LVwG-300487/7/KLi/PP

Linz, 27.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Karin Lidauer über die Beschwerde vom 7. Oktober 2014 des Ing. H
F, geboren x, x, x, vertreten durch Mag. W K, Rechtsanwalt, x, x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom
8. Juli 2014, GZ: SV96-32-2014/Bd/Dm wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG)

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf jeweils 30 Stunden, insgesamt daher 150 Stunden, herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

 

II.       Gemäß § 52 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 8. Juli 2014, GZ: SV96-28-2014-Bd/Dm wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von jeweils
730 Euro, insgesamt daher 3.650 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 112 Stunden verhängt; ferner wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungs­strafverfahrens in Höhe von je 73 Euro, insgesamt daher 365 Euro zu leisten.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben als Verantwortlicher (unbeschränkt haftender Gesellschafter) der Firma H G OG in X, x, zu verant­worten, dass die genannte Firma als Dienstgeberin nachstehende Personen, bei welchen es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflicht­versicherte Personen handelt, in der Zeit vom 01.01.2014 bzw. 24.03.2014 bis zum 29.03.2014 (Zeitpunkt der Kontrolle) beschäftigt hat. obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Pflichtver­sicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, die Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzu­melden und es wurde die Meldung nicht erstattet.

 

1.) Name: D C, geb. x

Arbeitsantritt: 01.01.2014

Beschäftigungsort: X, x

Tatort: Gemeinde E. X

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: 01.01.2014 - 29.03.2014

 

2.) Name: I J, geb. x

Arbeitsantritt: 24.03.2014

Beschäftigungsort: X, x

Tatort: Gemeinde E. X

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: 24.03.2014 - 29.03.2014

 

3.) Name: A M, geb. x

Arbeitsantritt: 24.03.2014

Beschäftigungsort: X, x

Tatort: Gemeinde E, X

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: 24.03,2014 - 29.03.2014

 

4.) Name: D M, geb. x

Arbeitsantritt: 24.03.2014

Beschäftigungsort: X, x

Tatort: Gemeinde E X

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: 24.03.2014 - 29.03.2014

 

5.) Name: S S geb. x

Arbeitsantritt: 24.03.2014

Beschäftigungsort: X. x

Tatort: Gemeinde E X

Kontrollzeit: 29.03.2014. 09:15 Uhr

Tatzeitraum: 24.03.2014 - 29.03.2014“

 

 

I.2. Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 7. Oktober 2014:

 

Der Beschuldigte sei gemeinsam mit A C und O C Gesellschafter der Firma H G OG. Diese habe mit Mietvertrag in x, X, die „K-M“ angemietet, bei welcher es sich um ein Gastlokal handle. Nachdem dieses im September 2013 vom Vorpächter geschlossen worden sei, beschloss die H G OG, dieses Objekt im Sommer 2014 wieder zu eröffnen. Tatsächlich sei am 10. Juni 2014 die Wiedereröffnung erfolgt, die Entgeltsverpflichtung zur Zahlung der Miete habe am 1. August 2014 begonnen.

 

Nachdem es sich um ein voll eingerichtetes Gastlokal gehandelt habe, seien lediglich geringfügige Adaptierungsarbeiten erforderlich gewesen. Vom Beschwerdeführer, Baumeister Ing. H F, seien diesbezüglich entsprechende Konzepte erstellt worden. Es sei von vornherein klar gewesen, dass die entsprechenden Adaptierungsarbeiten von Professionisten durchgeführt werden sollten. Tatsächlich seien in der Folge Professionisten beauftragt worden.

 

Der Zeuge D C (Sohn des Mitbeschuldigten A C und Cousin des Mitbeschuldigten O C) habe sich aus freien Stücken bereit erklärt, diese Tätigkeiten durchzuführen. Er habe keinem der drei Gesellschafter (und Beschuldigten) mitgeteilt, wann, wie und mit welcher Person er diese Tätigkeiten vornehmen würde. Der Zeuge habe eigenmächtig und ohne einen Gesellschafter davon zu verständigen, die vier Personen gebeten, ihm diesbezüglich zu helfen. Keiner der drei Gesellschafter habe eine wie immer geartete Möglichkeit gehabt, die Tätigkeiten der vier Personen zu unterbinden, da man davon keine Kenntnis gehabt habe, dass der Zeuge eigenmächtig dies durchführen würde. Selbstver­ständlich wäre, hätte der Beschuldigte bzw. einer der zwei Mitgesellschafter davon Kenntnis gehabt, dem Zeugen dies untersagt worden.

 

Man hätte schließlich örtliche Professionisten beauftragt und diese selbstver­ständlich angemeldet bzw. im Zuge eines Werkvertrages beauftragt. Der Zeuge sei von den Gesellschaftern zur Rede gestellt worden, wobei er mitgeteilt habe, dass kein Entgelt vereinbart worden sei und diese Personen ihm geholfen hätten und klassisch im Rahmen der „Nachbarschaftshilfe“ tätig gewesen seien.

 

Gegenständlich würde die subjektive Tatseite nicht verwirklicht sein. Der Zeuge D C sei der Sohn von A C und der Cousin von O C. Er habe sich mündlich bereit erklärt, Lüftungsteile aus der „K-M“ in das benachbarte Anwesen zu bringen. Wann, wie und mit wem sei nicht vereinbart worden. Aufgrund dessen habe er einen Schlüssel gehabt und habe in das Objekt hinein gekonnt. Alle drei Gesellschafter hätten noch andere Zivilberufe. So sei Baumeister Ing. H F als Baumeister und Immobilienentwickler tätig, A C sei Gastronom im H M, O C sei Gastwirt. Alle drei Gesellschafter seien damals sehr selten nach E in die „K-M“ gekommen; vor allem seien sie nicht täglich anwesend gewesen.

 

Dass D C eigenmächtig Leute organisieren würde, welche ihm helfen sollten, sei dem Beschwerdeführer nicht bekannt gewesen. Der Zeuge habe dies eigenmächtig vorgenommen. Der Gesellschafter Ing. H F sei im Baugewerbe tätig. Aufgrund seiner Kontakte zu Baufirmen und unter Einbindung seiner fachlichen Qualifikation hätten Werkverträge mit in Österreich tätigen Professionisten abgeschlossen werden können. Insofern widerspreche es jeglicher Logik, dass der Beschwerdeführer vier Personen aus Bosnien, welche der deutschen Sprache nicht mächtig seien, für derartige Tätigkeiten organisieren würde. Mangels Kenntnis sowie mangels wie immer gearteter Verhinderungsmöglichkeiten wäre die subjektive Tatseite nicht verwirklicht.

 

Darüber hinaus seien die Personen von D C persönlich engagiert worden, dies ohne Wissen und Willen der H G GmbH. Insofern hätte ein allfälliges Verwaltungsstrafverfahren gegen D C geführt werden müssen, zumal dieser die Personen engagiert hatte.

 

Ferner werde die Beschwerde auch gegen die Strafhöhe erhoben. Der Beschwer­deführer sei unbescholten und es würden die Milderungsgründe überwiegen. Es würden außerordentliche Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG vorliegen, sodass die Geldstrafe bis zur Hälfte der Mindeststrafe reduziert werden könne. Dies werde für den Fall, dass das Landesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass der Beschwerdeführer die vorgeworfene Verwaltungs­übertretung begangen habe, beantragt.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. O C, A C und Ing. H F (der Beschwerde­führer) sind Gesellschafter der H G OG. Bei O C handelt es sich um den Neffen von A C. Bei Ing. H F handelt es sich um einen gemeinsamen Bekannten.

 

Die H G OG betreibt in x, X ein Gast­lokal in der „K-M“. Dieses Objekt wurde von der H G OG angemietet. Die Vorpächter hatten das Gastlokal im September 2013 geschlos­sen. Die Gesellschafter der H G OG wollten dieses Lokal wiedereröffnen und ab dem Sommer 2014 betreiben. Tatsächlich erfolgte am 10. Juni 2014 die Eröffnung; mit 1. August 2014 begann die Entgeltsverpflichtung zur Zahlung der Miete.

 

 

II.2. In der „K-M“ wollte die H G OG Migrantenhochzeiten veranstalten. Hiefür waren Adaptierungsarbeiten notwendig. Nachdem es sich bei der „K-M“ um ein voll eingerichtetes Gastlokal handelte, waren keine Bautätigkeiten notwendig. Die Adaptierungsarbeiten sollten (ursprünglich) von örtlichen Professionisten durchgeführt werden.

 

 

II.3. Zunächst wurde für die Durchführung von Installationsarbeiten ein profes­sionelles Unternehmen beauftragt. Vor Durchführung der Arbeiten wurde eine Anzahlung geleistet. Das beauftragte Unternehmen wurde jedoch in der Folge insolvent oder war bereits zum Zeitpunkt der Auftragserteilung zahlungsunfähig. Jedenfalls wurden von diesem Unternehmen sodann keine Arbeiten durchgeführt; auch die Anzahlung konnte nicht mehr zurückgefordert werden. In weiterer Folge wurde ein anderes Unternehmen (Air-Work) mit der Fertig­stellung der Lüftungsanlage beauftragt. Auch die Installation der Armaturen, Küchenanlagen etc. wurden von Professionisten durchgeführt und entsprechende Rechnungen beglichen. Die finanziellen Mittel der H G OG waren daraufhin erschöpft, was auch damit in Zusammenhang stand, dass zunächst Unternehmen beauftragt wurden, welche keine Leistungen erbrachten; so das oben genannte Lüftungsunternehmen und auch eine Firma welche Rigips-Arbeiten durchführen sollte.

 

 

II.4. Seitens der Gesellschafter wurde deshalb beschlossen, weitergehende Arbeiten selbst durchzuführen. Bei diesen Arbeiten handelte es sich um das Verbringen überflüssiger Lüftungsrohre in eine andere Räumlichkeit, das Streichen des Dachstuhles sowie Arbeiten im Außenbereich (Zurückschneiden von Bäumen, Rasenmähen etc.).

Der Zeuge D C ist der Sohn von A C und der Cousin von O C. Er bot an, diese Arbeiten durchzuführen.

 

 

II.5. Darüber hinaus wollte ursprünglich der Zeuge D C mit O C und Ing. H F die H G OG führen und Migrantenhochzeiten veranstalten. Aufgrund einer über den Zeugen verhängten Haftstrafe, deren Haftantritt bevorstand, beteiligte sich an seiner Stelle dessen Vater, A C, an dem genannten Projekt.

 

A C hatte allerdings kein Interesse an einer derartigen Unter­nehmensgründung. Er wollte deshalb nur „pro forma“ im Gesellschaftsvertrag zur Verfügung stehen und sich für das Projekt selbst nicht engagieren. Dem­gegenüber war es für den Beschwerdeführer wesentlich, dass sich A C am gegenständlichen Projekt beteiligte. Ohne dessen Beteili­gung hätte er sich in das gegenständliche Projekt nicht involviert.

 

Der Zeuge D C engagierte daraufhin für die Adaptierungsarbeiten (Verbringen der Lüftungsrohre, Streichen des Dachstuhles, Gartenarbeiten, etc.) die vier im Straferkenntnis genannten Personen. Diese Personen übernachteten im Einvernehmen mit dem Zeugen in der „K-M“. Ein Entgelt wurde nicht vereinbart, allerdings wurden den Zeugen Kost und Logis gewährt. Die Zeugen sind der deutschen Sprache wenig bis gar nicht mächtig.

 

 

II.6. Der Zeuge D C informierte die Gesellschafter der H G OG nicht davon, dass er die vier bosnischen Personen für Adaptierungsarbeiten engagiert hatte. Ein Kontrollsystem darüber, welche Personen in der „K-M“ Adaptierungsarbeiten vornehmen, wurde von den Gesellschaftern der H G OG nicht eingerichtet.

 

Der Gesellschafter A C interessierte sich ohnedies nicht für dieses Projekt und wollte nur formal im Gesellschaftsvertrag auftreten. Er kümmerte sich des­halb nicht um die vorzunehmenden Arbeiten und kontrollierte auch nicht deren Fortgang in der „K-M“.

 

Der Beschwerdeführer war aufgrund seiner Tätigkeit als Baumeister im Zeitraum der Umbauarbeiten selbst in mehrere Projekte (Eröffnung von Discount-Märkten) involviert, sodass er aus Zeitmangel ebenfalls keine Kontrollen in der „K-M“ vornahm.

 

Der Mitbeschuldigte O C arbeitete teilweise gemeinsam mit dem Zeugen D C an der Adaptierung.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Feststellungen zur H G OG sowie zu den Gesellschafter­verhältnissen und Beteiligungen ergeben sich aus dem im Behördenakt befind­lichen Firmenbuchauszug. Ferner wurde der Gesellschaftsvertrag dem Akt beige­schlossen. Auch der Unternehmensgegenstand geht daraus hervor.

 

III.2. Der geplante Gastronomiebetrieb sowie die Durchführung von Migranten­hochzeiten und die damit im Zusammenhang stehenden Adaptierungsarbeiten gehen aus den übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers, des O C und des A C hervor. Der Zeuge D C schilderte das geplante Projekt ebenfalls in Übereinstimmung damit. Auch die notwendigen Adaptie­rungsarbeiten und die von D C bzw. den im Straferkenntnis genannten Personen – Verbringung von Lüftungsrohren, Streichen den Dachstuhles, Garten­arbeiten, etc. – ergeben sich aus den Aussagen der einvernommen Personen. Dass derartige Arbeiten durchzuführen waren und die vier Personen damit befasst waren, wurde auch von niemandem bestritten und vollumfänglich zugestanden.

 

 

III.3. Dass grundsätzlich Professionisten mit der Durchführung der erforderlichen Arbeiten beauftragt werden sollten und das Lüftungsunternehmen „Air-Work“ die Installation der Anlage vornahm, geht aus der Aussage des Beschwerdeführers und den mit der Beschwerde vorgelegten Rechnungen hervor. Darüber hinaus waren nach Abschluss dieser Installationsarbeiten aber noch weitere Tätigkeiten – nämlich das Verbringen überflüssiger Lüftungsrohre – durchzuführen. Diese Arbeiten wurden nicht von Professionisten sondern vom Zeugen D C und den im Straferkenntnis genannten Personen durchgeführt.

 

 

III.4. Die durchzuführenden Arbeiten auf der Baustelle wurden sowohl vom Beschwerdeführer als auch vom Zeugen D C übereinstimmend geschildert. Auch in der Einvernahme gegenüber der Finanzpolizei wurden diese Tätigkeiten entsprechend beschrieben.

 

Für die Erhebungsorgane der Finanzpolizei ergab sich im Zuge der Baustellen­kontrolle der Eindruck, dass der Zeuge D C ein Mitarbeiter der H G OG sei. Er erweckte den Eindruck ein leitender Angestellter zu sein, welcher die weiteren Mitarbeiter (nämlich die im Straferkenntnis genannten Personen) zu beaufsichtigen hatte und diesen Anweisungen erteilte. Die schlechten Deutschkenntnisse der bosnischen Arbeiter ergaben sich im Zuge der Kontrolle und füllten diese Formulare in ihrer Muttersprache aus. Darüber hinaus machte auch der Zeuge D C im Rahmen der Kontrolle Angaben gegen­über der Finanzpolizei.

 

Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Zeuge waren im Zeitpunkt der Kontrolle zunächst auf der Baustelle nicht anwesend. Über Anruf eines der vier bosnischen Arbeiter begaben sich der Zeuge und O C zur „K-M“. D C gab gegenüber der Finanzpolizei an, mit gegenständlicher Angelegenheit befasst zu sein und Angaben machen zu können. Daraus entstand sodann der Eindruck, dass D C der verantwortliche Mitarbeiter der H G OG sei.

 

 

III.5. Dass ein Kontrollsystem zur Überprüfung der Tätigkeiten in der „K-M“ nicht eingerichtet war, geht aus den übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers, des A C und des O C hervor.

 

A C gab sogar an, sich für das gegenständliche Projekt gar nicht interessiert zu haben und lediglich pro forma im Gesellschaftsvertrag aufzu­scheinen. Insofern habe er sich um die Umsetzung dieses Projektes nicht gekümmert.

 

Der Beschwerdeführer gab ferner an, aufgrund zeitintensiver eigener Projekte (der Eröffnung von Discount-Märkten) keine zeitlichen Kapazitäten für eine Kontrolle des Projektes „K-M“ gehabt zu haben. Auch er habe deshalb den Fortgang der Adaptierungsarbeiten bzw. die Durchführung der Tätigkeiten durch den Zeugen D C nicht kontrolliert. Darüber hinaus habe es sich um den Sohn des Mitgesellschafters A C gehandelt. Nachdem es für den Beschwerdeführer wichtig gewesen sei, dass A C an diesem Projekt beteiligt gewesen sei, habe er auf die ordnungsgemäße Durchführung der Adaptierungsarbeiten vertraut.

 

O C gab zwar an, zum Teil gemeinsam mit dem Zeugen D C Adaptierungsarbeiten durchgeführt zu haben, behauptete aber auch, von der Beschäftigung der vier bosnischen Arbeiter nichts gewusst zu haben. Anderer­seits ergab sich wiederum, dass er und der Zeuge D C gemeinsam in der „K-M“ übernachteten.

 

Dass O C tatsächlich nichts von der Beauftragung der bosnischen Arbeiter gewusst haben will, ist insofern nicht glaubwürdig. Vielmehr wird diese Aussage als Schutzbehauptung qualifiziert. Selbst dann, wenn O C tat­sächlich nichts von diesem Engagement gewusst haben sollte, wäre er ver­pflichtet gewesen, die Tätigkeiten seines Cousins entsprechend zu überprüfen. Ebenso wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, entsprechende Kontrollen durchzuführen.

 

III.6. Vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat am
20. Oktober 2014 in den Beschwerdeverfahren des O C (GZ:
LVwG-300447-2014 und LVwG-300448) sowie des A C (LVwG-300450 und LVwG-300451-2014) eine öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden. In dieser Verhandlung wurden der Beschwerdeführer, die Mitbeschuldigten O C und A C sowie der Zeuge D C und zwei Kontrollorgane der Finanzpolizei umfassend vernommen.

 

Sowohl der Beschwerdeführer (Schreiben vom 19. November 2014), die belangte Behörde (Schreiben vom 13. November 2014) als auch das Finanzamt/Finanz­polizei (Schreiben vom 14. November 2014) verzichteten daraufhin auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung und erklärten sich mit der Verwertung der Beweisergebnisse aus der Verhandlung am 20. Oktober 2014 einverstanden.

 

Nachdem sämtliche Parteien auf eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung verzichtet haben, konnte eine solche unterbleiben (§ 44 Abs. 5 VwGVG) und die Entscheidung anhand der vorliegenden Beweisergebnisse getroffen werden.

 

 

IV. Rechtslage:

 

IV.1. Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unab­hängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommen­steuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig  sind,  soweit  es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit.a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit.c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

 

IV.2. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflicht­versicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensions­versicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten ist.

 

 

IV.3. Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundes­gesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

 

IV.4. Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder 2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete oder Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeut­sam sind, einsehen lässt. Gemäß § 111 Abs. 2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wieder­holungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

 

IV.5. Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Gemäß Abs. 2 leg.cit. können durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden. Ferner ist gemäß Abs. 3 leg.cit. ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen recht­lichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre. Nach Abs. 4 leg.cit. sind Schein­geschäfte und andere Scheinhandlungen für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend. Gemäß Abs. 5 leg.cit. gelten die Grundsätze, nach denen (1.) die wirtschaftliche Betrachtungsweise, (2.) Scheingeschäfte, Form­mängel und Anfechtbarkeit sowie (3.) die Zurechnung nach den §§ 21 und 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechts und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Zum Verschulden:

 

V.1.1. Typische Merkmale wirtschaftlicher Abhängigkeit (Unselbstständigkeit) sind:

1.     die Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten, sondern in einem Betrieb des Unternehmers;

2.     eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit;

3.     die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung;

4.     Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit, „stille“ Autorität);

5.     die Berichterstattungspflicht;

6.     die Arbeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmers;

7.     das Ausüben der Tätigkeit für einen oder eine geringe Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer;

8.     die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in Bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot);

9.     die Entgeltlichkeit und

10. die Frage, wem die Arbeitsleistung zu Gute kommt.

(VwGH 18.10.2000, 99/09/0011)

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht ent­scheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art „beweglichem System“, indem das unterschiedliche Gewicht beim einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales des durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (VwGH 22.02.2006, 2002/09/0187).

 

 

V.1.2. Aufgrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass in Zusammenschau aller Merkmale von einem Dienstverhältnis zwischen der H G OG und den vier bosnischen Arbeitern auszugehen ist. Immerhin wurde zunächst der Zeuge D C von der H G OG beauftragt die entsprechenden Adaptierungsarbeiten durchzuführen, welcher seinerseits wiederum die vier bosnischen Arbeiter organisierte, welche insofern der H G OG zuzuordnen sind. Immerhin war wirtschaftlich Begünstigter aus den von den bosnischen Arbeitern durchgeführten Tätigkeiten die H G OG und nicht der Zeuge D C. Dass ein Entgelt mit den vier Bosniern nicht vereinbart wurde, ist für eine Tätigkeit im Sinne des ASVG nicht ausschlaggebend. Darüber hinaus wurde den Arbeitern Kost und Logis gewährt, was als Entgeltsform zu werten ist. Dass die vier bosnischen Arbeiter darüber hinaus über 1.000 Kilometer von Bosnien nach Österreich reisen würden, um dort einer Urlaubsbekanntschaft (dem Zeugen D C) bei Arbeiten zu helfen, welche noch nicht einmal im Interesse des D C gelegen waren, und darüber hinaus hiefür kein Entgelt fordern würden, ist nicht glaubwürdig. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat jedenfalls die Überzeugung gewonnen, dass in wirtschaftlicher Hinsicht eine Beschäftigung im Sinne des ASVG erfolgt ist.

 

 

V.1.3. Die Behörde ist berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, wie dies im gegenständlichen Fall bei Reinigungsarbeiten der Fall ist, dies jedoch nur, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom
12. September 2012, Zl. 2010/08/0237). Die Behörde ist in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob die betretene Person in einem abhängigen Beschäftigungs­verhältnis steht, da dies – wenn anders lautende konkrete Behauptungen samt Beweisanboten nicht vorliegen – unter den gegebenen Umständen ohne weiteres vorausgesetzt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2013, Zl. 2012/08/033, mwN.) [VwGH 19.12.2012, 2012/07/0165; 26.05.2014, 2012/08/0207]. Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (VwGH 19.12.2012, 2012/08/0165).

 

 

V.1.4. Das durchgeführte Beweisverfahren hat darüber hinaus ergeben, dass für die Kontrollorgane der Finanzpolizei im Zuge der Kontrolle jedenfalls der Eindruck entstanden ist, dass es sich bei D C um einen leitenden Angestellten der H G OG handelte, welcher aufsichts- und weisungsberechtigt gegenüber den vier bosnischen Arbeitern war. Dieser Eindruck wurde vom Zeugen C A in seiner Vernehmung anschaulich geschildert.

 

Insofern durfte die belangte Behörde bei ihren Sachverhaltsfeststellungen davon ausgehen, dass die Beschäftigung der vier bosnischen Arbeiter durch die H G OG erfolgte. Umstände, die dieser Annahme entgegenstehen würden, ergaben sich nicht. Die bloße Behauptung des Zeugen D C bzw. der drei Gesellschafter, der Zeuge habe diesbezüglich eigenmächtig gehandelt, steht der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen, zumal – wie noch auszuführen sein wird – ein entsprechendes Kontrollsystem einzurichten gewesen wäre, um eigenmächtige Beschäftigungen ohne Wissen und Willen der Gesellschafter der H G OG zu verhindern.

 

 

V.1.5. Will der Dienstgeber verhindern, dass Beschäftigungsverhältnisse durch Aufnahme einer Beschäftigung in seinem Betrieb ohne seine Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden, muss er ein wirksames Kontrollsystem errichten bzw. entsprechende Weisungen erteilen und deren Befolgung sicherstellen. Für die mangelnde Effektivität seines Kontrollsystems hat der Dienstgeber unabhängig von seinem Verschulden einzustehen (VwGH 03.12.2013, 2012/08/0026; 17.01.2014, 2013/08/0281; 14.03.2014, 2012/08/0029; 26.05.2014, 2012/08/0207).

 

 

V.1.6. Die einvernommenen Personen – der Beschwerdeführer, A C und O C – gaben übereinstimmend an, die Tätigkeiten des Zeugen D C in der „K-M“ nicht kontrolliert zu haben. A C gab insbe­sondere an, eine Kontrolle deshalb unterlassen zu haben, weil er nur pro forma an diesem Projekt beteiligt sein wollte und sich deshalb für dessen Umsetzung nicht interessiert zu haben. Eine derartige interne Regelung zwischen den Gesellschaftern ist allerdings für die Einhaltung der Bestimmungen des ASVG völlig irrelevant. Auch der Zeitmangel des Beschwerdeführers ist hiefür ohne Bedeutung.

 

Jedenfalls haben alle drei Gesellschafter zugestanden, ein entsprechendes Kontrollsystem nicht eingerichtet zu haben. Für die daraus resultierenden Verstöße des Zeugen D C (mögen sie auch ohne Wissen und Willen des Beschwerdeführers erfolgt sein) hat der Beschwerdeführer dennoch einzustehen.

 

 

V.1.7. Als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste sind kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. die zum Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom
6. März 2008, Zl. 2007/09/0285, mwN, und vom 14. Jänner 2010, Zl. 2009/09/0276, sowie auf letzteres Bezug nehmend, das vom 19. Jänner 2011, 2009/08/0062). Für die Abgrenzung zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei trifft die Partei – unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes und über die oben erwähnte Darlegungspflicht hinaus – eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umständen und Motiven um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist in diesen Fällen daher Sache der Partei, entsprechend konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. die zum Ausländer­beschäftigungsgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 2010,
Zl. 2007/09/0374, und vom 12. Juli 2011, Zl. 2009/09/0101) [
VwGH 12.07.2011, 2009/09/0101 und 19.12.2012, 2012/08/0165].

 

Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich in der Vergangenheit bereits mit Fällen von indirekten Freundschaftsdiensten auseinanderzusetzen (VwGH 6.1.2012, 2009/09/0286; 19.12.2012, 2012/08/0165; 14.3.2014, 2012/08/0029):

 

In dem Erkenntnis vom 19. Dezember 2012, 2012/08/0165 zugrundeliegenden Fall machte die Beschwerdeführerin geltend, bei der Kontrolle am
18. Jänner 2011 sei „die Lebensgefährtin des Cousins von Herrn Y A., Frau B B.“, angetroffen worden, wie diese Fleisch aus dem Kühlraum in die Küche getragen habe. B B. sei „bloß kurzfristig, für einige Stunden, gefälligkeitshalber“ tätig gewesen. Eine kurzzeitige, freiwillige und unentgeltliche Tätigkeit aus bloßer Gefälligkeit im Freundeskreis sei keine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit. [...] Die Beschwerdeführerin verantwortet sich damit, dass B B. einen solchen Gefällig­keitsdienst geleistet habe.

 

Der Verwaltungsgerichtshof entschied dazu, dass im vorliegenden Fall der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie allein auf Grund der Behauptung, dass es sich bei der Beschäftigten um die Lebensgefährtin des Cousins des persönlich haftenden Gesellschafters der beschwerdeführenden Partei handelt, keine spezifische Bindung oder Nahe­beziehung abgeleitet hat, die ein für die Erbringung von Freundschafts- oder Gefälligkeitsdiensten nachvollziehbares Motiv bilden könnte. Auch von einer Lebensgefährtin eines Cousins ist im Regelfall – ohne das Vorliegen außer­gewöhnlicher Umstände – nicht zu erwarten, dass sie im Rahmen eines Gewerbe­betriebes Gefälligkeitsdienste für den daraus Gewinn ziehenden Unternehmer leiste (zur Unerheblichkeit gefälligkeitshalber geförderter Interessen Dritter bzw. „indirekter Freundschaftsdienste“ vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Jänner 2012, Zl. 2009/09/0286). Andere Motive, die die Erbringung von Freundschafts- oder Gefälligkeitsdiensten in wirtschaftlicher, sozialer und emotionaler Sicht nach­vollziehbar erscheinen ließen, hat die beschwerdeführende Partei nicht genannt (VwGH 19.12.2012, 2012/08/0165).

V.1.8. Auch im gegenständlichen Fall bestand keine spezifische Bindung zwischen den vier bosnischen Arbeitern und den Gesellschaftern der H G OG. Nicht einmal eine besondere Bindung zu D C konnte festgestellt werden. Jedenfalls erscheint es nicht lebensnahe, das Urlaubsbekanntschaften aus Bosnien über eine Strecke von mehr als 1.000 Kilometern nach Österreich reisen sollten, um dort jemandem unentgeltlich zu helfen, der noch nicht einmal Nutznießer dieser unentgeltlichen Hilfe ist. Motive, die diesen angeblichen Gefälligkeitsdienst in wirtschaftlicher, sozialer oder emotionaler Sicht nachvoll­ziehbar erscheinen ließen, hat der Beschwerdeführer nicht dargestellt. Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ergaben sich insofern keinerlei nach­vollziehbare Umstände, aus denen ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst abgeleitet werden hätte können.

 

 

V.1.9. Letztendlich ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Demnach ergibt sich, dass die vier bosnischen Dienstnehmer wirtschaftlich der H G OG zuzurechnen sind, zumal diese Gesellschaft den wirtschaftlichen Nutzen aus deren Beschäftigung gezogen hat und nicht der Zeuge D C. Selbst die äußere Erscheinungsform zeigt eine Beschäftigung für die H G OG, welchen Eindruck auch die Kontrollorgane der Finanz­polizei gewonnen haben.

 

Ebenso ist die Tätigkeit des Zeugen D C der H G OG zuzu­rechnen, was vom Beschuldigten bzw. allen drei Gesellschaftern aber ohnedies nicht bestritten wurde. Allerdings war auch dieser Zeuge nicht für die H G OG sozialversichert, sondern für das Unternehmen seines Vaters. Trotz dieser bestehenden Meldung wäre auch von der H G OG eine Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger erforderlich gewesen. In wirtschaft­licher Hinsicht kamen auch die Arbeiten des D C der H G OG zugute.

 

 

V.1.10. Zusammengefasst gelangt das Landesverwaltungsgericht Ober­österreich insofern zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die im Straferkenntnis vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen gegen das ASVG zu verantworten hat. Wenngleich der Beschwerdeführer nichts von der Beschäftigung der genannten Ausländer gewusst haben will, wäre er im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu verpflichtet gewesen, ein entsprechendes Kontrollsystem einzurichten, damit eigenmächtige Beschäfti­gungen des Zeugen D C verhindert werden können. Auch die (unglaub­würdige) Behauptung des Zeugen, die vier bosnischen Arbeiter hätten aus reiner Gefälligkeit ihm gegenüber ihre Freundschaftsdienste unentgeltlich angeboten – obwohl der Zeuge keinerlei Nutzen aus dieser Tätigkeit gezogen hat – ist für die Beurteilung einer Beschäftigung nach dem ASVG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unerheblich. Die Tätigkeiten des D C waren dem Beschwerdeführer ohnehin bekannt. Insgesamt kann der Beschwerdeführer der belangten Behörde im Hinblick auf den Schuldspruch nicht mit Erfolg ent­gegentreten.

 

 

V.2. Zur Strafhöhe:

 

V.2.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordent­lichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb einer gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessenabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessenaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Nach der Rechtsprechung des VfGH steht für jene von den UVS (nunmehr: LVwG) ins Treffen geführten Fallkonstellationen, in denen – weil die Tatfolgen im Einzelfall als unbedeutend erscheinen – die Verhängung einer Mindeststrafe eine unangemessene Härte darstellt, in Fällen geringfügigen Verschuldens und unbedeutender Folgen – § 21 VStG oder – bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe – die Anwendung des § 20 VStG zur Verfügung (VfGH 27.09.2002, G 45/02).

 

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG kann bei erstmaliger Übertretung dieser Bestimmung die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabgesetzt werden, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

 

V.2.2. Gegenständlich kommt dem Beschwerdeführer seine Unbescholtenheit zugute. Darüber hinaus ist allerdings auch zu werten, dass der Beschwerdeführer den gegenüber ihm erhobenen Tatvorwurf in Abrede stellt. Vielmehr hat der Beschwerdeführer versucht, sich mit der Behauptung zu verantworten, er habe vom Engagement der vier bosnischen Arbeiter durch den Zeugen D C nichts gewusst. Als Gesellschafter der H G OG wäre der Beschwerde­führer aber verpflichtet gewesen, ein entsprechendes Kontrollsystem einzu­richten um derartige Vorfälle hintanzuhalten.

 

Ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwe­rungsgründen ist somit nicht gegeben. Ein Unterschreiten der Mindeststrafe im Sinn von § 20 VStG scheidet demnach aus. Auch ein Herabsetzen der Geldstrafe auf 365 Euro (§ 111 Abs. 2 ASVG) kommt vor diesem Hintergrund nicht in Betracht.

 

Aufgrund der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers kann allerdings mit der Verhängung der Mindeststrafe von 730 Euro pro nichtangemeldetem Arbeit­nehmer das Auslangen gefunden werden. Insofern ergibt sich bei fünf beschäftig­ten Personen eine Gesamtstrafe von 3.650 Euro. Das Straferkenntnis der belangten Behörde ist insofern zu bestätigen.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit konnte die Ersatzfreiheitsstrafe auf
30 Stunden pro nichtangemeldetem Arbeitnehmer, insgesamt daher auf
150 Stunden herabgesetzt werden.

 

Der Kostenbeitrag für das Verfahren vor der belangten Behörde in Höhe von
365 Euro bleibt aufrecht. Für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fällt kein Verfahrenskostenbeitrag an.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

 

VI.2. Zur Erforderlichkeit eines entsprechenden Kontrollsystems, um Beschäfti­gungsverhältnisse ohne Zustimmung des Dienstgebers zu verhindern kann auf die umfangreiche bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (V.1.5.) verwiesen werden. Ebenso ergibt sich die Unbeachtlichkeit indirekter Freundschaftsdienste aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (V.1.7.). Das vorliegende Erkenntnis steht im Einklang mit dieser Recht­sprechung.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer