LVwG-600547/7/Br/CG
Linz, 24.11.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier über die Beschwerde des E D, geb. X, E, B D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 8.9.2014, VerkR96-7700-2013, hinsichtlich des Punktes 2. des Straferkenntnisses den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 iVm § 31 VwGVG als verspätet
zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit der angefochtenen Entscheidung warf die Bezirkshauptmannschaft Schärding dem Beschwerdeführer (Bf) in 3 Punkten zusammengefasst und sinngemäß vor, am 10.12.2013 um 13:55 Uhr auf der B 137 bei Strkm 60,000 (1) mit einem LKW mit über 3,5 t höchstes zulässiges Gesamtgewicht gefahren zu sein, ohne unter die Ausnahme des § 2 der Verordnung der OÖ. Landesregierung vom 21. Juni 2004, LGBl Nr 37 gefallen zu sein, (2) als Fahrer die während des laufenden und der vorausgegangenen 28 Tage erstellten handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke nicht vorgelegt zu haben, obwohl diese Unterlagen auf Verlangen dem Kontrollorgan vorzulegen seien und (3) als handelsrechtlicher Geschäftsführer der D H GesmbH nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des Fahrzeuges den Vorschriften des KFG entspreche, weil das Kontrollgerät und dessen Antriebseinrichtung zuletzt am 23.4.2010 überprüft worden war und eine Überprüfung zumindest einmal innerhalb von zwei Jahren erfolgen müsse.
Der Rückschein betreffend die Zustellung dieses Straferkenntnisses wies als Zustelldatum den 12.9.2014 und eine unleserliche Unterschrift auf. In seiner Beschwerde führte der Bf aus, er habe das behördliche Schriftstück am 17.9.2014 von seinem Sohn erhalten.
I. 2. Mit Einspruch vom 14.10.2014, per Fax eingebracht am gleichen Tag erhob der Bf Beschwerde und brachte, verweisend auf das bisherige Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren, zusammengefasst vor, er habe die kürzeste und dynamischste Strecke gewählt, was aus wirtschaftlicher Sicht notwendig sei. Er habe bei einem Transport „Bier“ lediglich € 320,-- Rohertrag, davon € 200,-- an Transportspesen. Das Geschäft lohne sich nur, wenn er selbst fahre und seinen Unternehmerlohn nicht rechne. Die wirtschaftlichste Route nach I sei nun einmal diese. Der Umweg würde nochmals 50 km mehr betragen.
Die Behauptung des Polizisten, er habe nach Aufzeichnungen gefragt, sei unrichtig. Man habe nicht mehr als 10 Worte gesprochen. Die Höhe der Strafe sei bei 12 x € 767,-- Einkommen und 2 Sorgepflichten völlig überzogen.
Er stelle daher den Antrag auf Einstellung, da er lediglich seiner Verantwortung als Geschäftsführer nachgekommen sei und niemanden geschädigt hätte. Er müsse zuletzt feststellen, dass er nun bereits beim Arbeiten bestraft werde und es somit besser sei, aufzuhören.
I. 3. Die belangte Behörde legte den Akt mit dem Antrag auf Zurückweisung wegen Verspätung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor.
I. 4. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2014 hielt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich dem Bf vor, dass seine Beschwerde nach dem Aktenstand verspätet sei, weil das Straferkenntnis laut Rückschein am 12.9.2014 zugestellt wurde und somit von einem Ende der Beschwerdefrist am 10.10.2014 auszugehen sei.
I. 5. Der Bf äußerte sich mit Schreiben vom 25.10.2014 dahingehend, dass sein Sohn das Schriftstück übernommen habe, welcher keine Postvollmacht vom Bf erhalten habe. Er habe die Post so erhalten, dass er aufgrund seiner Beschwerde in offener Frist wäre. Bescheinigungsmittel legte der Bf nicht vor. Mit ergänzendem Schreiben vom 30.10.2014 teilte der Bf mit, er sei von 11.9.2014 bis 15.9.2014 in der BRD gewesen. Er sei Eigentümer der J B in Z und lege als Beweis eine Rechnung der Fa. S vom 12.9.2014 bei, welche für seine Brauerei Bier braue. Er habe eine Wohnung in der Brauerei. Er habe die Post frühestens am 15.9. nach seiner Rückkehr übernommen. Dem Schreiben lag ein mit Lieferschein/Rechnung bezeichnetes Schreiben der Privatbrauerei S, P bei, die eine Lieferung vom 12.9.2014 betraf und einen Stempel „Bezahlt“ und den handschriftlichen Vermerk „12.9.2014“ mit einer unleserlichen Paraphe enthält.
I. 6. Mit ausführlichem Mängelbehebungsschreiben vom 29.10.2014, welches am 30.10.2014 also am Tag des Eintreffens, der unter I.5. dargestellten Ergänzung, versendet und am 3.11.2014 zugestellt wurde, forderte das Landesverwaltungsgericht den Bf unter Androhung der Säumnisfolgen auf, die vom Bf behauptete Abwesenheit von der Abgabestelle durch Angabe der Abwesenheitsdauer und des Abreise- und Rückkehrdatums glaubhaft zu machen und durch geeignete Beweismittel zu bescheinigen.
Bis zum Entscheidungszeitpunkt hat sich der Bf nicht geäussert.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, insbesondere die hg. Verfahrensanordnungen und die Eingaben des Bf. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG schon deshalb abgesehen werden, weil sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist.
III. Folgender Sachverhalt steht fest:
Die Strafverfügung wurde am 12.9.2014 nicht vom Bf selbst, sondern von seinem Sohn übernommen. Der Beschwerdeführer war am 12.9.2014 nicht an der Abgabestelle anwesend.
Die Beschwerde langte am 14.10.2014 bei der belangten Behörde ein.
Die Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses enthielt den Hinweis, dass eine allfällige Beschwerde binnen vier Wochen ab Zustellung bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding einzubringen sei.
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat wie folgt erwogen:
IV.1. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen.
§ 7 Zustellgesetz lautet:
Heilung von Zustellmängeln
Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.
§ 16 Zustellgesetz lautet:
Ersatzzustellung
Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
(2) Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die – außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt – zur Annahme bereit ist.
(3) Durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat.
(4) Die Behörde hat Personen wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Empfängers durch einen Vermerk auf dem Dokument und dem Zustellnachweis von der Ersatzzustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden.
(5) Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
IV.2. Das Gericht konnte vorliegend die Feststellung treffen, dass die erstbehördliche Strafverfügung nicht vom Beschwerdeführer selbst entgegengenommen wurde, sondern von einer anderen Person. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst und aus dem Umstand, dass sich die Unterschriften (bzw. Paraphen), die auf den Eingaben des Bf zu finden sind, deutlich von der Unterschrift auf dem Rückschein unterscheiden. Es bestand kein Grund dem Beschwerdeführer hinsichtlich der Übernahme der Post durch seinen Sohn Glauben zu schenken, als er darauf, jedoch in rechtlicher Hinsicht verfehlt, sein Vorbringen stützt.
Feststellungen, insbesondere im Hinblick auf die allfällige Abwesenheit des Bf von der Abgabestelle, konnte das Gericht mangels verwertbarer Beweisergebnisse, die sich aus vom Bf zu erbringenden Bescheinigungsmitteln ergeben hätten können, nicht treffen. Lediglich bringt der Bf in Abweichung von den Angaben in seiner Beschwerde, im Schreiben vom 30.10.2014 selbst vor, dass er am 15.9.2014 an die Abgabestelle zurückkehrte. Die einzige vom Bf übermittelte Urkunde, nämlich die Rechnung der Privatbrauerei S, vermag lediglich glaubhaft zu machen, dass sich der Bf am 12.9.2014, also am Tag der Zustellung nicht an der Abgabestelle aufgehalten hat, vermag aber in keiner Weise eine Glaubhaftmachung einer längeren Abwesenheit iSd § 16 Abs 5 ZustellG zu bescheinigen. Im äußersten Fall lässt sich mit der vorgelegten Urkunde daher eine eintägige Abwesenheit bescheinigen.
Allein aus dem Umstand der Abwesenheit während eines Tages ist noch nicht der Schluss auf das Fehlen eines "regelmäßigen Aufenthaltes" an der Abgabestelle zu ziehen. Ein "regelmäßiger Aufenthalt" liegt vielmehr vor, wenn der Empfänger, von kurzfristigen - auch periodischen - Abwesenheiten abgesehen, immer wieder an die Abgabestelle zurückkehrt. Nur wenn der Empfänger längere Zeit (etwa infolge Urlaubs) von der Abgabestelle abwesend ist, darf auch eine Ersatzzustellung an einen Ersatzempfänger nicht erfolgen (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I. Band2, E 16 und 18 zu § 16 Zustellgesetz zitierte Rechtsprechung) (VwGH 2000/04/0171).
Hinweise darauf, dass der Sohn nicht als Adressat für eine Ersatzzustellung geeignet war, haben sich nicht ergeben. Eine Postvollmacht ist nach den gesetzlichen Grundlagen nicht erforderlich. Angesichts des Umstandes, dass aufgrund der mangelnden Bescheinigung durch den Bf lediglich eine eintägige Abwesenheit durch den Bf feststellbar war, ist diese Frage aber für die Entscheidungsfindung nicht von Relevanz.
IV.3. Mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel kann das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden (Hinweis E 21.1.1988, 87/02/0197). Gleiches hat für die Frage der Unwirksamkeit der Zustellung im Wege der Ersatzzustellung gem § 16 Abs 5 ZustG zu gelten (VwGH 99/05/0197).
Alleine die Behauptung einer mehrtägigen Abwesenheit, die durch die vorgelegten Bescheinigungsmittel nicht getragen werden kann, reichen nicht hin, das Gericht von einer unwirksamen Zustellung zu überzeugen. Dies insbesondere aufgrund des Umstandes, dass es dem Bf durch Vorlage von Aufzeichnungen, die er bei Verwendung eines LKW ohnehin zu führen hätte, ein Leichtes wäre, eine Abwesenheit zu bescheinigen. Das Gericht hat den Bf ausdrücklich auf die Möglichkeit der Vorlage derartiger Unterlagen hingewiesen. Schon aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.
IV.4. Ginge man vorliegend jedoch von einer ausreichenden Bescheinigung aus, wäre nach der Judikatur des VwGH aber anzunehmen, dass ein Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nur dann nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (§ 16 Abs 1 ZustG), wenn ihm wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle am Tag der vorgenommenen Ersatzzustellung die wahrzunehmende Frist nicht mehr nahezu ungekürzt zur Verfügung stand (VwGH 88/08/0264). Ginge man nun von der zuletzt erstatteten Äußerung des Bf aus, am 15.9. an die Abgabestelle zurückgekommen zu sein, hätte die ursprünglich 29 Tage betragende Rechtsmittelfrist nunmehr noch 26 Tage betragen, sodass dem Bf annähernd 90 %, also nahezu die gesamte Frist zur Verfügung gestanden hätten, sodass mangels Eingreifen des § 16 Abs 5 ZustG dennoch von einer wirksamen Zustellung am 12.9. auszugehen wäre.
IV.5. Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass im vorliegenden Fall eine Ersatzzustellung an den Sohn des Bf unzulässig gewesen wäre, also die Zustellung als am 12.9.2014 nicht bewirkt anzusehen wäre, wäre für den Bf daraus nichts gewonnen, als der Bf selbst vorbringt die Post frühestens am 15.9. übernommen zu haben, sodass diesfalls davon auszugehen ist, dass am 15.9. eine Heilung iSd § 7 ZustG durch tatsächliches Zukommen eingetreten und der Fristlauf damit am 15.9.2014 in Gang gesetzt worden wäre (vgl. VwGH 93/08/0138). Demgemäß wäre die Rechtsmittelfrist am 13.10.2014 abgelaufen sodass auch in diesem Fall eine Einbringung der Beschwerde am 14.10.2014 verspätet gewesen wäre.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. B l e i e r