LVwG-450049/2/Gf/Rt

Linz, 05.11.2014

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof aus Anlass der Beschwerde des W, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde S vom 25. September 2014, Zl. 851-1/1-2014-Bi, wegen Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr für den Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2013

 

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t:

 

 

 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG unzulässig.

 

 


 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

I.

 

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 20. September 2013, Zl. 851-1/2-2013-We, wurde der Beschwerdeführer dazu verpflichtet, für seine Liegenschaft ausständige Kanalbenützungsgebühren in einer Höhe von 550,39 Euro (darin enthalten 10% USt) für den Zeitraum Juli 2010 bis Juni 2012 zu entrichten und diese binnen eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zur Einzahlung zu bringen (vgl. dessen Spruchpunkt II.).

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass sich die Höhe dieser Zahlungsverpflichtungen aus den §§ 5, 7 und 8 der Kanalgebührenordnung der Gemeinde S vom 16. Dezember 2010[1] (im Folgenden: KGebO S), ergebe, wonach für eine an das gemeindeeigene öffentliche Kanalnetz angeschlossene Liegenschaft ein Richtsatz zwischen 3,43 Euro und 3,61 Euro pro m3 bezogenen Wassers (zuzüglich 10% MwSt) zu entrichten sei. Da der Wasserverbrauch zwischen dem 1. Juli 2008 und dem 30. Juni 2010 einer Schätzung zufolge insgesamt 457 m3 (bzw. durchschnittlich 228,5 m3 pro Jahr) betragen habe, resultiere sohin nach Abzug der vom Rechtsmittelwerber bereits geleisteten Zahlungen eine Restforderung von 550,39 Euro.

 

2. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung erhoben.

 

Darin hat der Rechtsmittelwerber der Sache nach eingewendet, dass die von der erstinstanzlichen Behörde vorgenommene Schätzung des Wasserverbrauches insofern unzutreffend sei, als er laut Zählerstand vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013 lediglich 161 m3 Wasser bezogen habe; zuvor, insbesondere in dem dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Zeitraum (1. Juli 2008 bis 30. Juni 2010) habe er hingegen tatsächlich insgesamt 457 m3 verbraucht. Im Übrigen verwende er seit dem 1. Juli 2013 eine alte, 40 m3 fassende Senkgrube als Brauchwasseranlage.

 

Aus diesen Gründen wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

3. Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde S vom 7. November 2013, Zl. 851-1/2-2013-We, wurde diese Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Begründend wurde dazu auf die Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen und zudem ausgeführt, dass deshalb eine Schätzung des Wasserverbrauches habe vorgenommen werden müssen, weil der Rechtsmittelwerber der Gemeinde keine Zählerstände gemeldet bzw. er den Gemeindebediensteten eine Zählerablesung verweigert habe.

 

4. Gegen diesen ihm am 12. November 2013 zugestellten Bescheid hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Vorstellung an die Oö. Landesregierung erhoben.

 

Darin wurde neuerlich darauf hingewiesen, dass die amtswegige Verbrauchsschätzung für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013 unzutreffend sei, nämlich anstelle von 228 m3 tatsächlich bloß 161 m3 Wasser betragen habe; Analoges gelte für den Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2013. Dass der Beschwerdeführer keine fremden Personen mehr in sein Haus lasse, erkläre sich einerseits daraus, dass die Gemeinde ohne sein Wissen aus der EDV-Anlage der Wassergenossenschaft S auf ihn bezogene Daten abgefragt habe und ihm andererseits zwei wertvolle Violinen sowie Werkzeug abhanden gekommen sei.

 

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt; ein Antrag auf eine vorläufige Aussetzung der Einhebung der vorgeschriebenen Abgabe wurde aber weder explizit noch zumindest der Sache gestellt.

 

5. Mit Schreiben der Oö. Landesregierung vom 16. Dezember 2013, Zl. IKD(BauR)-080000/1-2013-Pe/Wm, wurde diese Vorstellung im Hinblick auf die am 1. Jänner 2014 in Kraft tretende (bzw. getretene) Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl.Nr. I 51/2012 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass das Vorstellungsverfahren von der do. Behörde nicht mehr erledigt werden könne, was insbesondere durch die äußerst angespannte Personalsituation begründet sei.

 

6. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich vom 30. Jänner 2014, LVwG-450012/2/Gf/Rt, wurde festgestellt, dass dieser – nunmehr als Beschwerde i.S.d. Art. 131 B-VG zu wertenden – Vorstellung nach § 254 BAO keine aufschiebende Wirkung zukommt.

