LVwG-150115/2/DM

Linz, 23.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde des Ing. J S, vertreten durch H, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Bad Schallerbach vom 25.11.2013, AZ 131-9-41-2013/H, betreffend eine Bauangelegenheit,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Bescheid des Bürgermeisters vom 1.8.2011, AZ 131-9-31-2011/H, ersatzlos behoben wird.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Verfahrensgang, Sachverhalt

 

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeister der Marktgemeinde Bad Schallerbach vom 1.8.2011, AZ 131-9-31-2011/H, wurde Herrn Ing. J S (im Folgenden Beschwerdeführer, kurz: Bf) gemäß § 41 Abs 3 iVm § 24 Abs 1 Z 2 Oö BauO 1994 aufgetragen, die zur Errichtung einer Einfriedung auf dem Grundstück Nr x, KG S, begonnene Bauausführung einzustellen, solange hiefür keine baubehördliche Bewilligung erteilt worden sei. Begründend wurde ausgeführt, der Bf habe im Bereich der privaten Zufahrtsstraße Fundierungsarbeiten zur Errichtung einer Einfriedung ausgeführt. Das sei von einem Mitarbeiter der Marktgemeinde nach einer Besichtigung wegen eines dort auftretenden Wasserleitungsschadens festgestellt worden. Geplant sei nach einer der Baubehörde vorgelegten Skizze eine Einfriedung des Zufahrtsbereiches, bestehend aus vier Betonsäulen à 250 cm hoch und 50 cm breit. Je zwei Säulen sollen beidseits der Straße in einem Abstand von 200 cm zueinander stehen. Der Bereich zwischen den Säulen soll durch ein Gitter verbunden werden. Der Straßenbereich soll mit einem elektrischen Einfahrtstor abgesichert werden. Das Gst Nr x, KG S, sei im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen. Nach Darlegung der Rechtslage (§ 41 Abs 1 und 3 Oö BauO 1994) wurde sodann ausgeführt, die beschriebene Anlage sei als eine Einfriedung und damit als eine bauliche Anlage im Sinne der Oö BauO 1994 zu beurteilen. Für derartige Bauten sei nach den Bestimmungen des § 24 Abs 1 Z 2 leg cit eine Baubewilligung erforderlich. Nachdem für die Errichtung einer Einfriedung auf gegenständlichem Grundstück keine Baubewilligung vorliegt, sei die Fortsetzung der Bauausführung zu untersagen gewesen.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter das Rechtsmittel der Berufung und brachte darin – neben anderen Ausführungen – vor, § 24 Abs 1 Z 2 Oö BauO 1994 sei gar nicht einschlägig. Nach § 24 Abs 1 leg cit bedürfen Bauvorhaben nämlich (nur dann) einer Baubewilligung, soweit die §§ 25 und 26 Oö BauO 1994 nicht anderes bestimmen. § 26 Z 4 leg cit stelle Einfriedungen, soweit sie nicht unter § 25 Abs 1 Z 14 leg cit fallen, bewilligungs- und anzeigefrei. § 25 Abs 1 Z 14 leg cit spreche lediglich Einfriedungen an, welche auf einer Stützmauer derart aufgesetzt seien, dass eine Gesamthöhe von mehr als 2,50 m über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände erreicht werde. Abgesehen davon, dass wie ausgeführt bis dato lediglich ein von vornherein bewilligungs- und anzeigefreier Erdaushub durchgeführt worden sei, sei selbst dann, wenn man die von der Erstbehörde angesprochene Skizze zu Grunde lege, keine anzeigepflichte Einfriedung gegeben, sondern liege ein Fall des § 26 Z 4 Oö BauO 1994 vor. Denn die Einfriedung würde unstrittig nicht auf einer Stützmauer aufgesetzt werden, sodann sie nicht unter § 25 Abs 1 Z 14 leg cit falle.

 

In der Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen bzw der Marktgemeinde Bad Schallerbach vom 8.9.2011, Zl BauR96-501-2011, BauR96502-2011, wurde vom bautechnischen Amtssachverständigen nach Durchführung eines Lokalaugenscheins auszugsweise Folgendes festgehalten:

 

„...

Beim heutigen Ortsaugenschein wurde festgestellt, dass mit der Errichtung einer Einfriedung im Zufahrtsbereich zur Liegenschaft bereits begonnen - und zwar beidseits der Straße – begonnen wurde. Bei der Baubehörde liegt ein diesbezüglicher Bauplan des Architekten Dipl.-Ing. W F aus Wels vom 20.06.2011 im Maßstab 1:50 vor. Nach Auskunft von Herr Ing. S soll diese Einfriedung auch projektsgemäß errichtet werden.

 

Die Aushubarbeiten zur Herstellung der Fundamente sind bereits abgeschlossen. ...

 

Die künftige Einfriedung besteht im Wesentlichen aus vier Fertigteilpfeilerkonstruktionen. Zwischen den Säulen ist jeweils ein Betonsockel vorgesehen, der eine Höhe von 70 cm über dem natürlichen Geländeniveau aufweist. Zwischen den Säulen sollen lt. Aussage von Herrn Ing. S schmiedeeiserne Gitter eingesetzt werden. Dieser Sockel weist aufgrund des anschließenden Geländeniveaus keine Stützmauerfunktion auf. Die zweiflügelige, nach außen aufgeschlagene Torkonstruktion soll elektrisch betrieben werden und wird eine Durchfahrtsbreite bei der Einfahrt von etwa 3,50 m ermöglichen.

...

Die gegenständliche Einfriedung besteht aus verschiedenen Bauteilen, die erst im Zusammenwirken eine Gesamtheit ergeben. ... Bei unsachgemäßer Ausführung oder bei mangelnder Wartung udgl. können unter Umständen erhebliche Gefahren und Belästigungen für Menschen herbeigeführt werden. Würde z.B. keine frostsichere Fundierung erfolgen oder keine ausreichende Verbindung der Pfeiler mit den Fundamenten hergestellt werden oder die Ausfachungen zwischen den Pfeilern nicht fachgerecht montiert werden, könnten Menschen verletzt werden. Eine Belästigung könnte beispielsweise dadurch erfolgen, dass die Torkonstruktion bei ungünstigen Windverhältnissen unbeabsichtigt zuschlägt oder die Torflügel aus der Verankerung gehoben werden. Weiters könnten Personen durch die elektrische Öffnungs- und Schließlange bei unsachgemäßer Ausführung verletzt oder sonst beeinträchtigt werden.

 

Die gegenständliche bauliche Anlage weist keine Stützmauerfunktion auf. ...“

 

I.2. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Bad Schallerbach (im Folgenden: belangte Behörde) vom 25.11.2013 wurde der Bescheid des Bürgermeisters durch eine Konkretisierung des Spruchs abgeändert, im Übrigen die Berufung des Bf jedoch abgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, vom Bausachverständigen sei dargelegt worden, dass bei einer nicht fachgemäßen Ausführung der gegenständlichen Einfriedung erhebliche Gefahren ausgehen könnten. Insgesamt sei daher festzuhalten, dass das gegenständliche Bauvorhaben entgegen den Ausführungen des Rechtsmittelwerbers bewilligungspflichtig iSd § 24 Abs 1 Z 2 Oö BauO 1994 sei und daher mangels Vorliegens einer Baubewilligung spruchgemäß zu entscheiden gewesen wäre.

 

Dagegen richtet sich die Vorstellung (nunmehr Beschwerde) des Bf vom 12.12.2013, welche im Wesentlichen mit den bereits in der Berufung vorgebrachten Argumenten begründet wurde.

 

 

II.            Beweiswürdigung

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

 

 

III.           Maßgebliche Rechtslage

 

III.1. Nach der Übergangsbestimmung des Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG in der Fassung der am 1.1.2014 in Kraft getretenen Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 51/2012, ist diese Vorstellung an das mit dieser Novelle geschaffene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen. Diese Vorstellung ist daher als Beschwerde im Sinn des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) zu werten.

 

III.2. Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

III.3. Die hier maßgebliche Bestimmung der Oö. Bauordnung 1994, LGBl Nr 66/1994 in der Fassung LGBl Nr 36/2008 bzw 90/2013 lautet:

 

„§ 25

Anzeigepflichtige Bauvorhaben

 

(1) Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:

14. Stützmauern und freistehende Mauern mit einer Höhe von mehr als 1,50 Meter über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände, sowie Stützmauern mit einer aufgesetzten Einfriedung mit einer Gesamthöhe von mehr als 2,50 Meter über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände;

 

§ 26

Bewilligungs- und anzeigefreie Bauvorhaben

 

Weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen die in den §§ 24 und 25 nicht angeführten Bauvorhaben; dies gilt insbesondere für

4. Stützmauern und freistehende Mauern bis zu einer Höhe von 1,50 Meter über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände;

Einfriedungen, soweit sie nicht unter § 25 Abs. 1 Z 14 fallen; …;

 

§ 41

Behördliche Bauaufsicht

 

(3) Stellt die Baubehörde fest, daß

1. bewilligungspflichtige Bauvorhaben ohne Baubewilligung ausgeführt werden,

hat die Baubehörde die Fortsetzung der Bauausführung bis zur Behebung des Mangels zu untersagen. Berufungen gegen einen solchen Bescheid haben keine aufschiebende Wirkung.

…“

 

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Der Bf sieht sich durch den angefochtenen Bescheid bzw den Bescheid des Bürgermeisters vom 1.8.2011 zusammengefasst dadurch in seinen Rechten verletzt, als dieser bzw diese mangels Anwendbarkeit des § 41 Abs 3 Oö BauO 1994 überhaupt nicht erlassen hätten werden dürfen. Die gegenständliche Einfriedung falle nämlich nicht – wie von der belangten Behörde angenommen – unter den Bewilligungstatbestand des § 24 Abs 1 Z 2 leg cit, sondern sei bewilligungs- und anzeigefrei gemäß § 26 Z 4 Oö BauO 1994. Damit ist er im Recht.

 

Zunächst sei festgehalten, dass – ebenso wie der Bf und die belangte Behörde – auch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die gegenständliche bauliche Anlage als Einfriedung qualifiziert. Die Einfriedung besteht gemäß den Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen in der Niederschrift vom 8.9.2011 im Wesentlichen aus vier Fertigteilpfeilerkonstruktionen, wobei zwischen den Säulen jeweils ein Betonsockel vorgesehen sei, der eine Höhe von 70 cm über dem natürlichen Geländeniveau aufweist. Zwischen den Säulen sollen schmiedeeiserne Gitter eingesetzt werden. Der erwähnte Sockel weist auf Grund des anschließenden Geländeniveaus keine Stützmauerfunktion auf.

 

Was unter einer Einfriedung zu verstehen ist, ist weder in der Oö BauO 1994 noch im Oö BauTG 1994 bzw im Oö BauTG 2013 definiert. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer Einfriedung eine Einrichtung zu verstehen, die ein Grundstück einfriedet, das heißt schützend umgibt. Daraus folgt, dass bei einer Einfriedung die grundsätzliche Eignung gegeben sein muss, die Liegenschaft nach außen abzuschließen. Entscheidend ist nicht, ob sich die Einfriedung auf die gesamte Grundgrenze erstreckt, und auch nicht, ob sie unmittelbar an der Grundgrenze errichtet wird (VwGH 30.1.2014, 2013/05/0185 mit Hinweis auf VwGH 23.9.2010, 2009/06/0112, mwN).

 

Nach der Systematik der Oö BauO 1994 sind nun Einfriedungen nur dann anzeigepflichtig, wenn sie auf Stützmauern aufgesetzt sind und die Stützmauer gemeinsam mit der Einfriedung eine Gesamthöhe von mehr als 2,50 m über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände erreicht (§ 25 Abs 1 Z 14 Oö. BauO 1994). Andere als auf Stützmauern aufgesetzte Einfriedungen sind hingegen gemäß § 26 Z 4 Oö BauO 1994 baubewilligungs- und bauanzeigefrei (VwGH 30.1.2014, 2013/05/0185).

 

Mit § 26 Z 4 BauO 1994 wird demnach klargestellt, dass es sich bei den in § 26 leg cit demonstrativ aufgezählten Bauvorhaben um solche handelt, die von den §§ 24 und 25 BauO 1994 jedenfalls nicht erfasst werden (vgl dazu auch VwGH 17.4.2012, 2009/05/0063).

 

Da im gegenständlichen Fall offensichtlich eine Einfriedung errichtet werden sollte, die nicht auf einer Stützmauer aufgesetzt sein soll, handelt es sich um ein bewilligungs- und anzeigefreies Bauvorhaben gemäß § 26 Z 4 Oö BauO 1994.

 

Der Anwendungsbereich des § 41 Abs 3 Z 1 leg cit umfasst nun jedoch nur die konsenslose Ausführung bewilligungspflichtiger sowie – gemäß § 25a Abs 5 Z 2 leg cit – anzeigepflichtiger Bauvorhaben. Auf bewilligungs- und anzeigefreie Bauvorhaben findet diese Bestimmung keine Anwendung.

 

Gegen bewilligungs- und anzeigefreie Baumaßnahmen kann allenfalls gemäß § 49 Abs 6 BauO 1994 vorgegangen werden (siehe VwGH 30.1.2014, 2013/05/0185). Der angefochtene Bescheid erging daher in rechtlich unzulässiger Weise.

 

 

V.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe va VwGH 17.4.2012, 2009/05/0063 und 30.1.2014, 2013/05/0185). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter