LVwG-300317/21/GS/GRU/PP
Linz, 24.09.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn S.V.,
geb. x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T.B., x, gegen den Bescheid (Ermahnung) des Bezirkshauptmannes von Steyr-Land vom 26.02.2014,
GZ.: SV96-110/3-2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 05.06.2014
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge „diese Tat wird Ihnen als gem. § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher angelastet“ durch die Wortfolge „diese Tat wird Ihnen als Dienstgeber angelastet“ ersetzt wird. Weiters wird der Name des erkrankten Schwiegersohnes von „ V.S.“ auf „ D.C.B.“ korrigiert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gem. § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
I.1. Mit Bescheid vom 26.02.2014, Gz. SV96-110/3-2013, hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer folgende Ermahnung erteilt:
§
I.2. Gegen diesen Bescheid, mit dem eine Ermahnung ausgesprochen wurde, richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T.B. vom 02.04.2014. Darin wird begründend im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer am 27.11.2013 gegen 2.00 Uhr in der Früh von Herrn S.P. angerufen worden wäre, welcher ihm von einer durchgeführten Kontrolle berichtet hätte. In diesem Zusammenhang habe der Beschwerdeführer (Bf) erstmals erfahren, dass sein Dienstnehmer D.C.B. angeblich krank gewesen wäre und dessen Schwiegereltern, die Ehegatten S. und L.P., dessen Botentour übernommen hätten, wobei es zur Kontrolle gekommen wäre. Bis zu diesem Anruf hätte er weder Kenntnis von der angeblichen Krankheit bzw. Arbeitsunfähigkeit seines Dienstnehmers B. gehabt, noch davon, dass dieser mit seinen Schwiegereltern die Durchführung seiner Tour vereinbart hätte. Bei der Tour des D.C.B. habe es sich um eine Doppeltour gehandelt, welche dieser auf Grund der zeitlichen Möglichkeit der Kombination zur Durchführung übernommen hätte. Zur Handlungsweise des Dienstnehmers B. als auch der Ehegatten P. habe weder Kenntnis des Beschuldigten, geschweige denn dessen Zustimmung bestanden. Der Bf habe glaubwürdig angegeben, von der ganzen Sache nichts gewusst zu haben und er diese sicher nicht geduldet hätte. Es ist daher von vornherein unrichtig, dass die Ehegatten P. als Arbeiter in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beim Bf beschäftigt gewesen wären. Ebenso unrichtig sei es, dass die Beschäftigten organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit dem Bf unterworfen gewesen wären. Ferner sei es unrichtig, dass eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit bestanden habe. Es ist auch so, dass das unbekannte und ungewollte und auch nicht geduldete Verhalten des tatsächlichen Dienstnehmers B. dem Bf auch in sonst keiner Form rechtlich zugerechnet werden könne. Gerade die Eigenschaft des Zeugen B. als Arbeiter in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit bedeute, dass er grundsätzlich nicht selbständig seine Tätigkeit durch Dritte durchführen lassen könne und dürfe. Die Ehegatten P. wären sohin auch nicht für den Bf tätig gewesen, sondern allenfalls für deren Schwiegersohn. Es liege daher zusammengefasst keinerlei auch nur irgendwie dem Bf zurechenbares Rechts - geschweige denn Beschäftigungsverhältnis mit den Ehegatten P. vor. Auch sei in keiner Form - obwohl die Behörde im angefochtenen Bescheid von Unkenntnis und mangelnder Duldung des Bf ausgehe, in irgendeiner Form dessen Verschulden im Sinne einer Fahrlässigkeit begründet. Es bestünden auch keinerlei organisatorische oder sonstige Möglichkeit, derartigen Blöd- und Rechtswidrigkeiten eines Dienstnehmers entgegenzuwirken, wenn dieser nicht einmal seine angebliche Arbeitsunfähigkeit bekanntgebe. Mangels jedweden Verschuldens und jedweder Verhinderungsmöglichkeit liege daher überhaupt keine rechtliche Grundlage selbst für eine Ermahnung vor. Gehe man daher wie die Behörde selbst im angefochtenen Bescheid von der Unkenntnis des Bf von der Tätigkeit der Ehegatten P. aus, könne in der Folge auch keine Übertretung der Bestimmungen des ASVG vorliegen, da für die Verletzung einer Meldepflicht Voraussetzung sei, dass man überhaupt davon wisse, dass man einen Beschäftigten habe, welcher zu melden wäre. Was eben im ggst. Fall nicht zutreffe. Insoweit im Rahmen der Ermahnung festgestellt worden wäre, dass die Ehegatten P. angegeben haben sollten, dass sie für ihren erkrankten Schwiegersohn, Herrn V.S., tätig gewesen wären, sei alleine bereits diese Feststellung aktenwidrig, da sie angegeben hätten, für Herrn B. tätig gewesen zu sein, wobei auch der Bf nicht der Schwiegersohn der Ehegatten P. sei. Zusammengefasst liege daher kein Verwaltungsstraftatbestand vor und es sei sohin die Ermahnung rechtswidrig erfolgt.
I.3. Mit Schreiben vom 28.04.2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) zur Entscheidung vor.
I.4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 05.06.2014. An dieser nahmen der Bf mit seinem Rechtsvertreter, sowie ein Vertreter des Finanzamtes, Team Finanzpolizei und die Zeugen D.C.B., S.P. und L.P. teil. Außerdem wurde der Verhandlung ein Dolmetscher beigezogen.
I.5. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Anlässlich einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei in der Nacht vom 26.11.2013 auf den 27.11.2013 im Verteilerzentrum der Fa. M. Transporte GmbH in P., x, wurden Frau L.P. und Herr S.P. dabei angetroffen, als sie Waren (Fotosendungen) vom Förderband nahmen.
Die Waren wurden im Lager für die Zusteller entsprechend der anzufahrenden Touren sortiert. Im verfahrensgegenständlichen Fall ging es um die Abholung und anschließende Zustellung von B-Fotosendungen in die jeweiligen B-Filialen und um die abschließende Ablieferung der Retourwaren aus den Filialen im Zentrallager.
Der Bf hatte mit seiner Transportfirma einen Vertrag mit der Fa. M. geschlossen. Danach sind die Fotosendungen im Zentrallager der Fa. M. in P. abzuholen und sodann in die einzelnen B-Filialen zuzustellen. Bei diesen Zustelltouren sind vorgegebene B-Filialen anzufahren. Die fertiggestellten Fotos sind um 0.30 Uhr des jeweiligen Tages im Zentrallager abholbereit und müssen bis zur Geschäftsöffnung der einzelnen Filialen zugestellt sein.
Zum Kontrollzeitpunkt hatte der Bf für die Zustellung in L. (Tour L.) und im M. (Tour M.) den Dienstnehmer D.C.B. zur Sozialversicherung gemeldet. Herr B. hat für diese Tätigkeit als Zusteller ca. 900,-- € netto pro Monat bei 32 Wochenstunden verdient. Für die Zustellung wurde ihm vom Bf ein Firmenauto zur Verfügung gestellt. Pro Tag benötigte der Dienstnehmer für die Durchführung der Touren L. und M. 5 ½ Stunden. Zusätzlich ist noch die Zeit für die Abgabe der Retourwaren im Zentrallager zu veranschlagen.
Da der Dienstnehmer B. zum Kontrollzeitpunkt krank war, übernahmen Herr und Frau P. (Schwiegereltern des Herrn B.) für ihn diese Zustellfahrten. Frau P. führte die Tour M. mit dem Firmenauto des Herrn B. aus, Herr P. die Tour L. mit seinem Privatauto. Die Abholung im Zentrallager wurde von den Ehegatten mit beiden Autos durchgeführt. Die Retourwaren brachte Herr P. mit dem Firmenwagen (nach dem Tausch der Autos) alleine ins Lager zurück.
Die im Rahmen der Zustellung betretenen Ehegatten erhielten für ihre Tätigkeit kein Entgelt.
Der Bf hatte vor der Kontrolle keine Kenntnis davon, dass die Ehegatten P. die Zustelltouren für seinen Dienstnehmer Herrn B. übernommen hatten.
II. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akteninhalt und der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 05.06.2014 und ist unstrittig.
Eingewendet wird, dass der Bf von der Übernahme der Zustellfahrten durch die Ehegatten P. im Vorhinein keine Kenntnis hatte, weshalb die Tätigkeit zustimmungslos erfolgt sei. Somit könnten die betretenen Ehegatten nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beim Bf beschäftigt gewesen sein. Es liege kein Verschulden seitens des Bf vor, da dieser keine Verhinderungsmöglichkeit gehabt hatte.
III. Rechtslage und rechtliche Beurteilung
2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in der Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetztes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anzuwenden ist, genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).
Übertretungen des § 33 ASVG sind Ungehorsamsdelikte im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Der verantwortliche Dienstgeber ist strafbar, wenn er nicht genügend Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. In einem solchen Fall einer zur Last gelegten Unterlassung besteht gemäß § 5
Abs. 1 zweiter Satz VStG von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Es ist daher Sache des Dienstgebers glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf, und initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht.
Für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Dienstgebers für eine unterbliebene Anmeldung zur Sozialversicherung ist die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems entscheidend, welches verhindert, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung im Betrieb des Dienstgebers ohne dessen Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden. Die Erteilung entsprechender Weisungen entschuldigt den Arbeitgeber nur dann, wenn er darlegt und nachgewiesen hat, dass er Maßnahmen ergriffen hat, die die Einhaltung der erteilten Anordnungen betreffend die Beachtung der Rechtsvorschriften über die Anmeldung von pflichtversicherten Dienstnehmern gewährleisten, insbesondere, welche Kontrollen eingerichtet hat und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat (vgl. VwGH vom 9. Oktober 2013, Zl. 2013/08/0183).
Vom Beschwerdeführer wurde nicht dargelegt, durch welche Maßnahmen in seinem Betrieb eine unbefugte Beschäftigungsaufnahme verhindert hätte werden sollen und welche Kontrollmechanismen er dafür vorgesehen hat, dass Übertretungen der Bestimmungen des ASVG wirksam hintangehalten werden. Der subjektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher ebenfalls als erfüllt zu werden.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Gabriele Saxinger
Beachte:
Revision anhängig