iHv jeweils 500,- Euro, für den Fall der Unbeinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 34 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv 100,- Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
In der Begründung führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass aufgrund der Beweisaufnahme und des rechtlichen Hintergrundes der angelastete Tatbestand erwiesen ist und auch mangelndes Verschulden nicht vorliegt. Zur Höhe der verhängten Strafen wird auf die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschuldigten sowie dessen Angaben über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse verwiesen.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig im Wege der rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Beschwerde, die mit Eingabe vom 17. Oktober 2014 vom Bf auf die Strafhöhe eingeschränkt wurde. Als Begründung wird das Geständnis des Bf, sein geringes Einkommen und die lange Verfahrensdauer angeführt und vorgebracht, dass über den Bf wegen ein und desselben Lebenssachverhaltes drei Strafverfahren geführt wurden.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 26. Mai 2014 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 43 Abs. 3 Z 2 VwGVG abgesehen werden, da sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet und die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt wurde.
5. Erwägungen des Oö. Landesverwaltungsgerichtes:
5.1. Gemäß § 7b Abs. 3 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG),
BGBl. 459/1993 idF BGBl.I.Nr. 24/2011 haben Arbeitgeber im Sinne des Abs. 1 die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und eine Abschrift der Meldung dem in Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein Arbeitnehmer entsandt wird, diesem, auszuhändigen. Sofern dies technisch möglich ist, hat die Meldung elektronisch zu erfolgen. In Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu erledigenden Aufträgen ist die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme zu erstatten. Hat der Arbeitgeber den Beauftragten oder dem Arbeitnehmer vor Arbeitsaufnahme keine Abschrift der Meldung ausgehändigt, so hat der Beauftragte oder der Arbeitnehmer eine Meldung nach dem ersten Satz und Abs. 4 unverzüglich mit der Arbeitsaufnahme zu erstatten. Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat eine Abschrift der Meldung an den zuständigen Krankenversicherungsträger (§§ 26 und 30 ASVG) elektronisch zu übermitteln.
Gemäß § 7b Abs. 4 AVRAG hat die Meldung nach Abs. 3 folgende Angaben zu enthalten:
1. Name und Anschrift des Arbeitgebers,
2. Name des in Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten,
3. Name und Anschrift des inländischen Auftraggebers (Generalunternehmers),
4. die Namen, Geburtsdaten, Sozialversicherungsnummern sowie die Staatsangehörigkeit der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer,
5. Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung in Österreich,
6. die Höhe des dem einzelnen Arbeitnehmer gebührenden Entgelts,
7. Ort der Beschäftigung in Österreich (auch andere Einsatzorte in Österreich),
8. die Art der Tätigkeit und Verwendung des Arbeitnehmers,
9. sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung,
10. sofern die entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung.
Gemäß § 7b Abs. 9 AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber oder als in Abs. 1 Z 4 bezeichneter Beauftragter
1. die Meldung nach Abs. 3 nicht rechtzeitig erstattet oder
2. die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 nicht bereithält.
Bei grenzüberschreitender Entsendung gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Arbeits
(Einsatz)ort der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer/innen liegt, bei wechselnden Arbeits(Einsatz)orten am Ort der Kontrolle.
5.2. Im gegenständlichen Verfahren wurden über den Bf als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma A C K mit Sitz in x, wegen nicht rechtzeitiger Meldung nach § 7b Abs. 3 AVRAG zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 500 Euro verhängt.
Zunächst ist dem Beschwerdevorbringen des Bf zu entgegnen, dass es sich bei den drei gegen ihn geführten Strafverfahren um vom Gesetzgeber bei der Entsendung ausländischer Arbeitnehmer nach Österreich jeweils gesondert geforderte Verhaltensweisen handelt, die bei Nichteinhaltung auch gesondert unter Strafe gestellt sind und somit keinen Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot darstellen.
Anzumerken ist jedoch, dass im gegenständlichen Fall nicht von zwei Verwaltungsübertretungen, sondern nur von einer Verwaltungsübertretung auszugehen ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom
6. März 2014 (Zl. 2013/11/0143) festhält, wird in den Materialien zur AVRAG-Novelle BGBl. I Nr. 120/1999 (IA 1103/A Blg NR 20.GP) zu § 7b Abs. 5 und
Abs. 9 AVRAG ausgeführt, dass eine Bestrafung nach § 7b Abs. 9 AVRAG „nicht schon hinsichtlich des Nichtbereithaltens der Unterlagen hinsichtlich jedes einzelnen Arbeitnehmers, sondern nur – bezogen auf die vom Arbeitgeber entsandte Gruppe von Arbeitnehmern – insgesamt bei Betretung zu erfolgen“ habe. Der Gesetzeswortlaut zwingt nicht dazu, diese Bestimmung abweichend von den Intentionen des Gesetzgebers dahin zu verstehen, dass im Falle des Nichtbereithaltens der genannten Unterlagen pro Arbeitnehmer eine eigene Übertretung begangen wird. Nichts anderes hat für die gegenständliche Verwaltungsvorschrift zu gelten. In § 22 Abs.1 Z 2 lit.a des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) – auf welches die Materialien zu § 7b AVRAG verweisen – findet sich insofern eine strukturell ähnliche Strafbestimmung, als danach der Überlasser von Arbeitskräften eine Übertretung begeht, wenn er nicht „die Überlassung von Arbeitskräften spätestens bis zum Ablauf des auf die erstmalige Überlassung folgenden Monates der zuständigen Gewerbebehörde“ meldet. Auch diese Bestimmung bezieht sich erkennbar, wenn es sich um mehrere überlassenen Arbeitnehmer geht, auf die gesamte Gruppe.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs-gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwen-den. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
Im Hinblick auf den Umstand, dass sind im gegenständlichen Verfahren das rechtswidrige Verhalten des Bf auf zwei Arbeitnehmer bezog, erscheint die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe unter Berücksichtigung seiner Einkommensverhältnisse und der als Milderungsgrund zu wertenden Unbescholtenheit und seinem nunmehrigen Geständnis angemessen und gerechtfertigt. Die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung im Sinne des § 20 VStG war nicht in Betracht zu ziehen, da die Unkenntnis der Rechtslage nicht entschuldigend wirkt. Wer ein Gewerbe betreibt, ist verpflichtet, sich vor der Ausübung über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten. Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe kommt es zudem nicht auf die Zahl der Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung – somit dem Gewicht nach – im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts an und ist danach zu urteilen (vgl. VwGH 92/02/0095 v. 27.2.1992). Ebenso scheidet eine Anwendung des
§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG aus, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Nach Ansicht der erkennenden Richterin ist mit der nun verhängten Strafe jene dem gegenständlichen Fall Rechnung tragende Sanktion gesetzt, die dem Bf die Unrechtmäßigkeit seiner Handlung eindringlich vor Augen führt.
Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.
II. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Andrea Panny