LVwG-750222/2/BP/JB
Linz, 25.11.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des H. H., geb. am X, Xweg 9/1, M., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 9. Oktober 2014,
GZ: Sich51-908-1979 (Neu: PE/599), mit dem die Entziehung der Waffenbesitzkarte Nr. 100780, ausgesprochen wurde,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. §§ 25 Abs. 3 und 8 Abs. 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 161/2013, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg (im Folgenden: belangte Behörde), hat mit Bescheid vom 9. Oktober 2014, GZ: Sich51-908-1979, (Neu: PE/599) dem
Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gem. § 25 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 1 WaffG 1996 i.d.g.F. die am 12.11.1979 von der Bezirkshauptmannschaft Perg ausgestellte Waffenbesitzkarte, Nr. 100780 entzogen.
Begründend führt die belangte Behörde darin zunächst wie folgt zum Sachverhalt aus:
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig am 28. Oktober 2014 eingebrachte Beschwerde des Bf, worin wie folgt ausgeführt wird:
3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom
20. November 2014 zur Entscheidung vor.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.
Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt auch vom Bf im gesamten Verfahren völlig unbestritten geblieben ist, die Akten erkennen ließen, dass eine weitere Erörterung für die Sachverhaltsfeststellung ergebnisneutral wäre und dem auch nicht Art. 6 EMRK sowie Art. 47 der
EU-Charta der Grundrechte entgegenstehen. Auch ist anzuführen, dass die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung vom Bf nicht beantragt wurde, da offensichtlich auch dieser von dem Umstand ausgeht, dass im vorliegenden Fall die Klärung von Rechtsfragen vorzunehmen ist.
5. Das Landesgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt I.1. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.
6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch Einzelrichter berufen, zumal das Materiengesetz keine Senatszuständigkeit vorsieht.
II.
Aufgrund dessen, dass im vorliegenden Fall der Sachverhalt völlig geklärt und nur eine Rechtsfrage zu erörtern ist, kann eine Beweiswürdigung unterbleiben.
III.
1. Gemäß § 25 Abs. 3 Waffengesetz 1996, BGBl. I. Nr. 12/1997, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 161/2013 (WaffG), hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Von einer Entziehung auf Grund einer nicht sicheren Verwahrung ist abzusehen, wenn das Verschulden des Berechtigten geringfügig ist, die Folgen unbedeutend sind und der ordnungsgemäße Zustand innerhalb einer von der Behörde festgesetzten, zwei Wochen nicht unterschreitenden Frist hergestellt wird.
Gemäß § 8 Abs. 1 WaffG 1996 ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er
1. Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
2.1. § 25 Abs. 3 WaffG normiert also in seinem ersten Satz, dass bei Wegfall der Verlässlichkeit einer Person waffenrechtliche Urkunden zu entziehen sind. Dabei ist der Behörde vom Gesetzgeber kein Ermessen eingeräumt, sondern die Rechtsfolge hat bei Wegfall der Verlässlichkeit einzutreten.
Die Verlässlichkeit im Sinne des WaffG wird durch § 8 Abs. 1 normiert, und dabei werden mehrere Alternativen angeführt, bei deren Vorliegen die Verlässlichkeit zu verneinen sein wird.
2.2. Im vorliegenden Fall sind insbesondere § 8 Abs. 1 Z. 2 und 3 WaffG relevant. Es muss also gewährleistet sein, dass eine Person einerseits nicht mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird, andererseits Waffen nicht Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
Laut dem festgestellten Sachverhalt hatte der Bf – wie bei der Überprüfung im April 2014 zu Tage trat – seinen Revolver Smith & Wesson Mod. 64 im Schlafzimmer im unversperrten Nachtkästchen verwahrt und die als verbotene Waffe (Kat.A) eingestufte Pumpgun Winchester Defender im Schlafzimmer in einer Ecke abgestellt. Es ist also im Sinn des § 8 Abs. 1 Z. 2 zweite Alternative zu prüfen, ob diese Vorgangsweise eine sorgfältige Verwahrung von Waffen darstellte.
2.2. Gemäß § 3 Abs. 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung (2. WaffV) ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt.
Gemäß § 3 Abs. 2 Z. 2 bis 4 der 2. WaffV sind für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung von Waffen und Munition
- der Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchssicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeiten (Z. 2)
- der Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind (Z. 3) und
- der Schutz von Waffen und Munition vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender maßgeblich.
Im weiteren ist bei der Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z. 2 WaffG im Hinblick auf den mit dem Waffenbesitz durch Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnis ein strenger Maßstab anzulegen und kann auch bereits ein einmaliges Fehlverhalten, selbst wenn die Zugriffsmöglichkeit auf die Waffen nur relativ kurze Zeit bestand, die Verneinung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit zur Folge haben.
Durch die Formulierung des § 8 Abs.1 ist die waffenrechtliche Verlässlichkeit im Sinne einer Prognose zu beurteilen. Diese Prognose betrifft den Umstand, dass die zu bewertende Person in Zukunft voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen und sie unter anderem Waffen sorgfältig verwahren wird. Diese Prognose zukünftiger Verhaltensweisen ist auf Grund der jeweils aktuellen Situation zu erstellen. Dabei wird auf das zu erwartende zukünftige Verhalten eines Menschen geschlossen.
2.3. Der Bf verweist darauf, dass sein Haus nicht nur durch eine Alarmanlage geschützt, sondern auch durch einen Hund bewacht sei, weshalb Unbefugte nicht hätten an die im Schlafzimmer befindlichen Waffen gelangen können. Auch seine Ehegattin würde sich für die Schusswaffen nicht interessieren.
Dabei übersieht er aber, dass das Gesetz bzw. die Verordnung auf die bloße Zugriffsmöglichkeit von unbefugten Mitbewohnern abstellt, worunter auch die Ehegattin, gleich ob sie an Waffen interessiert ist oder nicht, zu subsumieren ist.
Entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 22. November 2005, Zl. 2005/03/0023) ist die Sicherung einer Waffe gegenüber Ehegatten oder Lebensgefährten in der Regel dann als unzureichend zu werten, wenn diese jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang zur Waffe haben.
Darüber hinaus aber entspricht die Verwahrung keinesfalls der gebotenen Sorgfalt im Bezug auf Personen, die sich befugt im Haus aufhalten, also weder durch den Hund noch durch die Alarmanlage abgehalten werden, wie allfällige Besucher udgl.
Unter einem besonderen Licht erscheint das Verhalten des Bf, wenn man in Betracht zieht, dass er im Jahr 2009 wegen der gleichartigen Verwahrung der Pumpgun bereits beanstandet worden war. Kurzfristig hatte er zwar einen ordnungsgemäßen Zustand hergestellt, offensichtlich aber wieder zur sorglosen Verwahrung zurückgefunden, weshalb ihm nicht nur bewusst sein musste, dass das Abstellen einer Langwaffe im Schlafzimmer eine unzureichende Verwahrung einer Schusswaffe darstellt, sondern er sich offenbar bewusst über dieses Gebot hinwegsetzte. Dass es weiters keine zulässige Verwahrung einer Faustfeuerwaffe darstellt, wenn man diese im Nachtkästchen deponiert, sollte sich wohl von selbst verstehen.
2.4. Es ist also klar zu erkennen, dass der Bf Tatsachen gesetzt hat, die eindeutig Anhaltspunkte dafür bieten, dass er nicht (mehr) als verlässlich im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG anzusehen ist. Damit war aber grundsätzlich die waffenrechtliche Urkunde im Sinne des § 25 Abs. 3 erster Satz WaffG zu entziehen.
3.1. Nun erfährt § 25 Abs. 3 WaffG durch den zweiten Satz dieser Bestimmung eine Einschränkung, insoweit als von einer Entziehung der waffenrechtlichen Urkunden auf Grund einer nicht sicheren Verwahrung abzusehen ist, wenn das Verschulden des Berechtigten geringfügig ist, die Folgen unbedeutend sind und der ordnungsgemäße Zustand innerhalb einer von der Behörde festgesetzten, zwei Wochen nicht unterschreitenden Frist hergestellt wird.
3.2. Die Anwendung dieser Bestimmung scheitert allerdings – der belangten Behörde folgend – alleine schon daran, dass das Verschulden des Bf im konkreten Fall keinesfalls als geringfügig einzustufen ist. Er war bereits wegen gleichartiger Verwahrung der Schusswaffe der Kathegorie A vor 5 Jahren beanstandet worden und handelte dennoch wider jegliche Sorgfaltspflicht. Sogar, wenn man seinem Vorbringen folgte, er habe die Waffen (vor wie vielen Tagen vor der Überprüfung auch immer) nur zum Reinigen hervorgeholt und sie danach nicht mehr entsprechend verwahrt, lässt sein Tun nicht als gerechtfertigt oder bloß als geringfügige Sorgfaltsverletzung erscheinen. Da aber die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 letzter Satz WaffG kumulativ vorliegen müssten, entfällt per se schon die Erörterung der beiden anderen Tatbestandselemente.
4. Es war also im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree