LVwG-400051/8/FP/Gru
Linz, 17.11.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Felix Pohl über die Beschwerde des Hrn T B, geb.X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz, vom 12.8.2014, GZ: 0052749/2013, wegen einer Übertretung des Bundestraßenmautgesetzes (BStMG) 2002
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 VStG eine Ermahnung erteilt wird.
II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG keine Kosten des Strafverfahrens zu tragen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit dem im Spruch dargestellten Straferkenntnis warf der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (in der Folge: belangte Behörde) dem Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) zusammengefasst und sinngemäß vor, als Lenker des PKW X, am 9.8.2013 um 14.00 Uhr die A1, km 172.020, Ansfelden, Autobahn-Freiland, Mautabschnitt RFB Staatsgrenze Walserberg benützt zu haben, ohne die zeitabhängige Maut (Vignette) ordnungsgemäß entrichtet zu haben.
Nach den Bestimmungen des BStMG unterliege die Benützung von Mautstrecken (Bundesautobahnen und – schnellstraßen) mit ein- und mehrspurigen KFZ mit nicht mehr als 3,5 Tonnen höchstes zulässiges Gesamtgewicht einer zeitabhängigen Maut (10 Abs. 1 BStMG 2002).
Die belangte Behörde verhängte die gesetzliche Mindestgeldstrafe von € 300,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 34 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) über den Bf und sprach aus, dass er € 30,00 als Verfahrenskostenbeitrag zu leisten habe.
Zusammengefasst und sinngemäß führte die belangte Behörde begründend aus, der Bf habe in seinem Einspruch dargestellt, er habe um nochmalige Übermittlung der Ersatzmautforderung ersucht und diese nicht erhalten. Zu seiner Verteidigung merke er an, klar Schuld am Vergehen zu haben, zumal er die Vignette beim Kauf nicht geprüft habe. Er habe jedoch eine eigentlich „gültige“ Vignette gehabt, wenn die Verkäuferin die Nr 1 auf der Vignette richtig gestempelt hätte. Er sehe ein, dass der Behörde aufgrund der vielen Fälle die Hände gebunden seien, hoffe aber auf eine „Zurückziehung“ der Strafe und die Möglichkeit, die Ersatzmaut iHv € 120,00 bezahlen zu können. Es sei für ihn eine halbe finanzielle Katastrophe, die Strafe zahlen zu müssen obwohl er von Anfang an eine Vignette gekauft habe.
Aufgrund der Aktenlage ging die Behörde davon aus, dass der Sachverhalt erwiesen sei und schloss daraus rechtlich:
Der Bf habe die Tat dem Grunde nach nicht bestritten. Gem. § 20 Abs 5 BStMG werde die Übertretung straflos, wenn der Mautschuldner binnen 4 Wochen ab Aufforderung die Ersatzmaut begleiche.
Der Bf habe unbestrittenermaßen eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Entrichtung der Maut befahren und die angebotene Ersatzmaut nicht rechtzeitig einbezahlt.
Einen Schuldentlastungsbeweis habe der Bf nicht erbringen können. Er hätte gemäß Mautordnung eine gültige Vignette anzubringen gehabt. Er sei seinen ihm gem. § 8 Abs 1 BStMG obliegenden umfassenden Mitwirkungs- und Kontrollpflichten nicht nachgekommen, als er es verabsäumt habe, eine gültige Vignette an der Windschutzscheibe anzubringen bzw. dies zu überprüfen. Sein Verhalten sei als sorgfaltswidrig einzustufen und sei die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht erwiesen.
I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtete sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf vom 9.9.2014.
Der Bf verwies neuerlich auf seine bisherige Verantwortung nach der die Vignette hinsichtlich der Ziffer 1 offenbar falsch „gestempelt“ worden sei, zumal die Ziffern 1 für den Monat und für den Tag gleich nebeneinander zu finden seien. Er habe deshalb schon im November um Zusendung des Fotos ersucht. Der Beschwerdeführer beantragte in diesem Zusammenhang neuerlich erfolglos die Zusendung des Fotos der automatischen Vignetten-Kontrolle. Er wies auch darauf hin, dass ihm bewusst sei, dass er die Vignette zu überprüfen gehabt hätte und neuerlich darauf, dass er die Ersatzmaut begleichen wolle. Aufgrund seines Hausbaus, ginge alles „drunter und drüber“.
Neuerlich stellte er dar, dass er dem Grunde nach eine „gültige“ Vignette benutzt habe. Es sei ihm ein Anliegen, dass man ordentliche Straßen vorfinde, was nur durch Einhebung von Gebühren möglich sei.
Bis auf die fehlende Kontrolle habe er alles richtig gemacht.
I.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5.11.2014. An dieser nahmen die belangte Behörde, der Bf, sowie der Amtssachverständige TAOR Dipl. HTL-Ing. R H teil. Der Beschwerdeführer legte in der Verhandlung ein Lichtbild der verfahrensgegenständlichen Vignette vor (Beilage ./1).
I.4. Es steht folgender entscheidungswesentlicher S a c h v e r h a l t fest:
Der Bf hat am 9.8.2013 um 14:00 Uhr seinen PKW X auf der Autobahn A1, bei Ansfelden, km 172.020 (Mautabschnitt RFB Staatsgrenze Walserberg) gelenkt. Auf der Windschutzscheibe war eine 2-Monatsvignette mit der Nummer x aufgeklebt. Der Bf hat die Vignette am 30.7.2013 bei einer Trafik in x gekauft und die Verkäuferin ersucht, die Vignette für den 1.8. zu entwerten. Die Vignette wurde von der Verkäuferin mittels Zwicker im Bereich der Monatsleiste bei 1 und bei 8 gelocht. Im Bereich der umlaufenden Tagesleiste fand keine Lochung statt. Bei Entgegennahme der Vignette hat der Bf diese nicht kontrolliert. Er hat die Vignette sodann am 1.8.2014 auf die Windschutzscheibe geklebt ohne diese zu kontrollieren. Am 1.8.2014 fuhr der Beschwerdeführer nach Kärnten auf Urlaub.
II. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorliegenden Beweismitteln, insbesondere dem vom Bf selbst vorgelegten Lichtbild ./1 und seiner Aussage. Der Bf hat schlüssig und glaubwürdig dargestellt, dass er die Vignette am 30.7.2013 gekauft hat um am 1.8.2013 auf Urlaub nach Kärnten fahren zu können. Er hat seine bisherige Verantwortung, nämlich, dass die Vignette in der Trafik offenbar falsch gelocht worden ist und, dass er verabsäumt hat diese Lochung zu kontrollieren, aufrechterhalten. Wie schon in seinem Einspruch und in der Beschwerde gestand der Bf ein Fehlverhalten dahingehend zu, dass er die Vignette nach dem Kauf nicht kontrolliert hat. Dem Bf wurde vom Gericht einerseits aufgrund des glaubwürdigen und besonnenen persönlichen Eindruckes, den der Bf vor Gericht gemacht hat Glauben geschenkt, andererseits aufgrund des Umstandes, dass die auf der Vignette vorgenommene Lochung nichts anderes bedeuten kann, als dass eine Lochung zum 1.8. oder alternativ zum 8.1. intendiert war. Im Hinblick darauf, dass eine (dann ebenso fehlerhafte Lochung) zum 8.1. nur dann Sinn ergeben würde, wenn man annimmt, dass die Vignette dann auch im Jänner gekauft und aufgeklebt werden hätte müssen, erscheint diese Variante angesichts des späten Betretungstermines als nicht nachvollziehbar. Die von der Asfinag via automatische Mautüberwachung hergestellten Lichtbilder, waren für das Gericht nur teilweise (hinsichtlich von Teilen der Nummer) verwertbar, zumal eine Lochung auf diesen selbst für den ASV nicht erkennbar war. Letztendlich hat das vom Bf selbst vorgelegte Foto dazu geführt, dass der Sachverhalt widerspruchsfrei festgestellt werden konnte. In Verbindung mit dem vollständigen und schlüssige Gutachten TAOR Dipl. HTL-Ing. R H ließ sich für das Gericht zweifelsfrei feststellen, dass der Verantwortung des Bf Glauben zu schenken war.
III. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
III.1.
§ 1 Abs 1 BStMG 2002 lautet:
§ 1. (1) Für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen ist Maut zu entrichten.
§ 10 Abs 1 BStMG 2002 lautet:
§ 10. (1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.
§ 11 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 BStMG 2002 lauten:
§ 11.
(1) Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.
(2) Die Jahresvignette hat eine Gültigkeit von einem Kalenderjahr und berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken auch im Dezember des Vorjahres und im Jänner des Folgejahres. Die Zweimonatsvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken im Zeitraum von zwei Monaten. Die Gültigkeit endet mit Ablauf jenes Tages, der durch sein Tagesdatum dem ersten Gültigkeitstag entspricht. Fehlt dieser Tag im zweiten Monat, so endet die Gültigkeit mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Die Zehntagesvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken während zehn aufeinanderfolgender Kalendertage. Die Korridorvignette berechtigt ab dem gemäß Abs. 6 festzulegenden Tag bis zum Ablauf des Tages der Verkehrsfreigabe beider Röhren des Pfändertunnels zur Benützung der Strecke der A 14 Rheintal/Walgau Autobahn zwischen der Staatsgrenze bei Hörbranz und der Anschlussstelle Hohenems in einer Fahrtrichtung mit einem einspurigen Kraftfahrzeug oder mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, während 24 Stunden ab dem auf der Korridorvignette aufgedruckten Zeitpunkt. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen mit Verordnung zusätzlich eine Korridorvignette vorsehen, die zur Benützung dieser Strecke in beiden Fahrtrichtungen während 24 Stunden ab dem auf der Korridorvignette aufgedruckten Zeitpunkt berechtigt, und die Geltungsdauer der Korridorvignette verkürzen, sofern die Korridorvignette zu einer dauerhaften und wesentlichen Erhöhung der Verkehrsbelastung in Ortsgebieten von Gemeinden des Rheintals führt.
...
(5) Die näheren Bestimmungen über die Beschaffenheit der Mautvignetten, über ihre Anbringung an den Fahrzeugen und über das Mitführen der Mautvignetten an Stelle der Anbringung sind in der Mautordnung zu treffen.
...
§ 20 Abs 1 BStMG 2002 lautet:
§ 20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.
Die hier relevanten Punkte der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstrassen Österreichs in ihrer Fassung Nr 37 lauteten:
5.2 Zweimonatsvignette
Die Zweimonatsvignette berechtigt zur Straßenbenützung im Zeitraum von zwei Monaten. Die Gültigkeit endet mit Ablauf jenes Tages des zweiten Monats, der nach seiner Zahl dem, an dem die Frist zu laufen beginnt, entspricht oder, wenn ein entsprechender Tag fehlt, mit Ablauf des letzten Tages des zweiten Monats....
7.1 Art und Ort der Anbringung
An jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug (unter Berücksichtigung des Punktes 7.2 Mautordnung Teil A I) ist vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Jede andere Art der Anbringung (zB durch [zusätzliche] Klebestreifen, andere Arten von Fixierungen oder ein Überkleben der Vignette mit einer zusätzlichen Schutzfolie) ist nicht gestattet, verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung und verwirklicht den Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10). Zehntagesvignetten und Zweimonatsvignetten sind nur dann gültig, wenn sie durch ordnungsmäßige, vollständige Lochung des Kalendertages und –monats entwertet wurden.
Die Vignette für mehrspurige Fahrzeuge ist - nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie - unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen). Bei Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften (zB nicht vollständiges Ablösen von der Trägerfolie oder nicht vollständige Anbringung der Vignette) wird der Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10) verwirklicht...
§ 5 Abs 1 VStG 1991 lautet:
§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
§ 45 Abs 1 VStG 1991 lautet:
§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;
4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;
6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
1. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
III.2.
Wie sich aus dem unstrittigen Sachverhalt ergibt, hat der Bf eine Vignette gekauft um diese in seinem Fahrzeug anzubringen (was auch geschehen ist) und für seine Fahrt nach Kärnten die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten.
Der Bf hat demgemäß die Maut unbestrittenermaßen entrichtet, zumal er die Vignette durch Lochen und Aufkleben auf die Windschutzscheibe auch entwertet hat, sodass diese für einen weiteren Gebrauch in einem anderen Fahrzeug nicht mehr zur Verfügung stand.
Es stellt sich im vorliegenden Fall also lediglich die Frage, ob der Beschwerdeführer die Maut ordnungsgemäß entrichtet hat, für den Fall der Verneinung dieser Frage, ob und in welcher Weise er für sein Handeln zur Rechenschaft zu ziehen ist.
III.3.
Die Anordnungen hinsichtlich der „Ordnungsgemäßheit“ ergeben sich aus den oa. Bestimmungen des § 11 BStMG, der wiederum auf die Mautordnung verweist, deren Kriterien einzuhalten sind, um eine ordnungsgemäße Entrichtung der Maut stattfinden zu lassen.
Wie nun aus Punkt 7.1. der oa. Mautordnung abzuleiten ist, ist von einer ordnungsgemäßen Anbringung einer 2-Monatsvignette nur dann auszugehen, wenn diese durch (wiederum) ordnungsgemäße Lochung von Kalendertag und – monat entwertet und aufgeklebt wurde.
Nun steht vorliegend unbestrittenermaßen fest, dass die gegenständliche Vignette nicht ordnungsgemäß gelocht wurde, sodass mit Aufkleben der fehlerhaft gelochten und damit ungültigen Vignette und Befahren einer Mautstrecke der objektive Tatbestand erfüllt war, da die Mautordnung vom Lenker verlangt, nur mit einer ordnungsgemäß entwerteten und aufgeklebten Vignette (ordnungsgemäße Entrichtung) Mautstrecken zu befahren. Die zugrundeliegende Norm erlegt dem Lenker damit letztendlich eine Überprüfungspflicht auf, der der Bf allseits unbestrittenermaßen nicht nachgekommen ist.
III.4.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG reicht zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
§ 5 Abs. 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehor-samsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 5).
Bei der Bestimmung des § 20 BStMG handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG.
Der Bf hat niemals bestritten, schuldhaft gehandelt zu haben.
Wie er aber glaubhaft dargestellt hat, hat er die Verkäufern in der Trafik um Lochung für den auf den Erwerbstag (30.7.2013) folgenden Tag ersucht, zumal er an diesem Tag in Urlaub fuhr. Ganz offensichtlich wollte die Trafikantin auch den 1.8. lochen, jedoch ist ihr dahingehend ein Versehen unterlaufen, dass sie anstatt die Zahl 1 in den Feldern für die Tage zu stanzen, die Zahl 1 in der Monatsleiste „erwischt“ hat. Diese liegt nur wenige Millimeter unterhalb der Zahl 1 in der Tagesleiste (welche um die Vignette herum verläuft). Aufgrund der Nähe der beiden Ziffern zueinander sind derlei Fehler nach Ansicht des Gerichtes geradezu vorprogrammiert. Die fehlerhafte Lochung wurde vom Bf also nicht selbst, sondern, wie regelmäßig üblich, von einem Erfüllungsgehilfen der Asfinag vorgenommen und beruhte, schon hinsichtlich der Trafikantin auf einem Versehen.
Dem Bf ist demnach (nur) vorzuwerfen, dass er eine nicht ordnungsgemäß entwertete, und damit ungültige, Vignette, im Fahrzeug angebracht hat und eine Mautstrecke befahren hat, es also unterlassen hat, die von einer der Asfinag zurechenbaren Person vorgenommene Lochung im Zuge des Aufklebens nicht einer Nachkontrolle unterzogen zu haben. Er hat damit allerdings die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet (§ 20 BStMG).
Mangels Überprüfung der Vignette, dem damit einhergehenden subjektiv vorwerfbaren Handeln und dem Umstand, dass im Verfahren keine Entschuldigungsgründe hervorgekommen sind, war die Tat auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.
III.5.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter dem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Zweck des BStMG ist es, durch ein zu entrichtendes Benützungsentgelt (Maut) Geldmittel u.a. zur Straßenerrichtung und –erhaltung zu lukrieren. Wie unter I. festgestellt, wurde vom Bf die Maut entrichtet. Er hat die Vignette gekauft, entwerten lassen und aufgeklebt. Durch Nichtkontrolle der Lochung und damit einher gehender Ungültigkeit der Vignette, hat der Bf eine Ordnungsnorm verletzt, nämlich jene, die Maut ordnungsgemäß – mittels Aufklebens einer ordnungsgemäß gelochten Vignette – zu entrichten. Er hat die Maut sohin entrichtet, nur eben nicht ordnungsgemäß. Durch Bezahlung des Vignettenpreises wurde jedoch der Zweck des BStMG dennoch (auf andere Weise) erfüllt.
Da die Maut entrichtet wurde und aufgrund des Umstandes, dass in Zusammenschau mit dem vor Gericht abgeführten Beweisverfahren der fehlerhaft gelochten Vignette kaum ein anderer Bedeutungsgehalt, als der ohnehin gewünschte, zugemessen werden konnte, ist die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes gering, sie ist praktisch nicht gegeben, zumal durch die fehlerhafte Lochung lediglich die Kontrollierbarkeit litt.
Das Verschulden des Bf ist nach Ansicht des Gerichtes in Zusammenschau mit dem festgestellten Willen des Bf, die Maut ordnungsgemäß abzuführen, als gering einzustufen, zumal die Pflichten an den Bürger auch nicht überspannt werden sollen. Zwar hätte er nach dem Buchstaben des Gesetzes bzw. der Mautordnung eine nachprüfende Kontrolle vornehmen müssen, jedoch ist durchaus lebensnah, dass der Vignettenkäufer, erhält er eine Vignette vom „Profi“, das Erhaltene für „in Ordnung“ befindet und letztendlich die Kontrolle, unterlässt.
Im vorliegenden Fall tritt zudem der besondere Umstand hinzu, dass aufgrund des nahen Nebeneinanderliegens der beiden Zahlen 1, die fehlerhafte Lochung auch nur im Falle einer genauen Überprüfung auffallen würde, jedenfalls aber kaum, wenn man lediglich einen kurzen Blick auf die Vignette wirft, was im Normalfall wohl ausreichen würde.
Gegenüber sonst bekannten Fällen und dem in der Intention des Gesetzes typisierten Verhalten, also insbesondere dem Fahren mit lange abgelaufenen Vignetten, dem Verwenden fremder Klebstoffe um eine Verwendung in anderen Fahrzeugen zu ermöglichen, dem Fahren ohne Vignette udgl., tritt das Verhalten des Bf hinsichtlich seines Unrechts- und Schuldgehaltes erheblich zurück, zumal es keine nachteilige Folgen für das „System“ hinterlassen hat und die mangelnde Kontrolle einer fremd verschuldeten fehlerhaften Lochung hinsichtlich ihres Schuldgehaltes als geringfügig einzustufen ist.
IV. Im Ergebnis war daher aufgrund der besonderen Umstände des konkreten Falles die Verhängung einer Strafe nicht notwendig. Die Erteilung einer Ermahnung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 VStG erscheint geboten um zu bewirken, dass der Bf beim nächsten Vignettenkauf eine Überprüfung vornimmt also in Zukunft von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abgehalten wird. Das Gericht geht davon aus, dass die Ermahnung beim Bf einen „Eindruck“ hinterlassen wird und er in Hinkunft sorgfältiger im Umgang mit Vignetten sein wird.
V. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung des Bf zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.
VI. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine
Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Felix Pohl