 

7. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich vom 19. Mai 2014, LVwG-450012/20/Gf/UD/Eg, wurde der Beschwerde des Rechtsmittelwerbers stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 279 Abs. 1 BAO ersatzlos aufgehoben.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Gemeinden im Wege des § 15 Abs. 3 Z. 4 des (derzeit maßgeblichen) Finanzausgleichsgesetzes 2008, BGBl.Nr. I 103/2007 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 165/2013 (im Folgenden: FAG 2008), dazu ermächtigt seien, im eigenen Wirkungsbereich („auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung“; vgl. Art. 116 Abs. 2 B-VG i.V.m. § 7 Abs. 5 F-VG) Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und ‑anlagen, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, auszuschreiben.

 

Nach § 5 KGebO S hätten die Eigentümer der an die Kanalanlage der Gemeinde angeschlossenen Grundstücke eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, die sich aus einer vom tatsächlichen Abwasseranfall unabhängigen Grundgebühr in Höhe von 97,79 Euro und aus einer verbrauchsabhängigen Gebühr in Höhe von 3,49 Euro (bzw. bis zum 30. Juni 2011: 3,43 Euro; ab dem 1. Juli 2012: 3,61 Euro) pro m3 bezogenen Wassers zusammensetzt.

 

Im gegenständlichen Fall sei die belangte Behörde zunächst unter Heranziehung der Unterlagen der Wassergenossenschaft S davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2009 insgesamt 238 m3 Wasser und im Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2010 insgesamt 219 m3 Wasser bezogen habe. Da der Rechtsmittelwerber den Gemeindeorganen weder den konkreten Zählerstand bekanntgegeben noch diesen Zutritt zu seinem Anwesen gewährt habe, sei der Berechnung der Kanalbenützungsgebühr der aus dem Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2008 und dem 30. Juni 2010 resultierende durchschnittliche jährliche Wasserverbrauch von (gerundet) 228 m3 zu Grunde gelegt und die Höhe dieser Gebühr wie folgt ermittelt worden:

 

Zeitraum 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011: 228 m3 mal 3,43 Euro = 860,24 Euro

Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2012: 228 m3 mal 3,49 Euro = 875,29 Euro

Zeitraum 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013: 228 m3 mal 3,61 Euro = 905,39 Euro

 

Daraus hätte für diese drei Jahre eine Gebührenschuld in Höhe von insgesamt 2.640,92 Euro resultiert; weil der Beschwerdeführer davon lediglich 2.090,53 Euro beglichen habe, sei ihm die Bezahlung der Restforderung von 550,39 Euro bescheidmäßig vorzuschreiben gewesen.

 

Hinsichtlich der Frage, wie vorzugehen ist, wenn die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Gebührenvorschreibung nicht ermitteln kann, sei der belangten Behörde zwar grundsätzlich darin beizupflichten, dass § 184 BAO insofern auch die Möglichkeit einer amtswegigen Schätzung vorsieht.

 

Allerdings habe sich die Behörde im gegenständlichen Fall mit dem bereits in der Berufung vom 6. Oktober 2013 erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers dahin, dass der Wasserverbrauch laut jeweiligem Zählerstand folgendes tatsächliche Ausmaß aufgewiesen habe:

 

vom 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2009: 238 m3

vom 1. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2010: 219 m3

vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2011: 181 m3

vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012: 181 m3 und

vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013: 161 m3

 

in keiner Weise inhaltlich auseinandergesetzt.

 

Dies wäre aber schon deshalb erforderlich gewesen, weil zum einem der Rechtsmittelwerber damit die Verpflichtung zur Bekanntgabe gemäß § 119 BAO zumindest dem Grunde nach erfüllt gehabt und zum anderen die von ihm für die Zeiträume vom 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2009 und vom 1. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2010 angegebenen Verbrauchsmengen (238 m3 bzw. 219 m3) jeweils jenen entsprochen habe, von denen auch die Behörde selbst vorerst ausgegangen ist.

 

Objektiv besehen habe daher kein zwingender Anlass dafür bestanden, an den vom Beschwerdeführer angegebenen Zahlen zu zweifeln. Hätte die Behörde diesbezügliche Bedenken gehabt, so wären hierfür zunächst jene Befugnisse heranzuziehen gewesen, die für eine entsprechende Klärung von Amts wegen gesetzlich vorgesehen sind (vgl. etwa § 111 BAO, § 141 BAO und/oder § 143 BAO), wobei in diesem Zusammenhang insbesondere auf die in § 158 BAO normierten Beistandspflichten – hier: der Wassergenossenschaft S zur Bekanntgabe der Verbrauchsmengen bzw. Zählerstände – hinzuweisen sei. Nur wenn eine solche Vorgangsweise zu keinem verwertbaren Resultat geführt hätte, hätte eine Schätzung vorgenommen werden dürfen (arg. „Soweit die Abgabenbehörde die Grundlage für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann“ in § 184 Abs. 1 BAO, wobei unter dem Begriff „ermitteln“ – wie aus der Überschrift zum 5. Abschnitt der BAO hervorgeht – offenkundig zunächst die in den §§ 161 bis 183 BAO normierten Verfahrensschritte zu verstehen seien).

 

Da sich von den vom Rechtsmittelwerber angegebenen, mangels gegenteiliger Hinweise objektiv als glaubwürdig zu qualifizierenden Verbrauchsmengen ausgehend sohin folgende Berechnung der Höhe der Kanalbenützungsgebühr (jeweils exkl. 10% USt) ergebe:

 

Zeitraum 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011: 181 m3 mal 3,43 Euro = 620,83 Euro

Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2012: 181 m3 mal 3,49 Euro = 631,69 Euro

Zeitraum 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013: 161 m3 mal 3,61 Euro = 581,21 Euro

 

verbleibe, wenn man der sonach resultierenden Gesamtsumme von (1.833,73 Euro + 10% USt =) 2.017,10 Euro die vom Beschwerdeführer bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von 2.090,53 Euro gegenüberstellt, insgesamt für diese Zeiträume keine Gebührenschuld bestehen, weshalb die angefochtene Vorschreibung aufzuheben gewesen sei.

 

Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass seitens der belangten Behörde gemäß § 303 BAO u.a. dann eine amtswegige Wiederaufnahme dieses nunmehr rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens verfügt werden könnte, wenn neue Belege dafür, dass die unter Pkt. 3.3. festgestellten Verbrauchsmengen tatsächlich höher waren, hervorkommen sollten.

 

8. Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde S vom 25. September 2014, Zl. 851-1/1-2014-Bi, wurde die Kanalbenützungsgebühr für die Liegenschaft des Rechtsmittelwerbers wie folgt neu festgesetzt:

 

1.7.2010 – 30.6.2011: 231 m3 x 3,43 Euro = 792,33 Euro + 10% USt (78,20 Euro) = 871,56 Euro

1.7.2011 – 30.6.2012: 265 m3 x 3,49 Euro = 924,85 Euro + 10% USt (92,49 Euro) =    1.017,34 Euro

1.7.2012 – 30.6.2013: 191 m3 x 3,61 Euro = 689,51 Euro + 10% USt (68,95 Euro) = 758,46 Euro

 

Gesamt:          2.647,36 Euro

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass diese Festsetzung auf den der belangten Behörde von der Wassergenossenschaft S mit e-mail vom 8. Juli 2014 bekannt gegebenen Zählerständen basiere und der Beschwerdeführer hierzu trotz gebotener Möglichkeit keine Stellungnahme abgegeben habe.

 

De facto seien die für den betreffenden Zeitraum festgesetzten Kanalgebühren zur Gänze entrichtet worden.

 

9. Gegen diesen ihm am 30. September 2014 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 22. Oktober 2014 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.

 

Darin bringt der Rechtsmittelwerber – soweit sich die Beschwerdeausführungen konkret auf den vorliegenden Fall beziehen – im Wesentlichen vor, dass der von ihm für den in Frage stehenden Zeitraum (2010 bis 2013) bekannt gegebene Verbrauch bereits vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich anerkannt worden sei. Insgesamt bestünden daher seitens der Gemeinde gegen ihn keine Forderungen mehr, zumal auch das für die Bewässerung seines Gartens verwendete Wasser nicht als in den Kanal einfließendes Abwasser qualifiziert werden dürfe, sondern im Wege einer gesonderten Pauschalverrechnung aus dem Trinkwasserbezug herauszurechnen sei.

 

 

II.

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Gemeinde S vorgelegten Akt zu Zl. 851/2013; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 274 BAO die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung unterbleiben.

 

 

III.

 

 

In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:

 

1. Im bereits zuvor (s.o., I.7.) angesprochenen hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2014, LVwG-450012/20/Gf/UD/Eg, hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich festgestellt, dass auf Grund der zum Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung bestanden habenden Faktenlage für den Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2013 von einer Gebührenschuld des Rechtsmittelwerbers in einer Höhe von insgesamt 2.017,10 Euro auszugehen ist und der Beschwerdeführer diese bereits beglichen, vielmehr sogar durch Leistung einer Summe von 2.090,53 Euro übererfüllt hat.

 

Diese Entscheidung ist zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen.

 

Davon ausgehend war es der Gemeinde S grundsätzlich auch verwehrt, einen von diesen Feststellungen abweichenden (Ersatz-)Bescheid zu erlassen.

 

2. Sollte die Intention der belangten Behörde (worauf die Begründung des angefochtenen Bescheides hinzudeuten scheint) hingegen darauf gerichtet gewesen sein, mit dem angefochtenen Bescheid eine der in der BAO zahlreich vorgesehen Möglichkeiten der Durchbrechung der Rechtskraft (vgl. §§ 293 ff BAO) in Anspruch zu nehmen, hätte dies allerdings auch entsprechend deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen – nämlich zumindest in der Weise, dass die entsprechende gesetzliche Norm entweder im Spruch oder in der Begründung ausdrücklich angeführt und zudem eine entsprechende Subsumtion vorgenommen wird, sodass daraus im Ergebnis zweifelsfrei hervorgeht, auf Grund welcher konkreten Sachverhaltselemente die Behörde davon ausgegangen ist, dass im vorliegenden Fall die Tatbestandselemente für eine Durchbrechung der Rechtskraft erfüllt sind. 

 

Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid jedoch deshalb nicht, weil diesem zwar entnommen werden kann, dass die belangte Behörde ihrer Entscheidung nunmehr die ihr von der Wassergenossenschaft bekannt gegebenen Zählerstände zu Grunde gelegt hat; davon abgesehen bleibt jedoch mangels entsprechender Bezugnahme auf eine konkrete Rechtsvorschrift im Ergebnis offen, ob von dieser Grundlage ausgehend eine amtswegige Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO, eine Abänderung nach § 294 BAO, eine Abänderung nach § 295a BAO oder welche Maßnahme sonst verfügt werden sollte.

 

Diesbezüglich ist auch aus dem im Bescheid enthaltenen Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 279 und 288 BAO bzw. auf § 95 der Oö. Gemeindeordnung, LGBl.Nr. 91/1990 i.d.g.F. LGBl.Nr. 43/2014, nichts zu gewinnen, weil diese Normen lediglich die Zuständigkeit des Gemeinderates als Berufungsbehörde im Abgabenverfahren festlegen, nicht jedoch die Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen zum Gegenstand haben.  

 

3. Aus diesen Gründen war der vorliegenden Beschwerde sohin gemäß § 279 Abs. 1 BAO stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

IV.

 

 

Eine ordentliche Revision ist gegen dieses Erkenntnis unzulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Ver-waltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

LVwG-450049/2/Gf/Rt vom 5. November 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

§ 279 BAO

§ 288 BAO

§ 293 BAO

§ 294 BAO

§ 295a BAO

§ 184 BAO

§ 95 OöGemO

KanalGebO der Gemeinde Seewalchen

 

* Davon ausgehend, dass das LVwG bereits mit Erkenntnis vom 19. Mai 2014, LVwG-450012/20/Gf/UD/Eg, festgestellt hat, dass auf Grund der zum Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung bestanden habenden Faktenlage für den Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2013 von einer Gebührenschuld in einer Höhe von insgesamt 2.017,10 Euro auszugehen und diese Entscheidung ist zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen ist, war es der Gemeinde grundsätzlich verwehrt, einen von diesen Feststellungen abweichenden (Ersatz‑)Bescheid zu erlassen;

 

* Sollte die Intention der belangten Behörde darauf gerichtet gewesen sein, eine der in der BAO zahlreich vorgesehen Möglichkeiten der Durchbrechung der Rechtskraft (vgl. §§ 293 ff BAO) in Anspruch zu nehmen, hätte dies allerdings auch entsprechend deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen – nämlich zumindest in der Weise, dass die entsprechende gesetzliche Norm entweder im Spruch oder in der Begründung ausdrücklich angeführt und zudem eine entsprechende Subsumtion vorgenommen wird, sodass daraus im Ergebnis zweifelsfrei hervorgeht, auf Grund welcher konkreten Sachverhaltselemente die Behörde davon ausgegangen ist, dass im vorliegenden Fall die Tatbestandselemente für eine Durchbrechung der Rechtskraft erfüllt sind.;

 

* Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid jedoch deshalb nicht, weil mangels entsprechender Bezugnahme auf eine konkrete Rechtsvorschrift im Ergebnis offen bleibt, ob von dieser Grundlage ausgehend eine amtswegige Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO, eine Abänderung nach § 294 BAO, eine Abänderung nach § 295a BAO oder welche Maßnahme sonst verfügt werden sollte; insbesondere ist diesbezüglich auch aus dem im Bescheid enthaltenen Hinweis auf die §§ 279 und 288 BAO bzw. auf § 95 OöGemO nichts zu gewinnen, weil diese Normen lediglich die Zuständigkeit des Gemeinderates als Berufungsbehörde im Abgabenverfahren festlegen, nicht jedoch die Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen zum Gegenstand haben. 

 

 

Schlagworte:

 

Abgabenfestsetzung; Rechtskraft; Durchbrechung; Bezeichnung der Rechtsgrundlage; Erforderlichkeit einer sachverhaltsbezogenen Subsumtion

 

 



[1] Abrufbar unter: http://www.s.eu/gemeindeamt/html/138352_1.pdf