LVwG-750032/7/BP/JB
Linz, 15.10.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde der H.K., geb. x, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. S.S., x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12. Dezember 2012, GZ.: Sich40-28522-2010, mit dem ein Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses vom 21. November 2012 abgewiesen worden war,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG iVm. § 88 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und dem Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für die Beschwerdeführerin stattgegeben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom
12. Dezember 2012, GZ.: Sich40-28522-2010, wurde gemäß § 88 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgF. ein Antrag der Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) auf Ausstellung eines Fremdenpasses für sie vom 21. November 2012 abgewiesen.
Begründend führt die Behörde im angefochtenen Bescheid ua. wie folgt aus:
Nach Zitierung des § 88 FPG führt die Behörde weiter aus:
2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertreterin rechtzeitig Beschwerde.
Eingangs werden die Anträge gestellt, die Berufungsbehörde möge den gegenständlichen Bescheid dahingehend abändern, dass die beantragte Ausstellung eines Fremdenpasses nicht abgewiesen wird, in eventu den gegenständlichen Bescheid dahingehend abändern, dass der erstinstanzliche Bescheid zur Gänze behoben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstinstanz zurückverwiesen werde.
Begründend wird Folgendes ausgeführt:
3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 16. Jänner 2014 zur Entscheidung vor.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.
Monatelange Bemühungen des zuständigen Richters des LVwG sowie der Bf selbst führten trotz deren Vorsprachetermin bei der armenischen Botschaft nicht zu einer dezidierten Klärung der Staatsbürgerschaft der Bf.
In einem Telefonat vom 15. Oktober 2014 teilte eine Botschaftsvertreterin schließlich dem zuständigen Richter des LVwG mit, dass bei der Bf, wie auch im Fall ihrer Mutter, bei der bestätigt wurde, dass sie nicht armenische Staatsangehörige sei, davon auszugehen sei, dass sie ebenfalls nicht die armenische Staatsangehörigkeit besitze. Im Fall der Bf könne jedoch zeitlich nicht abgesehen werden, wann die Klärung letztgültig erfolgen wird, da sie nach 1982 geboren und ihr Vater schon verstorben sei. Diese Umstände machten die Erhebungen äußerst aufwendig; jedoch könne beinahe mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass auch die Bf nicht über die armenische Staatsangehörigkeit verfüge. Einen Termin, wann eine endgültige Aussage zur Staatsangehörigkeit der Bf getroffen werden kann, konnte die Vertreterin der Botschaft (des Konsulats) nicht angeben.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten I. 1., I. 2. und I. 4. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.
II.
Die im Akt befindlichen Unterlagen sowie insbesondere die telefonische Auskunft einer Vertreterin der armenischen Botschaft am 15. Oktober 2014 ergeben ein klares Bild im Rahmen der Beweiswürdigung.
III.
1.1.1. Gemäß § 125 Abs. 23 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 68/2013, sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei einer Landespolizeidirektion anhängigen Berufungsverfahren nach diesem Bundesgesetz ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.
1.1.2. Es ist sohin gemäß § 125 Abs. 22 FPG zur Beurteilung des vorliegenden Falles das Fremdenpolizeigesetz in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012 heranzuziehen.
1.2. Gemäß § 88 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, können Fremdenpässe, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für
1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;
2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;
3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt - EG" (§ 45 NAG) oder „Daueraufenthalt-Familienangehöriger" (§ 48 NAG) gegeben sind;
4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder
5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. können Fremdenpässe auf Antrag weiters ausgestellt werden für
1. Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten oder
2. Fremde, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, wenn humanitäre Gründe deren Anwesenheit in einem anderen Staat erfordern, es sei denn, dies wäre aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht geboten.
2.1. Im Gegensatz zur Vorgängerbestimmung enthält der nunmehrige
§ 88 Abs. 2 FPG nicht das Erfordernis, dass – anders als in Abs. 1 – die Ausstellung eines Fremdenpasses im Hinblick auf die Person im Interesse der Republik Österreich gelegen sein muss. Abs. 2 normiert also Fallgruppen, bei denen – argumentum e contrario - das alleinige Interesse des Antragstellers sehr wohl berücksichtigt werden soll. Das durch die Formulierung „können“ eingeräumte Ermessen bindet die Behörde an ein Vorgehen nach dem Verhältnismäßigkeitsgebot.
2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass die Bf nicht subsidiär Schutzberechtigte im Sinne des § 88 Abs. 2 Z. 2 ist. Auch ist sie nicht anerkannte Staatenlose im Sinne der ersten Fallgruppe des Abs. 2 Z. 1 leg. cit.
Allerdings kann auf sie die zweite Fallgruppe des § 88 Abs. 2 Z. 1 Anwendung finden. Nachdem die Bf in Österreich zwar weitgehend als armenische Staatsangehörige angesehen wurde (vgl. die Asylverfahren ua.), dieser Status aber vom zuständigen Staat Armenien auch nach entsprechend extensiven Erhebungen bislang nicht bestätigt werden kann und im Gegenteil laut Auskunft einer Vertreterin des Konsulats davon ausgeht, dass die Bf – wie auch schon ihre Mutter – nicht armenische Staatsbürgerin ist, ist der Tatbestand der „ungeklärten Staatsangehörigkeit“ fraglos gegeben.
Unbestritten ist, dass die Bf über kein Reisedokument verfügt, wie auch die Tatsache, dass sie über eine aktuell gültige Rot-Weiß-Rot Karte plus verfügt. Sie ist also rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
2.3. Es findet sich nach Aktenlage kein Hinweis darauf, dass die Behörde vom Ermessen, trotz Vorliegens der Voraussetzungen, der Bf keinen Fremdenpass auszustellen, Gebrauch machen könnte.
2.4. Gemäß § 92 Abs. 1 FPG ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;
2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;
3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;
4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;
5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
Es ist festzuhalten, dass im Fall der Bf nach Aktenlage - kein Versagungsgrund im Sinn des § 92 FPG vorliegt. Solches wurde auch von der belangten Behörde nicht vorgebracht.
3. Es war daher im Ergebnis der Beschwerde stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und dem Antrag der Bf auf Ausstellung eines Fremdenpasses für sie stattzugeben.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree