LVwG-800090/5/Re/AK
Linz, 21.10.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde des Herrn A B aus L, vom
18. Juli 2014 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 1. Juli 2014, GZ: Ge96-40-2014-Bd/Pe, wegen einer Verwaltungs-übertretung nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO)
zu Recht e r k a n n t :
I. Im Grunde des § 50 VwGVG wird der Beschwerde hinsichtlich Schuld keine Folge gegeben und das Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt; hinsichtlich der Strafe wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf 300 Euro herabgesetzt wird. Die für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von
12 Stunden wird unverändert aufrechterhalten.
II. Der vom Beschwerdeführer für das Verfahren erster Instanz zu leistende Kostenbeitrag (10 % der verhängten Geldstrafe) verringert sich gemäß § 64 VStG auf 30 Euro.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keinen Kostenbeitrag zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem Straferkenntnis vom 1. Juli 2014, GZ: Ge96-40-2014-Bd/Pe, über Herrn A B, L, eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro, für den Fall der Nichteinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden, verhängt, dies wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z 1 iVm §§ 1 und 5 Abs. 2
GewO 1994.
Dem Schuldspruch lag folgender Tatvorwurf zugrunde:
Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.
Es ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, wobei dieses aufgrund der Tatsache, dass die anzuwendenden Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG Abstand genommen werden, zumal im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Zudem wurde vom Bf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Rechtsmittelverhandlung nicht beantragt.
4. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Akteneinsichtnahme des Verfahrensaktes der belangten Behörde zu Ge96-40-2014.
4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:
Der Bf hat in dem ihm zur Last gelegten Tatzeitraum über die Internet-Plattform „e-bay“ auf eigene Rechnung und im eigenen Namen wiederholt Artikel (x) zum Verkauf angeboten und verkauft. Im Tatzeitraum liegt eine bestehende Gewerbeanmeldung bzw. Gewerbeberechtigung nicht vor.
5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
5.1. Gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hierbei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.
Gemäß § 5 Abs. 1 GewO 1994 dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden, soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt.
Gemäß § 339 Abs. 1 leg.cit. GewO 1994 hat, wer ein Gewerbe ausüben will, die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.
Gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
5.2. Vom Bf wird seine Tätigkeit des Anbietens und Verkaufens von Artikel über ebay dem Grunde nach nicht bestritten. Unstrittig ist weiters, dass eine Gewerbeanmeldung durch den Bf im Zeitraum vor bzw. zur Tatzeit nicht erfolgt ist. Wenn er in seiner Beschwerde vorbringt, dass bei seiner Tätigkeit nicht immer ein Gewinn erzielt wird, so ist hierzu festzustellen, dass dies im Grunde der obigen Bestimmung des § 1 GewO 1994 bei der Beurteilung des Vorliegens der Gewerbsmäßigkeit nicht erforderlich ist. Der Verwaltungsgerichtshof spricht in ständiger Judikatur dahingehend, dass schon die Absicht auf wirtschaftlichen Ertrag die Erfüllung des Gewinnerzielungskriteriums mit sich bringt.
Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist somit gegeben.
Zum erstinstanzlichen Verfahrensablauf ist bezugnehmend auf das Beschwerdevorbringen festzuhalten, dass dem Akt durch Vorliegen eines RSa-Rückscheinbriefes nachvollziehbar zu entnehmen ist, dass dem Beschwerdeführer die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. Juni 2014, Ge96-40-2014, durch Hinterlegung zugestellt worden ist. Dem Postvermerk zufolge wurde jedoch der RSa-Brief vom Bf nicht behoben, gilt jedoch nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes als zugestellt.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bf kein Entlastungsnachweis erbracht wird.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Allfälliges Leugnen oder lediglich allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.
Die Entlastung ist dem Bf im gegenständlichen Verfahren nicht gelungen. Der Hinweis auf „ebay“ als Tauschbörse reicht nicht aus, da offenkundig auf ebay primär verkauft wird, der Bf seine Artikel als Auktion, wenn auch mit einem Startpreis von lediglich 1 Euro, eingestellt hat, eine im Übrigen von ebay zur Erzielung guter Auktionsergebnisse in solchen Fällen empfohlene Vorgangsweise. Die Bezahlung der Umsatzsteuer in Luxemburg kann die Prüfung der Frage des Vorliegens einer unbefugten Gewerbeausübung nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 nicht beeinflussen. Auch das Vorbringen, Artikel wurden lediglich im gebrauchten Zustand angeboten, ändert nichts an der Vorwerfbarkeit der Tat, weder objektiv, noch subjektiv.
5.3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
Die belangte Behörde legte ihrer Strafbemessung ein geschätztes Einkommen von monatlich 2.000 Euro, ein durchschnittliches Vermögen sowie keine Sorgepflichten zugrunde. Als Milderungsgrund wurde die gänzliche Unbescholtenheit angerechnet, Erschwerungsgründe wurden keine genannt.
Im Rahmen der Aktenvorlage weist die belangte Behörde darauf hin, dass die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse versehentlich als vom Bf im Zuge des Verfahrens angegeben bezeichnet wurden. Richtigerweise wurden diese behaupteten Kriterien mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. Juni 2014 als erforderlichenfalls zulässige Schätzung mitgeteilt; diese Aufforderung zur Rechtfertigung hat jedoch der Bf nicht behoben und war ihm aus diesem Grunde faktisch nicht bekannt (dies trotz rechtlich durch Hinterlegung erfolgten Zustellung).
In seiner Beschwerde bringt er vor, dass seine Einkommensverhältnisse nicht mit den Schätzungen übereinstimmen. Mit ergänzender Eingabe über Aufforderung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich weist A B nach, dass er ein Einkommen von 1.733 Euro netto monatlich bezieht und ihm nach Abzug von Wohnungskosten, Alimenten für drei sorgepflichtige Kinder (Studenten), Kreditrate etc. wenig finanzieller Spielraum bleibt. Gleichzeitig weist er nach, dass er am 28. Juli 2014 das Gewerbe „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe und Handelsagent“ angemeldet hat.
Die aktuellen Umstände machen es somit erforderlich, die verhängte Strafe den nachgewiesenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen und dem minderen Grad der erforderlichen Spezialprävention anzupassen. Weitere Erschwerungsgründe, aber auch Milderungsgründe sind nicht hervorgekommen. Die ausgesprochene Herabsetzung der Strafe war somit in diesem Ausmaß gerechtfertigt. Eine Anwendung des § 20 VStG scheidet aus, da die angewandte Strafnorm eine Mindeststrafe nicht vorsieht.
Auch eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG war nicht möglich, da - zusammenfassend - die in dieser Bestimmung vorgesehenen, kumulativ erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere ein geringes Verschulden des Beschuldigten, nicht vorliegen. Dagegen spricht unter anderem die lange Dauer der Ausübung der Tätigkeit ohne Gewerbeberechtigung. In Anlehnung an die bisherige Judikatur zu § 21 VStG müsste - neben der Rechtsgutqualifikation für die Erfüllung der Voraussetzungen für die Nichtverhängung einer Strafe - im konkreten Anlassfall das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückzubleiben.
Insgesamt war somit aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.
6. Die Entscheidung über die Kostensenkung zum Verfahren erster Instanz ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Reichenberger