LVwG-250026/2/Sch/BD/SA

Linz, 04.11.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde der L. L., vertreten durch B. M. K. L., vom 23. Juni 2014, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 08. Mai 2014, GZ: BGD-140567/1081-2014-Kro, den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I. Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als der Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 08. Mai 2014, GZ: BGD-140567/1081-2014-Kro, aufgehoben und der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG an die Oberösterreichische Landesregierung zurückverwiesen wird.

 

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1. Die Oberösterreichische Landesregierung hat mit oben angeführtem Bescheid den Antrag der L. L. vom 28. März 2012 gemäß § 28 Oö. Kinderbetreuungsgesetz, LGBl. Nr. 39/2007 idF LGBl. Nr. 59/2010 und gemäß § 13 Oö. Elternbeitragsverordnung 2011, LGBl. Nr. 102/2010, stattgegeben und im Spruch des Bescheides folgendes verfügt:

„Die S. L. hat für den Besuchszeitraum, in dem das Kind H. M. L., geb. 2009, wohnhaft in B.-weg, L., die gemeindefremde Kinderbetreuungseinrichtung „Kindergarten P.-straße“ nachweislich besucht hat, ab 01.01.2011 für das unter dreijährige Kind einen Gastbeitrag in der Höhe von Euro 240 pro Monat und ab 06.02.2012 einen Erstbeitrag in der Höhe von Euro 100 für das Arbeitsjahr 2011/2012, in der Höhe von Euro 103 für das Arbeitsjahr 2012/2013 und in der Höhe von Euro 105 für das Arbeitsjahr 2013/2014 – jeweils pro Monat, in dem die Kinderbetreuungseinrichtung geöffnet ist, zu entrichten.“

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die L. L., vertreten durch den B. MMag. K. L., rechtzeitig die mit 23. Juni 2014 datierte Beschwerde erhoben, welche noch am selben Tag bei der belangten Behörde eingelangt ist.

Mit Vorlageschreiben vom 16. September 2014 wurde die Beschwerde samt Verfahrensakt von der belangten Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übermittelt und ist am 17. September 2014 beim Gericht eingelangt.

Damit ist dessen Zuständigkeit zur Entscheidung gegeben. Gemäß § 2 VwGVG hat hierüber der nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichter zu entscheiden.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs.2 Z.1 VwGVG abgesehen werden.

 

3. Rechtsgrundlage für die Vorschreibung eines Gastbeitrages ist § 28 Oö. Kinderbetreuungsgesetz, LGBl. Nr. 39/2007 idF LGBl. Nr. 59/2010. Diese Bestimmung lautet:

(1) Besucht ein Kind eine Kinderbetreuungseinrichtung in einer anderen Gemeinde als der Hauptwohnsitzgemeinde, ist – ausgenommen beim Besuch einer betrieblichen oder freien Kinderbetreuungseinrichtung – von der Hauptwohnsitzgemeinde ein angemessener Gastbeitrag zu entrichten, sofern in der Hauptwohnsitzgemeinde kein entsprechendes bedarfsgerechtes Angebot zur Verfügung steht oder die familiäre Situation des betreffenden Kindes oder das Kindeswohl den Besuch einer gemeindefremden Kinderbetreuungseinrichtung erfordern.

(2) Die Landesregierung hat durch Verordnung die Mindesthöhe des Gastbeitrages festzusetzen. Im Falle der Nichteinigung über die Leistung des Gastbeitrages entscheidet auf Antrag einer Gemeinde die Landesregierung mit Bescheid.

 

4. Der nunmehr beschwerdegegenständliche Bescheid ist im zweiten Rechtsgang erlassen worden, zumal der Verwaltungsgerichtshof den ersten Bescheid in der Angelegenheit, nämlich jenen vom 10. Oktober 2012, BGD-140567/878-2012-Kro, aufgrund einer Beschwerde der L. L. mit Erkenntnis vom 20. November 2013, 2012/10/0247, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben hatte.

In diesem verwaltungsgerichtlichen Verfahren ging es um die Frage, ob es sich beim „Kindergarten P.-straße“ in L. um eine betriebliche Kinder-betreuungseinrichtung handle oder nicht, wobei der Verwaltungsgerichtshof diese Frage verneinte.

Sohin war die belangte Behörde gehalten, einen Gastbeitrag iSd § 28 Oö. Kinderbetreuungsgesetz festzulegen.

 

5. In der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides heißt es zur Frage der Höhe des Gastbeitrages wie folgt:

Im Gegensatz zu jenen bestehenden Bestimmungen des Oö. Pflichtschulorganisationsgesetzes, welche seit Inkrafttreten zu den Gastschulbeiträgen und deren Berechnungsweise bestehen, hat der oö. Gesetzgeber im Fall des Oö. Kinderbetreuungsgesetzes durch die Bestimmung im § 28 Abs.2 2. Satz keine genaue Regelung hinsichtlich der Berechnung und Vorgehensweise zwischen der Hauptwohnsitz- und der Standortgemeinde bei der Gastbeitragsleistung präferiert (vgl. Bericht des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport betreffend das Landesgesetz, mit dem das Oö. Kinderbetreuungsgesetz und das Oö. Jugendwohlfahrtsgesetz 1991 geändert werden, Beilage 181/2010 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags, XXVII. Gesetzgebungsperiode).

 

Zudem kommt der ho. Behörde keine wirtschaftliche Aufsicht über die Verfahrensgegner zu, weshalb der ho. Behörde die Rechtsgrundlage fehlt, die zum Einfordern von wirtschaftlichen Daten in Form von Jahresabschlüssen bzw. Kostenrechnungen des Rechtsträgers, dem Abgangsdeckungsvertrag    oder    einer    Kostenvergleichsrechnung    von    Antragsteller,

Antraggegner und Rechtsträger notwendig ist, um eine Prüfung von Angemessenheit und Nachvollziehbarkeit der Höhe der geforderten Gastbeiträge gem. § 13 Oö. Elternbeitragsverordnung durchzuführen.

 

In Ermangelung dieser Tatsachen kann die Behörde ausschließlich über die Leistung des Gastbeitrages gem. § 28 Abs. 2 Oö. KBG iVm. §13 Abs. 2 Z. 3 und § 5 Z. 2 Elternbeitrags- verordnung in der Mindesthöhe entscheiden.

 

Ein über diese Mindesthöhe des Gastbeitrages hinausgehendes Begehren ist auf Basis des vom Rechtsträger festzusetzenden Höchstbeitrages gem. § 5 Oö. Elternbeitragsverordnung iVm. dem individuellen privatrechtlichen Abgangsdeckungsvertrag gemäß § 29 Z. 5 Oö. KBG auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen.

 

 

Die Mindesthöhe des Gastbeitrages steht gemäß § 13 Abs. 2 Oö. Elternbeitragsverordnung 2011, LGBI.Nr. 102/2010 tarifmäßig fest und beträgt für das unter 3jährige Kind ab 01.01.2011 zumindest Euro 240,- pro Monat, und ab dem Erreichen des 3. Lebensjahres zumindest Euro 100,- pro Monat in dem die Kinderbetreuungseinrichtung geöffnet ist.

Auf Grund der erstmaligen Indizierung zu Beginn des Arbeitsjahres 2012/2013 beträgt die Mindesthöhe des Gastbeitrages für das Arbeitsjahr 2012/2013 Euro 103,- und aufgrund der bisher erfolgten Indizierungen für das Arbeitsjahr 2013/14 Euro 105,- und für das Arbeitsjahr 2014/15 Euro 107,-jeweils pro Monat, in dem die Kinderbetreuungseinrichtung geöffnet ist Der im Spruch geforderte Nachweis über den Besuch der gemeindefremden Kinderbetreuungseinrichtung hat eine Bestätigung des Rechtsträgers zu umfassen.“

 

6. Gegen die Festsetzung des Gastbeitrages in der bloßen Mindesthöhe gemäß § 13 Oö. Elternbeitragsverordnung wurden in der Beschwerde der L. L. begründete Einwendungen – insbesondere im Hinblick auf die ihrer Ansicht nach nicht gegebene Angemessenheit des Gastbeitrages – erhoben.

 

Im Vorlageschreiben an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich verweist die belangte Behörde zum einen auf die Ausführungen in dem in Beschwerde gezogenen Bescheid und führt darüber hinaus im Kern dieses Schriftsatzes aus, dass mit der Festsetzung des zu entrichtenden Gastbeitrages in der Höhe der jährlich zu valorisierenden Mindestgastbeitragshöhe in Form eines konkreten Betrages dem gesetzlichen Auftrag des § 28 Oö. Kinderbetreuungsgesetz entsprochen werde. Es sei nicht möglich, eine Entscheidung über die Leistung von Gastbeiträgen über mehrere in der Zukunft liegende Beträge zu fällen. Eine solche Entscheidung sei erst im Nachhinein möglich.

Da der Gesetzgeber weiters keine Regelung zur Angemessenheit gemacht habe, sondern nur die Mindesthöhe durch die Oö. Landesregierung festzusetzen ist und keine Legaldefinition vorliege, wie ein „angemessener“ Gastbeitrag zu berechnen sei (auf Basis aller Kinderbetreuungseinrichtungen einer Gemeinde, einer einzelnen Kinderbetreuungseinrichtung oder der jeweiligen besuchten Gruppe, mit oder ohne Investitionskosten, …), würde eine Entscheidung der Behörde über die Höhe des Gastbeitrages, die die Mindesthöhe überschreitet, dem Legalitätsprinzip widersprechen.

 

7. Diesen Ausführungen der belangten Behörde ist allerdings entgegenzuhalten, dass die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Oö. Kinderbetreuungsgesetz ausdrücklich von einem angemessenen Gastbeitrag spricht.

Dem gegenüber ist in § 28 Abs. 2 leg.cit von der Mindesthöhe des Gastbeitrages die Rede. Der Gesetzgeber verwendet also zwei unterschiedliche Begriffe. Es war ihm somit daran gelegen, klarzustellen, dass der Gastbeitrag angemessen zu sein hat, wofür er die Landesregierung ermächtigt hat, hiefür im Verordnungswege einen unteren Rahmen vorzugeben. Zwar mag nicht auszuschließen sein, dass der Mindestgastbeitrag in bestimmten Fällen angemessen sein kann, da ansonsten diese Verordnungsermächtigung in § 28 Abs. 2 Oö. Kinderbetreuungsgesetz keinen Sinn ergäbe. Die Auslegung der belangten Behörde, dass stets der Mindestbeitrag auch der angemessene sei, kann daraus aber nicht abgeleitet werden.

 

8. Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem in seinem Erkenntnis vom 20. November 2013, 2013/10/006 bzw. 007 ausdrücklich festgestellt, dass die Landesregierung im Falle der Nichteinigung der beteiligten Gemeinden gemäß § 28 Abs. 2 letzter Satz Oö. Kinderbetreuungsgesetz auf Antrag einer Gemeinde nicht nur dem Grunde nach über die Leistung eines Gastbeitrages zu entscheiden hat, sondern auch die Höhe des zu leistenden Beitrages festzusetzen hat. Dies gilt auch für den Zeitraum nach dem Inkrafttreten der Oö. Elternbeitragsverordnung 2011, mit der ein Mindestsatz für den Gastbeitrag festgesetzt wurde, am 1. Jänner 2011.

Aufgrund der Gesetzeslage und der erwähnten Judikatur ist sohin die Oö. Landesregierung gehalten, bescheidmäßig jeweils einen im Einzelfall angemessenen Gastbeitrag festzusetzen, unabhängig vom betroffenen Zeitraum vor bzw. nach Inkrafttreten der Oö. Elternbeitragsverordnung 2011.

 

9. Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro2014/03/0063).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde nicht einmal ansatzweise ein Ermittlungsverfahren im Hinblick auf einen konkreten angemessenen Gastbeitrag durchgeführt. Ein derartiges Ermittlungsverfahren mag allenfalls aufwändig sein, dies ändert aber nichts daran, dass es Aufgabe der belangten Behörde ist, dieses Verfahren zu führen. Hier trifft auf der anderen Seite die Beschwerdeführerin naturgemäß auch eine Mitwirkungspflicht, derer sich diese aufgrund der einschlägigen Ausführungen in der Beschwerdeschrift offenkundig auch bewusst ist.

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes am, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

S c h ö n