LVwG-600491/6/Kof/BD
Linz, 30.09.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn M M, geb. x, W, vertreten durch Rechtsanwälte K & N – H, x gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1. August 2014, VerkR96-5684-2013 wegen Übertretung des KFG, nach der am 29. September 2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses,
zu Recht e r k a n n t :
I.
Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde betreffend den Schuldspruch als unbegründet abgewiesen.
Hinsichtlich der Strafe wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als anstelle der Gesamtstrafe (Geldstrafe 125 Euro und Ersatzfreiheitstrafe 48 Stunden) zwei Einzelstrafen zu jeweils 50 Euro bzw. 12 Stunden verhängt werden.
Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren 10 % der neu bemessenen Geldstrafen.
Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG hat der Beschwerdeführer zum Verfahren vor dem LVwG OÖ. keinen Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.
Der Beschwerdeführer hat somit insgesamt zu bezahlen:
· Geldstrafe (50 + 50 =) ....................................................... 100 Euro
· Kosten für das behördliche
Verwaltungsstrafverfahren .................................................. 10 Euro
110 Euro
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt
(12 + 12 =) ............................................................................ 24 Stunden.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) das
in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:
dass der Zustand des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht.
Ersatzfreiheitsstrafe von
Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 06. August 2014 – hat der Bf
innerhalb offener Frist die begründete Beschwerde vom 25. August 2014 erhoben.
Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:
Am 29. September 2014 wurde beim LVwG OÖ. eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bf, dessen Rechtsvertreter sowie die Zeugin und Meldungslegerin, Frau Insp. G.F. teilgenommen haben.
Zeugenaussage der Frau Insp. G. F., PI N.:
Am 21. Dezember 2012, kurz vor ca. 22.00 Uhr, erhielten wir in der PI N. eine Anzeige über einen Verkehrsunfall.
Ich fuhr gemeinsam mit einem Kollegen zur angegebenen Unfallstelle.
Es herrschten in der ganzen Gegend und auch an der Unfallstelle winterliche Fahrverhältnisse (Schneefahrbahn).
An der Unfallstelle befand sich im Straßengraben ein PKW.
Dieser PKW stand auf den Rädern, später haben wir erfahren, dass es diesen PKW beim Verkehrsunfall überschlagen hatte.
Beim PKW waren 3 Personen, der Lenker und 2 Fahrzeuginsassen.
Von diesen 3 Personen war zum Glück niemand verletzt.
Mein Kollege und ich haben die Unfallaufnahme durchgeführt.
Aufgenommen wurden die Daten der beteiligten Personen, weiters wurde die Erstbefragung durchgeführt.
Vom PKW und von den Straßenverhältnissen wurden Lichtbilder angefertigt.
Vom PKW wurde eine Begutachtung vorgenommen.
Bei dieser Begutachtung ist mir aufgefallen, dass die Reifen nicht mehr den Anforderungen entsprechen. Der Indikator war „eben“.
Nachdem wir in unserem Streifenwagen keinen Profiltiefenmesser mitgeführt haben, wurde ein zweiter Streifenwagen angefordert, welcher einen Profiltiefenmesser mitgebracht hat.
Inzwischen kam der Abschleppwagen und hat diesen verunfallten PKW verladen.
Anschließend kam die Streife mit dem Profiltiefenmesser.
Ich kletterte auf die Ladefläche des Abschleppwagens und habe bei allen 4 Reifen die Profiltiefe gemessen. Die Messung erfolgte bei jedem Reifen an zwei verschiedenen Stellen in der Mitte der Lauffläche.
Beim rechten Hinterrad und linken Vorderrad wurde eine Profiltiefe von 3 mm gemessen, beim linken Hinterrad und rechten Vorderrad eine Profiltiefe von 4 mm.
Ich habe vor jeder Messung mit dem Profiltiefenmesser die Reifen an der Messstelle vom Schnee befreit.
Ich habe dann auch den Lenker des PKW zur mangelnden Profiltiefe der Reifen befragt.
Es war ihm offenkundig nicht bewusst, dass die Reifen nicht mehr die erforderliche Profiltiefe aufgewiesen haben. Er sagte lediglich, er hätte nicht genug Geld um sich neue Winterreifen zu kaufen.
Über Befragen des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers übergebe ich die damaligen Aufzeichnungen:
„Reifen Pirelli 022 4432-S
175/65 R 1482T
rechts hinten 3 mm
rechts vorne 4 mm
links vorne 3 mm
links hinten 4 mm“
Über Vorhalt des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, im Zeitpunkt der Messung sei der Lenker (= Sohn des Beschwerdeführers) gar nicht mehr anwesend gewesen, gebe ich an:
Ich kann heute nicht mehr sagen, ob ich mit dem Lenker noch vor Ort oder später telefonisch gesprochen habe. Ich habe jedoch mit Sicherheit mit ihm über die mangelnde Profiltiefe der Reifen gesprochen.
Die Messung der Profiltiefe der Reifen wird von mir immer an zwei Stellen
pro Reifen durchgeführt, auch in diesem Fall.
Dass vom nunmehrigen Beschwerdeführer Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben wurde, habe ich erst erfahren, als ich die Ladung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zur Zeugeneinvernahme erhalten habe.
Im Einspruch des Lenkers gegen die Strafverfügung wurde von diesem angeboten, die Profiltiefe der Reifen nachzumessen.
Zum damaligen Zeitpunkt befand sich der PKW noch im Besitz des nunmehrigen Beschwerdeführers und stand in dessen Garage.
Eine neuerliche Messung wäre dadurch möglich gewesen.
Dazu gebe ich an, hätte ich das gewusst, dann wäre diese Zweitmessung auch erfolgt.
Aussage des Bf:
Die Profiltiefe der Reifen wurde von mir persönlich nachgemessen und darüber Fotos angefertigt. Diese habe ich dem Einspruch gegen die Strafverfügung beigelegt und sind im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthalten.
Ich bin gelernter KFZ-Mechaniker und weiß natürlich auch, welche Profiltiefe Winterreifen aufweisen müssen. Der PKW einschließlich dieser Winterreifen wurde von mir am 17. August 2013 verkauft. Bis zu diesem Zeitpunkt wäre es möglich gewesen, eine Kontrollmessung durchzuführen. Vor dem Verkauf habe ich sogar noch mit der zuständigen Bearbeiterin der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land telefoniert, welche mir sagte, ich könne das Auto verkaufen.
Einzig und allein aus diesem Grund ist das von mir angebotene Beweismittel (Winterreifen) heute nicht mehr vorhanden.
Die amtshandelnde Polizeibeamtin hat bei der mVh einen sehr glaubwürdigen und kompetenten Eindruck hinterlassen, den Ablauf der Amtshandlung ausführlich und detailliert geschildert und im Übrigen in keiner Weise bei der Einvernahme den Anschein erweckt, den Bf in irgendeiner Art und Weise ungerechtfertigt belasten zu wollen; VwGH vom 23.01.2009, 2008/02/0247; vom 31.05.2012, 2012/02/0082
Den geschulten Organen der Straßenaufsicht ist zuzubilligen, dass sie insbes. einfache Verkehrsvorgänge richtig beobachten und das Beobachtete richtig wiedergeben können;
siehe die in Walter – Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage,
E113 zu § 45 AVG (Seite 660f) zitierten zahlreichen Entscheidungen des VwGH.
Ein geschultes Organ der Straßenaufsicht ist in der Lage, mit Hilfe eines Reifenprüfgerätes zu beurteilen, ob Reifen eines KFZ das vorgeschriebene Profil aufweisen oder nicht;
VwGH vom 06.05.1971, 2300/70 mit Vorjudikatur; vom 12.12.1975, 630/75.
Der Bf hat in der mVh vorgebracht, der verfahrensgegenständliche PKW –
genau genommen die verfahrensgegenständlichen Winterreifen – seien bei ihm noch bis zum Verkauf dieses PKW am 17. August 2013 vorhanden gewesen und wäre eine „Kontrollmessung“ des Profil dieser Reifen möglich gewesen.
Der Bf – siehe dessen Ausführungen im Einspruch gegen die Strafverfügung – war im Zeitpunkt der durch die Polizeibeamtin erfolgten Messung am Ort der Amtshandlung/des Verkehrsunfalles bereits anwesend.
Obwohl der Bf gelernter KFZ-Mechaniker ist, hat er zum damaligen Zeitpunkt weder das Ergebnis der Messung bezweifelt, noch eine „Kontrollmessung“ an Ort und Stelle verlangt!
Im gegenständlichen Verfahren wurde beim LVwG OÖ. eine mVh durchgeführt. –
Gemäß § 48 VwGVG „Unmittelbarkeit des Verfahrens“ kann bei der Fällung
des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht genommen werden, was in dieser mVh vorgekommen ist;
VwGH vom 24.04.2003, 2000/09/0159; vom 25.03.2009, 2004/03/0055.
Maßgebliches Beweismittel betreffend die Profiltiefe der Reifen ist die von der Polizeibeamtin bei der Amtshandlung – unmittelbar nach dem Verkehrsunfall – durchgeführte Messung, welche beim linken Vorderrad und dem rechten Hinterrad eine Profiltiefe von nur 3 mm ergeben hat.
Die gemäß § 4 Abs.4 Z4 KDV erforderliche Profiltiefe war somit nicht vorhanden.
Die Tatumschreibung, ein Reifen hat nicht die erforderliche Mindestprofiltiefe, genügt dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG, da unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 4 KDV kein Zweifel darüber gegeben ist, dass bei Winterreifen die Mindestprofiltiefe von 4 mm zu verstehen ist;
VwGH vom 14.05.1997, 95/03/0083.
Die Beschwerde war daher betreffend den Schuldspruch als unbegründet abzuweisen.
Liegen an einem Kraftfahrzeug Schäden an mehreren Reifen vor,
dann ist pro Reifen (kumulativ) eine Strafe zu verhängen;
VwGH vom 20.05.2003, 2002/02/0200.
Die belangte Behörde hat für beide Reifen eine Gesamtstrafe verhängt.
Das LVwG Oö. ist daher gehalten, anstelle dieser Gesamtstrafe zwei Einzelstrafen festzusetzen, wobei die Summe der Einzelstrafen die Höhe der ursprünglich verhängten Gesamtstrafe nicht übersteigen darf; VwGH vom 16.12.2011, 2010/02/0105 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 27.01.1995, 94/02/0383.
Aufgrund der langen Verfahrensdauer – seit der Tat ist bereits ein Zeitraum von 1 Jahr und 9 Monaten vergangen – wird daher die Geldstrafe auf jeweils 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf jeweils 12 Stunden herab- bzw. festgesetzt.
Gemäß § 64 Abs. 2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren 10 % der neu bemessenen Geldstrafen.
Gemäß § 52 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG ist für das Verfahren vor dem LVwG OÖ. kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage iSd
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.
Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim VwGH.
Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,
eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Josef Kofler