LVwG-550224/4/KÜ/KHU/IH
Linz, 27.11.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Herrn G O M, vertreten durch RA Dr. M L, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 8. Juli 2011, GZ: UR01-7-6-2011, betreffend Behandlungsauftrag gemäß § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002),
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Spruchpunkt I. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 8. Juli 2011, GZ UR01-7-6-2011 wurde dem Bf gemäß § 73 Abs. 1 Z 1 iVm § 15 Abs. 3 Z 1 und 2 AWG 2002 aufgetragen, die folgenden „beim Anwesen x, x, gelagerten Abfälle, [...] unverzüglich, längstens jedoch bis 30. Juli 2011, zu beseitigen und einem zur Sammlung oder Behandlung von Abfällen Berechtigten zu übergeben:
ca. 1.300 Stück Altreifen, Schlüssel-Nummer x ‚Altreifen und Altreifenschnitzel‘
Die Nachweise über die ordnungsgemäße Entsorgung sind der Bezirkshauptmannschaft Eferding bis spätestens 30. Juli 2011 unaufgefordert und schriftlich vorzulegen.
In Spruchpunkt II. des ggst. Bescheides wurden dem Bf Kosten (Kommissionsgebühren für durchgeführte Lokalaugenscheine) in Höhe von insgesamt € 210,-- auferlegt.
Begründend wurde zunächst auf die Niederschrift über die Ergebnisse eines Lokalaugenscheines verwiesen, die einen „ergänzenden Bestandteil der Begründung“ des ggst. Bescheides darstellt.
In rechtlicher Hinsicht führte die Behörde aus, dass jedenfalls davon auszugehen sei, dass sich die ursprünglichen Besitzer der Reifen entledigt hätten. Aus den vorgelegten Rechnungen gehe hervor, dass die Reifen zu einem Stückpreis von € 0,20 gekauft worden wären. Schon aufgrund dieses Preises sei davon auszugehen, dass die ursprünglichen Besitzer die Absicht gehabt hätten, sich der Reifen zu entledigen.
Dieser Entledigungsabsicht und damit subjektiven Abfalleigenschaft stehe auch nicht entgegen, dass für die Reifen ein Entgelt zu leisten war, da § 2 Abs. 2 AWG 2002 idgF. ausdrücklich bestimme, dass die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse auch dann erforderlich sein könne, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden könne.
Abfall in objektiver Hinsicht seien gemäß AWG 2002 Sachen, deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich sei, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen. Die objektive Abfalleigenschaft sei dann gegeben, wenn eine Behandlung im öffentlichen Interesse geboten sei, was jedenfalls dann anzunehmen sei, wenn eine Gefährdung der Gesundheit von Menschen vorliege.
Aus den Ausführungen des Amtssachverständigen für Abfalltechnik sowie dem Bundesabfallwirtschaftsplan 2011, Punkt 8.2.8.2., ergebe sich, dass Reifen jedenfalls dann Abfall darstellen würden, wenn sie in einer Art und Weise behandelt werden, die zur Annahme von Beschädigungen führe (z.B. zu dritt ineinander gesteckt = „tripliert“). Da im konkreten Fall mehrere Reifen ineinander gesteckt worden seien, werde jedenfalls davon ausgegangen, dass die Abfalleigenschaft in objektiver Hinsicht für alle triplierten Reifen erfüllt sei. Der Sachverständige habe hierzu ausgeführt, dass eine Behandlung als Abfall erforderlich sei, da bei einer späteren bestimmungsgemäßen Verwendung eine Gefährdung der Gesundheit von Menschen nicht ausgeschlossen werden könne.
Die belangte Behörde gehe auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens davon aus, dass die im Spruchteil I. angeführten Reifen, Abfall im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 darstellen. Die Abfälle seien der Schlüsselnummer x „Altreifen und Altreifenschnitzel“ gemäß dem Abfallverzeichnis entsprechend der Verordnung BGBl. II Nr. 498/2008; Stand: Inkrafttreten 31.12.2008, zuzuordnen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf mit Schriftsatz vom 21. Juli 2011 durch seinen bevollmächtigten Vertreter Berufung, in der, der Bescheid seinem gesamten Inhalt nach bekämpft und beantragt wurde, ihn aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung aufzuheben.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar die Annahme der Erstbehörde, wonach der geringe Stückpreis von € 0,20 pro Reifen auf die Entledigungsabsicht der Vorbesitzer schließen lasse, zutreffe, dass aber das Gesetz auf den subjektiven Abfallbegriff des aktuellen Besitzers abstelle und nicht jenen der Vorbesitzer. Der Bf betreibe einen Reifenexport von Reifen mit einem Mindestprofil von 2 mm nach N. Neue Autoreifen seien ebenso wie gebrauchte Reifen – vorausgesetzt, dass sie noch über ein ausreichendes Profil verfügen, was im Bescheid gar nicht in Abrede gestellt worden sei – Wirtschaftsgüter und für die Bereifung von Fahrzeugen und Nutzung im Straßenverkehr gedacht. Beide Arten von Reifen würden weltweit gehandelt und unterschieden sich im Wesen und der Verwendung nicht. Der Unterschied liege lediglich in der Haltbarkeit bzw. Abnutzungsdauer und daher auch im Preis. Die Zuordnung der ggst. Reifen als Altreifen sei somit zu Unrecht erfolgt. Es handle sich bloß um gebrauchte Reifen.
Die Behauptung, triplierte Reifen seien als Abfall zu behandeln, weil durch deren spätere Verwendung die Gefährdung der Gesundheit von Menschen nicht ausgeschlossen werden könne, sei aufgrund der bloß optischen Besichtigung ohne Reifenprüfgerät nicht begründet. Die Reifen seien lediglich verformt, aber nicht geknickt. Sollte sich im Einzelfall im Zielland herausstellen, dass ein Reifen tatsächlich beschädigt worden sei, werde er reklamiert und anderweitig verwendet. Die Annahme einer Gesundheitsgefährdung sei daher unbegründet. Hingewiesen wurde ferner darauf, dass das Triplieren der Reifen zur Verringerung des Frachtgut-Volumens erfolge.
3. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom
16. August 2011, GZ UR-2011-36528/16-Le/Fb, wurde der Berufung teilweise stattgegeben und der Behandlungsauftrag hinsichtlich der ca. 500 einzeln gelagerten Reifen aufgehoben bzw. hinsichtlich der weiteren ca. 800 (triplierten) Reifen insofern abgeändert, als die Frist zur Erfüllung des behördlichen Auftrags verlängert wurde.
Begründend führte die Behörde hinsichtlich des subjektiven Abfallbegriffes zunächst aus, dass dieser enden würde, wenn der folgende (nunmehrige) Besitzer der Gegenstände diese wieder einer bestimmungsgemäßen Verwendung zuführen wolle. Die subjektive Abfalleigenschaft könne daher durch einen nachfolgenden Besitzer enden, was der subjektiven Willensdisposition des jeweiligen Besitzers entspreche. Wenn sich ein Vorbesitzer der Reifen entledigt habe, ein anderer diese aber wiederum als Reifen verwenden wolle und sie zu diesem Zweck an sich genommen habe, habe die subjektive Abfalleigenschaft wieder geendet.
Zum objektiven Abfallbegriff führte die Behörde aus, dass triplierte Reifen möglicherweise innere Beschädigungen hätten, die von außen nicht erkennbar seien und bei der nachfolgenden Verwendung als Reifen zu Unfällen führen könnten. Ihre Behandlung als Abfall sei daher erforderlich. Ergänzend wurde auf Bestimmungen des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes hingewiesen.
Zusammenfassend führte die Behörde aus, dass es sich damit bei triplierten Reifen um Abfall handle, was in den Ausführungen des versierten Amtssachverständigen sowie den von der Erstbehörde angefertigten Fotos ausreichend dokumentiert worden sei.
Hinsichtlich der einzelnen Reifen (ca. 500 Stück) liege hingegen kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die Reifen Abfälle darstellen würden. Sie seien ordnungsgemäß geschlichtet, würden in einer Lagerhalle aufbewahrt und es seien keine nennenswerten Mängel festgestellt worden. Da weder eine Entledigungsabsicht des Berufungswerbers noch eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen erkennbar sei, sei der Behandlungsauftrag in diesem Umfang aufzuheben und auf die triplierten Reifen einzuschränken gewesen.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
5. Mit Erkenntnis vom 20. März 2014, Zl. 2011/07/0227-6 hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus:
„Der LH vertritt offensichtlich - wie sich aus der oben dargestellten Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt - die Auffassung, dass die gegenständlichen triplierten Reifen Abfall im objektiven Sinn (§ 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002) und nicht (auch) Abfall im subjektiven Sinn (§ 2 Abs. 1 Z 1 leg. cit.) darstellten.
Die Beschwerde wendet sich gegen diese Beurteilung und bringt vor, dass es sich bei den gegenständlichen Reifen nicht um Altreifen, sondern (lediglich) um gebrauchte Reifen, die über eine ausreichende Profiltiefe verfügten und keine Beschädigungen aufwiesen, handle. Neue Autoreifen seien ebenso wie gebrauchte Reifen mit ausreichendem Profil Wirtschaftsgüter, die sich lediglich in der Haltbarkeitsdauer und im Preis voneinander unterschieden. Die modernen Reifenpackmethoden gewährleisteten heutzutage die beschädigungsfreie Triplierung von Gebrauchtreifen. Die Voraussetzung des Vorliegens öffentlicher Interessen für den Auftrag, einen Händler solcher Waren zur Entsorgung zu verpflichten, liege nicht vor, und es werde durch den Export der Reifen nach L (N) weder ein österreichisches noch ein ausländisches öffentliches Interesse beeinträchtigt.
Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend.
[...]
Bei der Bezeichnung der Rechtsgrundlagen im angefochtenen Bescheid wurde vom LH nicht präzisiert, welcher der in § 73 Abs. 1 AWG 2002 normierten Tatbestände von ihm als verwirklicht beurteilt worden ist. Im erstinstanzlichen Bescheid der BH, deren rechtliche Beurteilung vom LH in Bezug auf die gegenständlichen 800 Reifen gebilligt wurde, ist als Rechtsgrundlage § 73 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 iVm § 15 Abs. 3 Z 1 und 2 leg. cit. und der Abfallverzeichnisverordnung angeführt sowie in Bezug auf das Vorliegen der objektiven Abfalleigenschaft dieser Reifen - ebenso wie im nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid - die Ansicht vertreten worden, dass bei einer späteren bestimmungsgemäßen Verwendung der triplierten Reifen - auf Grund von möglichen inneren, von außen nicht erkennbaren Beschädigungen - eine Gefährdung der Gesundheit von Menschen nicht ausgeschlossen werden könne. Daraus folgerte der LH im angefochtenen Bescheid, dass wegen dieser Unfallgefahr bei einer Verwendung der Reifen deren Behandlung als Abfall erforderlich sei.
Mit dieser Beurteilung erachtete der LH offensichtlich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 ("... wenn die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist ...") sowie von den im Katalog des § 1 Abs. 3 leg. cit. genannten Schutzgütern den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Z 1 erster Fall leg. cit. (Gefährdung der Gesundheit der Menschen) für erfüllt. Eine allfällige Ungeeignetheit des gegenwärtigen Lagerungsortes in A oder eine mit dieser Lagerung verbundene Gefährdung von im Katalog des § 1 Abs. 3 AWG 2002 angeführten Schutzgütern wird hingegen in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ins Treffen geführt.
Dass im Sinn des § 73 Abs. 1 leg. cit. der Gefahr einer weiteren Verwendung der triplierten Reifen in Österreich oder im Ausland nur durch deren Entsorgung begegnet werden kann, wurde vom LH im angefochtenen Bescheid nicht weiter begründet und ist auch nicht ohne weiteres ersichtlich. Die bloße Möglichkeit, dass auf Grund eines künftig hinzutretenden, gesonderten Willensentschlusses des Beschwerdeführers oder einer anderen Person diese Reifen entgegen straßenverkehrs- oder kraftfahrzeugrechtlichen Bestimmungen verwendet werden könnten, bietet allein jedoch keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass mit den gegenständlichen, in A gelagerten Reifen eine Gefährdung des öffentlichen Interesses im Sinn des § 1 Abs. 3 Z 1 (erster Fall) AWG 2002 verbunden und deshalb gemäß § 73 Abs. 1 Z 2 leg. cit. deren Entsorgung geboten ist.
Dies hat der LH verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen eingehen zu müssen - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.“
6. Das ggst. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs langte beim Landesverwaltungsgericht Oö. am 14. April 2014 ein. Da der Berufungsbescheid des Landeshauptmannes durch den Verwaltungsgerichthof aufgehoben wurde, erweist sich die Berufung des Bf vom 21. Juli 2011 als (wieder) unerledigt. Mit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 trat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich an die Stelle des Landeshauptmannes von Oberösterreich. Berufungen gelten gemäß § 3 VwGbK-ÜG (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz) als rechtzeitig erhobene Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat gemäß § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.
7. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Da sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt schon aus der Aktenlage ergab, eine weitere Klärung der Sachlage durch eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht zu erwarten war und darüber hinaus schon auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Bescheid aufzuheben war, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen. Im Übrigen wurde ein solche auch nicht beantragt.
II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungserheblichen Sachverhalt aus:
Am 23.5. und 7.7.2011 konnten Vertreter der belangten Behörde bei einer Kontrolle des Gebäudes x, x feststellen, dass vom Bf dort ca. 1.300 Stück gebrauchte Reifen gelagert wurden. Beim Gebäude handelt es sich um ein landwirtschaftliches Nebengebäude, welches einen eigenen Brandabschnitt bildet von mindestens 5 m vom Nachbargebäude entfernt ist. Ca. 500 Stück Reifen wurden einzeln gestapelt, ca. 800 Stück Reifen wurden tripliert (zu dritt ineinander gesteckt) aufbewahrt. Die Kontrollorgane führten eine stichprobenartige Kontrolle der Reifen auf eventuelle Beschädigungen durch, konnten aber keine nennenswerten Mängel feststellen.
Der Bf hatte die gelagerten Reifen zu einem Stückpreis von € 0,20 bei einem „Handels- und Entsorgungsunternehmen“ als gebraucht bzw. sortiert gekauft, wobei auf der Rechnung die Mindestprofiltiefe von 2 mm explizit ausgewiesen war. Der Bf beabsichtigte die Reifen nach N zu transportieren und dort weiterzuverkaufen.
2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Verwaltungsakt, insbes. aus den darin enthaltenen Niederschriften inkl. Fotodokumentationen über die durchgeführten Lokalaugenscheine.
III. Rechtslage:
Gemäß § 1 Abs. 3 AWG 2002 ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich, wenn andernfalls
1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,
2. Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,
3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,
4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,
5. Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
6. Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,
7. das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,
8. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder
9. Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.
Abfälle iSd AWG 2002 sind gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. bewegliche Sachen,
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3 AWG 2002) nicht zu beeinträchtigen.
Gemäß § 2 Abs. 3 AWG 2002 ist eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne des AWG jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse erforderlich, solange
1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2. sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für bestimmungsgemäßen Verwendung steht.
Gemäß § 5 Abs. 1 letzter Satz AWG 2002 ist im Falle einer Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne von § 2 Abs. 5 Z 6 das Ende der Abfalleigenschaft mit dem Abschluss dieses Verwertungsverfahrens erreicht. Die „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ stellt gemäß § 2 Abs. 5 Z 6 AWG 2002 jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Produkte sowie Bestandteile von Produkten, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wiederverwendet werden können.
Gemäß § 15 Abs. 1 AWG 2002 sind bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen
1. die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten und
2. Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.
Gemäß § 15 Abs. 3 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von
1. hiefür genehmigten Anlagen oder
2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten
nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.
Gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen, wenn
1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder
2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist.
Gemäß § 77 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) können für Amtshandlungen der Behörden außerhalb des Amtes Kommissionsgebühren eingehoben werden. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung dieser Gebühren ist § 76 sinngemäß anzuwenden.
§ 76 AVG lautet wie folgt:
„(1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.
(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.“
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
1. Im Sinne des § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind bewegliche Sachen als Abfälle einzustufen, wenn entweder der subjektive (Z 1) oder der objektive (Z 2) Abfallbegriff erfüllt ist.
Eine Sache ist gem. § 2 Abs. 1 Z 1 dann Abfall im subjektiven Sinn, wenn sich der Besitzer der Sache entledigen will oder entledigt hat. Dabei reicht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, dass bei irgendeinem Vorbesitzer die Entledigungsabsicht bestanden hat (vgl. etwa nur VwGH 27.06.2013, Zl. 2013/07/0041 mwN; VwGH 15.09.2011, Zl. 2009/07/0154 mwN). Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Reifen deshalb Abfall darstellen würden, weil sich ihre Vorbesitzer ihrer entledigt hätten, was sich schon aus dem geringen Preis von lediglich € 0,20 pro Reifen ergebe.
Unabhängig davon, ob sich diese Überlegung als zutreffend erweist, ist im konkreten Fall die Bestimmung des § 5 Abs. 1 AWG 2002 betreffend das Abfallende einschlägig: Demnach ist im Falle einer Vorbereitung zur Wiederverwendung das Ende der Abfalleigenschaft mit dem Abschluss dieses Verwertungsverfahrens erreicht. Die Vorbereitung zur Verwendung wird in § 2 Abs. 5 Z 6 leg. cit. definiert als jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Produkte sowie Bestandteile von Produkten, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wiederverwendet werden können.
In den Gesetzesmaterialien (ErlRV 1005 BlgNR 24. GP 12 f) heißt es hierzu: „Die Vorbereitung zur Wiederverwendung von Produkten, die zu Abfall geworden sind, umfasst drei Maßnahmen: die Prüfung (der Funktionsfähigkeit), die Reinigung und die Reparatur (das Austauschen von defekten oder verschlissenen Teilen gegen Neuteile oder die Wiederinstandsetzung und anschließende Wiederverwendung). Weitere Maßnahmen sind davon nicht umfasst bzw. dürfen nicht erforderlich sein, damit eine Wiederverwendung erfolgen kann. Mit Abschluss dieser Maßnahmen liegt auch das Abfallende vor (siehe auch Erläuterung zu § 5 Abs. 1).“
Im konkreten Fall hat der Bf sortierte Reifen mit einem Mindestprofil von 2 mm gekauft und gibt es keinerlei Hinweise dafür, dass diese beim Kauf defekt gewesen wären. Dies würde auch der klaren Intention des Bf widersprechen, diese nach N zu exportieren, wo sie einer bestimmungsgemäßen Verwendung zugeführt werden sollten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass vor dem Kauf der Reifen eine Vorsortierung und damit zumindest eine optische Kontrolle auf ihre Gebrauchsfähigkeit durchgeführt wurde, wurden doch ausschließlich „gebrauchte“ Reifen – nicht hingegen „Altreifen“, die begrifflich auf eine Abfalleigenschaft hinweisen würden – mit einer bestimmten Mindestprofiltiefe erworben. Die ggst. Reifen befanden sich daher in einem solchen Zustand, der eine Verwendung auch in Österreich zugelassen hätte.
Eine besondere Reinigung von Reifen ist nach der allgemeinen Verkehrsauffassung hingegen nicht erforderlich, hat dieser doch keinerlei Einfluss auf die Brauchbarkeit oder Qualität. Zudem erübrigt sich bei funktionsfähigen Gegenständen das Erfordernis einer Reparatur. Damit ist im Ergebnis bereits beim Vorbesitzer durch die Prüfung und Sortierung das Ende der Abfalleigenschaft gemäß § 5 Abs. 1 AWG 2002 eingetreten.
Unstrittig ist auch, dass der Bf mit den Reifen Handel treiben wollte, was bedeutet, dass er sich nicht iS von § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 der Reifen „entledigen“ wollte. Von einer Entledigung ist nämlich nur dann zu sprechen, wenn die Weitergabe der Sache in erster Linie darauf abzielt, diese loszuwerden, und somit darin das überwiegende Motiv für die Weitergabe bzw. Weggabe der Sache gelegen ist (VwGH vom 27.06.2013, Zl. 2010/07/0110 mwN). Festzuhalten ist damit, dass der subjektive Abfallbegriff hinsichtlich der ggst. Reifen nicht erfüllt ist.
Sohin bleibt zu überprüfen, ob die ggst. Reifen den objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 erfüllen. Die Behörde hat sich dabei offenbar auf das öffentliche Interesse des § 1 Abs. 3 Z 1 erster Fall AWG 2002 (Gefährdung der Gesundheit der Menschen) gestützt, weil dieses durch die Verwendung defekter Reifen gefährdet werden könnten.
Dem ist in Anlehnung an die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zu entgegnen, dass nicht ersichtlich ist, dass im Sinn des § 73 Abs. 1 leg. cit. der Gefahr einer Verwendung dieser Gegenstände in Österreich nur durch deren Entsorgung begegnet werden kann. Die bloße Möglichkeit, dass auf Grund eines künftig hinzutretenden, gesonderten Willensentschlusses des Bf oder einer anderen Person diese Gegenstände verwendet werden könnten, bietet allein keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass mit den Gegenständen eine Gefährdung des öffentlichen Interesses im Sinn des § 1 Abs. 3 Z 1 (erster Fall) AWG 2002 verbunden und deshalb gemäß § 73 Abs. 1 Z 2 leg. cit. deren Entsorgung geboten ist (VwGH 20.03.2014, Zl. 2011/07/0227)
Aufgrund der Art und Weise der Lagerung der Reifen in einem landwirtschaftlichen Nebengebäude, welches einen eigenen Brandabschnitt bildet, ist eine Beeinträchtigung der sonstigen in § 1 Abs. 3 AWG 2002 genannten öffentlichen Interessen nicht erkennbar, was im Ergebnis zur Feststellung führt, dass die gelagerten Reifen auch den objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 nicht erfüllen.
Dem Bf ist deshalb darin zuzustimmen, dass die ggst. Reifen keinen Abfall im Sinne des AWG 2002 darstellen, weshalb ein Behandlungsauftrag gemäß § 73 AWG 2002 nicht rechtskonform erteilt werden konnte. Insgesamt war somit der Beschwerde Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung der belangten Behörde zu beheben.
2. Für Amtshandlungen der Behörde außerhalb des Amtes können gemäß § 77 Abs. 1 AVG Kommissionsgebühren eingehoben werden, für deren Entrichtung die Bestimmung des § 76 AVG sinngemäß anwendbar ist. Mangels eines verfahrenseinleitenden Antrags des Bf kommt eine Kostentragung durch den Bf nur dann in Betracht, wenn diesem ein Verschulden zur Last gelegt werden kann (§ 76 Abs. 2 AVG), welches etwa beim Herstellen eines konsenslosen Zustandes anzunehmen ist (vgl etwa VwGH 24.02.2004, Zl. 2002/05/0658). Aufgrund der obigen Feststellung ist ein rechtswidriges Handeln des Bf jedoch nicht zu erblicken und erweist sich damit auch die in Spruchpunkt II. erfolgte Auferlegung von Kosten als nicht berechtigt.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger