LVwG-700035/4/ER/JW

Linz, 07.08.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des X, geb. X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom
4. Februar 2014, GZ: Sich96-315-2013/Gr, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG hat der Beschwerdeführer weder einen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren vor dem
Oö. Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4   B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit folgendem Straferkenntnis vom 4. Februar 2014,
GZ: Sich96-315-2013/Gr, verhängte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) eine Geldstrafe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 61 Stunden):

 

„Sie haben am 25.4.2013 um 16:17 Uhr in X, X, in der Polizeiinspektion Ansfelden, in besonders rücksichtsloser Weise die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört, indem Sie einen Beamten mit ‘dicken Hund’ beschimpften und lautstark herumschrien. Weiters fielen Sie einem Beamten während der Protokollierung immer wieder ins Wort, sodass die Amtshandlung behindert und verzögert wurde. Sie erregten so das Ärgernis der dort anwesenden Personen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 81 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 i.d.g.F.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Freiheitsstrafe von Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

80,00 Euro 61 Stunden --        § 81 Abs. 1 SPG idgF.

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 10 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch 10,- €, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

90,00 Euro

 

Zahlungsfrist:

Wird keine Berufung erhoben, so ist der Bescheid sofort vollstreckbar. Der Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) ist sodann unverzüglich entweder mit dem beiliegenden Zahl(Erlag)schein zu überweisen oder unter Mitnahme dieses Bescheides bei der Behörde einzuzahlen. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag - ohne vorhergehende Mahnung - zwangsweise eingetrieben und im Fall seiner Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird.

 

Begründung:

Auf Grund einer Anzeige der Polizeiinspektion Ansfelden vom 4.6.2013, wurde Ihnen mit der Strafverfügung vom 17.6.2013 die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt.

Gegen diese Strafverfügung brachte Ihr Rechtsvertreter binnen offener Frist folgenden Einspruch ein:

‘Das in der Strafverfügung vorgeworfene Verhalten wird bestritten und hiezu klar gestellt, dass der Beschuldigte den betroffenen Beamten nicht als ‘dicken Hund’ beschimpft hat. Auch hat der Beschuldigte nicht lautstark herumgeschrieen, sondern war lediglich aufgrund des vorherigen Vorfalles und den gesamten Umständen entsprechen emotional aufgewühlt und aufgeregt.

An diesem Tag hat es nämlich vor dem Zusammentreffen mit den Polizeibeamten einen Vorfall gegeben, bei welchem der Beschuldigte von einem Tschetschenen aggressiv attackiert und bedroht wurde. Es hat ein körperlicher Übergriff des Tschetschenen gegenüber dem jetzigen Beschuldigten stattgefunden. Der Beschuldigte war dadurch in Furcht und Unruhe versetzt und hat deshalb die Polizei angerufen. Jedoch ist die Polizei nicht sofort erschienen, sondern erst aufgrund eines zweiten Anrufes durch den Sohn des Beschuldigten, Herrn X. Aufgrund des Vorfalles mit dem Tschetschenen war der Beschuldigte bereits sehr erregt und waren seine Nerven schwerst bis aufs Äußerste strapaziert.

Hierzu wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte bereits 1940 geboren wurde und sich in einem höheren Alter befindet und die bedrohliche Situation durch den aggressiven Tschetschenen eine absolute Ausnahmesituation für den Beschuldigten darstellte. Beweise: PV;

X, X, X, als Zeugin; X., X, X, als Zeuge

Der Beschuldigte hat jedenfalls durch sein Verhalten nicht den Tatbestand des § 81(1) SPG erfüllt, da er nicht durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört hat.

Aus all diesen Gründen erhebt der Beschuldigte den Einspruch und stellt den

Antrag, die Strafverfügung außer Kraft zu setzen und das ordentliche Verfahren einzuleiten.’

 

Auf Grund dieses Einspruches wurde Herr X nochmals zum ggst. Vorfall befragt. Dieser gab am 22.7.2013 Folgendes zu Protokoll:

‘Grundsätzlich möchte ich die Angaben der Anzeige vom 4.6.20 13 vollinhaltlich bestätigen. Zum ggstl. Vorfall möchte ich bestätigen, dass Herr X mehrmals Herrn Insp. X mit ‘dicken Hund’ beschimpfte. Außerdem schrie und schimpfte er in der PI- Ansfelden lautstark herum. Ich bat ihn zur Beschuldigteneinvernahme in den 1. Stock, auch dies konnte er nicht einsehen und schimpfte weiters herum. Bei der Einvernahme versuchte Herr Insp. X Herrn X etwas zu erklären, dabei klatschte Herr X Herrn Insp. X mehrmals auf die Hände. Mit Herrn X konnte keine Einvernahme durchgeführt werden, da er sich nicht beruhige und immer wieder schimpfte, schrie und um sich gestikulierte.

Durch dieses Verhalten wurde der Dienstbetrieb im Nebenzimmer gestört, sodass sich weitere Kollegen, ua. X, bemüßigt fühlte Nachschau zu halten. Außerdem entspricht es nicht der Wahrheit, dass Herr X., beim ggstl. Vorfall dabei war. Frau X war dabei, aber diese verhielt sich ebenfalls respektlos gegenüber uns und drohte andauernd, dass sie ihren Anwalt verständigen werde.’

 

Weiters bestätigte Herr Insp. X am 18.10.2013 diese Aussage, sowie die Angaben in der Anzeige.

 

Diese Ermittlungsergebnisse wurden Ihnen mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 24.10.2013 zur Kenntnis gebracht.

 

Von der Möglichkeit zum ggst. Tatvorwurf nochmals eine Stellungnahme abzugeben, haben Sie jedoch nicht Gebrauch gemacht.

 

Von der Behörde wurde dazu Folgendes erwogen:

Gemäß § 81 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

 

Im Sinne von § 81 Abs. 1 SPG ist jedes menschliche Verhalten tatbildlich, das als besonders rücksichtslos qualifiziert werden kann. Rücksichtsloses Verhalten ist ein Verhalten, das gegen jene ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit verstößt, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinander angesehen wird. Die besondere Rücksichtslosigkeit ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Ein Verhalten, das unter bestimmten Umständen hinzunehmen ist, kann unter anderen Umständen besonders rücksichtslos sein. Demnach ist die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört, wenn ein Zustand hergestellt worden ist, welcher der Ordnung widerspricht, wie sie an einem öffentlichen Ort gefordert werden muss oder wenn ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht. Jedenfalls muss durch das tatbildliche Verhalten entweder der Ablauf des äußeren Zusammenlebens von Menschen oder aber ein bestehender Zustand von Dingen in wahrnehmbarer Weise gestört worden sein.

 

Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde von Organen der Polizeiinspektion Ansfelden zur Anzeige gebracht.

Demnach haben Sie am besagten Tag durch Ihr Verhalten den Dienstbetrieb in der PI Ansfelden gestört.

 

Zu Ihrer Rechtfertigung bringt Ihr Rechtsanwalt im Wesentlichen vor, dass Sie den Beamten nicht beschimpft und auch nicht lautstark herumgeschrien hätten, sondern auf Grund eines vorherigen Vorfalls entsprechend emonotional aufgewühlt und aufgeregt gewesen seien.

 

Dem entgegen stehen die Aussagen der Polizeibeamten. Bereits in der Anzeige wurde angegeben, dass Sie sich über die inkompetenten Beamten beschwerten, einen Beamten als ‘dicken Hund’ beschimpften und einem Polizisten während der Belehrung ständig ins Wort fielen.

Weiters gestikulierten Sie wild herum und klapsten dabei Herrn Insp. X auf die rechte Hand.

 

Ihre Rechtfertigungsangaben sind nicht geeignet, Sie von der strafrechtlichen Verantwortung zu entbinden, da Sie durch das beschriebene Verhalten sehr wohl den üblichen Dienstbetrieb in der PI Ansfelden gestört und somit den Tatbestand des § 81 des Sicherheitspolizeigesetzes verwirklicht haben.

 

Die Einvernahme weiterer Zeugen scheint aus hs. Sicht nicht sinnvoll, da der Sachverhalt bereits durch zwei Polizeibeamte bestätigt wurde. Eine Aussage von Frau X, die laut Angaben der Polizei ebenfalls respektlos gegenüber den Beamten verhielt und eine Aussage Ihres Sohnes, der beim ggst. Vorfall nicht anwesend gewesen ist, könnte am ggst. Sachverhalt nichts ändern.

Der objektive Tatbestand ist daher als erfüllt anzusehen.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die ‘Glaubhaftmachung’ nicht.

 

Sie haben in dieser Hinsicht nichts vorbringen können, was Ihre Verantwortung für die Verwaltungsübertretung verhindern würde.

Die Behörde kommt deshalb zu dem Schluss, dass Sie die gegenständliche Verwaltungsübertretung jedenfalls zu verantworten haben.

Der subjektive Tatbestand ist daher ebenfalls als erfüllt anzusehen.

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs. 1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen

Die ggstl. Strafdrohung dient der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Diesem Schutzzweck haben Sie jedenfalls zuwider gehandelt.

 

Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse, sowie allfällige Sorgepflichten konnten mangels geeigneter Angaben nicht berücksichtigt werden und wurden daher wie angekündigt geschätzt.

Sonstige straferschwerende oder strafmildernde Gründe konnten nicht gefunden werden.

Die verhängte Geldstrafe ist als dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen zu betrachten. Die Verhängung einer Geldstrafe war weiters vor allem aus spezialpräventiven Gründen notwendig, um Sie von weiteren Übertretungen des Sicherheitspolizeigesetzes abzuhalten und Sie dazu zu bewegen, der Einhaltung der Gesetzesvorschriften in Hinkunft mehr Augenmerk zu schenken.“

 

I.2. Gegen dieses, am 11. Februar 2014 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf, in der er – rechtsfreundlich vertreten – Folgendes ausführt:

„I. Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat die Polizeiinspektion Ansfelden in der X aufgesucht. Bei diesem Termin ist es zu einer aufgebrachten Situation gekommen. Bei diesem Termin auf der Polizeiinspektion Ansfelden wurde der Beschwerdeführer von der Zeugin X begleitet. In weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer die Strafverfügung des Bezirkshauptmannes vom 17.6.2013, Sich96-315-2013/Gr zugestellt. Gegen die Strafverfügung hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch erhoben. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes vom 4.2.2014 wird dem Beschwerdeführer eine Verletzung der Rechtsvorschrift des § 81 (1) SPG vorgeworfen und über ihn eine Strafe in der Höhe
€ 80,- sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 10,- verhängt.

 

II. Zulässigkeit der Bescheidbeschwerde:

Gegen diese Straferkenntnis ist die Bescheidbeschwerde statthaft. Die Bescheidbeschwerde ist auch rechtzeitig, da dass Straferkenntnis Sich96-315-2013/Gr v. 4.2.2014 dem Beschwerdeführer am 11.2.2014 zugestellt wurde. Die Beschwerdefrist beträgt 4 Wochen und wurde somit die Bescheidbeschwerde binnen offener Frist bei der belangten Behörde eingebracht.

 

III. Das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes vom 4.2.2014, Sich96-315-2013/Gr, zugestellt am 11.2.2014 verletzt den Beschwerdeführer in seinem subjektiven Recht nicht entgegen der Bestimmung des §81(1) SPG bestraft zu werden.

 

Die Beschwerde ist auch begründet:

Es werden die Beschwerdegründe der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, der Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht und wird ausgeführt wie folgt: 1. Rechtswidrigkeit des Inhaltes:

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis die Feststellung getroffen ‘Sie haben am 25.4.2013 um 16.17 Uhr in 4053 Haid bei Ansfelden, X, in der Polizeiinspektion Ansfelden, in besonders rücksichtsloser Weise die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört, indem Sie einen Beamten mit ‘dicken Hund’ beschimpften und lautstark herumschrien. ‘ getroffen. Diese Feststellung wird bekämpft. Bei richtiger Würdigung der Beweisergebnisse hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass der Beschwerdeführer betreffend einem Polizeibeamten diesen lediglich als der ‘Dicke’ bezeichnete. Die belangte Behörde wäre zu der begehrten Feststellung gekommen, wenn eine Parteieneinvernahme des Beschwerdeführers und der beim gegenständlichen Vorfall anwesenden Zeugin X durchgeführt hätte.

 

2. Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften: Der Beschwerdeführer hat in seinem Einspruch vom 27.6.2013 die zeugenschaftliche Einvernahme von Frau X, X, X zum Beweis dafür, dass er den betroffenen Beamten nicht als ‘dicken Hund’ beschimpft hat und nicht lautstark herumgeschrien hat, sondern lediglich emotional aufgewühlt und aufgeregt war, beantragt. Die belangte Behörde hat den ergebnisrelevanten Beweisantrag der zeugenschaftlichen Einvernahme von X nicht stattgegeben und hierdurch eine Verletzung der Verfahrensrechte eines Beschuldigten begangen. Gemäß § 43 (4) AVG, welcher auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, muss jeder Partei Gelegenheit geboten werden alle Sachen zu gehörenden Gesichtspunkten vorzubringen und unter Beweis zu stellen. Der Beschwerdeführer hat so wie jeder andere Beschuldigte auch das Recht, dass die von ihm vorgebrachten Beweise aufgenommen und einer Beweiswürdigung unterzogen werden. Durch die Nicht-Einvernahme der beim Vorfall anwesenden Zeugin X wurden die Verfahrensrechte des Beschwerdeführers verletzt.

 

3. Unrichtige rechtliche Beurteilung:

a. Auf Basis der von der belangten im angefochtenen Straferkenntis getroffenen

Feststellung erweist sich die rechtliche Beurteilung als unrichtig, da jedenfalls das im Straferkenntis vorgeworfene Verhalten des Beschwerdeführers einer Anwendung des § 21 (1) VStG und somit einem Absehen von der Strafe zugänglich ist. Gemäß § 21 (1) VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Trotz der im Gesetz vorgenommene Formulierung ‘kann’ nimmt die Rechtssprechung an, dass die Behörde kein Ermessen hat, sondern ein Beschuldigter hat bei Vorliegen dieser Vorraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Absehen von der Strafe (zB: VwGH 19.9.2001, 99/09/0264). Bei der Vorschrift des § 21 (1) VStG handelt es sich somit um kein Ermessen der Behörde sondern um eine verpflichtende Bestimmung. Auf Basis der Ergebnisse des durchgeführten Beweisverfahrens hätte die Erstbehörde von einer Bestrafung absehen müssen,

b. Auf Basis der von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes erweist sich die rechtliche Beurteilung als unrichtig, da entgegen der Annahme der belangten Behörde kein besonders rücksichtsloses Verhalten vorliegt und somit kein Verstoß gegen § 81 (1) SPG gegeben ist. Das von der belangten Behörde angefochtene Straferkenntnis aufgezeigte Verhalten ist nach der Rechtsansicht des Beschwerdeführers maximal als rücksichtsloses Verhalten jedoch nicht als besonders rücksichtsloses Verhalten zu qualifizieren.

 

Der Beschwerdeführer erhebt daher gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes vom 4.2.2014, Sich96-315-2013/Gr zugestellt am 11.2.2014 binnen offener Frist durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter gemäß Art. 130 (1) ZI B-VG“

 

Der Beschwerdeführer stellt die Anträge, das Oö. Landesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung das angefochtene Straferkenntnis vom 4.2.2014, Sich96-315-2013/Gr ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen; in eventu das angefochtene Straferkenntnis vom 4.2.2014, Sich96-315-2013/Gr aufheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Straferkenntnis an den Bezirkshauptmann der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zurück verweisen.

 

Mit Schriftsatz vom 4. April 2014 beantragte der Bf durch seinen Rechtsanwalt die Durchführung eines Lokalaugenscheins, um „den gegenständlichen Vorfall aufzuklären und den Sachverhaltsablauf besser demonstrieren zu können“.

 

I.3. Die belangte Behörde legte die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsakts mit Schreiben vom 4. März 2014 dem
Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfällt gemäß § 44 Abs 2 VwGVG, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungsrelevanten  S a c h v e r h a l t  aus:

 

Am 25. April 2013 um 16:17 betrat der Bf die Polizeiinspektion Ansfelden, um eine Beschuldigtenvernehmung durchzuführen. Dabei beschwerte er sich, dass ein dicker Beamter ihm im Rahmen einer früheren Amtshandlung seine Dienstnummer nicht gegeben habe.

Der Bf wurde von anwesenden Beamten zur Beschuldigteneinvernahme betreffend eine ihm vorgeworfene Körperverletzung in den ersten Stock der Polizeiinspektion Ansfelden gebeten. Das Verhalten des Bf im Rahmen dieser Beschuldigtenvernehmung veranlasste die bei der Beschuldigtenvernehmung anwesenden Beamten zur Erstattung einer Anzeige gemäß § 81 Abs 1 SPG.

Zur Beschuldigtenvernehmung wurde der Bf von Frau X begleitet.

 

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus der im Verwaltungsakt enthaltenen Anzeige der Polizeiinspektion Ansfelden vom
4. Juni 2013 und den niederschriftlich zu Protokoll gegebenen vollinhaltlichen Bestätigungen der Anzeige durch die bei der Beschuldigtenbefragung anwesenden Beamten vom 22. Juli 2013 bzw vom 18. Oktober 2013.

 

Die ausführliche Sachverhaltsdarstellung in der Anzeige der Polizeiinspektion Ansfelden vom 4. Juni 2013 lautet wie folgt:

Am 25.04.2013 um 16:17 Uhr kam X mit einer namentlich nicht bekannten Person auf die ho PI Ansfelden um eine Beschuldigtenvernehmung bezüglich Körperverletzung zu machen. Dabei gab dieser bereits bei Eintreten an, kein Beschuldigter zu sein und er sich beschweren werde, da der Dicke (nicht anwesende X), ihm damals seine Dienstnummer nicht gegeben habe.

X wurde daraufhin hingewiesen höfflich zu bleiben.

Er wurde aufgefordert sich mit X zur Beschuldigtenvernehmung in den ersten Stock zu begeben.

Dabei beschwerte sich X über die inkompetenten Beamten der PI Ansfelden sowie über "den dicken Hund".

Insp X und X versuchten X den Ablauf einer Beschuldigtenvernehmung zu erklären. Dieser erwiderte jedoch, dass er kein Beschuldigter sei und die Beamten ihm nichts zu sagen hätten. Eine Beschuldigtenvernehmung werde er nicht machen. Er wolle lediglich zu Protokoll geben,  dass er keine Dienstnummer bekommen habe. X fiel den Beamten während der Belehrung ständig ins Wort. Weiters gestikulierte er wild herum, wobei er Insp X auf die rechte Hand klappste.

X stellte sein Verhalten trotz mehrmaliger Abmahnung durch Insp X nicht ein.

Daraufhin wurde er aufgefordert, die PI Ansfelden zu verlassen. Dies tat er erst nach mehrmaliger Aufforderung.

X wurde von der Anzeigenerstattung in Kenntnis gesetzt.

 

Dieser – in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Vorfall stehenden – Anzeige ist zu entnehmen, dass der Bf das Verhalten, das zur Anzeige gemäß § 81 Abs 1 SPG geführt hat, ausschließlich im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung, die an einem dafür vorgesehenen Ort im ersten Stock der Polizeiinspektion Ansfelden stattgefunden hat, gesetzt hat. Die Beschwerde des Bf beim Eintreten in die Polizeiinspektion darüber, dass ein „Dicker“ ihm seine Dienstnummer nicht gegeben hätte, wurde entsprechend der Anzeige von den anzeigenden Beamten zwar als unhöflich qualifiziert, offensichtlich jedoch nicht als besondere Rücksichtslosigkeit.

Der Vorwurf, den Kollegen der anzeigenden Beamten als „dicken Hund“ bezeichnet zu haben sowie die weiteren Vorwürfe besonders rücksichtslosen Verhaltens, beziehen sich aufgrund der Anzeige zweifelsfrei ausschließlich auf die Beschuldigteneinvernahme des Bf im ersten Stock der Polizeiinspektion.

Dies entspricht ferner der Beschreibung der „Beweismittel“ in der Anzeige, wonach „Die oa. Übertretung [...] von den Beamten Insp X und X, im Zuge einer Beschuldigtenvernehmung, eindeutig festgestellt“ worden seien.

 

Der Inhalt der Anzeige wurde von den beiden anzeigenden Beamten in Einvernahmen durch die belangte Behörde vollinhaltlich bestätigt. Auch die ergänzenden Äußerungen von Insp. X widersprechen dem in der Anzeige dargestellten Ablauf nicht.

 

 

III. Gemäß § 81 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, idF BGBl I Nr 13/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 350 Euro zu bestrafen, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. § 81 Abs 1 SPG enthält mehrere Tatbestandsmerkmale, die kumulativ vorliegen müssen, um die Voraussetzungen für eine Bestrafung nach dieser Bestimmung zu ermöglichen. Der Verwaltungsübertretung der Störung der öffentlichen Ordnung gemäß § 81 Abs 1 SPG macht sich strafbar, wer ein Verhalten setzt, das

-      besonders rücksichtslos ist, und

-      wer dadurch die öffentliche Ordnung

-      ungerechtfertigt

-      stört.

 

Besonders rücksichtsloses Verhalten alleine macht demnach noch nicht nach § 81 Abs 1 SPG strafbar (vgl Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz4, 775). Das Verhalten muss zusätzlich zum „Erfolg“ führen, die öffentliche Ordnung zu stören. Dieser Erfolgseintritt muss dem Bf auf der Schuldebene nachweislich zugerechnet werden – die Beweislastumkehr nach § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG ist daher nicht anwendbar.

 

Mit öffentlicher Ordnung meint § 81 Abs 1 SPG die Ordnung an öffentlichen Orten. Mit Ordnung ist in diesem Zusammenhang ein Zustand gemeint, nicht aber etwa die „rechtliche Ordnung“, sondern die „äußerliche Ordnung“ (vgl Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz4, 775f mHa VfSlg 4813/1964, 9114/1981).

 

Die Störung an nicht-öffentlichen Orten erfüllt den Tatbestand des § 81 Abs 1 SPG nicht. Strafbar ist lediglich die Störung der Ordnung an einem öffentlichen Ort. Öffentliche Orte sind gemäß § 27 Abs 2 SPG solche, die von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten werden können (vgl Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz4, 778).

 

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Bf durch das ihm vorgeworfene Verhalten die öffentliche Ordnung gemäß § 81 Abs 1 SPG gestört hat, kommt es darauf an, ob der Ort, an dem das entscheidungsrelevante Verhalten gesetzt wurde, zum beurteilungsrelevanten Zeitpunkt von einem nicht bestimmten Personenkreis betreten werden konnte (vlg Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz4, 271).

 

IV.2.1. Wie unter I.4. festgestellt wurde, setzte der Bf das vorgeworfene Verhalten im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung in einem Raum im ersten Stock der Polizeiinspektion Ansfelden, in den der Bf eigens zum Zweck der Beschuldigtenvernehmung gebracht wurde.

 

Das Verfahren zur Vernehmung eines Beschuldigten ist in §§ 40 ff VStG geregelt. Gemäß § 40 Abs 2 VStG kann ein Beschuldigter zur Vernehmung entweder geladen oder aufgefordert werden, zu einem bestimmten Zeitpunkt zu seiner Vernehmung zu erscheinen oder sich bis zu diesem Zeitpunkt schriftlich zu rechtfertigen. Dabei ist der Beschuldigte auf sein Recht hinzuweisen, zur Vernehmung einen Rechtsbeistand seiner Wahl beizuziehen.

Gemäß § 10 Abs 5 AVG können sich Beteiligte eines Rechtsbeistands bedienen und auch in seiner Begleitung vor der Behörde erscheinen. Der Rechtsbeistand iSd § 10 Abs 5 AVG ist Berater der Partei bzw des Beteiligten, nicht jedoch ihr Vertreter (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 233).

 

Gemäß § 43 Abs 1 VStG ist für den Fall, dass der Beschuldigte zur Vernehmung vor die erkennende Behörde geladen oder ihr vorgeführt wird, das Strafverfahren in mündlicher Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs 3 kann der Beschuldigte zur mündlichen Verhandlung eine an der Sache nicht beteiligte Person seines Vertrauens beiziehen.

 

IV.2.2. Im Gegensatz zu § 44 Abs 1 VwGVG, wonach das Verwaltungsgericht Verhandlungen öffentlich und mündlich durchzuführen hat, findet sich in §§ 40 ff VStG keine Bestimmung, wonach eine Beschuldigtenvernehmung vor der Behörde öffentlich stattfindet.

 

Die Vernehmung des Bf fand in einem Raum im ersten Stock der Polizeiinspektion Ansfelden statt, in den der Bf zum Zweck der Beschuldigtenvernehmung eigens gebracht wurde.

Bei der Vernehmung waren die beiden anzeigelegenden Beamten, der Bf und Frau X, die in Begleitung des Bf – und daher ohne Zweifel als dessen Vertraute iSd § 43 Abs 3 VStG bzw dessen Rechtsbeistand iSd § 40 Abs 2 VStG – teilgenommen hat, anwesend.

 

Der Bf wurde zur Vernehmung vom allgemein zugänglichen Bereich der Polizeiinspektion Ansfelden in ein davon getrenntes Zimmer im ersten Stock der Polizeiinspektion Ansfelden gebracht, in dem sich – wie sich der Anzeige zweifelsfrei entnehmen lässt – zum Zeitpunkt der Vernehmung nur jene Personen aufhielten, die entsprechend den Bestimmungen des VStG zur Teilnahme an einer Beschuldigtenvernehmung berechtigt waren.

 

Die Beschuldigtenvernehmung fand demnach unter Ausschluss der Öffentlichkeit an einem Ort statt, der – im Zeitraum einer Beschuldigtenvernehmung – nur von einem von vornherein bestimmten Personenkreis betreten werden konnte. Im Sinne des § 27 Abs 2 SPG hat der Bf das Verhalten, das schließlich zur Anzeige führte, demnach an einem nicht-öffentlichen Ort gesetzt.

 

Wie unter IV.1. festgehalten, erfüllt die Störung an nicht-öffentlichen Orten den Tatbestand des § 81 Abs 1 SPG nicht. Der Bf hat das Verhalten, das letztlich zur Anzeige gemäß § 81 Abs 1 SPG geführt hat, an einem nicht-öffentlichen Ort gesetzt. Aus diesem Grund erfüllte sein Verhalten nicht den Tatbestand des § 81 Abs 1 SPG. Ob das Verhalten des Bf als besonders rücksichtslos zu qualifizieren ist, ist bei diesem Ergebnis ohne Bedeutung, da ausschließlich besonders rücksichtsloses Verhalten, das an einem öffentlichen Ort gesetzt wurde, zur Strafbarkeit gemäß § 81 Abs 1 VStG führen kann.

 

Das angefochtene Straferkenntnis war somit schon aus diesem Grund aufzuheben.

 

IV.3.1. Darüber hinaus ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

IV.3.2. Sowohl in der Strafverfügung vom 17. Juni 2013, mit der das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurde, als auch im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses wurde dem Bf vorgeworfen, das der Bestrafung zugrunde liegende Verhalten an der Adresse X, in der Polizeiinspektion Ansfelden gesetzt zu haben.

 

Für die Bewertung des Verhaltens des Bf ist es – aufgrund der oben dargestellten Ausführungen zum Tatbestandsmerkmal der „öffentlichen Ordnung“ – erforderlich, den Ort der Tathandlung genau zu bestimmen. Angesichts des Umstands, dass in der Polizeiinspektion einerseits öffentliche Orte vorzufinden sind (zB der Empfangsbereich), andererseits aber auch nicht-öffentliche Orte, wie ein während einer Beschuldigtenvernehmung verwendeter Raum im ersten Stock der Polizeiinspektion, wäre es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs erforderlich gewesen, den Ort der Tathandlung exakt einzugrenzen, um diesen unverwechselbar vorzuwerfen.

 

Schon in diesem Punkt entspricht der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses somit nicht den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG.

 

Ferner ist nach der Rechtsprechung das Tatbestandselement der tatsächlichen Störung der öffentlichen Ordnung nur dann verwirklicht, wenn das Verhalten des Beschuldigten und seine Äußerungen von anderen Personen als den unmittelbar Betroffenen und den intervenierenden Beamten wahrgenommen werden können. Dieses Element der Straftat ist auch im Spruch des Straferkenntnisses anzuführen (vlg Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz4, 778, mHa VwGH
11. November 1953, 1790 und 979/52, 31. Jänner 1955, 2622/54, 20. Juni 1988, 87/10/0179 bis 0183, 25. November 1991, 91/10/0207; VfSlg 11.430/87).

 

Im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses wird dem Bf vorgeworfen, durch sein Verhalten das Ärgernis „der dort anwesenden Personen“ erregt zu haben, ohne dabei zu konkretisieren, ob es sich bei den „dort anwesenden Personen“ um andere Personen als die unmittelbar Betroffenen und die intervenierenden Beamten gehandelt hat. Der erforderlichen Konkretisierung des Personenkreises wurde daher im Spruch nicht entsprochen.

Selbst wenn der Bf das ihm vorgeworfene Verhalten an einem öffentlichen Ort gesetzt hätte, wäre das Merkmal der Öffentlichkeit nämlich auch dann nicht gegeben, wenn sich der Vorfall unter Umständen abgespielt hat, bei denen es trotz der Öffentlichkeit des Ortes ausgeschlossen war, dass andere Personen als die unmittelbar Betroffenen und die intervenierenden Beamten den Vorfall wahrnehmen konnten (vgl Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz4, 778, uHa VwGH 31.1.1955, 2622/54).

 

Im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu den Sprucherfordernissen eines auf § 81 Abs 1 SPG gestützten Straferkenntnisses erfüllt der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses somit weder das Erfordernis der exakten Tatortbezeichnung, noch das Erfordernis der exakten Beschreibung der Tatumstände hinsichtlich der „dort anwesenden Personen“.

 

IV.3.3. Die belangten Behörde hat weder im angefochtenen Straferkenntnis, noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung, noch sonst nach der Aktenlage eine geeignete Anlastung mit einem entsprechend den Umständen des Einzelfalles konkretisieren Tatvorwurf erhoben, der die Identität der Tat mit ausreichender Bestimmtheit formuliert und unverwechselbar erscheint. Mangels einer ausreichenden behördlichen Verfolgungshandlung ist nach Ablauf der Jahresfrist des § 31 Abs 1 VStG auch längst die Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

 

V. Im Ergebnis war das Straferkenntnis daher zu beheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben.

 

 



VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. R e i t t e r